Ach, dann muss ich ja doch noch mal ran.
Wolfgang, dass Ostern
das christliches Fest ist und kein germanisches, will ich wirklich nicht bestreiten. Wenn du aber sagst, dass Karfreitag ein Vorurteil ist, muss ich als Protestantin doch noch einmal heftigst protestieren. Und dass einer vom anderen abschreibt, glaube ich auch.
Ich denke aber, dass es mehr Fragen als Antworten gibt. Allein das wechselnde Datum des Osterfestes nach dem Mond finde ich sehr hinterfragenswürdig. Irgendwas müssen sich die damaligen Kirchenfürsten im Jahre 325 beim 1. Kirchenkonzil in Nicäa dabei gedacht haben. Man hätte es ja auch auf ein festes Datum legen können wie Weihnachten.
Mondkulte sind nebenbei bemerkt uralt. Auch Stonehenge wird mittlerweile als Mondkultstätte interpretiert.
Oder kommt es vom Pessah-Fest? Juden sind allerdings keine Christen und umgekehrt - trotzdem danach gerichtet? Sicherheitshalber? In den meisten anderen Ländern lehnt sich das Osterfest sprachlich an das jüdische Pessah-Fest an, das ist richtig. Im sächsisch-englischen Sprachraum aber nicht. Warum nicht?
Ich denke, dass wir davon ausgehen können, dass die so genannten Germanen und Kelten und wer hier sonst in Nordeuropa noch gelebt hat, alle irgendeine Kultur hatten. Sie waren zuerst da und unterschiedlich lange. Tacitus schreibt viel über sie und auch über Frühlingsfeste. Auch Caesar berichtet über sie und Plinius der Ältere.
Erst Karl der Große hat das Christentum ziemlich gewaltsam nach Europa gebracht. Hinweggefegt würde ich nicht sagen. Die lange andauernde kirchliche Inquisition mit der Hexenverfolgung und der angeblichen Bekämpfung des Antichristen ist so ziemlich das Schrecklichste, was ein auf Nächstenliebe ausgerichteter Glauben zu bieten hat und zeugt davon, wie tiefverwurzelt ein anderer Glaube in den Köpfen der Menschen vorgeherrscht haben muss - auch unter den so genannten Christen. Wer z.B. gab Luzifer seine Gestalt mit Pferdefuß und Hörnern? Und seine Eigenschaften, seine Zauberfähigkeiten? Gab es da eine Verbandelung mit Pan? Es sind in vielen Bereich m.E. immer wieder Einflüsse anderer Glaubensrichtungen im Christentum festzustellen, die im Laufe der Zeit hinzugekommen sind oder mitgeschleppt wurden.
So ein großes Gewicht würde ich den Nazis übrigens speziell für diese kirchlichen Feste nicht geben, schon eher für die Sonnenwendfeiern, auch wenn ich es genauso schlimm finde, dass sie die Mythologie für ihre Zwecke missbraucht haben und immer noch missbrauchen. Aber auch schon Ludwig II. schwelgte in Wagneropern. Die Nazis haben sich die Mythologie jedenfalls nicht ausgedacht, allenfalls etwas hinzugedichtet. Es war vorher schon etwas da, sonst hätten sie ihr Symbole nicht adaptieren können. Wenn man nun über die Landesgrenzen hinausschaut, findet sich zu Ostern vieles, was mit den Nazis gar nichts zu tun hat und mir sehr unchristlich erscheint, z.B. der bereits erwähnte "Hexen"-Brauch in Schweden. Dann liest man viel über Osterwasser, das schweigend am frühen Ostersonntag geschöpft viele Kräfte haben soll, angefangen von der Schönheitsförderung über die Wirksamkeit bei der Brautwerbung und Heilung von Krankheiten bis zur Vertreibung von Ungeziefer (auch schon in der Vornazizeit). Also, wenn das nicht heidnisch ist, weiß ich es auch nicht, egal wie alt.
Die Osterräder von Lügde sind nun uralt. Der Beginn ist zwar nicht belegbar. Aber da sind sie. Sollen sie christlich sein? Was ist daran christlich? Das Feuer als wärme- und lichtspendendes Element - ob das die Christen für sich in Anspruch nehmen können? War es den Menschen nicht schon immer heilig und wurde zu besonderen Ereignissen angezündet aus den unterschiedlichsten Motiven?
Warum muss ein Hase, der meines Wissens erstmals im 17. Jh. schriftlich erwähnt wurde, den Kindern Eier schenken, die sie auch noch suchen müssen? Was braucht es ein Symbol der Fruchtbarkeit, wenn Jesus am Kreuz stirbt?
Vielleicht mögen die germanische Mythologie und das Heidentum als solches auf vieles keine beleg- und haltbaren Antworten geben. Das Christentum aber auch nicht.
Kann es nicht sein, dass um diese Zeit in unterschiedlichen Kulturen schon immer irgendwelche Feste gefeiert wurden, die dann in den jeweiligen Zeitgeist, den Glauben und die Kultur aufgenommen wurden? Eine Vermischung von Ereignissen sozusagen? Ich mag das alles nicht so isoliert betrachten.
Du sagst, die Leute damals waren schreibfaul. Das klingt so negativ und absichtsvoll. Ich denke eher, sie konnten schlicht nicht schreiben.
Es gibt in vielen Kulturen nur mündlich überliefertes Wissen. Ist es deshalb alles falsch oder unwahr? Vieles ging an Wissen verloren, weil eine Kulturgemeinschaft ausgelöscht wurde. Trifft das auf die Menschen, die in dieser Gegend lebten, auch zu?
Und wer schrieb etwas auf bzw. hielt etwas für aufschreibenswert? Am ehesten wohl Gelehrte und Kirchenvertreter. Wie wertfrei schrieben sie es auf?
Nichts Genaues weiß man nicht. Tatsache ist, dass wir Ostern hier so feiern wie wir es tun. Und dass es Ostern heißt.
LG Silvia