Am Dienstag ging es dann auf den Karerpass (1745 m). Von dort wollten wir zur Kleinen Latemarscharte aufsteigen.
Der Karerpass ist touristisch voll erschlossen und ganzjährig geöffnet. Er liegt zwischen dem Latemar und dem so genannten Rosengarten, einem Massiv, dessen Name daher rührt, dass es bei den richtigen Witterungsverhältnissen von der untergehenden Sonne von Westen so angestrahlt wird, dass das Gestein rot aufzuglühen scheint.
Zunächst ging es durch Almwiesen leicht nach oben. Aber schon nach kurzer Strecke musste man steil bergan. Diesmal war ich schlauer als gestern, ließ die Botaniker botanisieren und ging in angenehmer Begleitung langsam nach oben. Nicht, dass wir erst alle 5 m stehenblieben und ich dann nicht mehr hinterher kam, wenn es ans Eingemachte ging.
Am Beeindruckendsten fand ich die die schönen Lilien, die im Gras weit leuchteten. Ansonsten wächst hier auch wieder alles, womit kein Mensch rechnet. Von Rosa pendulina habe ich mir gleich ein paar Ableger abgezwickt und ich hoffe, dass sie Wurzeln schlagen. Den passenden Kalkboden haben wird. Schwarze Akelei hab es wieder in jeder gewünschten Zahl. Aber nicht eine einzige mit reifen Samen.
Nach kurzer Strecke ging es dann wieder steil bergan. Jedesmal wenn ich dachte, jetzt musst du doch bald oben sein, ging es hinter der nächsten Biegung nach oben weiter. Und meine Pflasterklebung über alle evtl. kritischen Stellen bewährte sich bestens.
Allmählich wurde der Weg kritischer. Auf einem schmalen Fußweg mit rechts ganz steil hoch und links ganz steil runter schlich ich am Berg entlang und mir wurde ob der Höhe doch etwas blümerant. Aber der eigentlich schwierige Weg kam erst noch.
Dem Boden recht nah im leichten Vierfüßerstand kämpfte ich mich über immer mehr Geröll auf dem so genannten Weg (lachhaft - Weg!) nach oben. Vor mir waren noch drei Leute und die wollte ich einholen. Als ich sie dann endlich hatte, war die Letzte schon mutlos und wollte umkehren! Jetzt, wo ich es geschafft hatte!
Die Aussicht war jedenfalls grandios! Das ganze Tal lag vor uns! Zwei Murmeltiere rollten den Berg runter! Die Sonne schien! Die Blumen blühten in allen Farben. Eine unglaubliche Idylle! Wie in "Der Wilderer im Silberwald"!
Erschöpft lehnte ich mich an den Hang! Und siehste - gleich stach mich die Kratzigste Kratzdistel in den Allerwertesten! Das war nicht nett!
Meine Augen suchten den Hang nach einem Weg ab. Kein Weg, nix zu sehen. Nur Steine, Geröll, Fels. Man versuchte mich zu überreden: Nur noch 10 Minuten, dann kanst du auf der anderen Seite den Karersee sehen. Jaja, den kann ich mir auch auf einer Postkarte angucken!
Eine Leidensgenossin und ich sahen uns bedeutungsvoll an. Wir aßen unser mitgebrachtest Ziehbrötchen mit Wurstkäseschinken, tranken eine Schluck Wasser und machten uns an den Abstieg. Ohgottohgott! Ich hatte es gewusst! Schon beim Aufstieg war mir klar, dass es sich auf Geröll unglaublich besch... absteigen lässt! Sowas hatte ich noch nie gemacht! Und zwischendurch überholten uns zwei flotte Italiener in Turnschuhen, braungebrannt, im Laufschritt! Unglaublich! Ich kam mir vor wie eine alte Oma!
Zwischendurch begegnete uns Dr. Callauch mit einem kleinen Trüppchen. Fleißig botanisierten sie, was dort in den Felsen alles wuchs. Ja, wirklich, faszinierend! Ganz toll. Gehen sie noch hoch? Wir kehren um.
Was soll ich sagen - ohne Macke unten angekommen! Der größte Teil der Gruppe saß bei Kaffee und Eis gemütlich beisammen. Und von der Stelle, von der wir umgekehrt waren, hätte es noch 45 Minuten bis zur Kleinen Latemarscharte gedauert - über Geröll durch einen heißen Kessel! Na, da hatte ich es doch nicht so verkehrt gemacht bei meiner Bergunerfahrenheit. Man muss sich ja langsam steigern.
Für heute reichte es mir jedenfalls. Hier noch ein bisschen Ausblick.
Morgen Meran! Also, darauf habe ich mich schon die ganze Woche gefreut. Pflanzenliste kommt auch noch.