Normalerweise bewurzeln Edelreise von Reben sehr sicher. Dazu sollte aber einiges beachtet werden:
- der Edelreis sollte unbedingt in der Vegetationspause geschnitten werden!!!
- Wurzeln kommen nur aus Augen und nicht aus dem Holz
- Reben bewurzeln in der Erde besser als im Wasser und wenn schon im Wasser, dann nie in durchsichtigen Gläsern oder Vasen Im Hellen bilden sich nur schwer oder gar nicht Wurzeln. Mein angehängtes Bild mit einer durchsichtigen Glasvase ist also ein schlechtes Beispiel, aber ich habe die Blumen nur in diese Glasvase gesetzt, damit ich die Wurzeln fotografieren kann. Vorher standen die Blumen in einer Keramikvase.
- Die Erde zum Bewurzeln sollte sterilisiert sein, z.B. Anzuchterde oder man sterilisiert die eigene feuchte Erde in der Mikrowelle
- ich desinfiziere Edelreise mehrere Stunden bis einen halben Tag in Chinosol-Lösung (macht jede Rebschule so)
- Man kann das Bewurzeln mit Pflanzenhormonen befördern. In Gartenmärkten gibt es sogenanntes Bewurzelungspulver. Man kann diese Hormone aber auch im Internet direkt kaufen, z.B. 1-Naphthylessigsäure. Mit einem Gramm kann man Heerscharen von Reben bewurzeln. Allerdings darf man auf keinen Fall überdosieren, denn nur die Anwendung in winzigsten Mengen bringt einen Erfolg, sonst gibt es Missbildungen. Zunächst muss man ein paar ganz wenige Krümelchen in einem kleinen Glas in Alkohol lösen. Da geht Brennspiritus, aber auch weiße Schnäpse wie Korn und Wodka. Die Naphthylessigsäure ist nämlich kaum in Wasser löslich, aber in Alkohol gut. Dieses Konzentrat ist längere Zeit in geschlossenen Schraubgläsern haltbar. Von diesem "Konzentrat" gebe ich kurz vor dem Gießen einen Tropfen in das Gießwasser. Lieber in Abständen mehrfach gießen als auf einmal zu konzentriert. Mit diese Methode habe ich z.B. schon Schnittblumen (Chrysanthemen) bewurzelt und dann im Garten ausgepflanzt. Als Beweis anbei ein Foto.
- Als zu bewurzelnde Edelreise sollen kräftige (dicke) einjährige Ruten in der Vegetationspause !!! geschnitten werden. Aus dünnen Hölzern bekommt man nur schwer lebensfähige Pflanzen.
Warum: In verholzten Trieben speichert die Rebe im Herbst die Nährstoffe für den Austrieb im Frühjahr. Je dicker, desto mehr Nährstoffe sind eingelagert. Mit diesen Nährstoffen sollen beim Bewurzeln Blätter und Wurzeln ernährt werden, bis die Rebe sich selbst ernähren kann. Das Problem besteht darin, dass es zwar meist gelingt, dass aus den Augen Blätter austreiben, aber dann die Reservestoffe aufgebraucht sind, so dass sich keine oder nur mickrige Wurzeln bilden, d.h. man hat dann einen beblätterten Edelreis ohne Wurzeln und nach einiger Zeit, wenn die eingelagerten Reservestoffe alle sind, sterben auch die Blätter ab. Um diese Gefahr zu minimieren, verwendet man möglichst dicke einjährige Rutenstücke und schneidet diese nur auf 2 Augen, nicht länger. Damit die Augen nicht vertrocknen, sollte der Schnitt mindestens etwa 2 - 3 cm entfernt sein, etwas länger schadet nicht, vor allem oben (mehr gespeicherte Nährstoffe). Eines der Augen kommt in die Erde und eines ist für die Blätter vorgesehen. Sind die Edelreise zu lang geschnitten, dann gehen die eingelagerten Nährstoffe in die "vielen" sich bildenden Blätter und nicht in die Wurzelbildung.
- nicht zu kleine Blumentöpfe nehmen. Kleine Blumentöpfe trocknen zu schnell aus. Die Erde sollte immer feucht sein, aber nicht klatschnass.
Ich hatte vor Jahren mal in Osteuropa eine Rebschule besucht, die nur unveredelte Reben hergestellt hat. Diese Rebschule (nur ein Mann) hat aus der Abwicklungsmasse einer Kolchose ein Gewächshaus ergattert. In diesem Gewächshaus standen Zigtausende Blumentöpfe mit den beschriebenen kurzen Steckhölzern - von mehreren Dutzen Sorten. Die Erfolgsquote soll bei ca. 90 % liegen und das bei einem Gewächshaus, wo viele Scheiben kaputt waren und das in einem kalten Land (Lettland). Er schnitt die Steckhölzer im Spätwinter, desinfizierte sie wie beschrieben, lies sie trocknen und lagerte sie dann frostfrei (etwas angefeuchtet) knapp über dem Gefrierpunkt bis zum Frühjahr und steckte sie erst dann in die Blumentöpfe (April/Mai). In Lettland gibt es auf dem Lande Kartoffelkeller auf freien Felde. Das ist quasi eine große Grube, die überdacht und mindestens 1 m Erde bedeckt ist. An einer Stirnseite ist ein Graben mit einer gepolsterten Tür. Für Eure Mengen reicht das Gemüsefach im Kühlschrank, wo Ihr Eure Edelreise in leicht feuchte Lappen einwickelt (keine nasse Lappen). Durch die vorherige stundenlange Desinfektion schimmeln die Edelreise trotz feuchter Lagerung nicht. Wer einen ungeheizten frostfreien Keller hat, kann die Steckhölzer auch in leicht feuchten Sand bis zum Frühjahr lagern.