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News: Die Spanner habe ich alle gefressen. (anonymes Zitat aus einem Fachthread)
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25. April 2024, 06:51:12
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News: Die Spanner habe ich alle gefressen. (anonymes Zitat aus einem Fachthread)

Neuigkeiten:

|16|12|Mit ist aber langweilig: Im Garten is nix los, und hier soll ich weder  provozieren noch polemisieren. Wie soll das nur enden? Ein richtig öder Dienstag ist das.  :-\ grumel, grumel...  (fisalis am 20. Dezember 2005)

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Autor Thema: Garten des 21.Jahrhunderts  (Gelesen 21840 mal)

ernst

  • Gast
Garten des 21.Jahrhunderts
« am: 10. Mai 2004, 23:16:48 »

Weil es mir am Herzen liegt, muß ich mit dem Tabu, keine Grundsatzdiskussionen in Internetforen loszutreten, brechen.
Als praktizierenderer Baumensch, nichtfertigstudierter Kunsthistoriker und leidenschaftlicher Gärtner und Gartengestalter stellt sich mir immer wieder die selbe Frage:
Kann man zum derzeitigen Zeitpunkt ein Statement über die Mainstreams und die Trends in der Gartengestaltung in Mitteleuropa wagen? Wird sich ein roter Faden herauskristallisieren, oder werden sich alle pluralistischen und postmodernen Ansätze im multikulturellen Abmiente verlieren.
Wer gibt Qualitätskriterien vor, und mit welcher Begründung?

Ich habe da einmal einige posts der letzten Tage herausgepickt:

Zitat
Wer bestimmt, was Niveau ist, bzw. dessen Durchschnitt?

Etwa diejenigen, die Bananenstauden in den Vorgarten setzen oder die ultimative Akelei, Päonie, Christrose oder was auch immer haben müssen? Die zu Pflanzenbörsen und Raritätenausstellung wallfahren? Die Pflanzen mit einem Ethos umhüllen, der sie fast "vermenschlicht"? Oder derjenige, der ein kleines Gärtlein sei es mit Gartenzwergen, sei es mit Tagetes, sei es mit kirmesfarbenen Rosen "schmückt"? Etwa der Ökogärtner, der nur "Einheimische" pflanzt, weil angeblich die Insekten das Welsche nicht annehmen?

Vielleicht hat so die "Masse" eine der wenigen Gelegenheiten, ihren Geschmack, was immer das auch sein mag, beim Gärtnern zu entwickeln. Immerhin entwickelte sich der heute so gerühmte "Cottage-Garden" zum Teil auch aus der Nachahmung der Gärten des Adels.

Hortulanus


Aus gegebenem Anlass: In Japan wird Gartengestaltung als vollkommene künstlerische Tätigkeit angesehen, so wie bei uns Malerei, bildende Kunst, Komposition..

Zitat
Der Garten in #115 ist ja echt toll! .....

Baust du zu Hause jetzt auch so etwas, zumindest in einer Ecke? - Generellere Fragestellung: Sollte man solche Kultursprünge inszenieren, wie einen japanischen Garten / japanische Gartenelemente in unseren Alpen?.....

Lieben Gruß
Thomas

und den letzten Ausschlag, dieses Thema anzureissen, hat für mich dieser wahre Aufschrei ausgelöst:

Zitat
immer mit dem Mainstream, es ist anstrengend und viel leichter, wenn man mal nicht mitschwimmt... man muss ja nicht gerade das Gegenteil davon machen, was in ist, aber ein bisschen Individualität, das ist auch gut für's Selbstbewusstsein

 
ich meinte ja nicht, dass es alle tun müssten! Alleine der Gedanke würde genügen. Es wird nun langsam wirklich OT, denn meine Worte laufen immer mehr auf Gesellschaftskritik hinaus, aber die meisten Menschen, die einen Garten neu anlegen, machen es so, wie sie es schon wo gesehen haben. Es herrscht zuwenig Kreativität in den Gärten! Natürlich gibt es Ausnahmen, beiderseits: Die einen, die mit ihren Zeitschriftgarten glücklich sind, möchte ich auch garnicht anschwärzen, jeder soll so leben, wie er möchte. Und die anderen, die wirklich tolle Gärten entwickeln (wobei ich nicht Raritäten als Maß sehe, eher die Art, sich mit dem Vorhandenen auseinander zu setzen, nicht einmal die lateinischen Namen gehören dazu! Sich einfach Gedanken machen und nicht Schemapflanzungen durchführen...) geraten mehr und mehr ins Hintertreffen.

