Ich melde mich hier ja zeitbedingt nur noch selten - aber jetzt habe ich das Bedürfnis, meine Rezension des Blackbox-Gardening-Buches (morgen auch online) vorzustellen
, die ich durch monatelange Krankheit leider erst heute fertigstellen konnte - ein großes Lob an Christian und Hern Reif - ich hoffe, das kommt rüber!
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Aus der Verlagsbeschreibung: "Sie kennen Gartengestaltung so: Pflanzen kaufen, austopfen und einpflanzen. Das war gestern. Heute soll Ihr Garten ein Naturerlebnis sein, farbenfroh und blütenreich und dazu noch überraschend und preiswert".
"Heute" also ein (fast - siehe unten) völlig neues Gartenthema in einem Buch, dessen Untertitel das neue Anliegen verdeutlicht: "mit versamenden Pflanzen Gärten gestalten", dem man nach der Lektüre nur wünschen kann, daß es Zukunft hat! Es sind keine Wildwuchsgärten gemeint, hat auch nichts mit dem neuen Modetrend des Urban Gardening zu tun, auch nichts mit dem vielleicht schon ausprobierten Akzeptieren von zufälligen Sämlingen - wer hat noch nie bemerkt, daß die durch Zufall entstandenen Pflanzenkombinationen oft die schönsten sind?
Blackbox-Gardening - ob auf einer neuen Fläche oder in einem vorhandenen Beet - ist keine auf Dauer nach Pflanzplänen korrekt angelegte Pflanzung, auch keine neue Stilrichtung, sondern eine Methode des entspannteren Gärtnerns, die dem Zufall, sprich der Natur, wieder mehr Platz zugesteht. Hier werden sich durch Samen verbreitende Pflanzen ganz konkret in die Gartengestaltung einbezogen, sogar zu ihrem Hauptmerkmal gemacht. Die Anordnung von "Initialpflanzen" und das Aussäen der Samen wird geplant, ihre Ausbreitung dann kontrolliert und gesteuert. Der ständige Wandel, weil sich das Ergebnis jedes Jahr ja allein schon durch die unterschiedlichen Witterungsbedingungen ändert, ist ein wichtiges Merkmal.
Auch hier spielen aber die vorherige Standortanalyse und die gezielte Planung, wie die Autoren erläutern, eine wichtige Rolle. Je nach vorhandenen oder neu zu schaffenden Standortbedingungen kann man so eine Blumenwiese, einen Präriegarten, einen Kiesgarten neu erschaffen oder bestehende Pflanzungen umgestalten.
Die Autoren belegen, daß nicht nur die großen Gärten sich für diese neue Methode eignen, sondern daß gerade auch kleine Gärten, Balkone, Häuserfronten und vor allem Mauer- und Wegritzen davon profitieren können. Was sich vielleicht einfach anhört, ist durchaus nicht "easy" nebenbei zu machen. Wie üblich flächendeckend zu pflanzen, würde dem Prinzip widersprechen, deshalb braucht es Geduld (mehr als die übliche Gärtnersgeduld) und vor allem eine gute Beobachtungsgabe und auch hier ist ein gewisser Pflegeaufwand nötig, zu der es wichtige Tipps gibt.
Umfangreich ist das vorgestellte, bebilderte Angebot mit besonders dafür geeigneten ein-jährigen, zwei- oder mehrjährigen Pflanzen für alle möglichen Standorte, neunzig insgesamt, u. a. die von mir sehr geliebten Akelei, Frauenmantel, Klatschmohn, Lenzrosen, Lichtnelken, Stockrosen, Veilchen und Vergißmeinnicht. Lobenswerter gibt es auch einige Bilder von Sämlingen (ich hätte mir mehr gewünscht).
Allein die informativen Pflanzenporträts, aufgeteilt in Pflanzen für Fugen, Kies und Splittbeete, für Blumenbeete, für sonnige Staudenpflanzungen, für Halbschatten und Schatten, sind auch für erfahrene Pflanzenenthusiasten lesenswert.
Da einem bei einer raschen flächendeckenden Ausbreitung schnell der Begriff Neophyt einfällt, gehen die Autoren auch darauf ein und beschreiben, wie man gegebenenfalls "die Geister, die man rief" wieder loswerden kann.
Außerdem werden existierende Gartenprojekte vorgestellt, als Einstieg in das Thema der Garten von Derek Jarman, außerdem die Gärten Jardin Plume, von Ton ter Linden und Piet Oudolf. Sie belegen, daß das Thema doch nicht so ganz neu ist (aber das erste Mal in einem deutschen Gartenbuch thematisiert).
Im Anhang finden sich Bezugsquellen, Adressen der gezeigten Gärten und Literaturhinweise.
Nicht unbedingt ein Gestaltungsbuch für Gartenanfänger ist dieses Buch, das wie nicht anders zu erwarten bei den Autoren, dem Chefredakteur der "Gartenpraxis" und Inhaber der bekannten Staudengärtnerei Sarastro in Österreich fachkundig, aber auch unterhaltsam geschrieben (eher schon überraschend) ist, sehr inspirierend für experimentierfreudige GärtnerInnen.
Großartig illustriert (hauptsächlich mit Fotos des bekannten Gartenfotografen Jürgen Becker, aber auch von Jonas Reif u. a.) ist es auch ein prächtiger farbenfroher Bildband.
Ich wünsche ihm trotz dem vielfach bemängelten unglücklichen Titel weite Verbreitung und hoffe, daß sich auch gewisse Garten- und Landschaftsarchitekten damit beschäftigen, um fortan wenigstens die Ritzen ihrer "steinreichen" Gartenplanungen zu "beleben"...