Andererseits haben Reben mit erhöhter Frostfestigkeit im Winter meist auch eine höhere allgemeine Frostfestigkeit während der Vegetationsperiode, also gegen Spätfröste im April bis Juni, aber auch gegen frühe Fröste im Herbst - also Ja!
Gibt es belastbare Belege dafür? Bei Gehölzen generell ist dem nicht so.
Ich habe dafür keine Belege, nur die Erfahrung, dass zumindest bei mir die Spätfröste weniger Schaden anrichten, seit ich nur noch sehr frostfeste osteuropäische Sorten pflanze. Als ich noch die weniger frostfesten Arkadia, Juljana und Co. hatte, gab es schon bei milden Spätfrösten größere Schäden. Es ist bekannt, dass es viele Pflanzenarten gibt, welche auch im Winter grün bleiben, also ihre Blätter nicht verlieren. Das bedeutet, bei diesen Pflanzen gibt es keine Vegetationsruhe, nur das Wachstum ist stark reduziert. Ich vermute daher, dass Kreuzungen mit Amurensisreben ähnliche Eigenschaften zumindest teilweise entwickeln.
Anscheinend härten die Gene, welche für die Frostfestigkeit im Winter zuständig sind, auch etwas gegen Fröste in der Vegetationsperiode ab. Vom Hörensagen weiß ich, dass die Amurensisgene besser vor Frost schützen als die Foxgene und diese Amurensisgene spielen insbesondere bei osteuropäischen Sorten eine Rolle. Bis zum Wegfall des Ost-West-Konfliktes konnten die osteuropäischen Züchter nicht auf Foxreben zur Einkreuzung zurück greifen. Gelegentlich sieht man an den Eltern neuer Sorten, dass auch mal eine europäische interspezifische Rebe (mit Foxgenen) eingekreuzt wurde, aber das scheint selten der Fall zu sein. Die Russen, Ukrainer und Moldawier scheinen bei der Züchtung auf ihren historischen Genpool zu setzen.
Ich hatte auch schon geschrieben, dass das Resistenzverhalten bei Sorten mit Foxgenen ein anderes ist als bei Amurensisgenen.
Die Foxreben haben in Jahrmillionen eine spezifische Immunantwort auf Oidium und Pero gefunden. Dies konnten die Amurensisreben nicht, da diese in der Vergangenheit nicht mit Pero und Oidium konfrontiert worden sind. Amurensisgene bringen statt dessen ein stärkeres unspezifisches Immunsystem ein. Das ist in meinen Augen besser, weil so ein Immunsystem auch wirkt, wenn neue Erreger aufkommen bzw. Pero- und Oidiumpilze mutieren.
Warum gibt es kaum wissenschaftliche Belege in Westeuropa zur Wirkung der Amurensisgenen?
Das ist ganz einfach. Der eiserne Vorhang war auch in umgekehrter Richtung dicht und inzwischen ist die Zucht von Tafeltrauben in Westeuropa, speziell in D gegen Null gefahren worden. Sowohl bei der damaligen Zucht von Tafeltrauben als auch bei der von Keltertrauben hat man sich in D nur auf die Einkreuzung von Fox-Genen konzentriert. Der Erfolg ist jedoch sehr bescheiden, weil der Geschmack dieser interspezifischen Keltertrauben nicht wettbewerbsfähig ist. Ich erninnere nur an den faden Geschmack von Dornfelder und auch Regent ist nur ein wenig besser.
Jetzt zu Zeiten der Gentechnik wäre es sehr viel einfacher und schneller, endlich die Amurensisgene in ihrer Wirkung zu erforschen bzw. diese bei der Zucht auszunutzen. Die Amurensisgene scheinen auf einigen Gebieten bessere Eigenschaften zu haben als die Foxgene (keinen Foxton, bessere Frostfestigkeit, bessere Pilzfestigkeit). Ich weiß aber nicht, ob die dt. Zuchtinstitute die dafür erforderliche Gentechnik besitzen und ob diese überhaupt daran interessiert sind. Auch in der Forschung setzt sich Neues nur gegen große Widerstände durch.