Da bin ich wieder...
tränendes Herz im 10cm Töpfchen - kaum bewurzelt und nach dem Auspflanzen sofort eingegangen : 5,39 €
Waaaaaaaas?
Wenn du noch 1,30€ drauflegst kriegst du von mir einen 4 Liter Kübel mit der normalen Dicentra spectabilis oder D. spec. Alba. Die Dinger sind doch nun wirklich spottbillig (im Vergleich) zu produzieren... der von dir genannte Preis wäre eher für eine der neuen Hybriden fällig wie "Burning Hearts" etc. pp.
Aber mal zurück zum Thema.... zu einigen Beiträgen die kurz nach meinem letzten kamen werde ich mich nicht mehr äußern, ich habe keine Lust mich wieder aufzuregen.... aber ich bin euch noch etwas schuldig:
So, erstmal bis hierher, später vielleicht noch ein Roman dazu was Hemmstoffe eigentlich tun und was sie nicht können...
Dann mal los:
Ich beschränke mich mal auf die Stauchmittel (Hemmstoff ist die offizielle Bezeichnung), wenn ich auf die Wachstumsregler ausweiten wollte wird das abendfüllend....
Alle Stauchmittel haben gemeinsam, dass sie die Synthese bestimmter Hormone in den Pflanzen mehr oder weniger stark hemmen. Diese Hormone sind die Gibberelline die u.a. für das Streckungswachstum der Pflanzen verantwortlich sind.
Durch die Hemmung der Gibberellinsynthese verkürzen sich die Internodien (die Stängelabschnitte zwischen den Blattansätzen [Nodien]) und die Pflanze wächst kürzer und kompakter bei gleicher Pflanzenmasse.
Hemmstoffe greifen an unterschiedlichen Stellen der Gibberellinsynthese ein was zum Einen dazu führt dass die Pflanzen nach der Behandlung unterschiedlich aussehen können und zum Anderen dazu, dass es manchmal zu unerwünschten "Nebenwirkungen" kommen kann...
Wo genau jetzt was angreift habe ich entweder vergessen oder nie gewusst, was noch hängt schreibe ich auf, bei groben Fehlern mögen mich die Biologen korrigieren.
Zur Gruppe der quartären Ammoniumverbindungen gehören Chlormequatchlorid (auch Chlorcholinchlorid genannt) und Mepiquatchlorid.
Chlormequatchlorid kennt jeder Zierpflanzer und Landwirt als Cycocel (im Zierpflanzenbau früher Basacel). Cycocel 720 ist nach Artikel 52 PflSchG (früher §18a) in Zierpflanzen genehmigt und in getreide zugelassen. Hauptsächlich wird es im Zierpflanzenbau für Pelargonien, Malvengewächse aller Art, Begonien, Osteospermum, Weihnachtssterne, Azaleen und Hibiskus benutzt, allerdings wirkt es deutlich breiter.
Vorteil ist, dass es sich gut in der Pflanze verteilt, die Wirkung i.d.R recht schnell nachlässt (Ausnahme Hibiskus, hier wirkt Cycocel seeeeeehr massiv und auch Malvengewächse reagieren recht massiv) und auch gestauchte Pflanzen normal aussehen (was Laubfarbe und -form angeht).Ferner ist Cycocel spottbillig.
Nachteil: Es führt häufig zu den typischen Blattrandchlorosen (man kann sie fast als Cycocelchlorosen bezeichnen) und in hohen Dosierungen bei einigen Pflanzen sogar zu Nekrosen (Heliotrop ist ein gutes beispiel). Die Chlorosen verlieren sich im Laufe der zeit und lassen sich einfach vermeiden indem man keine trockenen Pflanzen behandelt und der Spritzbrühe einen guten Schuss Blattdünger und ein netzmittel zusetzt. Die Blütenverträglichkeit ist oft mies, da es sich um eine relativ konzentrierte Salzlösung handelt.
