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Autor Thema: Lebensdauer von Pflanzen  (Gelesen 17009 mal)

florafreund

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Lebensdauer von Pflanzen
« am: 01. Januar 2007, 12:29:43 »

Ein frohes neues Jahr an alle Pflanzenfreunde!
Und eine Frage:
Vor ein paar Tagen ging es im Bereich "Stauden" um die Hemerocallis fulva "Europa" und darum, dass sie seit dem Mittelalter in Europa bekannt ist und es eine triploide Pflanze ist, die (normalerweise) keinen Samen ansetzt.
In dem Zusammenhang habe ich eine Frage zur Lebensdauer von Pflanzen. Bei Bäumen kennt man das ja, dass es heißt, die Eichen sind besonders langlebig und andere, wie zum Beispiel die Weiden leben nicht so lange. Auch gibt es die einjährigen Blumen, die nach einer Saison sterben und Stauden wie Paeonien oder eben auch Hemerocallis, die viele Jahre alt werden.
Wie ist das aber bei Pflanzen, die über Stecklinge oder Rhizome vermehrt werden. Ich dachte mir, dass das ja genetisch identische Pflanzen zur Mutterpflanze sind und irgendwann mal alle sterben müssen, eben wenn ihre "maximale Lebenszeit" (sagen wir mal: der ursprünglichen Mutterpflanze) vorbei ist.
Als Beispiel nenne ich mal die Sache mit dem Bambus, wo vor ein paar Jahren alle Bambuspflanzen, die wohl ursprünglich von einer Pflanze stammten, abgestorben sind. Nun war das nach der Blüte und wie ich gehört habe, stirbt Bambus eben, wenn er mal geblüht hat.
Um auf die seit Jahrhunderten bekannte, alte Hemerocallis "Europa" zurückzukommen - da passt das Bambus-Beispiel natürlich nicht mit der Blüte, weil die Hemerocallis ja viele Male blühen kann. Aber wenn es so ist, dass alle "Europas" Klone einer ursprünglich mal entstandenen triploiden Hemerocallis sind, dann müssten die doch auch irgendwann mal alle sterben, oder?
Vielleicht sollte ich noch hinzufügen, dass mich die Frage allgemein beschäftigt, nicht nur bezogen auf die "Europa". Denn wenn es so etwas wie ein "Lebensalter-Genprogramm" in den Pflanzen gibt, dann würde das ja alle Züchtungen betreffen, die nicht über Samen vermehrt werden.
Ich würde mich freuen, wenn jemand dazu etwas sagen kann. Vielleicht gibt es ja auch Literatur zu dem Thema, in den normalen Gartenzeitschriften und -büchern habe ich allerdings dazu noch nie etwas gelesen.
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cimicifuga

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Re:Lebensdauer von Pflanzen
« Antwort #1 am: 01. Januar 2007, 12:59:46 »

ich kann mir nicht vorstellen, dass dies auf meristematisches gewebe zutrifft also auf das bildungsgewebe.
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Susanne

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Re:Lebensdauer von Pflanzen
« Antwort #2 am: 01. Januar 2007, 17:56:19 »

Ich stelle mir vor, daß es bei Pflanzen, die durch Teilung oder Stecklinge vermehrt werden, durch die Abtrennung von der Mutterpflanze zu einer Aktualisierung der genetischen Information kommt. Zumindest bei der Bewurzelung eines Stielstecklings oder der Neubildung eines Triebes bei Wurzelschnittlingen wird ja reichlich genetische Information abgerufen, um nicht vorhandenes Material zu rekonstruieren.
Das wäre dann im Prinzip eine Verjüngung, wie man sie auch bei Rosen und anderen Gehölzen vornimmt, indem man alte Triebe entfernt und so Platz und neue Nahrungsresourcen für den jüngeren Nachwuchs schafft.
Möglicherweise werden auch bei der einfachen Teilung eines Wurzelstocks entsprechende Vorgänge ausgelöst, die mit der Wurzelneubildung und der Neupflanzung in noch unverbrauchte Erde zusammenhängen.
Das bringt mich auf eine weitere Theorie: Es ist bekannt, daß Pflanzen an alten Standorten die Erdstruktur beeinflussen. Der Volksmund spricht dann von "auslaugen", aber ich denke mir, daß das ein sehr viel subtilerer Vorgang ist. Stecklinge, Schnittlinge, Ableger, Ausläufer und auch geteilte Stauden genießen aber in den meisten Fällen neue Erde am neuen Standort. Vielleicht bewirkt auch das eine "Verjüngung"?
Wie das alles im biochemischen Bereich aussehen mag, davon habe ich allerdings keine Ahnung. ::)


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Andi H.

