Drucken

[Sabine G.]

Hallo allerseits,

per Zufall bin ich heute beim zappen dort gelandet:

http://www.wdr.de/tv/service/wohnen/inhalt/20061012/b_4.phtml

Ich fand das aeusserst spannend- gerade auch den Polyphenolgehalt!

und mal Euch Spezialisten gefragt... Rheinischer Winterrambour oder Ontario... wuerden die im froesteligen Alpenvorland noch gut gedeihen? Der Name laesst mich ja eher anderes vermuten.

Viele Gruesse
Sabine

[Zuccalmaglio]

Das mit dem Polyphenolgehalt war ca. in den letzten zwei Jahren schon mehrfach in den Medien.
Aber sehr gut wenn es der WDR im Rahmen populärer Sendungen, zumal noch mit Mitmachaktion, aufgreift.
Was mich hierbei allerdings wieder stört: Die fast bedingungslose Aussage alt = gut (Nicht nur in Bezug auf den Polyphenolgehalt).
Das ist Schwarzweißmalerei. Die "gute alte Zeit" gibt es auch beim Obst nicht.
Es gibt alte (definieren wir einmal 100 Jahre und älter) Sorten die hinsichtlich vieler Eigenschaften von Frucht und Baum als gut oder wertvoll bezeichnet werden können. Es gibt aber genausogut jüngere und ganz junge Sorten, auf die das auch zutrifft.
Und es gibt alte Sorten, die würde ich weder in den Garten noch auf die Obstwiese pflanzen. Sie mögen vielleicht(!) vor 100 oder 200 Jahren
gute Eigenschaften aufgewiesen haben. Aber auch die Lebensbedingungen für Bäume haben sich verändert. Stichwort Klimawandel. Und die diversen Schaderreger modifizieren sich im Laufe der Zeit sicher auch.
@Sabine,
mit Alpenvorland meinst du Alpennordseite?
Ich komme nun mal aus dem Rheinland und die Reginonalklimata kann ich kaum einschätzen.
Ontario würde ich wegen der überdurchschnittlichen Holzfrostempfindlichkeit für Alpenvorland (Nord- wie Südseite) auschließen. Auf der Nordseite würde er auf 650 m Höhe vermutlich auch nicht mehr ausreifen. Selbst in der milden Kölner Bucht ist er mit der Späteste. Und gerade nicht ausgereifte Ontario sind nur saures Wasser mit Schale. Gut herangereift ein säuerlicher, vorzüglicher Lagerapfel mit allerdings nur schwachem Aroma. Dazu muß er aber bei der Ernte wegen der Druckempfindlichkeit wie ein Baby-Popo angefasst werden. Versehentlich zuviel Druck mit den Fingerspitzen oder gar werfen oder aus der Schütte rollen. Nein, jeder Apfel muß behutsam einzeln ins Regal gestellt werden. Schwerer Boden geht bei Ontario gar nicht (Krebs).
Winterrambur könnte vielleicht bei günstigem Kleinklima ausreifen (ca. 2 Wochen vor Ontario). Aber da erkundigst du dich am besten bei einem örtlichen Gartenbauverein oder staatlichen Stellen (Landwirtschaftskammer o.ä.). Wenn auch nicht wie Ontario, aber so ganz frostfest im Holz war er bei mir in manchen Jahren auch nicht. Aber noch vertretbar. Die Frucht ist insgesamt milder schmeckend als Ontario. Für mich leicht fruchtig mit schwacher Säure bei auch nicht hohem Zucker und schwachem Aroma. Insgesamt so bis Dezember ganz angenehm. Wegen dem Säureabbau auf dem Lager ist er mir ab dann aber zu mildfruchtig und später auch zu mürbe.
Herrje, jetzt ist gut. Soviel wollte ich gar nicht schreiben.

[Sabine G.]

