Wunder, ein Thema, wo man richtig streiten darf!
Es käme mir ja nie in den Sinn, einen x-beliebigen Garten als Maß aller Dinge herzunehmen, denn die Freiheit eines jeden soll nicht ausgerechnet in seinem Garten enden. Aber es ist ein Unterschied, ob ich kritisiere oder Gärten verurteile...
Dass Thujenwüsten und Wacholdergestrüppe längst überholt sind, dürfte auch der letzte Nostalgiker begriffen haben, obgleich ich vorgestern ein Gespräch mithörten, bei dem eine etwas ältere Frau sich erregte, es gäbe keine Salvien mehr. Auf die vorsichtige Frage, welche sie denn meine, wurde sie richtig böse: "Es gibt nur rote und weiße Salvien!"
Hmmm! Ich glaube, solche Gärtnerinnen und Gärtner sind hoffnungslos verloren, was natürlich nicht heißen soll, dass ihre Gärtnen ihnen keine Freude mehr bereiten sollen!
Aber genau hier ist der Punkt, wo sich meine Einstellung und mein Geschmack trennen: Jeder soll Gärten bewirtschaften, die ihm oder ihr gefallen, aber dieser 60er-Jahre-oder-was-auch-immer-Gärten finde ich unerträglich. Als höflicher Mensch erzogen, würde ich meine guten Manieren vergessen, wenn man mich zwingen würde, ein solches Grundstück zu betreten!
Trotzdem ist es traurig, dass zur Zeit eigentlich nur eine Strömung vorherrscht, diese bedingungslose Romantisierung der Gärten, diese unterschwellige Forderung, man solle Rosen pflanzen und diese vertrauensheischenden Schlagzeilen: 'Rosenzimmer im Kleingarten' oder 'Romantikbeet für jeden' und immer ist ein grauenhaftes Bild abgedruckt, mit einer Waschbetonplattenterrasse, Eternitverkleidetem Haus und weißen Plasikfenstern und am Ende - es ist immer eine Zeichnung, ist euch das schon mal aufgefallen? - strahlt einem eine in Blau- und Rosatönen gehaltenes Mixed Border entgegen mit einem weißen Sonnensegel und Teakmöbeln (ACHTUNG, weiterer Kritikpunkt!) - von den vormaligen Mängeln ist nichts mehr zu erkennen, vor dem Fenster ist eine Rose gewachsen und die Eternitfassade ist strahlendem Weiß gewichen, die Terrasse wurde ohnehin generalerneuert.
Wisst ihr, was ich meine? Man soll seinen eigenen Stil vergessen, denn Waschbeton ist out und Teak ist in und bitte, bitte! keine grellen Farben pflanzen!
Und seltsamerweise gestalten die Leute wirklich um. Sie vergessen ihre Ideale, ihre Ideen, sie verdrängen, dass sie Waschbeton einmal schön gefunden haben, sie vergessen auch, dass Sonnenblumen ihre liebsten Pflanzen waren, ja sie vergessen sogar, dass die roten Lobelien einst ihr ganzer Stolz waren. Und das ist auch der Grund, dass in Gartenforen, wo man seine Lieblingspflanzen eintragen kann, meist Hosta, Geranium, Phlox und Nepeta steht. Es ist eigentartig, es gibt doch tausende andere Pflanzen!
Aber im Unterbewusstsein spüren alle: Jemand mit Salvien, Tagetes, Begonien und Gladiolen im Profil ist ein altmodischer Kauz.
Und die Leute passen sich an. Sie verschweigen, dass sie das Strahlen der Tagetes so mochten, reden sich ein, dass Rosen viel schöner seien und treten als modern auf.
Hmm, was sagt uns das? Mir sagt es, dass die Hälfte aller Gärtnen nicht aus ureigenster Überzeugung entstanden ist, sondern aus dem Wunsch heraus, in zu sein und dem Drang, die anderen zu übertreffen. Denn vollkommen wollen wir alle sein und wie könnte man das besser erreichen, als wenn man die gerade vorherrschende Gartenstilrichtung nachbaut? Jeder wird deinen Garten bewundern, er wird kunstvoll angelegt sein, im Abendlicht, usw.
doch manchmal, ganz selten!, wirst du an deine Lieblingsblumen denken, an die Sonnenblume, die Stockrose und den herrlich wuchernden, leuchtend gelben Felberlich.
Was ich nun eigentlich aussagen will, geht auch schneller: Pflanzt, was euch gefällt, nicht was anderen gefallen könnte!
Und deshalb gibt es keinen Garten 2004. Es gibt immer nur einen, sich imme wandelnden, nie vollendeten Garten. Deinen
VLG, Katrin