Zwar ist das Angebot an Pflanzen (ich meine, ich bin ja erst kurz in der Szene) bedeutend größer geworden, aber auf Kosten der Vielfalt. Wirklich interessante Pflanzen werden nur selten angeboten, gottseidank gibt es löbliche Ausnahmen, was täten wir nur ohne ihnen? Oder bin ich einfach zu verwöhnt, wenn ich einen Katalog durchblättere und auf einer Hand abzählen kann, was mir nicht bekannt ist? Modepflanzen gibt es dagegen in großer Zahl, irrer Vielfalt und in den ausgefallensten Farben, wobei ich alle jene zu ihnen zähle, die in Cottage-Gärten passen und dem romantischem Bild entsprechen, das überall vorherrscht: Pastellfarben, die im letzten Abendlicht sanft den Augen schmeicheln mit Gräsern, die sich mit bizarrer Leichtigkeit zwischen andere Stauden weben und im Tau glänzen...

Gefällt uns wohl allen, niemand ist vor dem Mainstream gefeit. Aber man muss ja auch gar nicht dagegen ankämpfen. War ja bloß eine Idee...

VLG, Katrin

Also, wie sieht DER Garten 2004 aus, und was muß er können?
 
Zitat
« Letzte Änderung: 12. Mai 2004, 21:32:51 von Administratoren »
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Nina

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Re:Garten des 21.Jahrhunderts
« Antwort #1 am: 10. Mai 2004, 23:36:41 »

Uff, was für ein Thema. ::)

DER Garten 2004 hat nichts mit meinem Garten zu tun.

Mein Garten muß nichts können.

Bei mir ist es eine Mischung aus planen und treiben lassen...

Sorry, wenn Du mehr erwartet hast. :-\
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Katrin

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Re:Garten des 21.Jahrhunderts
« Antwort #2 am: 10. Mai 2004, 23:47:33 »

Wunder, ein Thema, wo man richtig streiten darf! :D

Es käme mir ja nie in den Sinn, einen x-beliebigen Garten als Maß aller Dinge herzunehmen, denn die Freiheit eines jeden soll nicht ausgerechnet in seinem Garten enden. Aber es ist ein Unterschied, ob ich kritisiere oder Gärten verurteile...

Dass Thujenwüsten und Wacholdergestrüppe längst überholt sind, dürfte auch der letzte Nostalgiker begriffen haben, obgleich ich vorgestern ein Gespräch mithörten, bei dem eine etwas ältere Frau sich erregte, es gäbe keine Salvien mehr. Auf die vorsichtige Frage, welche sie denn meine, wurde sie richtig böse: "Es gibt nur rote und weiße Salvien!"
Hmmm! Ich glaube, solche Gärtnerinnen und Gärtner sind hoffnungslos verloren, was natürlich nicht heißen soll, dass ihre Gärtnen ihnen keine Freude mehr bereiten sollen!
Aber genau hier ist der Punkt, wo sich meine Einstellung und mein Geschmack trennen: Jeder soll Gärten bewirtschaften, die ihm oder ihr gefallen, aber dieser 60er-Jahre-oder-was-auch-immer-Gärten finde ich unerträglich. Als höflicher Mensch erzogen, würde ich meine guten Manieren vergessen, wenn man mich zwingen würde, ein solches Grundstück zu betreten!

