Drucken

[Mottischa]

Ich brauche bitte einmal Hilfe zu unserem Apfelbaum. Dieser ist über 60 Jahre alt, wird innen zwar hohl, trägt aber recht gut und hat sehr leckere Äpfel (später Augustapfel)- auch wenn keiner weiß, um welche Sorte es sich handelt.

Nun hat mein Mann die Krone vor ein paar Jahren einfach mal gekappt, der Baum trug darauf hin ein paar Jahre nicht, trieb aber wieder wie verrückt aus - kann man ja auf den Bildern sehen. Leider hat er sich sich dann nicht weiter darum gekümmert und so wuchsen die Triebe ins Unermessliche, sind dürre, hängen runter, brechen auch und der Baum hat keine schöne Krone mehr - darum wollte mein Mann ihn komplett absägen, was ich aber nicht will, zumal ihm die Beete - damit einhergehend, die regelmäßige Wasserversorgung - sehr gut tun und der Baum auch hier für Insekten und Vögel ein wichtiger Verbündeter ist. Jetzt haben wir uns geeinigt, dass der Baum einen Schnitt bekommt, damit er wieder schön wird. Aber wie? Und da kommt ihr ins Spiel, wir brauchen Hilfe, Tips, da wir keine Ahnung haben Ich habe eben auch mal ein paar Bilder gemacht, darauf kann man das ganze Bäumchen mal sehen. Ich danke euch schon mal.

[Herr Döpfel]

Mit Radikalschnitt und dann Vernachlässigung wurde da leider alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Den starken, steilen Neutrieb wird man über mehrere Winter verteilt wieder raussägen müssen.

Ich kann für den Einstieg die Videos von der Baumschule Schreiber zum Schnitt alter Obstbäume empfehlen, z.B. https://www.youtube.com/watch?v=l2QsRw95l-4

[dmks]

Aber wie?

Und und vor allem wann...

Also ganz wichtig: jetzt erstmal die Füße stillhalten, es ganz entspannt Weihnachten und Neujahr werden lassen! Bis dahin ändert sich (außer daß die Blätter abfallen) an dem Baum garnix mehr.

Dann wieder genauso die Fotos machen und wieder hier fragen - ich denke dann gibt es Hilfe und Hinweise genug!

[cydorian]

damit er wieder schön wird

Eine schöne Krone wird der nie wieder bekommen. Aber verloren ist er auch nicht. Auch das Laub sieht gesund aus. Ich würde als Erstmassnahme nächsten Juli (also ein Sommerschnitt, kein Winterschnitt, damit der Schnitt wenig zusätzliche Wuchskraft erzeugt) einige der steil aufragenden Äste aus der Mitte absägen. Etwa jeden Vierten. Auslichten. Das im Jahr darauf wiederholen. Dann sind noch 50% der Äste übrig, die sich aus den früheren Wasserschossern nach dem Radikalschnitt gebildet haben.

Die kann man später auch noch kürzen. Was Richtung Boden kippt, wird ebenfalls gekürzt und auf aufwärts wachsende Verzweigungen abgeleitet. Aber erst mal den riesigen, nach oben stebenden Überbau reduzieren. Dann sieht man weiter. Das muss Stück für Stück angegangen werden. Schnipfelt man zu viel, kommen neue Schosser, die noch mehr Arbeit verursachen.

[Floris]

Im Prinzip sehe ich das auch so: erst mal die stärksten und steilsten Triebe da wo sie herkommen, an der ehemaligen Schnittstelle, wegnehmen, 3- 4 Stück, im 4ten Bild zu sehen.

In Anbetracht der Wetterlage würde ich diesen ersten Schnitt sogar jetzt gleich noch machen, in einer Woche wäre mir das auch zu spät.

Anfang März nächsten Jahres dann alles weg was senkrecht nach unten hängt.

[Mottischa]

Ich danke euch für eure Hilfe, dann werden wir das mal langsam angehen. Schade, dass er keine schöne Krone mehr bekommen wird, aber vielleicht wird er einigermaßen aussehen und tragfähig werden. Mir ist der Erhalt des Baumes wichtig, die Optik da dann eher zweitrangig.

[Talkrabb]

Was du beschreibst (Apfel treibt nach Radikalschnitt stark, trägt erstmal nicht, dafür ein paar Jahre später wieder Ertrag) ist typisch. Äpfel tragen erstmals am 2-3 jährigen Holz.

Ich würde dir eine Kombination aus den genannten Maßnahmen vorschlagen. Im nächsten Spätwinter (Ende Februar bis Mitte März) würde ich die stark hängenden Äste verjüngen, d.h. aufleiten auf leicht nach oben wachsende Triebe. Siehe Zeichnung 2 hier: https://www.gartenfreunde.de/gartenpraxis/gartenpflege/verjuengungsschnitt-fuer-alte-obstbaeume/

Ziel eher nicht die Verjüngung des Furchtholzes, sondern eine statische Entlastung und bessere Besonnung der unteren Bereiche. Der Schnitt erfolgt im Feinastbereich, also keine dicken Äste zu diesem Zeitpunkt raus nehmen! Passendes Werkzeug: Normale Rebschere.

Ergänzt wird das durch einen Sommerschnitt (s. cydorian) zwischen Juli-August. Dabei solltest du die Äste stehen lassen, die statisch gut mit dem Baum verankert sind und möglichst in "tulpenform" stehen, d.h. die verbleibenden Äste bilden einen "Kelch" der das Licht hinein lässt. Weiteres Kriterium: Möglichst keine starken Triebe auf der Astoberseite kappen. S. S. 27 hier: http://www.streuobst-lueneburg.de/docs/themenblaetter/Themenblatt_08-Obstgehoelzschnitt.pdf
Passendes Werkzeug: Scharfe Säge, die Rebschere brauchst du dafür nicht.

Viel Erfolg

P.S.: Eine schöne Krone ist toll. Schöne Äpfel aber auch. Und die kann er in jedem Falle noch bringen ;-)

[Mottischa]

Talkrabb, danke für den Hinweis - ich werde mir das später mal genau ansehen. Er hat wunderbare Äpfel, daher ist ja mein Ziel die Erhaltung.