Hallo Mensa,
ein nicht geschnittener Obstbaum ist meist besser als ein falsch Geschnittener.
Habe mal im Fernsehen einen Gärtnermeister gesehen, der zeigte, wie man einen Obstbaum schneiden soll. Argument: Besser falsch schneiden als gar nicht schneiden, und er hat wirklich bestens danach gearbeitet.
Die Krone war dann, er gab einem Zuschauer die Schere und sagte er möge doch einfach mal einen Ast wegschneiden, nur Mut, man könne nichts falsch machen. Der Zuschauer tat wie ihm geheißen – und schnitt die Stammverlängerung ab. Selbst der Gärtner meinte darauf, der Schnitt sei nicht optimal.
- Aber zumindest war er die konsequente Fortführung.
Wer keine Ahnung hat, neigt meist dazu nichts zu tun, wer etwas Ahnung hat neigt dazu dies unter Beweis zu stellen, wobei er dann eben evtl. den Überblick verliert und sich auf einen Teilaspekt stürzt, was dann nicht immer zu guten Ergebnissen führt.
Hinzu kommt, daß es verschiedene Schnittlehren gibt. Als Laie denkt man, was dort angeblich funktioniert, das kann ich doch mit Gewinn mit etwas von woanders kombinieren. Meist ist das aber nicht so.
Erschwert wird das natürlich dadurch, daß das was bei einer schwachwüchsigen Unterlage so mal funktionieren mag, bei einer starkwüchsigen Unterlage in keinster Weise gut geht.
Viele Leute unterscheiden aber nicht ob z.B. die Unterlage eine M9 oder ein Bittenfelder Sämling ist, und wenn ich einen Zwerg wie einen Riesen behandle, dann kann das Ergebnis nicht optimal sein.
Sprich man sollte bei einem Schnittbuch zuerst prüfen, ob es etwas taugt, wenn ja sollte man es wiederholt durcharbeiten und nicht nur die 5 Seiten, die einen gerade interessieren. Denn wenn es gut ist, hängt alles mit allem zusammen. Eigentlich ist alles einfach und logisch, aber man darf eben nicht nur etwas herausgreifen. Man muß essen und trinken und atmen. Nur essen funktioniert nicht.
Wer es mit Büchern nicht so hat, der sollte nicht nur in einen Schnittkurs gehen, er sollte sich auch die Bäume ansehen, die der Kursleiter in den letzten Jahren geschnitten hat.
Nicht immer ist das was man in einem Schnittkurs lernt der Weisheit letzter Schluß, das zeigen einem diese Bäume. Nicht selten kann man z.B. bei einer Landesanstalt Bäume bewundern, die schlicht und einfach verschnitten sind. Ist dort kein Problem, die Professoren leben schließlich nicht vom Obstertrag sondern von Steuergeldern.
Wer eins zwei Bäume hat kann damit auch leben, auf das bisschen mehr Zeit kommt es bei ihm nicht an. Der freut sich oft sogar, wenn er die Äste bei Ertrag stützen muß, und sieht nicht, daß er den Baum völlig falsch aufgebaut hat.
Eine Baumkrone baut man nicht in einem Jahr auf. Ich darf deshalb das Schnittsystem nicht jedes Jahr wechseln, sonst kommt nur Murks heraus. Wenn ich mich für etwas entschieden habe, dann muß ich dem jahrelang treu bleiben, nur dann sehe ich, was dabei am Schluß herauskommt und kann dann das Schnittsystem verwerfen oder verbessern. Wenn ich aber sehe, das taugt nichts, dann muß ich auch die Konsequenz daraus ziehen und nicht aus Bequemlichkeit dem Baum noch weitere Schäden zufügen.
Bevor ich schneide frage ich mich, was will ich mit dem Schnitt erreichen und warum?
Macht der Schnitt dann Sinn, kommt die Frage, wie wird der Baum darauf reagieren?
Nur wenn der Baum auf den Schnitt voraussichtlich so reagieren wird, wie ich es will, und nicht meine ursprüngliche Absicht konterkariert, darf ich schneiden.
Philosophiestunde zu Ende.
Grüße
kupumalam