Die besondere Kunst in der Fotografie besteht u.a. darin, das Bild, das man vom Aufnahmestandort im Kopf hat möglichst zu verbannen und sein eigenes Foto mit einem Fremdblick zu betrachten. Erst dann vermag man zu urteilen, ob beim Betrachter etwas rüberkommt.
Anders formuliert: Will man hier das unperfekte Leben oder das perfekte Kunstprodukt (spitz ausgedrückt: das künstliche Produkt)?
Was "man" hier will, hängt sicher davon ab, wie "man" seine eigenen Bemühungen interpretiert. Will einer also dokumentarisch eine Situation abbilden oder will jemand eine Situation so überhöhen, dass das, was der Fotograf in einer bestimmten Situation beim Anblick empfunden hat, auch von anderen empfunden werden kann. Es hängt allein vom Fotografen ab, was er will mit seinen Bildern. (Er kann natürlich auch garnichts wollen...)
Auch das unperfekte Leben kann mit großer Kunst so interpretiert werden dass es eben genauso aussieht wie das unperfekte Leben- aber zur Herstellung eines solchen Bildes doch einiges an Können Vorraussetzung ist. (Fällt mir gerade Nan Goldin ein).
Wirkliche Kunst ist niemals künstlich, sie ist selbstverständlich und wird unter Umständen erst mal garnicht so als Kunst wahrgenommen...
(Der unbedarfte Betrachter pflegt dann zu sagen: ach, das können wir doch selber auch...)
Soll ein Fotograf ein Maler sein? Wenn er das will? Warum nicht?
Warum sollte Beuys gescheitert sein? Nur weil wie hier noch nicht alle Kriterien gefunden/festgelegt haben unter denen wir die Fotos der anderen betrachten wollen?
Vielleicht wäre es gut, wenn jeder, der sein Foto hier zeigt sagt wofür es sein soll: also z.B. - das ist für eine Publikation in einem Gartenkunsband gedacht oder dies ist ein Urlaubsfoto von einem mystischen Moment. Da es um kritische Betrachtung geht wäre es hilfreich zu wissen, ob der Fotograf mit seinem Foto einverstanden ist und es gut findet (dann brauchen wir eigentlich nicht zu diskutieren) oder ob er das Gefühl hat, das da etwas verändert werden sollte. Frida hat das formuliert für ihr Foto.
Der fremde Blick auf das eigene Werk ergibt sich aus der Übung (und Wissen). Mit diesem fremden Blick erst lässt sich eine eigen Hervorbringung weiter so verändern das sie aus dem Kontext der eigenen Gefühle herauswachsen kann in eine allgemeingültige Formel. (Um dies zu lernen wurden u.a. Kunsthochschulen erfunden).
Unser Kritikfaden hier kann also helfen, den eigenen Blick zu schärfen durch die Blicke der anderen - so man das will, selbstverständlich.