Trotzdem ist es traurig, dass zur Zeit eigentlich nur eine Strömung vorherrscht, diese bedingungslose Romantisierung der Gärten, diese unterschwellige Forderung, man solle Rosen pflanzen und diese vertrauensheischenden Schlagzeilen: 'Rosenzimmer im Kleingarten' oder 'Romantikbeet für jeden' und immer ist ein grauenhaftes Bild abgedruckt, mit einer Waschbetonplattenterrasse, Eternitverkleidetem Haus und weißen Plasikfenstern und am Ende - es ist immer eine Zeichnung, ist euch das schon mal aufgefallen? - strahlt einem eine in Blau- und Rosatönen gehaltenes Mixed Border entgegen mit einem weißen Sonnensegel und Teakmöbeln (ACHTUNG, weiterer Kritikpunkt!) - von den vormaligen Mängeln ist nichts mehr zu erkennen, vor dem Fenster ist eine Rose gewachsen und die Eternitfassade ist strahlendem Weiß gewichen, die Terrasse wurde ohnehin generalerneuert.
Wisst ihr, was ich meine? Man soll seinen eigenen Stil vergessen, denn Waschbeton ist out und Teak ist in und bitte, bitte! keine grellen Farben pflanzen!

Und seltsamerweise gestalten die Leute wirklich um. Sie vergessen ihre Ideale, ihre Ideen, sie verdrängen, dass sie Waschbeton einmal schön gefunden haben, sie vergessen auch, dass Sonnenblumen ihre liebsten Pflanzen waren, ja sie vergessen sogar, dass die roten Lobelien einst ihr ganzer Stolz waren. Und das ist auch der Grund, dass in Gartenforen, wo man seine Lieblingspflanzen eintragen kann, meist Hosta, Geranium, Phlox und Nepeta steht. Es ist eigentartig, es gibt doch tausende andere Pflanzen!
Aber im Unterbewusstsein spüren alle: Jemand mit Salvien, Tagetes, Begonien und Gladiolen im Profil ist ein altmodischer Kauz.

Und die Leute passen sich an. Sie verschweigen, dass sie das Strahlen der Tagetes so mochten, reden sich ein, dass Rosen viel schöner seien und treten als modern auf.

Hmm, was sagt uns das? Mir sagt es, dass die Hälfte aller Gärtnen nicht aus ureigenster Überzeugung entstanden ist, sondern aus dem Wunsch heraus, in zu sein und dem Drang, die anderen zu übertreffen. Denn vollkommen wollen wir alle sein und wie könnte man das besser erreichen, als wenn man die gerade vorherrschende Gartenstilrichtung nachbaut? Jeder wird deinen Garten bewundern, er wird kunstvoll angelegt sein, im Abendlicht, usw. ;) doch manchmal, ganz selten!, wirst du an deine Lieblingsblumen denken, an die Sonnenblume, die Stockrose und den herrlich wuchernden, leuchtend gelben Felberlich.

Was ich nun eigentlich aussagen will, geht auch schneller: Pflanzt, was euch gefällt, nicht was anderen gefallen könnte!

Und deshalb gibt es keinen Garten 2004. Es gibt immer nur einen, sich imme wandelnden, nie vollendeten Garten. Deinen :)

VLG, Katrin
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"Ich glaube, viele von uns haben ihre Heimat längst verloren, denn sie haben sie in der Kindheit gelassen, in den staubigen Straßen und an den sonnigen Tagen, als die Welt noch gut war, weil wir nur die Fassade sahen und zu klein waren, die Türen zu öffnen."

ich

Eva

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Re:Garten des 21.Jahrhunderts
« Antwort #3 am: 11. Mai 2004, 00:05:32 »

vielleicht wird es mehr Gärten geben wie meinen. Single-Garten, nicht viel Zeit dafür hab - Garten. Muss es auch mal drei Wochen ohne mich aushalten - Garten.

Außerdem finde ich, daß Natur in irgendeiner Form im Garten erkennbar sein sollte, und zwar nicht als das, was heftig bekämpft wird. Anbau von Verwendbarem gehört irgendwie auch dazu. Außerdem muß mein Garten, bei aller Kleinheit und Pflegeleichtheit einer sein, in dem man sein und machen kann, nicht nur gucken.
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Raphaela

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Re:Garten des 21.Jahrhunderts
« Antwort #4 am: 13. Mai 2004, 05:36:45 »

