Oje, da sind wieder die Lumper mit Schnellschüssen unterwegs und sorgen für eine Verschärfung der Neophytenproblematik. Schon jetzt ist das Ansalben u d Auskreuzen von Gartenhybriden I. sibirica x I. sanguinea eine große Bedrohung für die heimischen Bestände. Viele vor allem größere Populationen sind ja schon durch Ansalbungen und Auskreuzungen von Gartenhybriden verunreinigt.
Zur Arbeit:
So wie es ausschaut, ist Iris sibirica in weiblicher Linie eine Sippe innerhalb von I. sanguinea, die westwärts gewandert ist. Es wurde ausschließlich Plastiden-DNA verwendet, die ausschließlich Aussagen über die mütterliche Abstammung erlaubt. Eventuelle für eine Artbildung relevante Introgressionen sind somit nicht berücksichtigt. Soviel zur Genetik. Iris erirrhiza ist da da so eine aus dem istrianischen Endemismusgebiet beschriebene Sippe, die teils als eigenständig angesehen wurde. Ich selbst habe sie allerdings (vorläufig) in die Synonomie von I. sibirica gestellt, nicht einmal mit Varietätsrang, weil ich sie morphologisch nicht von pannonischen Populationen an teils trockeneren Standorten unterscheiden kann. Die Frage ist natürlich, ob es sich um eine Anpassung an Hitze/Trockenheit handelt oder ob es sich um eine Sippe handelt, die in SO-Europa weiter verbreiten ist.
Bei der Morphologie ist auffällig, dass die wichtigsten differentialdiagnostischen Merkmale nicht berücksichtigt wurden, als da sind: Verzweigungsgrad und Ort der Verzweigung, Hochblattfarbe und Blütenzeichnung (Saftmale). Es lässt sich nämlich mit der Auswahl der Merkmale das Ergebnis auch gut steuern. Auch sollte man sich die Sanguinea-Kladen noch einmal genauer anschauen, ob das nicht gar unterschiedliche Sippen sind bzw. die Sippengrenzen falsch gezogen.
Taxonomisch ist klar, dass der Prioritätsregel nach die Art in weiter Fassung I. sibirica heißen muss. Die Frage ist allerdings, ob es sinnvoll ist, das ohne infraspezifische Gliederung zu machen. Es ist heutzutage leider modern die Genetik höher als die Evolotion zu werten. In dieser Arbeit wurde nach genetischem Artbegriff geurteilt und eine nach erstem Querlesen oberflächlich erscheinende morphologische Beurteilung zur Untermauerung beigefügt, der biologische Artbegriff aber gänzlich außer Acht gelassen. So gehören getrennte Areale und unterschiedliche Anpassungen an die Bestäubung (Blütenzeichnung) zu den für die biologische Beurteilung wichtigen Aspekten der Evolution.
Die Arbeit ist jedenfalls interessant und aufschlussreich. Taxonomische Beurteilungen aufgrund einzelner Arbeiten sind auch normal, wenn auch ärgerlich. Aber wohl besser als man forscht ewig und entschließt sich aufgrund noch fehlender Daten oder aufgrund gesundheitlicher oder familiärer Probleme oder warum auch immer nicht dazu, taxonomische Schlüsse zu publizieren und das macht dann jemand anderer. Wie bei Echinodorus/Aquarius oder mich selbst betreffend in der Crocus-vernus-Gruppe. Aber die vorgenommen taxonomischen Schlüsse sollten nicht vorschnell übernommen werden. Zumindest eine infraspezifische Gliederung wäre im Fall von Iris sibirica s.l. auch naturschutzfachlich von großer Bedeutung.