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Noch zurück zu den Sortenaspekten.
Bitte denkt daran, dass dies nur meine persönlichen Einschätzungen an diesem Standort mit nur einem Baum sind.
Ich klinke mich hier mal mit eigenen Erfahrungen ein. Die Blattgesundheit am selben Standort kann übrigens bei gleicher Sorte je nach Vitalität des Baumes deutlich voneinander abweichen.
Schattenmorelle und Typen: bekamen immer mehr Monilia, verkahlen stark, auch Blattfall. Ertrag immer gut an den verbleibenden Ästen, sauer, gut zum Einkochen in Gläser/ Marmelade, Saft.
Das kann ich voll bestätigen. Die feuchte Wetterlage zur Blütezeit im Zeitraum Ende der 1980er bis Anfang 2010er Jahre hat den Befall mit Monilia deutlich begünstigt. Der Befall lag in ca. jedem 2. Jahr bei 100% und die Bäume wurden dann nach und nach alle gerodet, weil sie entweder an Altersschwäche (Pflanzungen aus den 1930er Jahren) oder durch den Moniliabefall selbst nach und nach eingingen. Den Befall mit Sprühfleckenpilz gab es auch in fast jedem Jahr.
Der Typ Römer soll in Vergleichsanbauten deutlich weniger anfällig für Monilia sein.
Morellenfeuer aka Kelleries 16: ertragreich, würzig, deutlich ausgewogener vor allem bei Frischverzehr oder Kuchen, etwas weniger Monilia, Wuchs nicht so verkahlend aufrechter besser garnierend
Ertragreich ist sie nur bei geeigneten Befruchtern in der Umgebung, ansonsten lässt der Ertrag zu wünschen übrig. Die anscheinend immer wieder voneinander abgeschriebene Behauptung, sie wäre selbstfruchtbar ist nach eigener Beobachtung definitiv falsch und das ist mittlerweile nach einer Untersuchung von Dr. Mirko Schuster auch wissenschaftlich untersucht und erwiesen. Die Selbstbefruchtungsrate liegt bei lediglich 11% und sie ist damit nur partiell selbstfruchtbar. Bei freier Abblüte mit Fremdbefruchtung sind hingegen bis 31% Befruchtung möglich.
Der Geschmack hängt m.E. gerade bei Morellenfeuer stark vom Erntezeitpunkt ab. Zu früh geernet lässt der Geschmack zu wünschen übrig, zum optimalen Zeitpunkt ist sie recht ausgewogen und vollreif hat sie bereits zu wenig Säure für die Verarbeitung und das Aroma verflacht auch wieder. Geschmacklich gibt es m.E. definitiv bessere Sauerkirschen, aber das ist subjektiv. Der Zuckergehalt ist mit 13-15% vergleichweise gering.
Der natürliche Wuchs gleicht nach meinen Beobachtungen eher dem der Schattenmorelle mit langen, verkahlenden Peitschentrieben und auf die 5-10% Bukett-Triebe kann man auch verzichten. Nur durch beherzten Schnitt kann man die Bäume gut im Wuchs halten und dann hat sie auch einen aufrechten Wuchscharakter und verzweigt sich recht gut.
Morellenfeuer wurde uns um das jahr 2000 herum als Alternative zur Schattenmorelle angeboten, weil angeblich kaum Anfällig für Monilia. Weniger Befall stimmt zwar, aber 90% Befall im direkten Vergleich zur Schattenmorelle ist jetzt auch nicht nennenswert besser (auf diesen Wert kam auch ein Anbautest in Ostdeutschland an verschiedenen Standorten. Ich habe die Studie leider gerade nicht zu Hand).
Jetzt wo die Frühjahre bei uns wieder sonnig, warm und trocken sind, gibt es auch keine Probleme mit Monilia mehr, aber das trifft auf alle Sorten ebenso zu.
Ein Vorteil neben den verhältnismäßig großen Früchten ist die gute Frostresistenz bei Spätfrösten während der Vollblüte. Da verkraftet sie Temperaturen bis ca. -3°C bei klarem Himmel meist ohne nenneswerte Schäden, wo andere Sorten bereits über 90% Blütenschäden davon tragen. Allerdings scheint die Blüte in einem sehr frühen Stadium etwas anfälliger zu sein.
