Für Soldanella scheinen wir aller paar Jahre einen neuen Thread aufzumachen. Das ist der letzte, den ich gefunden habe.
Und es ist Winter.
- hier eine kleine Aktualisierung zum "Sortiment":
Im vergangenen Jahr wurde ein neues Troddelblümchen "geboren":
Soldanella sacra.
Bis in die 1980er Jahre wurden die "montana-ähnlichen" Soldanellen auf dem südlichen Balkan und in Süditalien als
Soldanella hungarica oder
Soldanella montanabetrachtet, Pflanzen mit sitzenden Drüsenhaaren selten auch als
S. carpatica - in einigen Schriften wird es heute noch so wiedergegeben.
A. Kress hat diese Vorkommen 1984 unter dem neuen Namen
Soldanella chrysosticta von den mitteleuropäischen und Karpaten-Populationen abgespalten.
Diesen Namen hat er selbst wenige Jahre später auf bestimmte Populationen in Bulgarien, Griechenland und Albanien eingegrenzt und die fast zeitgeich von
F. K. Meyer beschriebene
Soldanella cyanaster1) als dazu synonym erkannt. Daneben wurde im selben Zeitraum
Soldanella rhodopaea beschrieben (F. K. Meyer),
die Kress ebenfalls in die Verwandtschaft von
Soldanella chrysosticta stellt, aber ihre Eigenständigkeit als Art anerkennt (Bulgarien, Griechenland und Südserbien).
Neben diesen beiden Arten spaltet Kress die süditalienischen Populationen 1988 neu als
Soldanella calabrella ab (ebenfalls in der
chrysosticta-Verwandtschaft).
Soldanella calabrella ist auf zwei kleine Vorkommensgebiete in Kalabrien beschränkt.
Die 1970 von T. Raus entdeckte und 1987 von ihm ausdrücklich als von
S. cyanaster=
S. chrysosticta verschieden beschriebene
Soldanella pelia auf der griechischen Pilion-Halbinsel
konnte A. Kress nach gründlichen morphologischen Studien dagegen nicht deutlich abtrennen. Sie wird, nach weiteren molekulargenetischen Befunden, von Greuter & Raus (2006)
als Art zurückgezogen und zur Unterart von
S. chrysosticta (
Soldanella chrysosticta subsp. pelia) umkombiniert.
A. Kress weist bereits daraufhin, dass die geringen Unterschiede in den morphologischen Merkmalen eine Unterscheidung der Arten innerhalb der
chrysosticta-
Gruppe erschweren - was auch für andere Artengruppen, insbesondere die im Karpaten-Raum unter
Soldanella hungarica zusammengefassten Sippen gilt.
Oft ist, ohne molekulargenetische Methoden, nur eine statistische Trennung nach Untersuchung größerer Probenreihen möglich. Die wichtigsten Merkmale zur
Bestimmung der meisten
Soldanella-Arten bieten die jeweils längsten Drüsenhaare der Blattstiele, an denen die Länge, das Verhältnis zum Drüsenkopf sowie
Anzahl, Merkmale und Indizes der Haarzellen ausschlaggebend sind. (Es macht also großen Spaß
.)
2008 wird über neu entdeckte
Soldanella-Populationen in Kampanien berichtet, ca. 150 km von den nächsten kalabrischen Populationen entfernt. Sie wurden - was
naheliegt, als
Soldanella calabrella publiziert. Bellino et al. haben diese Populationen nun u.a. mit molekulargenetischen Methoden mit den kalabrischen verglichen und
kommen zu dem Ergebnis, dass die stammesgeschichtliche Aufspaltung, morphologische Unterschiede und eine abweichende ökologische Einnischung die
Beschreibung einer eigenständigen Art,
Soldanella sacra begründen (nach dem "Heiligen Berg", an dem die Pflanzen entdeckt wurden).
Damit gibt es in Süd- und Südosteuropa jetzt folgende montana-ähnliche Sippen:
Soldanella calabrella (Italien, Kalabrien)
S. chrysosticta subsp.
chrysosticta (Bulgarien, Nord-Griechenland, östliches Albanien, ?Serbien)
S. chrysosticta subsp.
pelia (Griechenland, Pilion)
S. rhodopaea (Bulgarien, Nord-Griechenland, Serbien)
S. sacra (Italien, Kampanien)
Ich bin nicht sicher, ob
Soldanella pindicola, die schon im 19. Jahrhundert vom Balkan beschrieben wurde, auch in diese Verwandtschaft gehört. Die früher
davon unterschiedene
Soldanella dimoniei wird heute zu
S. pindicola gestellt, ebenso die erst 1985 beschriebene
S. macedonica.
Soldanella hungarica,
S. montana (jeweils im weiteren Sinne) und
S. carpatica haben sich für das südliche Europa nicht bestätigen lassen. Nach molekulargenetischen Untersuchungen von Zhang & Kadereit (2002) (zu denen bei mir in anderer Hinsicht einige offene Fragen und im Detail Zweifel bleiben) sind diese Verwandtschaftskreise auf Mitteleuropa und den Karpatenraum beschränkt.
Für den Gärtner ist das vermutlich wenig bedeutsam. Nach meinem Eindruck zeigen die "montana-ähnlichen" Troddelblümchen in Gartenwert
und Garteneignung wenig Unterschied. Da die Arten als florengeschichtlich sehr junge Gruppe schon in der Natur leicht hybridisieren, tun sie das vermutlich auch im Garten.
Vielleicht wären unter den Hybriden sogar die schönsten und am leichtesten zu kultivierenden Pflanzen zu suchen. Bilder in Gartenforen hinterlassen mitunter den Eindruck.
Gibt es hier im Forum Erfahrungen mit süditalienischen
Soldanella-Herkünften?
1)Nach einer früheren Schilderung von O. Schwarz zu bulgarischen Soldanellen und deren Kultur im Alpinenhaus des Jenaer Botanischen Gartens. Der Name "cyanaster" war bereits von Schwarz gewählt worden.