Du hast natuerlich voellig recht, ich sollte es dazu schreiben. Ich wohne auf der Alpennordseite. Mein Profil gibt das zwar her - aber da habe ich neulich auch erst ins Fettnaepfchen getreten - das sieht man naemlich nur, wenn man eingeloggt ist. Also, Alpennordseite und das ist bayerisch Sibirien
Das mit dem Polyphenolgehalt haben die im WDR frisch im Labor getestet mit den eingeschickten Zuschaueraepfeln. Hat man im Labor sozusagen verfolgen koennen, sehr nett gemacht. Also absolut nicht alt - gleich gut! Sondern aus, ich glaube es waren 250 Zuschauereinsendungen, nach dem Zufallsprinzip welche ausgewaehlt.
Sehr schade, dass ich das erst so spaet mitbekommen habe. Ich habe selber eine pseudo alte Sorte aus den 60ern hier und weiss nicht, was das sein soll. Und auch da gebe ich Dir recht... ich habe schon schwer mit mir gerungen, ob ich ihn stehen lassen soll - denn die Qualitaet kommt bei ihm definitiv NACH Quantitaet.
Nachdem Du Dich so klasse auskennst... wuerdest Du mir spontan eine Sorte empfehlen, gesund und kaelteresitent, Hoehenlage 657m und Dorfrandlage? Ich suche noch so Aepfel wie aus meiner Kindheit, die zum backen klasse waren, a weng was fuers Auge boten ( nein, nicht knatschrot, aber doch rot angehaucht) und die VOR ALLEM lagerfaehig waren?! Wie so ein Boskoop mit leichter Roetung?!
Ich rueste mich gedanklich fuer Experimente. Kann ja nicht so schwer sein mal einen Zweig zu veredeln und die Sorte- welche auch immer- hier mal zu probieren, oder?!
Ich habe auch einen Holsteiner Cox. Aeh... prinzipiell ist der ja ganz nett. Er nimmt sich allerdings heraus umgekehrt zu wetteifern mit dem anderen: Qualitaet geht ihm definitv vor Quantitaet - sprich, wir hatten dieses Jahr genau 3 Aepfel von ihm. Und die hat mir mein Hund aus dem Korb geklaut

Viele Gruesse und vielen Dank fuer Deine Antwort!!!!
Sabine

[Zuccalmaglio]

@sabineG.,
nä nä, spontan und spät und weinschwer fällt mir da nichts ein.
Mit solchen Höhenlagen beschäftigt man sich ja eher selten. Ich muss mal 2/3 Tage überlegen.

[Sabine G.]

 

wuerde mich auch in 2/3 Tagen sehr drueber freuen.

Inzwischen bin ich wild entschlossen meinem Taugenichts von Apfelbaum ein paar interessante Reise aufzusetzen. Das kann doch mit a weng Gartenpraxis woll mal was werden!

entschlossene Gruesse
Sabine

[Zuccalmaglio]

@sabineG.
ich habe mich gedanklich jetzt nur damit beschäftigt, was im flachen Lande so Mitte bis Ende September reift (bei dir dann vermutlich so 2-3 Wochen später). Denn ich kann das mit deiner Höhen- bzw. Klimalage nicht richtig einschätzen (Ausreife). Für in milderen Lagen im Oktober reifende Sorten ist dein Standort möglicherweise nicht das richtige. Aber wie gesagt, örtliche Gartenbauvereine oder die Beratung der Landw.-Kammer wissen da oft mehr.
Eine unkomplizierte Sorte ist z.B. "Prinz Albrecht von Preußen" , kurz
Albrechtsapfel genannt. Ausgeglichen Süß-sauer mit ein wenig Aroma, ein einigermaßen regelmäßiger Träger und im Holz frostfest. Hält so 2-3 Monate in einem kühlen Keller. Und genügend rot wie von dir gewünscht ist er auch noch.

[Sabine G.]

Vielen herzlichen Dank fuer Deine Muehe.
Ganz sicher werde ich bei uns im Gartenbauverein nachfragen. Wir hatten dieses Jahr leider die unglueckliche Konstellation, dass ein paar Orte weiter Apfeltage waren - und im Ort hier gleichzeitig Pflanzentauschboerse war.
Ich werde berichten!

LG
Sabine

[Sabine G.]

 

Also der Tipp passte schon mal - mittlerweile liegt mir ein Schriftstueck vor ueber hier wachsende Obstbaeume. Daraus habe ich mir nun 3 ausgesucht und harre auf Euer fachmaennisches Urteil

Wie empfohlen ist darunter:

Prinz Albrecht von Preussen

und ich habe noch notiert:

Danziger Kantapfel
und
man hoere und staune:

Rheinischer Winterrambur ( Anbau bis 1000 m moeglich)

So ein Trio wuerde ich sogar vergnueglich in meinem Garten unterbringen - brauche jetzt gerade sowas zur neuen Gartenraumschaffung welch Wort. Halt was Strukturierendes.

Ruft einer Veto zwecks schrecklicher Erfahrungen???

Liebe Gruesse
Sabine

[Zuccalmaglio]

Morjen,
"Winterrambur" bis 1.000 m ? Ich habe dabei ein mulmiges Gefühl. Aber auch keine Erfahrungen. Aber auch "offizielle" Empfehlungen sollte man erst einmal kritisch betrachten. Landkreis-weit? Das kann doch bestimmt auch Höhenunterschiede von 200 oder 300 m bedeuten. Oder?
Hinsichtlich "Danziger Kant" kann ich persönlich nichts beitragen. Ich meine mich aber zu erinnern, das er auch zu so manch einem Problemchen neigen soll. Wobei anzumerken ist, das im Flachland bzw. milden Lagen manche Sorten deutlich empfindlicher für Krankheiten sind als beispw. in höheren, kühleren und ggfls. windigen Lagen.
 