Morina: dünntriebig mit wenig Monilia, sonst robust. Kommt aber spät in den mittleren Ertrag, 5 Jahre vergehen. Relativ feste trocken von Stiel lösende Frucht. Schmeckt auch so und für Verwertung gut.
Die habe ich seit Frühjahr 2017 als wurzelechte Pflanze (2 Jahre alt). Sie blüht dann bereits ab dem Pflanzjahr regelmäßig. Der Wuchs gleicht eher dem einer Strauchkirsche und sie wird auch nicht sonderlich groß werden (geschätzt nicht höher als 3m). Sie verzweigt sich sehr gut, aber aufgrund der sehr flachen Astabgangswinkel in Verbindung mit dem sehr flexiblen Holz hängen die Triebe schnell nach unten, verhocken und werden zu langen, verkahlenden Peitschentrieben. Eine Erziehung von Leitästen neben der Stammverlängerung ist ohne Anschneiden und Formierung m.E. kaum möglich. Ich überlege daher 2 weitere Hauptstämme aus einem basisnahen Wurzelschosser zu erziehen, um so auf mehr nutzbares Kronenvolumen zu kommen.
Weiterhin treibt sie als wurzelechte Pflanze Wurzelschosser ohne Ende, so dass sie auch leicht ohne Veredelung vermehrbar ist.
Ich habe sie zu Testen auf Prunus Avium veredelt und bin mal auf den Unterschied im Wuchscharakter und der Ertragsleistung gespannt. Als wurzelechte Pflanze litt sie selbst auf Lösslehm in den ersten beiden Jahren trotz regelmäßiger Bewässerung unter Trockenheitsstress.
Die Blattgesundheit ist bislang ohne Auffälligkeiten.
Die Früchte haben einen guten Geschmack mit viel Säure, die in warmen Sommern mit einem hohen Zuckergehalt von 18-22% (Spiztenwerte von 25% sind möglich) ausgeglichen wird.
Achat: stärker schleudernder Wuchs, trägt nur an zwei oder mehrjährigen Trieben. Braucht auch etwas Zeit um in den Ertrag zu kommen, der mittel- hoch ist. Nicht so fest wie Morina, platzt auch etwas. Sehr wenig Monilia aber je nach Jahreswitterung viel Blattfall im September durch Blumeriella. Nichts für luftfeuchte Gebiete! obwohl ich keine Ertragseinbußen im Folgejahr hatte. Große fast schon süße Kirschen toll zum so essen oder Frischverwendung. Als Konserve oder gefroren aus der Truhe zu wenig Säure.
Zu Achat kann ich noch nicht so viel sagen. Letztes Jahr hatte ich sie das erste Mal bei einem Nachbarn von einem Jungbaum probiert und dieses Jahr auf Prunus Avium veredelt. Bildern größerer Bäume nach zu urteilen, ist der Wuchs eher mit einer Süßkirsche vergkleichbar.
Interessant finde ich neben der Fruchtgröße, in welch frühem Reifestadium die Achat bereits einen guten Geschmack ausbildet. Bereits in einer mittleren Rotfärbung schmecken die Früchte ausgewogen mit einem guten Aroma. Die frühe und schnelle Genussreife im letzten Junidrittel noch vor den Himbeeren lässt hoffen, dass sie auch ohne Einnetzung gegen die Kirschessigfliege anbaufähig ist.
Ungarische Traubige: Standort Köln, etwas wirrer Wuchs Zickzack, klasse Geschmack, Ertrag Mittel, je nach Witterung auch hoch, sehr wenig Monilia, Fruschverzehr Nutzung aber auch ok für Konserve.
Ich habe sie seit Frühjahr 2017 als zweijährige Veredelung (vermutlich Prunus Avium) gepflanzt und jetzt in 2020 steht sie zum ersten Mal in Vollblüte. 2017 gab es wenige Blüten und Spätfrost am 20.4., 2018 wenige Blüten und 20 Früchte, 2019 fast keine Blüten und 5 Früchte. Die braucht defintiv ihre Zeit bis zum ersten nenneswerten Ertrag.
Den Wuchs finde ich (mal abgesehen von dem steilen Wuchscharakter) für eine Sauerkirsche recht günstig. Sie verzweigt auch ohne Anschnitt gut mit Seitentrieben und verkahlt an den Trieben durch die Bildung von Bukett-Trieben an fast jeder Knospe bisher praktisch nicht.
