Man muss das Ganze in größeren Zusammenhängen sehen. Die Blaue Blume der Romantik war möglicherweise die bisher schmerzlich vermisste Blaue Rose. Sie schließt fast die letzte Farblücke in dieser Pflanzengattung. „Fast“ nur deshalb, weil das ultimative „Schwarz“ noch fehlt. Der pekuniäre Erfolg einer derartigen Züchtung würde vermutlich alles bisher da Gewesene in den Schatten stellen. Man stelle sich nur vor, welch reißenden Absatz schwarze Rosen bei Beerdigungen finden würden. Eine hier nicht näher benannt werden sollende Dame des europäischen Hochadels, die unlängst unter spektakulären Umständen verstarb, wäre vermutlich unter einem Berg schwarzer Rosen zu Grabe getragen worden.
Leider ist die Rosenindustrie (man verzeihe mir diesen despektierlichen Ausdruck für die unermüdliche Kreativität von Rosenzüchtern) bisher noch viel zu sehr den romantisch angehauchten Modeströmungen gefolgt. Das Schaustellergewerbe mit seinen – zugegeben – Kunstrosen ist da schon mehrere Schritte weiter. „Rosen für jeden Zweck“ müsste das Motto sein. Die rote Rose für Gunstbezeugungen ist hinlänglich bekannt. Diese Farbe ist kaum zu überhören bzw. fehl zu deuten. Wer sich diskreter dem Objekt seiner Begierde nähert, versucht es zunächst mit den dem Rot verwandten Farben. Die bunten Farbmischungen dagegen eignen sich zur Besänftigung von Schwiegermüttern oder noch näher stehenden Personen, wenn Leidenschaften sich verflüchtigt haben wie Parfüm aus alten Karaffen. Die Blaue Rose dagegen böte sich dem Jüngling an, der mit feuchten Händen, Herzstolpern, staubtrockenem Hals und leichtem Körpergeruch erstmals wirklich wirbt, ohne die Worte „Eei“ oder „cool“ zu benutzen.
Als pragmatisch und praktisch denkender Mensch wäre ich persönlich noch an der „Bremsrose“ interessiert. Ich stelle mir darunter eine Rose in roter Leuchtfarbe vor, die man im Auto auf der Hutablage drapiert und die so dank ihrer Leuchtkraft Auffahrunfälle vermeiden hilft. Dann fehlt nu noch die „Verpiss-Dich-Rose“, die Läusen, die sie besiedeln wollen, einen heillosen Schrecken einjagt. Ach ja, auch die „Bemehlte Rose“ würde reißenden Absatz finden, da man auf ihr, wie bei der bemehlten Primel, keine Mehltau mehr sehen würde. Für Gegner des wenig kleidsamen Sternrußtaus wäre dann noch eine gepunktete Rose wünschenswert, die „Harlekin-Rose“. Aber die gibt es vermutlich bereits.
Liebe Grüße
Hortu