Zur Gartenkultur gehört für mich, daß man richtig hingucken lernt:
Was wächst schon da, wie ist die Landschaft in der Umgebung, wie kann man möglichst viel schon Vorhandenes behutsam ergänzen und optimieren, um ein harmonisches, natürlich wirkendes Ganzes zu erhalten...
Romantische Gärten sind für mich solche, die Raum lassen für die von Nina angeführte Mischung aus aktivem Planen und die Natur gewähren lassen, wo ein gewisser Wildwuchs gut reinpasst und dadurch auch möglichst viele verschiedene Tierarten Lebensmöglichkeiten finden.
Solche Gärten sind - hoffentlich - keine vorübergehende Modeerscheinung, sondern spiegeln ein tiefes Bedürfnis von immer mehr Menschen wider, im Garten eine gewisse Natürlichkeit und Harmonie erleben zu können, die im rechteckigen, terminverplanten Alltag oft fehlt.
Herr Korsch, der alleine einen 20 000 m2 großen "Paradiesgarten" in Meck-Pomm pflegt und bewirtschaftet (übrigens sehr sehenswert: Die 10 Euro Eintritt lohnen sich zu jeder Jahreszeit :)) meinte, seine Leitlinie beim Anlegen des Gartens sei gewesen, daß er nicht als Fremdkörper in der Landschaft empfunden werden sollte. - Das finde ich, ist ein sehr guter Ansatz :)

Im Moment gibt´s ja mal wieder einen Trend zu neuer Sachlichkeit im Garten, mit elegant leeren Flächen, rechteckigen Wasserbecken mit scharfen Kanten usw.- Ich hoffe, daß dieser "Trend" schnell an uns, bzw. an denen, die meinen, ihren Garten alle paar Jahre komplett neu designen zu lassen (Achtung: Die Hybris schlägt wieder zu ;)) vorübergehen wird, denn mit Vielfalt, Natur und Lebensfreude hat das m.E. wenig zu tun.

Ich bin ja schon älter und seh das deshalb teilweise wahrscheinlich ein bißchen gelassener, Katrin 8) Darum schätze ich jeden Versuch, ein vorgegebenes Drei-Pflanzen-Ensemble aus einer Gartenzeitschrift zu kopieren, schon als hoffnungsvollen Anfang ein. - Immerhin bedeutet das, daß viele Menschen scheinbar nicht mehr so ganz glücklich mit ihrem Rasenviereck-für-die-Sonnenliege und ihrer in Reih und Glied gefesselten Koniferenarmee sind und anfangen, sich Gedanken über Veränderungen, Verbesserungen, Bereicherungen zu machen :)

Und die Gartenhochglanzmagazine leben von Trends: Diese Saison Rot-Orange, in der nächsten wieder Rosa-Blau, gefolgt von japanischen Krüppelkiefern. - Who cares? Wer seinen Garten als Organismus betrachtet und alle Lebewesen, inklusive der Pflanzen, darin schätzt, wird den Teufel tun, jedes Jahr alles raus zu schmeißen und neu zu bepflanzen. - Aber gib´s zu: Einen neugierigen Blick wirfst du doch sicher auch ab und zu rein, oder? ;) - Obwohl´s für den Adrenalinspiegel ja alles andere als gut ist: Da braucht´s erstmal wieder eine halbe Stunde an einem wild vegetierenden Teich und/oder viel Vogelgelärme, um die Nerven wieder zu beruhigen 8)


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Hortulanus

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Re:Garten des 21.Jahrhunderts
« Antwort #5 am: 13. Mai 2004, 09:32:34 »

Die Uniformität der Gärten war früher deutlich stärker verbreitet. Der bürgerliche Garten der Gründerzeit folgte einem wesentlich strengeren Reglement. Dass jemand seine Individualität im Garten auslebte, war damals wohl eher die Ausnahme. Vielleicht lag es daran, dass die Gartenkultur des deutschen Bürgertums und auch der Arbeiterschaft erst recht spät zu wachsen begann. Grund und Boden waren einfach zu kostbar, um sie mit „nutzlosen“ Pflanzen vollzustopfen. Und Wildwuchs entsprach auch nicht des Bürgers Pflicht. Dieses heilige Ordnungsprinzip manifestiert sich noch heute in den Schrebergärten, die – so liest man hin und wieder – oftmals einer geradezu diktatorischen Regie unterliegen.