Mepiquatchlorid wird in der Landwirtschaft In Kombination mit Prohexadione-Ca (Medax Top) in Getreide und in Kombination mit Metconazol (Carax) im Raps eingesetzt, in Zierpflanzen soll demnächst Carax nach Artikel 52 PflSchG kommen.
Zur Gruppe der Triazole gehören eine Reihe von Wirkstoffen mit Hemmwirkung, z.B. Metconazol (Caramba), Propiconazol (Tilt 250 EC, früher Desmel), Tebuconazol (Folicur), Triadimenol (Bayfidan), Uniconazol (Sumagic), Triapentenol (Baronette/RSW) Paclobutrazol (Bonzi/ Toprex).
Zugelassen sind in Deutschland alle außer Uniconazol und Triapentenol, in Zierpflanzen einsetzbar sind Metconazol und Propiconazol; Tebuconazol inzwischen nicht mehr.
Allen Triazolen ist gemeinsam, dass sie an sich recht starke Fungizide sind (echter Mehltau, Roste, Blattfleckenpilze, Sternrußtau) und einige Wirkstoffe nebenbei in die Gibberellinsynthese eingreifen. Dabei gibt es von recht moderat und vorübergehend (Propiconazol und, dosisabhängig, Metconazol) bis zu sehr massiv und endgültig (Uniconazol, Triapentenol und, dosisabhängig Paclobutrazol und Tebuconazol) alle Zwischenstufen. Hohe Dosierungen dieser Wirkstoffe erkennt man immer an sehr dunkler Laubfarbe (bis hin zu fast schwarzgrün), Blattverkrüppelungen, kleinen Blättern und extrem kurzen Internodien (bis hin zu fast nicht mehr sichtbar).
Vorteil: Triazole wirken sehr breit (es gibt kaum eine Pflanze die nicht reagiert) und überwiegend langanhaltend (weniger Behandlungen) und viele sind sehr gut Pflanzenverträglich (kaum mal Verbrennungsschäden auch bei Überdosierung). Caramba bildet bei der Verträglichkeit (unter den zugelassenen/genehmigten Wirkstoffen) bei einigen Pflanzen eine Ausnahme, das liegt aber weniger am Wirkstoff sondern meist an der sehr aggressiven Formulierung des Mittels da es für Raps konzipiert ist.
Nachteil: Triazole verteilen sich ausnahmslos schlecht in der Pflanze und ausschließlich akropetal (also nur von unten nach oben). Das führt dazu, dass Triebe die nicht getroffen werden durchwachsen. Daher ist es sinnvoll öfter und dafür mit geringen Dosierungen zu behandeln.
Bei Hemmstoffen aus der Gruppe der Azole ist es also noch wichtiger als ohnehin, dass man weiss was man tut. Ansonsten gibt es im Idealfall ungleichmäßige Bestände und im schlimmsten fall pflanzen die auch beim Kunden nicht mehr wachsen.
Dann gibt es noch das Daminozid (Wirkstoffgruppe weiss ich gerade nicht), das jeder Zierpflanzer als Alar kennt und das seit ein paar Jahren wieder als Dazide ENHANCE zugelassen ist. Daminozid stand/steht unter dem Verdacht Krebs auslösen zu können, zumindest führte es im Tierversuch zu Tumoren. Diese Ergebnisse sind (angeblich) nicht auf den Menschen übertragbar. Vorsichtshalber gibt es aber weiterhin (wie schon seit etlichen Jahren) ein eingeschränktes Anwendungsverbot welches sagt, dass der Wirkstoff nicht in Kulturen eingesetzt werden darf die als Nahrungsmittel dienen oder zur Herstellung von Nahrungsmitteln. Früher hat man damit nämlich auch Kernobst behandelt um einerseits Schnittarbeiten zu sparen und andererseits den Junifruchtfall zu verhindern, auch Kartoffellaub wurde damit kurz gespritzt.