[Sabine G.]

Moin Moin ( ausgewandertes Nordlicht blinkt in Sueddeutschland)

also Danziger Kantapfel - dafuer habe ich immerhin 2 Quellen. Der eine sagt robust, genuegsam, gedeiht auf allen Boeden ausser auf Sand ( noe) und noch in rauen Hoehenlagen. Kaum krankheitsanfällig, zuweilen Schorf, stark anfällig für Feuerbrand ( woll`n mer nicht hoffen)

Andere Quelle: In Raulagen meist gesuender ( als was?!), fuer raue Lagen geeignet, anspruchslos an den Boden.

Ich denke, der passt schon. Und pfui, ich gestehe zudem, dass mir der Name sehr zusagt.

Ueber den Winterrambur finde ich aber nix in der zweiten Quelle. Da bin ich auch noch unentschlossen. Theoretisch reichen auch zwei Sorten. Dann wuerde ich die gesuchte Birne in die Mitte nehmen.

Viele Gruesse
Sabine

[Zuccalmaglio]

Welche Quellen sind das denn?

Zum Feuerbrand: Das ist (noch) eher etwas, was vornehmlich Süd-, Südwest- und Südostdeutschland betrifft. Und dann eher flachere Lagen, z.B. Bodenseegebiet. Ich bin da aber nicht up to date.
Es sind viele Rosengewächse, auch Apfel und Birne, empfänglich, wenn auch mit Unterschieden in den Arten und Sorten bis hin zur (seltenen) Resistenz.
Also, Prinzip Hoffnung und Augen zu und durch. Wenn man den Sortenspiegel um die feuerbrandempfindlichen reduziert, dürfte kaum etwas übrigbleiben. Vielleicht sollte man in besonders gefährdeten Gebieten die besonders empfänglichen weglassen (sofern es dazu überhaupt verlässliche Informationen gibt).
 

[Günther]

Ontario wächst bei mir am Westrand Wiens problemlos, seit geschätzt über 50 Jahren (alt übernommen) und trägt brav und vorzügliche Lageräpfel. Wenn der alte Knabe eingeht, und er ist leider sichtlich schon alt, dann denke ich an eine Neuanschaffung.
Der Polyphenolquak taucht regelmäßig auf, mal wird für Tee damit geworben, mal für Obst, mal für Kräuter - die meisten natürlichen Gerbstoffe sind Polyphenole, was am Obst an der Luft braun wird, sind meist auch Polyphenole, sprich, je herber, desto mehr....

[Sabine G.]

  nu ist Wien ja nicht sehr hoch gelegen...

Auf die Frage aus welcher Quelle:

Obstsorten fuer den Landkreis Landsberg Lech ( fuer den wir uebrigens so eine mittlere Hoehe vertreten)

sowie eine private Eintragung in einem Sortenhandbuch

Feuerbrand - das ist fuer mich schwierig einzuschaetzen. Nur denkt man ja bei der baumpflanzung auch an eine andere Zeitspanne als nur die naechsten - na sagen wir mal - 10 Jahre. Aeh... und ich bin eben auch Sued/ Suedwestlage von Deutschland. Aber ich kann ja auch mal deswegen nachfragen - heute ist eh Treffen und ich wollte eigentlich hin.

[Günther]

nu ist Wien ja nicht sehr hoch gelegen...

Naja, ca. 275m sind auch nicht grad Meeresniveau....

[Zuccalmaglio]

....Vielleicht steht uns in Zukunft das Wasser ja bis zum Hals, äh, Wien..........

Bei Ontario kann (nicht muss) man mit drei gravierenden Problemen rechnen. Sehr geringe Winterfrosthärte des Holzes (aber evtl auch sehr abhängig vom Kleinklima der Lage und vom Pflegezustand und der Unterlage). Zweitens die Krebsanfälligkeit (bei durchlässigen Böden aber kaum ein Problem) und drittens der Mehltau (eher in frühjahr- bis sommerwarmen Lagen).
Voraussetzung ist ferner eine lange Vegetationsperiode, d.h. er muß nach hinten bis Mitte/Ende Oktober ausreifen können.
Dann in der Tat ein vorzüglicher, säuerlicher Lagerapfel.
Meiner ist leider im Extremwinter 84/85 wegefroren.