Die Entfernung von dicken Ästen an Kastanie, egal ob im oberen oder unteren Kronenraum, führt immer zu größeren Fäulen im Kernholz des Baumes. Daher ist der Erziehungsschnitt der wichtigste Schnitt überhaupt (gilt nicht nur für die Baumart Kastanie). Zum einen wird die Zwieselbildung rechtzeitig vermieden, zum anderen können die Bäume je nach Erfordernis des Standortes aufgeastet werden. Dabei entstehen nur Schnittflächen mit wenigen Zentimeter Durchmesser. Diese werden, wie schon beschrieben, vom Rand her überwallt. Schließlich ist nur das Kambium unterhalb der Baumrinde teilungsfähig und zur Neubildung von Holzzellen in der Lage. Je kleiner die Schnittfläche, umso rascher wird diese überwallt. Je größer die Schnittfläche, umso länger dauert die Überwallung.
Das ungeschützte Holz wird bereits während der Schnittmaßnahme von Pilzsporen besiedelt. Die Besiedelung dauert bis zur vollständigen Überwallung der Schnittfläche an. Diese Pilze dringen in das Holz, meist in das ohnehin aus abgestorbenen Holzzellen bestehende Kernholz ein und breiten sich aus. Diese Pilze bauen die Bestandteile der Holzzellen zur Versorgung des eigenen Organismus ab und es entsteht eine Holzzersetzung, welche allgemein als Fäule bezeichnet wird.
Die Ausbreitung der Fäule verläuft je nach dem Anteil der im Kernholz enthaltenen pilzhemmenden Stoffen recht unterschiedlich. Bei Baumarten mit hohem Anteil an pilzhemmenden Stoffen im Kernholz (z. B. Eiche, Robinie) geht die Ausbreitung der Fäulen im Holz langsamer voran als bei Baumarten mit nur geringen pilzhemmenden Stoffen im Holz. Zu letzteren Baumarten zählt die Kastanie.
Daher werden bei einer fachgerechten Baumpflege wirklich nur Äste bis 5 cm Durchmesser entfernt. Leider denkt (fast) jeder, der eine Motorsäge halten kann, auch Baumpflege durchführen zu können und säbelt lustig was ab. Vorerst führt das auch nicht zu einer Bruchgefahr. Erst nach 10-30 Jahren treten dann Probleme auf.
Wenn man also die Kastanie erhalten möchte, vermeidet man größere Schnittstellen.