Vorteile: Dazide verteilt sich sehr gut in der Pflanze, fördert bei vielen Pflanzen die Bestockung (mehr Triebe) und gibt einen sehr gleichmäßigen Pflanzenaufbau. Weiterhin ist es sehr breit wirksam, sehr gut verträglich und die Pflanze sieht auch nach mehrfacher Behandlung normal aus.
Nachteil: Die Blüte verzögert sich, kulturabhängig, um bis zu 3 Wochen und das Zeug ist, im Verhältnis, sauteuer (hohe Aufwandmengen in Verbindung mit einem recht hohen Preis je kg).
Zum Schluss haben wir noch das Prohexadione-Ca im Regalis. Regalis kommt aus dem Obstbau und wird dort einerseits zur Wuchsregulierung von Kernobst eingesetzt und andererseits zur Verhinderung von Sekundärinfektionen mit Feuerbrand. Gegen die Primärinfektion über die Blüte ist Regalis unwirksam, da zu diesem Zeitpunkt nicht genug Balttmasse vorhanden ist um den Wirkstoff aufzunehmen. Regalis wirkt nämlich nicht bakterizid oder bakteriostatisch sondern sorgt dafür, dass der feuerbranderreger nicht infizieren kann durch bestimmte Stoffwechselprodukte die durch die Behandlung nicht abgebaut werden (wenn ich das richtig verstanden habe), ich meine, dass das ein Beispiel für eine "induzierte Resistenz" ist. In Zierpflanzen ist es nach Artikel 52 PflSchG genehmigt, ausser bei rot- und blaublühenden Pflanzen sowie in Ziergehölzen zur vermeidung von Sekundärinfektionen mit Feuerbrand.
Vorteil: Regalis verteilt sich, wenn es denn endlich aufgenommen wurde, sehr gleichmäßig in der Pflanze und fördert bei vielen Pflanzen massiv die Bestockung. Dadurch war es manchmal (bevor dazide wiederkam) die einzige Möglichkeit bei einigen Kulturen schöne Qualitäten zu produzieren. Weiterhin ist es ausgesprochen gut pflanzenverträglich und Pflanzen sehen nach der behandlung weiterhin normal aus. Die Wirkung ist recht lang anhaltend aber auch sicher vorüber gehend.
Nachteile: Regalis greift sehr früh in die Gibberellinsynthese ein und der Baustein den es blockiert wird offenbar auch für die Anthocyansynthese benötigt. Das führt dazu, dass rot zu rosa wird, blau zu hellblau, rosa fast weiss u.s.w. Wenn man also Regalis (entgegen der genehmigung) in rot- und blau blühenden Pflanzen einsetzen will muss die letzte Behandlung etwa 4-6 Woche vor der Blüte erfolgen, sonst gibts beim Kunden Überraschungen....
Weiterhin dringt Regalis seeehr langsam in die Pflanze ein, eine Behandlung muss also bei trübem Wetter oder abends erfolgen, damit die Brühe möglichst langsam antrocknet, durch ansäuern des Wassers mit Zitronensäure oder Ammoniumsulfat lässt sich die Aufnahme etwas beschleunigen.
Es gibt auch noch die Wirkstoffgruppe der Pyrimidine, Beispiele sind Flurprimidol (Topflor) und Ancymidol (Reducymol). In Deutschland war bis vor einigen Jahren Topflor zugelassen, Reducymol gabs mal in den 80ern.
Die Mittel wirkten sehr breit, waren gut verträglich (auch in der Blüte) und hatten, kulturabhängig, eine bemerkenswerte Dauerwirkung. Nachteil: Die Verteilung in der Pflanze war schlecht (s. Triazole) und gerade bei Überdosierung oder Doppelbehandlung war die Wirkung manchmal seeehr endgültig.... Topflor war darüber hinaus der teuerste hemmstoff der jemals auf dem Markt war.
Soviel fürs Erste..... gibts noch Fragen?
Liebe Grüße,
Daniel