Ich habe ein unerwartetes Experiment mit Polistes am Laufen. In meinem Wintergarten hatte eine Königin angefangen zu bauen, ich habe sie natürlich gewähren lassen und sie interessiert beobachtet. Die Tür, zu der sie ein- und ausflog, mußte also immer offenbleiben. Aber vor ca. vier Tagen war sie plötzlich verschwunden (bei bestem Insektenwetter!). Das Nest hatte schon vier verdeckelte Zellen und etwa 8 weitere jüngere Larven. Nun war ich etwas ratlos: soll ich die Larven verhungern lassen? Und dann schlüpfen irgendwann die schon verpuppten Arbeiterinnen? Oder soll ich das Nest gleich an die Vögel verfüttern, damit es noch zu was nützlich ist? Getan habe ich erst einmal nichts, natürlich auch gewartet, ob die Königin nicht doch wiederkommt.
Aber gestern habe ich zufällig eine andere Königin im Garten gesehen und sie zu ihrem Nest verfolgen können. Es war größer und schöner gebaut, aber noch weniger weit gediehen (noch keine Larven, allenfalls bestiftet). Nachdem ich gelesen habe, daß Feldwespen manchmal fremde Nester okkupieren und manchmal Filialnester bauen, habe ich gleich das verwaiste Nest abgelöst und ca. 5 cm neben dieses Nest geklebt, als die Königin gerade nicht da war. Als sie zurückkam, flog sie zuerst auf das (für sie) neue Nest -- und war total aufgeregt, wie panisch, hat alles berochen und befühlt. Merkwürdigerweise hat sie auch mit dem Hinterleib nach den Larven gestochert. Ich dachte schon, sie sticht sie ab.
Als ich dann gestern nachmittag noch öfter nach ihr geschaut habe, saß sie manchmal auf dem alten Nest, öfter auf dem neuen, benahm sich auch zunehmend normal. Ob sie begriffen hat, daß sie jetzt zwei Nestteile hat oder ob sie sich als gespaltene Persönlichkeit fühlt, je nachdem wo sie landet, weiß ich nicht.
Offenbar hat sie aber die fremde Brut angenommen. Ob und was sie füttert, kann ich nicht sehen, aber das konnte ich schon bei der ersten Königin nie erkennen. Jedenfalls sind die Larven noch am Leben, und eine fünfte hat heute angefangen, sich einzuspinnen.
Nun bin ich gespannt, wie sich das weiter entwickelt und ob ich das Richtige getan habe. Wenn die Arbeiterinnen schlüpfen, müßten sie die genetisch fremde Königin problemlos akzeptieren -- sie wissen ja von nichts. Und die Königin hat eigentlich nur einen Vorteil davon, denn sie bekommt schneller Arbeitshilfe, und die Geschlechtstiere werden dann ja ihre eigenen sein.