Hallo Julian (silentnoise),
dein Ansatz wird so wohl keinen Erfolg haben.
Geschlechtlich (über Blüte, Pollen, Kerne, Aussaat) vermehrte Apfelbäume streuen stark in ihren Eigenschaften (Wuchsverhalten, Krankheitsanfäligkeit, Ertrag, Größe und Geschmack der Früchte). Das ist nachvollziehbar, denn an jeder Eigenschaften sind mindestens zwei Eltern beteiligt, die jeweils zwei Erbanlagen haben, von denen aber nur jeweils eine weitergegeben wird. Von diesen am neuen Apfelbaum beteiligten Erbanlagen zeigt sich entweder die eine oder die andere oder eine Mischform von beiden. Und dieses Spiel wird für jede einzelne Erbanlage neu entschieden. Du siehst, dass es ziemlich unsicher ist, was bei einer geschlechtlichen Vermehrung heraus kommt.
Die Profis lösen das dadurch, dass sie immer nur die Bäume weiter vermehren, die genau die gewünschten Eigenschaften haben (Zuchtauswahl) und z.B. durch Netze verhindern, dass durch Fluginsekten sortenfremder Pollen eingetragen wird. Mit dieser Methode lassen sich über einen längeren Zeitraum hinweg durch geschlechtliche Vermehrung einigermaßen gleichförmige Apfelbäume "herstellen". Aber du erkennst, dass der Aufwand dafür sehr groß ist. Außerdem wachsen die Früchte mit den gewünschten Geschmackseigenschaften nicht unbedingt auf einem Baum mit dem gewünschten Wuchseigenschaften. Dieser Aufwand wird praktisch für die Gewinnung von Unterlagen (häufigste Sorten sind nach meiner Kenntnis Bittenfelder und Grahams Jubiläumsapfel) angewendet.
Dann gibt es die ungeschlechtliche Vermehrung. Dabei nimmt man Teile eines nicht veredelten Apfelbaumes und sorgt dafür, dass aus diesen neue Bäume wachsen. Da der neue und der alte Baum das selbe Erbgut haben, wird auch der Baum die selben Eigenschaften haben. Das ist nichts anderes als das in anderem Zusammenhang oft beschriebene "Klonen". Es dürfte aber ziemlich lange dauern, einen geeigneten Ausgangsbaum zu finden. Diese Methode wird häufig für die Erzeugung von Unterlagen (Typunterlagen) angewendet.
Die üblicherweise für die "Herstellung von Apfelbäumen" angewandte Methode ist das Veredeln. Dazu wird auf einen Wurzelteil (Unterlage) mit den gewünschten Wuchs- und Krankheitseigenschaften ein Fruchtteil (Veredelung) aufgesetzt. Wenn man ein paar Dinge beachtet, verwachsen zwei Teile verschiedener sorten der gleichen Art recht gut miteinander.
Es gibt dazu verschiedene Mehtoden: Bei der Okulation wird eine einzelne Knospe in eine Rindentasche veredelt, beim Pfropfen werden dünne Aststücke unter die Rinde eines kräftigeren Baumes veredelt und beim Kopulieren wird auf eine dünne Unterlagen ein einzelnes gleichstarkes Aststück veredelt. Wie das genau gemacht wird und wie die Fachbegriffe heißen, steht in dem Büchlein von Werner Schmid, das Astring dir weiter oben schon empfohlen hatte. Ich kann mich dieser Empfehlung nur anschließen.
Aber wie kommst du jetzt bei der Selbstversorgung mit Äpfeln weiter?
Das hängt ganz davon ab, was du letztendlich wirklich vorhast.
Wenn du dich lediglich günstig mit Jonagold und Granny Smith versorgen möchtest, geh zum Supermarkt oder zum Obstfachhandel. Beide Sorten sind für den Privatanbau weniger geeignet.
Wenn du trotzdem versuchen möchtest, diese Äpfel im heimischen Garten zu ernten, geh zu einer guten Obstbaumschule (Gartencenter oder normale Baumschule kannst du normalerweise vergessen) und lass dich beraten. Hier im Forum werden häufiger mal gute Obstbaumschulen empfohlen. Die werden dir sagen, was dort machbar ist und worauf du alles achten musst. Und das dürfte nicht wenig sein. Vermutlich wird der Händler für Dünger und Pflanzenschutzmittel dein bester Freund.
Wenn du einfach nur leckere Äpfel selbst ernten möchtest, empfehle ich dir ebenfalls die Obstbaumschulen, die dir dann auch viele weitere Sorten mit tollem Geschmack anbieten können. Die Granny-Smith und Jonagold zeichnen sich nämlich vor allem durch Aussehen der Früchte, gute Lager- und Transport- und Anbaueigenschaften aus und nicht durch überlegenen Geschmack.
Wenn du wirklich selbst Apfelbäume selbst aufziehen und veredeln möchtest, brauchst du einen langen Atem und am besten jemand, der dir praktisch zeigt wie's geht. Es gibt in vielen Regionen Obstbauvereine in denen man es dir gerne zeigen wird. Dort kannst du dann im Herbst auch sicherlich viele der tollen alten Sorten probieren, die es im Handel üblicherweise gar nicht mehr gibt. -- Bei uns im südöstlichen Sauerland ist da aber leider Fehlanzeige
-- Wenn du das also wirklich willst, dann kann ich dich nur zu einem tollen neuen Hobby beglückwünschen. Es ist ein schon fast schon berauschendes Gefühl, wenn die erste Veredelung angewachsen ist oder der erste Apfel am selbst veredelten Baum hängt, später dann geerntet wird und auch noch gut schmeckt.
Upps, das ist jetzt aber ein langer Beitrag geworden.