Normalerweise bin ich der felsenfesten Auffassung, dass der Boss höchstpersönlich am Stand verkaufend und beratend zu sein hat, nur so verkauft man seine Pflanzen und sein Philosophie gut. Aber es gibt zum Glück so gute Mitarbeiter, die an diese Ideale dicht rankommen.
Gestern habe ich wieder einen Preis abgeräumt. Langsam wird es mir peinlich, jedes Jahr den Pflanzenpreis einzuheimsen. Erstens, weil an der Wand im Büro kein Platz mehr ist. Und zweitens vergönne ich jedem anderen ebenfalls einen Dreitagesurlaub im Kloster, besonders den Agnostikern unter den Gärtnern.
Aber wenn man dahintergekommen ist, wie dieser Preis ("Herausragendste Pflanze") zustande kommt, ist es ganz einfach. Man muss nur die Exklusivität und relative Seltenheit mit einen Pepp Effekt aufmotzen. Dieses Jahr war es ein Sedum reflexum 'Cristatum Elegant', dass ich in einen Keramikkopf pflanzte. Sah dann aus wie Hirnmasse. Oder wie ondulierte Haare.
Dieses Sedum ist weder sehr selten, noch neu, sondern besteht seit 50 Jahren. Da wurden mindestens drei Pflanzen ausgestellt, welche extrem viel seltener, neuer und daher unbekannt waren!
Aber es kommt auch auf eine gefällige Darstellung an, die die anderen Kollegen eben nicht geboten haben, sondern nur Plastiktöpfe hinstellten.
Und die Jury tut sich manchmal etwas schwer zu erkennen, welche Pflanze wirklich neu und daher noch selten ist, wählt daher annonym und die Punktezahl entscheidet, ob hopp oder tropp.
Ein altes Exemplar einer blühenden Physoplexis ist sehr beeindruckend und selten zu sehen, ist aber als Pflanze nicht so selten wie ein neu entdeckter Enzian aus Tibet. Das Credo lautete daher immer: nicht unbedingt die seltenste Pflanze macht das Rennen, sondern das herausragendste, exklusivste Gesamt-Display.
Im Übrigen ist das Ganze eher als Spässchen anzusehen.