Vor diesem Hintergrund glaube ich nicht an modebestimmende Gartentrends hier in Deutschland oder überhaupt an erkennbare Entwicklungsstränge. Es wird weiterhin diese bekannte Mischung sein – je nach Temperament des Gärtners – von „ordentlichen“ (= pflegeleichten) Gärten aus Pflanzen, die man gerne hat und die vor allem problemlos sind bis hin zum Ökodschungel. Allein Mentalität, Geld und Muße (ja, auch die Muse) bestimmen, wie die Gärten der Zukunft aussehen.

Die eigentlichen „Mainstreams“ wurden in der Vergangenheit gelegt (Französischer Parterregarten, Englischer Landschaftsgarten, Englischer Staudengarten). Alles spätere sind nur Varianten dieser Grundmuster. Wie könnte es auch anders sein. Die von modernen Gartenarchitekten oftmals angebotenen Lösungen haben – wie auch die sog. Japanischen Gärten - für mich den großen „Fehler“, dass sie nicht veränderbar sind ohne dadurch zerstört zu werden. Sie sind ein Kunstwerk, dass ich im Prinzip nur abstauben darf. Sobald ich eine ungehörige Pflanze hineinsetzte oder Stein A in den Hintergrund legen möchte, stimmt angeblich das Bild nicht mehr. Der Garten des Gartenarchitekten genießt ein ähnliches Copyright, wie das des Bau-Architekten. Zu Recht, wie ich meine. Aber dann darf ich auch nur unwesentlich verändern. Dieses Thema wurde unnachahmlich von Tati in dem Film „Mon Oncle“ persifliert.

Die Gartentrends werden sich m.E. vornehmlich auf verwendete Materialien (statt Waschbeton Klinker, statt Kies Bruchstein, statt imprägniertes Holz naturbelassenes usw.) und Pflanzenarten (statt Thuja – ja, was?, statt Dauerblühendes Einmalblühendes usw.) konzentrieren und in diesem Bereich den jeweiligen Modeströmungen folgen. Die Gartenanlage aber wird stets der Ausdruck des Individuums sein. Wenn dieses zur Uniformität neigt, fühlt es sich eben im Schrebergarten oder dem zigfach kopierten Reihenhausgarten wohl. Ist es ein Ästhet wird etwas schön-romantisches daraus und ist es ein sehr widersprüchlicher Charakter, ja dann entsteht eine beglückende Vielfalt mit von allem etwas.

Liebe Grüße
Hortu
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fisalis

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Re:Garten des 21.Jahrhunderts
« Antwort #6 am: 13. Mai 2004, 09:54:58 »

Es ist wohl wie in der Architektur: Da werden auch romantische Fertighäuser neben kühnen Stahl-Glas-Entwürfen in die Einfamilienhausquartiere gebaut. Können muss der Garten vor allem eins: seinen Besitzer zufrieden machen. Und da sind dann wieder sehr verschiedene Ansprüche anzutreffen.

Obwohl Gartengestaltung ja unbestreitbar Kultur oder Kunst ist, hänge ich dem Ideal nach, ein Stück "Natur" von nebenan, das (auch) überbaut worden ist, wiederherzustellen. Zwar weiss ich, dass ich mit 500 m2 "Wildnis" an der Naturzerstörung so gut wie nichts ändern kann. Aber "wilde Natur" fehlt mir im mitteleuropäischen Alltag, also stelle ich an den Garten des 21. Jahrhunderts den Anspruch, dass er mir hierfür vor der Haustüre ein wenig Ersatz bietet.
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Wolfgang

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Re:Garten des 21.Jahrhunderts
« Antwort #7 am: 13. Mai 2004, 17:11:34 »