Zur Erziehung genügt die Auswahl geeigneter Leitäste und (falls gewünscht) Stammverlängerung und das Herunterbinden der Leitäste, sowie das Ausbrechen der oberen Konkurrenzknospen der Apikalknospe der Leittriebe nach dem Austrieb. Alternativ stummelt man im Folgejahr die entstandenen Konkurrenztriebe auf eine unten liegende Knospe, dann kommt es auch nicht zu einer Überbauung mit Etagenbildung. Ich habe seit letztem Jahr begonnen, Leittriebe und Stammverlängerung geringfügig um etwa 10-15 cm anzuschneiden, aber eigentlich wäre das nicht nötig gewesen; ich will nur wissen, wie sie darauf reagiert.
Die Blattgesundheit ist durchweg gut, wobei ich in einem Jahr ein paar wenige mit Sprühflecken befallene Blätter entdeckt habe, die aber im Vergleich zur Achat nicht nenneswert waren.
Zu den Früchten: Wenn sie die Gelegenheit zur vollen Reife haben, ist der Geschmack herausragend gut (Zuckergehalt liegt bei ca. 18-21%) und kann sich mit den besten Süßkirschen wie der Großen Schwarzen Knorpel messen. Und da liegt leider auch ihr m.E. einziger nenneswerter Nachteil ohne Einnetzung: Sie erlangt erst 2 Wochen nach voller Ausfärbung ihren vollen Geschmack.
(Es gibt sicher viele andere gute Sorten, oft Lokalsorten, die aber wegen fehlender Erwebsobsteignung wie zu kleiner Früchte einfach nicht angeboten werden ... Polnisch russische Sorten, aus Belgien Schaarbeckse Kriek..
In dem Zusammenhang: Hat hier jemand Erfahrung mit der Diemitzer Amarelle / Ludwigs Frühe bezüglich Anbau und Geschmackseigenschaften?
Lövepetri soll auch gut sein. Letztlich kann man mit vielen glücklich werden.
Ungarische Sorten blühen hier oft zu früh, sind manchmal nicht selbstbefruchtend...)
Csengödi, Debreceni Bötermö und Favorit wären auch noch zu nennen, da diese wohl fast resistent gegen Monilia laxa und Sprühflecken zu sein scheinen, wenn sich die bisherigen Berichte von Versuchsanbauten bestätigen sollten.
Was Selbstbefruchtung angeht, stimmen auch die Beschreibung einiger bekannter Sorten nicht unbedingt. Morina wird nur als partiell selbstfruchtbar beschrieben, erreicht aber eine Selbstbefruchtungsrate von 20,9% und 31,5% bei Fremdbefruchtung im Bereich von Achat (21,2%/35,5%). Wie schon oben geschrieben ist Morellenfeuer nicht selbstfruchtbar (11%/30,8%) und liegt etwa mit der ungarischen Traubigen (11,6%/29,9%) gleichauf.
Mein Problem mit Kirschen ist halt A die Kirschfruchtfliege und B seit 2014 KEF. Die Kirschen müssen jetzt 10 Tage vor Vollreife runter sonst ist alles verfault.
Obige Sauerkirschen, alle auf Sämling veredelt, sind im Laufe der Zeit in Nachbargärten oder bei mir gerodet worden. Nur die Jade und 2 Zwerge Achat auf Giesela 5 sowie neu Carmine Jewel (Monilia? aus der Canadischen Zuchtserie gibts noch andere interessante) sind geblieben. Letztere erhoffe ich durch Netzte praktikabler Größe schützen zu können.
In dem Zusammenhang sind Sorten wie erwähnt die Achat ziemlich interessant wegen ihrer frühen Geschmacksausbildung. Kennt da jemand noch andere Sorten mit dieser Eigenschaft?
Ansonsten kann man Sauerkirschen wie Süßkirschen auch in Heckenform erziehen und durch schräg pflanzen im 45°-Winkel und entsprechende Erziehung von z.B. zwei flachen Hauptrieben in Y-Form im maximal 30°-Winkel ausgehend von der Horizontalen und Schnitt so kompakt halten, dass das Einnetzen relativ einfach ist.
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