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Re:Lebensdauer von Pflanzen
« Antwort #3 am: 02. Januar 2007, 12:38:02 »

Nun ja, ganz so isses ja nicht ;)

Grundsätzlich gibt es mehrere Strategien von Pflanzen betreffend Fortpflanzung und Lebensdauer:

- hapaxanthe (einmal blühende; auch als semelpare oder monokarpische Pflanzen bezeichnet) Pflanzen: sie reproduzieren sich nur einmal in ihrem Leben und sterben nach dem Fruchten ab. Dazu zählen z. B. einjährige und zweijährige krautige Pflanzen, aber ebenso die recht langlebigen Agaven, die erst nach etwa 15 bis 30 Jahren blühen (und dann sterben). Und dazu zählen ebenso einige Bambusarten, die zwar aus ihrem Rhizom ständig neue Triebe bilden, aber nach der Blüte (oft erst nach 20, 30 Jahren) meistens absterben. Sie haben also in aller Regel ein genetisches Programm, das ihnen befiehlt: wachse - blühe - fruchte - stirb!

- pollakanthe (mehrmals blühende; auch: iteropare bzw. polykarpische) Pflanzen: sie durchlaufen den Fortpflanzungsvorgang mehrmals, und haben - im Prinzip - keine direkt begrenzte Lebensdauer.

Letzteres bedeutet nichts anderes, als dass mehrmals blühende Pflanzen eigentlich über kein "programmiertes Ende" verfügen. Es tragen natürlich viele Faktoren zum Tod einer Pflanze bei, wie sich verändernde Bodenverhältnisse (z.B. Nährstoffmangel direkt um die Pflanze herum, durch das schon genannte "Auslaugen", also die Entnahme der immer gleichen Nährstoffe durch die immer gleiche Pflanze), das Absterben von Seitenknospen durch äußere Umstände (was für die meisten Pflanzen langfristig den Tod bedeutet, weil keine Verjüngung mehr stattfinden kann), durch "Schadorganismen" wie Herbivore oder Krankheitskeime.

Allerdings sind alles dies nur äußere Faktoren. Mit denen die eine Pflanze besser, die andere schlechter umgehen kann. Um es am Beispiel eines Baums nochmals zu verdeutlichen: eine Pappel lebt weniger lang als eine Eiche. Allerdings nicht, weil ihre Lebensdauer durch ein eingebautes Programm kürzer angelegt wäre, sondern weil sie ein weicheres, für Zerfall viel anfälligeres Holz hat: eine Pappel wird sehr, sehr schnell Opfer von Pilzbefall und stirbt deshalb sehr früh ab. Übertrieben ausgedrückt: in steriler Umgebung würde eine Pappel wahrscheinlich ewig leben.

Susannes Theorie von Verjüngung enthält auch wichtige (und vielfach richtige) Punkte: zwar kommt es zu keiner "genetischen Aktualisierung" durch das Stecklingsschneiden, aber:
Wachstum ist der Schlüssel zum Leben - die ständige Erneuerung alten Gewebes durch neues. Was ja auch bei tierischen Organismen ständig geschieht. Nur eben gibt es bei Pflanzen keine biologische Uhr, die die Anzahl dieser Zellteilungen begrenzt. Das heißt, eine Pflanzenzelle kann sich, bevor sie sich zu ihrer Funktion differenziert und eine verdickte Zellwand bildet, theoretisch unbegrenzt teilen und vermehren. Und solche undifferenzierten, teilungsfreudigen Zellen (was man bei Tieren als Steammzellen kennt) finden sich in den Meristemen der Seitenknospen. Das Zurückstutzen von Gehölzen oder Rhizomen ermöglicht einen Neuaustrieb aus diesen Seitenknospen.