Warum wurden die Mainstreams in vergangenen Jahrhunderten festgelegt? Das klingt, als ob im Garten schon jeder Gedanke gedacht wurde. Das fällt mir schwer zu glauben.
Vergangene Jahrhunderte gingen selbstbewusster mit der Vergangenheit um, bauten an und um und neu und glaubten ungebrochener an die Zukunft. Heute wird vor allem das Imperfekt zitiert, Städte-, garten- und anders baulich. Wir restaurieren und konservieren reichlich, bauen Fachwerkhäuser am Römerplatz in Ffm oder das Knochenhaueramtshaus in Hildesheim wieder auf und ähnliche Fragwürdigkeiten: Puppenstuben, die nie so idyllisch waren wie sie jetzt aussehen. Für mich ist das ein Indiz für Gegenwartsverneinung und Zukunftsangst. Manchmal wünschte ich mir eine breite Schneise durch die Gärten von Herrenhausen.
Der Garten der Zukunft ist für mich der, der experimentiert, der neue Anblicke bietet und den Ausnahmezustand für die Wahrnehmung (das habe ich, glaube ich, von Meinhard von Gerkan) herbeiführt.
Ein gutes Beispiel fand ich in Canberra, wo das Haus des Parlaments (oder des Präsidenten?) sich ohne sichtbare Wände aus dem Rasen erhob; das Gras ging bis zum First. Ein Gegenbild des üblichen Repräsentationsgehabes.
Fisalis: ME stellt kein Garten Natur wieder her. Du kannst im Garten Natur abbilden und zitieren, so als ob Du im Haus ein Zelt aufstellst, aber Garten und Natur sind verschiedene Dinge. Natur gibt es erst da, wo Du den Garten aufgibst.
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Silvia

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Re:Garten des 21.Jahrhunderts
« Antwort #8 am: 13. Mai 2004, 17:49:59 »

Wenn ich mir die einzelnen Gärten hier in der Nachbarschaft anschaue, habe ich den Eindruck, dass es eher eine Altersfrage des Gärtners ist, wie ein Garten ausschaut und nicht eine Frage der Jahreszahl. Je älter die Leute, desto weniger werden im Durchschnitt die Bäume. Das viele Laub ist vielen eine Last. Sie können es nicht mehr bewältigen, wenn die Kräfte schwinden. Ebenso empfinde ich die Gärten als ordentlicher und sauberer. Je neuer die Häuser, desto bunter, lockerer in der Gestaltung sieht es oft aus.

Dass wir alte Häuser so schön finden und Altes konservieren, ist m.E. eine Folge der Zerstörung im Krieg. Es ist einfach traurig, wenn man sich diese einstmals so schönen Städte heute anguckt und sich klar macht, dass in dieser allgemeinen Säuberungsaktion der Nachkriegszeit viel mehr zerstört wurde als schon im Krieg. Vieles war damals nicht mehr gut genug und ist einer sehr nüchternen Städtebau-Achitektur gewichen, die den meisten Leuten schlicht nicht gefällt, da sie kalt und ungemütlich wirkt. Für mich ist sie Inbegriff der Armseligkeit, in der wir nach dem Krieg groß geworden sind.

Wenn ich mir allein große Städte wie z.B. Kassel anschaue, wie schön diese Stadt einmal war und was davon heute noch übrig geblieben ist.
Warum fahren z.B. so viele Leute nach Prag? Es ist einfach eine in großen Teilen noch erhaltene schöne, gewachsene Stadt.

LG Silvia



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Susanne

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Re:Garten des 21.Jahrhunderts
« Antwort #9 am: 13. Mai 2004, 18:52:11 »

"Den Garten des 21. Jahrhunderts" gibt es wohl nicht.
Aber es sind Tendenzen zu erkennen, und da möchte ich eine Entwicklung herausgreifen, die mir persönlich Freude macht und Hoffnung bringt.

Bei meinen Radtouren zum Garten fahre ich durch Wohngebiete, meistens Einfamilienhäuser mit größeren Vorgärten. Dabei fällt mir immer häufiger auf, daß ich nicht mehr soviel gekratzte Erde sehe wie früher.
Nicht, daß die Kratzerei aufgehört hätte, nein, es wird immer noch geputzt wie Teufel, aber es wird jetzt auch mehr und dichter gepflanzt. Offensichtlich ist da stellenweise der Groschen gefallen, daß in dichtem Bewuchs die "bösen Unkräuter" den Löffel abgeben. Es wird außerdem zunehmend gemulcht, auch das betrachte ich als ein gutes Zeichen.
Vielleicht setzt sich der Gedanke "Wir haben die Welt von unseren Kindern nur geliehen" ja doch noch mal durch?



