Ich vermute, dass die „Wildaprikosen“ einfach Sämlinge der Kulturaprikose Prunus armeniaca sind.
Das erklärt ihre große Formendiversität, die durch die genetische Aufspaltung bei der geschlechtlichen Vermehrung (=Aussaat) entsteht, anstatt eine bestimmte Sorte zu klonieren, wie man es beim Veredeln macht. Die gleiche Formenvielfalt kennt man hier von der Myrobalane (Prunus cerasifera), die in Mitteleuropa die gleiche Verwendung hat, wie die Aprikose zum Beispiel in der Ukraine: Heckenpflanze, Straßenbaum, Obst usw.
So wie die Kirschpflaume bei uns durch Selbstaussaat überall vorkommt und Teil der Natur geworden ist, ist die Aprikose in anderen Gebieten verwildert.
Solche „Wildaprikosen“ kann man sehr leicht selbst durch das Ziehen von Sämlingen aus Steinen der Kulturaprikose erzeugen. Die meisten Pflanzen werden kleinfrüchtig und kleinblättrig sein, ähnlich ihren wilden Vorfahren. Selten kommen Sämlinge mit großen Blättern vor; die versprechen später größere Früchte. Man kann sich dann einen Sämling mit guten Eigenschaften aussuchen, die übrigen kann man dann als Veredelungsunterlage verwenden. So hat es zum Beispiel meine Mutter stets gemacht.
Ob es in der Natur heute noch echte wilde Prunus armeniaca gibt, oder die Wildbestände aus verwilderten Kulturaprikosen bestehen, ist eine große Frage.