Prinzipiell bringt jedes "Herumschnippseln" wenig bis gar nichts - außer neue sog. Wassertriebe.
Prinzipiell bringt ein regelmäßiger Verjüngungsschnitt auch einem Hochstamm ein längeres Leben - das ist doch schon einmal etwas, oder? Wer so schneidet, dass übermäßige Bildung von Wasserreisern das Resultat ist, schneidet falsch. Ein fachgerecht geschnittener Obstbaum bringt nicht nur im Regelfall größere Früchte, diese sind auch besser zu beernten, weil nicht nur in der Außenkrone plaziert, und gleichmäßiger von der Sonne beschienen. Außerdem bleibt ein geschnittener Baum länger im Wachstum und verliert sich nicht in der Bildung von zu viel Fruchtholz, was Kleinfrüchtigkeit und Vergreisung einleitet.
Alles was einen größeren Durchmesser als 5 - 6 cm hat sollte nicht mehr geschnitten werden, da hier die sog. Überwallung - das ist das Zuwachsen des Baumes, nur mehr langsam möglich ist und die Gefahr einer Pilzinfektion überwiegt. Alte Bäume sollte man sowieso mit dem nötigen Respekt und ehrfurchtsvoll behandeln - also nur dort schneiden, wo es dem Baum zugute kommt.
Dem ist im Grunde nichts hinzuzufügen, nur kann man dieser Aussage entnehmen, dass ein Schnitt einem Baum zugute kommen kann, während oben eher davon abgeraten wurde.
Besser ist, einen jungen Baum gut in Form zu bringen, d. h. mit gezielten Schnitten seinen Habitus entsprechend seiner Art zu Formen und dann nur mehr schneiden, wenn unbedingt nötig.
Wann ist unbedingt nötig? Meines Erachtens ist ein regelmäßiger und mit geringen Eingriffen verbundener Instandhaltungsschnitt besser als periodisch größere Eingriffe vorzunehmen, die zu der erwähnten Bildung von Wasserreisern führen können.
Bei uns sind mir in den letzten Jahren zunehmend Sämlingsapfelbäume aufgefallen, teils am Straßenrand, an Bachufern, wo die Gehölze nicht jedes Jahr ganz abgeschnitten werden, und auch im Wald, und wenn diese genügend Zeit haben, werden durchaus ohne jede Schnittmaßnahme große Bäume daraus, die wunderschön blühen, und je nach Witterung auch von ganz kleinen sauren bis zu interessant schmeckenden Äpfeln tragen.
Sämlinge unterliegen während ihrer Entwicklung durch Konkurrenz anderer Pflanzen einer Selektion, die dazu führt, dass Jungbäume ohne ausreichendes Wachstum sich in freier Natur gar nicht etablieren können. Starkwüchsige Sorten der verschiedenen Obstarten benötigen im Regelfall viel weniger Schnitt als schwachwüchsige Sorten. Sämlinge, die sich in der Natur etablieren konnten, können bestenfalls mit starkwüchsigen Kultursorten verglichen werden. Ein erheblicher Anteil der Kulturobstsorten, gerade der modernen Sorten ist dagegen schwachwüchsig und vergreist ohne Schnitt äußerst schnell. Gekaufte Bäume stehen zudem meist auf Typenunterlagen, die eine nur kleines und flaches Wurzelsystem ausbilden und der aufgepfropften Edelsorte nur ein schwaches Wachstum ermöglichen. Solche „behinderten“ Bäume nicht zu schneiden, hat mit Sicherheit zur Folge, deren Lebensdauer stark zu verkürzen. Außerdem sind bei vielen Sorten ohne Schnitt Kleinfrüchtigkeit und verstärkte Alternanz zu erwarten. Verdichtete Kronen bringen außerdem einen erheblichen Anteil "unterbelicheter" Früchte, also solche minderer Geschmacksqualität und von weniger gutem Aussehen.
Was die Äpfel mit kleinen saueren Früchten angeht, so ist es möglich, dass es sich dabei um den sehr selten gewordenen Wild-Apfel Malus sylvestris handelt. Er ist an der Entstehung der Kulturäpfel zwar beteiligt, jedoch weisen diese nach meinem Informationsstand einen überwiegenden Elternanteil von Malus sieversii auf, einer mittelasiatischen Art, die bei uns nicht gleichermaßen umweltadaptiert ist und weniger stark wächst. Wir kultivieren in unserer Streuobstwiese neben alten und neuen Kultursorten auch Wild-Äpfel und ich kann nur sagen, dass sich diese mit den Wild-Äpfeln, was die Wuchstärke und selbständige Regulation der Kronenentwicklung angeht, nicht vergleichen lassen.