Entdecke ich in manchen Äußerungen eine gewisse Hybris?
Dem/Der einen ist der Garten insgeheim ein Greuel, aber er/sie passt sich der Umgebung an (Nachbarschaft, "Man-hat-sowas"). Diese "Gärtner" sind zutiefst dankbar, wenn sie auf vorfabrizierte Denkstrukturen und Entwürfe zurückgreifen können. Hauptsache, es ist pflegeleicht.
Der/Die Nächste fängt gerade an zu gärtnern und tastet sich mehr oder minder ängstlich vor, immer in der Furcht, dass das Gesamtbild nicht gefällt (wem wohl?) oder Pflanzen sterben ("die habe ich umgebracht"). Diese Ängstlichkeitsphase dauert bei nicht wenigen erstaunlich viele Jahre. Ich bin immer wieder verblüfft, wenn ich in den Foren lese, mit welchen Befürchtungen der Besuch von Pflanzenfreundinnen erwartet wird. Selbst "gestandene" Gärtnerinnen kontrollieren immer wieder mit ängstlichen Blick die Reaktion der Besucher, ob ihr Garten auch die gebührende Anerkennung findet. Verständlich, dass auch diese Spezies eher dem "Mainstream" folgt (wie oft taucht auch in diesem Forum das "Muss-man-haben" auf), statt nonchalant so zu gärtnern, wie der Sinn-Schnabel gewachsen ist.
Und dann gibt es noch die, die auf dem Raritäten-, Exoten- oder Exklusivtrip sind und zu allem und jedem die ultimative Art, Sorte suchen und hierfür Himmel und Hölle in Bewegung setzen. Das allein ist jedoch keinesfalls ein Indiz dafür, dass deren Gärten als gelungen bezeichnet werden können (wieder die selbstkritische Frage: was ist denn gelungen?)
Und last not least die Gärtner mit dem großzügigen Herzen, die die Natur nur ganz sacht lenken und ihr die Entscheidung überlassen, wie sich alles fügen soll. Hin und wieder wird etwas ergänzt, weil es schön ist oder ökologisch einen Sinn macht.
Wenn dürfen wir aus diesem Panoptikum kritisieren? Was sind unsere Vorstellungen von einem "gelungenen" Garten? Ist unser Meinungsbild nicht auch recht stark von der angelsächsischen Lehrbuchmeinung, sprich von G. Jekyll und Epigonen, geprägt? Orientieren sich die engagierten Gärtner nicht eben doch an MSG, Flora und wie auch immer diese Yellow-Press der Gartenkultur heißen mag? Wird uns dort nicht ständig etwas vorgegaukelt, was angeblich vollkommen ist? Aber nur weil mit Teleobjektiv fotografiert wird oder Lücken durch Topfpflanzen ausgefüllt oder Gärten aus milderen Klimabereichen vorgstellt werden.
Garten hat auch immer etwas? nein, sehr viel mit Geld zu tun. Und ein mickriger Einkauf (so sieht er jedenfalls aus, wenn er ausgepflanzt ist) in einer der Spezialgärtnereien kostet nicht selten ein Vermögen. Wir sollten auch mal an die denken, die den Euro zweimal umdrehen müssen und die allein schon aus finanziellen Gründen auf das (meist) sehr preiswerte Massenangebot zurückgreifen müssen. Ich selbst habe in den vergangenen Jahren wiederholt bei den viel geschmähten Versendern gekauft. Zumindest ich bin bisher stets gut beliefert worden. Und die wenigen Reklamationen wurden prompt ersetzt.
Nicht alle haben die Gelegenheit (oder ihnen fehlt die kommunikative Ader) über den Gartenzaun hinweg zu tauschen. Und dieser Tausch befriedigt aus gärtnerischer Sicht auch nur dann, wenn genügend Wissen um die Pflanze weitergereicht werden kann.
Über Geschmack und Schönheit lässt sich sehr wohl streiten. Wer Thujas verdammt und gleichzeitig behauptet, eine Araucaria araucana oder ein verstümmelter Kugelwasauchimmer oder eine Bananenstaude im Vorgarten sei schön, sollte noch einmal das Sehen lernen. Aber, sage ich mir, dem Besitzer gefällt's und es beleidigt nur mein Auge. Je mehr sich in Gartendingen tummeln oder dilettieren, um so bunter und vielfältiger wird unsere Umwelt. Hin und wieder bleibt man dann doch beglückt stehen und sagt sich "Donnerwetter, gelungen und beneidenswert!"
Liebe Grüße
Hortu