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Katrin

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Re:Garten des 21.Jahrhunderts
« Antwort #10 am: 13. Mai 2004, 21:50:25 »

Grüß dich Raphaela,
na klar schaue ich auch in die Hochglanzzeitschriften rein und natürlich finde ich drei-Pflanzen.Kombinationen die ich hübsch finde und auch nachpflanze. Aber ich finde es auffällig, dass nur selten Leute eigene Kreationen pflanzen. Und wenn ich einen Garten anschaue und die Gärtnerin oder der Gärtner kommentiert, merkt man doch meist gleich, welches Heft sie lesen. Sagen sie: "Oh, schau mal, diese Ringelblumen und der Ackerrittersporn, das beißt sich total, verstehe ich nicht, wie die da zusammengekommen sind", dann weiß die Gartenheftleserin Katrin sofort, dass die Person in MSG die Ton-in-Ton-Pflanzvorschläge gelesen hat. Sagt sie aber: "Wow, schau, das ist mir gelungen! Färberkamille und Geranium 'Patricia'" dann ist mir sonnenklar, dass vor kurzem Flora gekauft wurde, in dem Kontrastbeete vorgeschlagen werden. Nicht dass das schlimm wäre (gleich fällt die vereinte Leserschaft der Gartenhefte über mich her!) , aber ist es nicht seltsam? Man pflanzt immer so, wie es der Trend angibt und immer seltener höre ich zu wahrhaft ungewöhnlichen Pflanzungen die schlichten drei Worte: "Das gefällt mir." Denn am Ende muss man es ja doch selber im Garten aushalten und nicht jemand anders.

Nun frage ich mich, wird der Garten des 21. Jahrhunderts ein Beet sein, in dem beliebig austauschbar die Pflanzen stehen und man sie immer gerade so stellt, wie es in ist? Einmal ein blaues und ein rotes Beet, dann wieder gemischt, einmal gestuftes Mixed Border, das andere Mal verwucherter Wildgarten? Eine Horrorvision.

Aber nach wie vor bin ich der Meinung, dass jeder - abseits von Heften, Tipps und Tricks - seinen eigenen Stil finden muss und auch zu ihm stehen sollte. Denn alleine an der Gartengestaltung erkennt man einen Menschen, glaube ich. Mitläufer oder Individualist, stille graue Maus oder bunter Paradiesvogel.

Man kann sich ja leicht selbst an der Nase packen: Die Sammler sind zweifellos die kompliziertes Persönlichkeiten: Winzigste Differenzen werden traumwandlerisch sicher erkannt und extra hervorgehoben (habe ich eben selber an mir beobachtet - Freundin: "He, du hast auch ein G. phaeum, wächst bei mir auch!" Ich: 'Nö, das ist reflexum..." Freundin: "Schaut doch gleich aus!" Ich: "Niemals, guck mal, die Blätter sind ganz anders gepunktet, die Farbe der Blüten ist anders und erst die Staubgefäße....") und man sucht immer nach Neuem, könnte das ein Zeichen für Weltoffenheit sein? Vielleicht aber auch für Unruhe und Unzufriedenheit... Sind ja alles nur Vermutungen... Eins ist aber sicher: An meinem Garten erkennt man, dass ich eine fürchterliche Chaotin bin: Alles drunter und drüber aber wenn niemand was umsetzt, finde ich es auch... Naja, fast zumindest ("he, was ist denn da... ganz vergessen dass das HIER ist!")

Hihi, der Garten des 21. Jahrhunderts als Spiegel der Persönlichkeit? Meine Posts entwickeln sich immer von selbst, keine Ahnung, wie ich da wieder drauf gekommen bin ;)

VLG, Katrin
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ernst

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Re:Garten des 21.Jahrhunderts
« Antwort #11 am: 13. Mai 2004, 21:59:49 »


 – wie auch die sog. Japanischen Gärten - für mich den großen „Fehler“, dass sie nicht veränderbar sind ohne dadurch zerstört zu werden. Sie sind ein Kunstwerk, dass ich im Prinzip nur abstauben darf. Sobald ich eine ungehörige Pflanze hineinsetzte oder Stein A in den Hintergrund legen möchte, stimmt angeblich das Bild nicht mehr.

 Dieses Thema wurde unnachahmlich von Tati in dem Film „Mon Oncle“ persifliert.


