Nun ja, ganz so isses ja nicht
Grundsätzlich gibt es mehrere Strategien von Pflanzen betreffend Fortpflanzung und Lebensdauer:
- hapaxanthe (einmal blühende; auch als semelpare oder monokarpische Pflanzen bezeichnet) Pflanzen: sie reproduzieren sich nur einmal in ihrem Leben und sterben nach dem Fruchten ab. Dazu zählen z. B. einjährige und zweijährige krautige Pflanzen, aber ebenso die recht langlebigen Agaven, die erst nach etwa 15 bis 30 Jahren blühen (und dann sterben). Und dazu zählen ebenso einige Bambusarten, die zwar aus ihrem Rhizom ständig neue Triebe bilden, aber nach der Blüte (oft erst nach 20, 30 Jahren) meistens absterben. Sie haben also in aller Regel ein genetisches Programm, das ihnen befiehlt: wachse - blühe - fruchte - stirb!
- pollakanthe (mehrmals blühende; auch: iteropare bzw. polykarpische) Pflanzen: sie durchlaufen den Fortpflanzungsvorgang mehrmals, und haben - im Prinzip - keine direkt begrenzte Lebensdauer.
Letzteres bedeutet nichts anderes, als dass mehrmals blühende Pflanzen eigentlich über kein "programmiertes Ende" verfügen. Es tragen natürlich viele Faktoren zum Tod einer Pflanze bei, wie sich verändernde Bodenverhältnisse (z.B. Nährstoffmangel direkt um die Pflanze herum, durch das schon genannte "Auslaugen", also die Entnahme der immer gleichen Nährstoffe durch die immer gleiche Pflanze), das Absterben von Seitenknospen durch äußere Umstände (was für die meisten Pflanzen langfristig den Tod bedeutet, weil keine Verjüngung mehr stattfinden kann), durch "Schadorganismen" wie Herbivore oder Krankheitskeime.
Allerdings sind alles dies nur äußere Faktoren. Mit denen die eine Pflanze besser, die andere schlechter umgehen kann. Um es am Beispiel eines Baums nochmals zu verdeutlichen: eine Pappel lebt weniger lang als eine Eiche. Allerdings nicht, weil ihre Lebensdauer durch ein eingebautes Programm kürzer angelegt wäre, sondern weil sie ein weicheres, für Zerfall viel anfälligeres Holz hat: eine Pappel wird sehr, sehr schnell Opfer von Pilzbefall und stirbt deshalb sehr früh ab. Übertrieben ausgedrückt: in steriler Umgebung würde eine Pappel wahrscheinlich ewig leben.
Susannes Theorie von Verjüngung enthält auch wichtige (und vielfach richtige) Punkte: zwar kommt es zu keiner "genetischen Aktualisierung" durch das Stecklingsschneiden, aber:
Wachstum ist der Schlüssel zum Leben - die ständige Erneuerung alten Gewebes durch neues. Was ja auch bei tierischen Organismen ständig geschieht. Nur eben gibt es bei Pflanzen keine biologische Uhr, die die Anzahl dieser Zellteilungen begrenzt. Das heißt, eine Pflanzenzelle kann sich, bevor sie sich zu ihrer Funktion differenziert und eine verdickte Zellwand bildet, theoretisch unbegrenzt teilen und vermehren. Und solche undifferenzierten, teilungsfreudigen Zellen (was man bei Tieren als Steammzellen kennt) finden sich in den Meristemen der Seitenknospen. Das Zurückstutzen von Gehölzen oder Rhizomen ermöglicht einen Neuaustrieb aus diesen Seitenknospen.
Der Hauptunterschied zwischen den mehrjährigen, pollakanthen Pflanzen und (zumindest den meisten) Tieren betreffend die Lebensdauer ist also, dass diese Pflanzen keine Begrenzung in der Zahl ihrer Teilungsvorgänge haben, und auch jederzeit neue Stammzellen (Meristeme) bilden können. Und wenn dann ein "alter" Teil der Pflanze zugrunde geht (durch Krankheiten, oder auch durch Zurückschneiden), bildet sie einfach neue und verjüngt sich dadurch.
Hoffe, das war jetzt nicht zu chaotisch formuliert
Andi