... es ist schon fast amüsant, wie es hier hoch her geht. Schlussendlich spielt meines Erachtens die Unterlage auf der die Bäume stehen auch bei den Schnittmöglichkeiten eine wichtige Rolle. Beispielsweise ist der erwähnte Schirmschnitt für Sämlingsunterlage (also starkwachsende Baumformen) wenig bis gar nicht geeignet: Die Äste brechen unter der erheblichen Last (von bis zu mehreren hundert Kilo Äpfeln) ab. Hinzu kommt, dass man bei einem solchen Schnitt an kaum Äpfel herankommt. Nimmt man hingegen eine schwach- bis mittelwüchsige Unterlage, muss man die Äste meist eh an einen Pfahl anbinden bei größeren Erträgen. Da man an alle Äste gut herankommt, ist auch der Schirm überall gut erreichbar - wenn man ihn auch im Erwerbsobstbau nicht sieht, da er nicht die höchtmöglichen Erträge abwirft. Er kann aber auf manche Leute als Zierde wirken.
Prinzipiell ist zu sagen, dass man dafür sorgen sollte, dass die Äpfel, die man später ernten möchte, möglichst viel Sonne abbekommen sollten. Dies kann man bei kleinbleibenden Bäumchen z.B. über eine Spindelform erreichen, da dort selbst in das Innere der Spindel noch genug Licht kommt. Alternativen können aber z.B. auch Spaliere sein. Die mittelstark wachsenden Bäume, die hier gezeigt wurden hätten bei einer Spindel schon Schwierigkeiten mit der Belichtung im Innern. Außerdem wäre eine reine Spindel schon so hoch, dass man an die mittleren Äpfel nur schlecht herankommt - hier bieten sich entweder Kelchformen mit Mittelspindel à la Helmut Palmer oder halt Spaliere an. Spaliere haben den Vorteil, dass sie ja in eine Richtung flach sind (sie sollten vorzugssweise in Nord-Südrichtung ausgerichtet sein). Dadurch können wiederum alle Äste / Äpfel Sonne bekommen.
Es bestehen nun Zwecks Sanierung zwei prinzipielle Möglichkeiten: zurück zum Spalier oder hin zur genannten Kelchform. Beim Kelch mit Mittelspindel darf es NIE eine Überbauung durch die Mitte geben. Das heißt, dass die großen oberen Äste am Mitteltrieb entfernt oder zumindest deutlich (auf ca. 0,5m) eingekürzt werden müssten. Außerdem muss es eine mittlere Stammverlängerung geben - es muss wie gesagt eine Spindelform in der Mitte entstehen. Die unteren Äste (die auch am einfachsten zu beernten sind) sollten auf jeden Fall erhalten werden und sollten durch den Schnitt mit ausreichend Licht versorgt werden. Da diese idealerweise ca. 45° nach oben zeigen sollten so lange sie keine Obstlast tragen, sollte man einen der entstehenden bzw. vorhandenen Reiter zu solch einem Ast erziehen. Später kann man dann den (vermutlich absinkenden) Ast dahinter einkürzen.
Die Variante zurück zum Spalier stellt die Lichtversorgung dadurch sicher, dass der Baum "zweidimensional" gehalten wird. Das heißt es muss alles, was wesentlich in die dritte Dimension reicht entfernt werden. Die Äste auf den horizontalen Seitenästen werden teilweise oder ganz eingekürzt und zwar zweimal im Jahr und regelmäßig jedes Jahr (sonst sieht der Baum schnell wieder aus wie jetzt). Wenn man dieses Jahr eine Ernte haben möchte, sollten sofort etwa die Hälfte entfernt werden, die anderen deutlich gekürzt werden. Im Sommer schneidet man die entstehenden Reiter auf einige Augen zurück, im Herbst dann die Reiter, die man jetzt stehen lässt (und die dann hoffentlich getragen haben). Man darf auch einen Teil der Äste ganz wegnehmen in dem Maß in dem neue entstehen. Wenn nach dem ersten Schnitt nach langer Zeit jetzt "wie wild" neue Reiser entstehen, dann im Sommer zum großen Teil abreissen.
Ich hoffe, das hilft ein wenig. Bitte aber auch Schnittbücher lesen - insbesondere zum Spalier, da ich da nur mäßig bewandert bin.
Gruß,
Frank.