Tati:
Ja, er hat die Zeichen seiner Zeit (inkl. der nächsten Jahrzehnte) auf den Punkt gebracht. Er war ausgebildeter Architekt und hat sich mit seiner Besessenheit und seinem Perfektionismus auch finanziell ruiniert.
Dieser Film gehört jedenfalls zum Besten, zum mitnehmen auf die einsame Insel.

Was den jap. Garten betrifft, hast du insofern recht, als das er, soferne er gut angelegt wurde im Prinzip nicht mehr verändert werden sollte. Der Schlüssel zu einem jap. Garten ist sein Erhaltungszustand- dh., die tägliche Pflege!
Ein jap. Garten, der einige Jahre vernachlässigt wurde, muß gerodet werden, den bringt man nicht mehr hin.
Aber hier zeigt sich wieder die ostasiatische Mentalität, die weniger auf Neues wert legt, als darauf, das bestehende durch sorgfältige Kleinarbeit immer besser werden zu lassen. Beispiele für dieses Denken sind der chin. Ahnenkult, die Weiterentwicklung jap. Autos.....)
Und ein gepflegter Garten wird von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr schöner und reifer, er altert in Würde.

Susanne: mit dem Satz: "Wir haben die Welt von unseren Kindern nur geliehen" , sprichtst du mir aus tiefster Seele. Ich würde ihn noch nahtlos mit Hernn Johann Wolfgangs Ausspruch verknüpfen; " Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen"- mit dem Bewußtsein es mindestens ebensogut oder möglichst besser an die nächste Generation weiterzugeben. (Gast im Garten ;))

Und zu fisalis Natur-Idee kann ich nur sagen: Natur und Kulturlandschaft schließen sich gegenseitig aus: ent- oder weder ;D

Ich habe den ganzen heutigen Tag mit Gärtnern und Gartengestaltern zugebracht. Ergebnis: Der Garten 2004 soll pflegeleicht sein wie Verkehrsbegleitgrün- aber nicht so aussehen!

Da gabs doch so Bücher- Gärten für inteligente Faule- oder so!
Jetzt möcht ich mal provokant sein;
Ein inteligenter Gärtner kann gar nicht faul sein, weil als solcher wüßte er, dass er auf diese Art immer nur einen bestenfalls mittelmäßigen Garten hinbring!
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Lilia

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Re:Garten des 21.Jahrhunderts
« Antwort #12 am: 13. Mai 2004, 22:05:06 »

Vielleicht orientiert sich der Garten der Zukunft an der Bodenknappheit?
Garten findet nicht mehr auf dem Boden statt sondern anderswo.
Auf einem nach aussen gebauten Brett vor dem Fenster? Auf Dachkonstruktionen?
Was, wenn die Bewohner von Kairo ihre Liebe zu Pflanzen entdeckten?
Mobile Gärten, in Töpfen oder gleich auf Rollen.
Es gibt keine Gärten mehr, weil Wasser so kostbar geworden ist, daß es nicht länger "verschwendet" werden darf?
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Silvia

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Re:Garten des 21.Jahrhunderts
« Antwort #13 am: 13. Mai 2004, 22:13:45 »

Welcher Politiker war das noch einmal, der bei einem Treffen mit einem Ölscheich sinngemäß sagte: "Ihr habt Glück, ihr habt Öl." Woraufhin der Scheich sagte: "Ihr habt mehr Glück. Ihr habt Wasser."

So ähnlich jedenfalls.

LG Silvia

 
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Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.

ernst

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Re:Garten des 21.Jahrhunderts
« Antwort #14 am: 13. Mai 2004, 22:23:30 »

Lilia!
Das trifft in Japan auch schon seit Jahrhunderten zu. Boden ist knapp und saumäßig teuer. Da jeder jap. Garten konkret oder abstrakt Natur darstellt, müssen bei immer winzigeren Flächen auch die Gartenelemente immer kleiner werden. Die kleinsten vollständigen vorzeigbaren Gärten haben ca. 5 m2 !
Und in den Straßen wird so ziemlich alles bepflanzt, was möglich ist: Randsteine, Topfgärten an Zäunen, Dachgärten...
Aber wir haben ja eine unverändert anhaltente Landflucht, in (für gewisse Leute) unatraktiven Gebieten bekommst du Boden nachgeschmissen, und es wird noch besser. ;D
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