Dazu fällt mir dieses hervorragende Buch wieder ein - eine Zusammenarbeit von Arche Noah, Pro Specie Rara, Dreschflegel und des Vereins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN), das auch viel Wissenswertes über die Mitglieder, sich größtentteils ehrenamtlich um die Erhaltung der Sorten bemühen, berichtet.
Heistinger, Andrea (Hrsg. ) Handbuch Samengärtnerei Sorten erhalten. Vielfalt vermehren. Gemüse genießen 300 S. m. zahlr. Fotos u. Zeichn. Löwenzahnverlag Innsbruck 2004
Es gibt sie noch, die guten alten Gemüsesorten - sag ich mal in Abwandlung eines bekannten Werbeslogans. Eines der letzten Bücher zum Gemüse-Samenanbau auf dem deutschen Markt erschien 1946 (Karl Reichel, Der Gemüseanabau im landwirtschaftlichen Betrieb) - danach war das Thema für den Buchmarkt uninteressant, das Spezialwissen weniger Züchter wurde nicht einfach in Büchern "preisgegeben". Die restriktiven Bestimmungen der Saatgutgesetze haben zum Verschwinden der Sortenvielfalt beigetragen. Die mitwirkenden Vereine, die alle das gleiche Ziel haben, nämlich die Sortenvielfalt zu erhalten, legen hier "das Handbuch" für den eigenen Gemüse-Samenanbau - auch fast ausgestorbener Sorten - vor! Übersichtlich und leicht nachvollziehbar veranschaulichen die GärtnerInnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, wie man vom
eigenen Gemüse nicht nur die Früchte, sondern auch Samen für das nächste Jahr ernten kann. Dabei werden u.a. folgende Fragen beantwortet: Wie lange dauert es, Gemüse zu vermehren? Was braucht man dazu? Wie können Lieblingssorten erhalten / vermehrt werden? Was kann jede/r Einzelne zur Sortenvielfalt beitragen? Nach einem - untertrieben genannnten - "kleinen 1x1 des Gemüsesamenbaus" (es umfaßt immerhin 51 Seiten!), das als Einführung Wisssenswertes über Vermehrung allgemein bringt, gibt es zu jeder Gemüsekultur ein eigenes Kapitel.
Die Gemüse sind dabei nach ihrer botanischen Zugehörigkeit zusammengefaßt und diese alphabetisch geordnet (von Baldriangewächsen über Fuchsschwanzgewächse, Lippenblütler, Nachtschattengewächse über Süßgräser bis hin zu den Zwiebelgewächsen). Das einheitliche Schema für die Kapitel: einleitend die "Zutaten", die man braucht, dann Beschreibung, Bestäubungsbiologie, Samenbau und Samenernte, Sortenmerkmale, Auslesekriterien, Pflanzenkrankheiten und -schädlinge, Kultur- und Züchtungsgeschichte. Bei einigen Pflanzen darüber hinaus Geschichten ("Jedes Böhnchen ein Tönchen?", Wie der gute Heinrich zu seinem Namen kan", "Die Knoblauchesser von Wien"...) oder Rezepte.
Im Anhang Adressen der Bezugsquellen für Saatgut und gärtnerisches Zubehör, Organisationen und Schaugärten (europaweit und USA) , ein Literaturverzeichnis, Vorstellung der Herausgeber sowie ein Glossar wichtiger Begriffe. Der Index läßt keinen Wunsch offen - kumuliert findet man hier die Pflanzen sowohl mit ihren lateinischen als auch botanischen Namen wie auch Sachwörter. Damit nicht genug: als Beilage gibt es noch ein großes zweiseitiges Poster: "Samengärtnerei: was, wann, wie", das das Wichtigste zur Vermehrung aller Gemüsearten noch einmal
zusammengefaßt übersichtlich darstellt. Die hervorragenden Fotos (der Pflanzen und auch der Samen!) von Markus Zuber und sehr anschaulichen Zeichnungen von Stefan Emmelmann zeigen die Formen- und Farbenvielfalt der behandelten Gemüsesorten, das Layout ist hervorragend gelungen, der Preis ist angemessen - kurz: sehr zu empfehlen für alle, denen gesundes, schmackhaftes und nahrhaftes Gemüse ein Anliegen ist, aber auch als "Warenkunde" für den Gemüsekäufer. (
Quelle)