Der Hauptunterschied zwischen den mehrjährigen, pollakanthen Pflanzen und (zumindest den meisten) Tieren betreffend die Lebensdauer ist also, dass diese Pflanzen keine Begrenzung in der Zahl ihrer Teilungsvorgänge haben, und auch jederzeit neue Stammzellen (Meristeme) bilden können. Und wenn dann ein "alter" Teil der Pflanze zugrunde geht (durch Krankheiten, oder auch durch Zurückschneiden), bildet sie einfach neue und verjüngt sich dadurch.

Hoffe, das war jetzt nicht zu chaotisch formuliert ;)
Andi
« Letzte Änderung: 02. Januar 2007, 12:41:37 von Andi H. »
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Susanne

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Re:Lebensdauer von Pflanzen
« Antwort #4 am: 02. Januar 2007, 14:56:36 »

Fast habe ich es kapiert. ;D

Nochmal zum Verjüngen durch Teilstücke von hapaxanthen Pflanzen, zum Beispiel durch Wurzelschnittlinge, die keine Knospe aufweisen, oder durch Blattschnittlinge, denen Wurzeln fehlen. Um diese Teile wieder zu einer vollständigen Pflanze aufzubauen, wird doch Erbinformation abgerufen. Und - jetzt vermute ich wieder - das läuft über irgendwelche biochemischen Vorgänge ab. Ist es denn ausgeschlossen, daß in dem Zusammenhang auch bei hapaxanthen Pflanzen eine Verjüngung vorgenommen wird? Blühen und sterben die Ableger von hapaxanthen Pflanzen gleichzeitig mit der Mutterpflanze, so wie es von den vielen sterbenden Bambüssen gesagt wird, oder wird das Wachse-blühe-fruchte-sterbe-Programm gar nicht von seinen Genen sondern vom individuellen Entwicklungsstand des Klons gesteuert?

Nebenbei gesagt gibt es ja einen Grund, weshalb ich "ich stelle mir vor" schreibe... 8)



« Letzte Änderung: 02. Januar 2007, 14:57:20 von Susanne »
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florafreund

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Re:Lebensdauer von Pflanzen
« Antwort #5 am: 02. Januar 2007, 18:48:54 »

Vielen Dank für Eure schnellen und ausführlichen Antworten!
Ich glaube, jetzt erkenne ich einige Zusammenhänge doch etwas klarer.
Die Sache mit den Meristemzellen wusste ich gar nicht. Ist das der Grund, weshalb man manche Pflanzen jetzt preiswerter kaufen kann. Ich habe nämlich gelesen, dass einige Pflanzen wie zum Beispiel die Schokoladenblume (Cosmos atrosanguineus) neuerdings meristemvermehrt werden. Es hieß aber, das geht nicht mit allen Pflanzen. Kann das sein?
Die Frage von Susanne in ihrem zweiten Beitrag würde mich auch interessieren (Vermehrung von Wurzelschnittlingen ...).
Aber auch so nochmals ein herzliches Danke! :) :D
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Andi H.

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Re:Lebensdauer von Pflanzen
« Antwort #6 am: 04. Januar 2007, 22:40:26 »

@ Susanne,

Naja, Erbinformation wird ständig und immer in einer Zelle abgerufen, sonst gäbs keine neue Synthese von Proteinen, und damit ein sehr schnelles Absterben.
Ob aus Wurzel- oder Blattstücken wieder ganze Pflanzen werden, hängt von der Regenerationsfähigkeit der einzelnen Pflanze ab, und der Geschwindigkeit, mit der sie ein neues Meristem (in diesem Fall: Kallusgewebe) aus den ausdifferenzierten Zellen bilden kann. Dabei findet aber genausowenig eine "Verjüngung" (im eigentlichen Sinne, also: "Rückstellen einer biologischen Uhr") statt. Die Stecklinge wachsen dann wieder zu vollständigen Pflanzen heran.

Das "Todesprogramm" bei Hapaxanthen ist einerseits mal entwicklungsabhängig (das Blühen beginnt erst ab einem bestimmten "Plastochronalter", das ist quasi die Anzahl an gebildeten Nodien [Knoten mit Beblätterung], also eine Art Messwert für den Entwicklungsstand), und wird durch die Fruchtbildung abgeschlossen, die den Tod hormonell ausgelöst. Wenn du den Steckling also rechtzeitig schneidest (noch bevor die Blühinduktion, also der Start des "Blühprogramms", erfolgt ist), erhältst du die Pflanze quasi permanent am Leben.

@florafreund,
Die Meristemvermehrung klappt prinzipiell bei allen Pflanzen - wenn man steril arbeitet und die Nährböden gut auswählt, kann man dann so ziemlich alles sehr schnell über Meristeme "herumklonen". Die Meristemkultur ist auch der Grund, warum man seit einigen Jahren alle möglichen Orchideen (Phalaenopsis, Paphiopedilum....) zu Spottpreisen bekommt. Früher waren Orchideen unbezahlbare Sammlerstücke, bei denen die Aufzucht aus Samen zum einen nur sehr selten gelang (die Samen brauchen besondere symbiotische Pilze, die den Orchideen-Embryonen erst ein Überleben ermöglichen), und die zum anderen oft Jahre brauchten, bis sie zu einigermaßen blühfähigen Pflanzen wuchsen. Da waren als erstes die Entdeckung der Pilzsymbionten, und zweitens die Anwendung der Meristemkultur die Gründe für den massiven Preisverfall.
« Letzte Änderung: 04. Januar 2007, 22:44:50 von Andi H. »
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Susanne

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Re:Lebensdauer von Pflanzen
« Antwort #7 am: 05. Januar 2007, 00:04:54 »



Super-Antwort, Andi, danke! :D

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riesenweib

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Re:Lebensdauer von Pflanzen
« Antwort #8 am: 05. Januar 2007, 08:57:53 »

...Dabei findet aber genausowenig eine "Verjüngung" (im eigentlichen Sinne, also: "Rückstellen einer biologischen Uhr") statt....

Andi, heisst das, dass über blatt- oder holzstecklinge vermehrte pflanzen das biologische alter der "geklonten" pflanze haben? sie also, obwohl gerade erst wachsend, doch grottenalt sein können?

lg, brigitte
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fromme-helene

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Re:Lebensdauer von Pflanzen
« Antwort #9 am: 05. Januar 2007, 10:59:14 »

Bin zwar nicht Andi H., aber ja - die Pflanzen erben sozusagen das Alter / die Reife der Mutterpflanzen. Deshalb wird eine stecklingsvermehrte Pflanze im Normalfall z. B. früher blühen / fruchten als eine samenvermehrte, wenn es sich dabei um eine Art handelt, die mehrere Jahre zur Blühreife braucht.
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florafreund

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Re:Lebensdauer von Pflanzen
« Antwort #10 am: 05. Januar 2007, 22:29:14 »

Danke, Andi, für die ausführliche Antwort! Bei den Orchideen hatte ich mich auch schon gewundert, wie es sein kann, dass man sie jetzt manchmal für wenige Euro in jedem Bau- und Garten-Supermarkt kriegt. Also, jetzt weiss ich es.
Zum "Erben des Alters der Mutterpflanze" fällt mir ein, dass ich im Herbst einen Mini-Feigenbaum gekauft habe, der war nur ca. 20cm groß. Da war ein Stück fruchtender Ast (mit zwei Feigen dran) auf eine Unterlage (?) gepfropft. Der Verkäufer meinte, wenn die Pflanze den Winter überlebt, könnte sie - obwohl sie noch so klein ist - im nächsten Jahr bereits wieder Früchte ansetzen, weil das gepfropfte Stück eben schon die Reife dafür hat.
Außerdem habe ich einen recht kleinen Buchsbaum, ca. 50 cm hoch, der aber schon mal blühte. Dabei soll Buchsbaum doch erst ab einem Alter von ? Jahren blühen. Das kann man dann wahrscheinlich damit erklären, dass dieser Kleine ein Steckling einer viel älteren Mutterpflanze war.
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