Den Landesgartenschaubesuchern darf man wohl folgende Merkmale zuteilen:
1.) Die örtlichen Dauerkartenbesitzer, die „Ihren“ Kurpark als Naherholungsgelände sehen und fast jede Woche einmal durchgehen
2.) Die Besucher, Stadt- und Landmenschen, die nur schöne Blumen sehen wollen und nur diese auch sehen.
3.) Besucher, die Ideen für ihre Gärten daheim suchen und in Gedanken mit heim nehmen wollen
4.) Fachkundige, die jedes Pflänzlein und deren Standortansprüche kennen
5.) Fachkundige, die eine Vorliebe für Gestaltung haben
Wobei es durchaus Leute gibt, die mehrere dieser Merkmale gleichzeitig aufweisen.
Ich zähle nur die Merkmale 1+3+5 zu meinen Eigenheiten.
Leute mit Merkmal 4 erkennen natürlich, daß Hemerocallis im Schatten nicht so schön zur Geltung kommen, wie im Sonnenlicht, bloß ist das Leuten der Kategorien 1, 2 und 3 herzlich wurscht. Und die Taglilien blühen trotzdem, weil sie von alldem nichts wissen. Im „Tagliliengarten“ sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht, sprich es ist eine Ansammlung von Edel-Pralinees. Gesehen, übersehen und abgehakt. Ein schnöder Sichtungsgarten, genauso wie der Hostagarten, ohne Spannung , ohne Kontraste. Im vielgeschmähten „Garten mit tropischen Flair“ blüht derzeit u.a. EINE gelborange Hemerocallis mit drei Blüten, die ein Wahnsinn an Farbe und Substanz ist, hochinteressant neben gelblaubigem geschlitztblättrigem Traubenholunder situiert und diese nur eine Sorte ist dann die herausragende Königin, die für Vieles versöhnt. Da lechzt der Fotograf. Sie ist „das krönende Minzeblatt am Eisparfait“.
Die Pflanzenkombinationen der Christine Orel sind durchaus geil. Krauseliger grüner Blätterkohl neben Coleus, Tagetes, Zinnien und Löwenmäulchen. Ein Stockwerk drüber die rötlichen Rizinuspflanzen oder vorher die hunderte Steppenkerzen. 3 Ebenen: Polsterpflanzen, mittelhohe Pflanzen, hohe Pflanzen. Farbkontraste, Blattkontraste, u.s.w. Durchaus sinnesanregend im öffentlichen Park für Leute des Merkmals 5, aber vermutlich wenig geeignet für die durchschnittlichen und auch für die fachkundigeren Besucher mit dem Merkmal 3. Show as show can. Haute Couture, aber nicht Pret-a-porter.
„dass der Garten mit tropischem Flair soviel Anklang findet, liegt an der Geschmacklosigkeit und Unwissenheit der Leute“Stimmt. Für Leute der Kategorie 4 muß er ein Brechmittel sein. Wie kann man nur Clematis und Dahlien in den staunassen Lehmboden setzen und sie blühen trotzdem. Die Konifere im Vorgarten ist gestalterisch schrecklich und trotzdem bleibt lustigerweise jede zweite Mittsechzigerin verklärt vor ihr stehen (was man beobachten kann, wenn man sich an besucherstarken Tagen auf der originellen roten Bank ausruht). Ein Vorgarten mit nur 5 Arten wäre wirklich stilvoller. Meine Bekannten und Freunde (der Kategorien 1, 2, 3 und 5) und manche Leute, die sich dort im Gästebuch verewigen, sehen ihn trotzdem als schönsten Garten der ganzen Anlage, auch oder deswegen, weil er nicht so „g’schleckt“ ist wie die anderen. Gut daß es verschiedene Geschmäcker gibt, sonst sähe man nur 29 (?) gleiche Gärten. Und so ist für jede(n) was dabei. (Ich tät zumindest nicht jeden, dem dieser Garten gefällt, als „geschmacklos“ und „unwissend“ denunzieren oder will sich da wer dadurch selber höher heben?). Wahrscheinlich liegt es aber nur daran, daß die restlichen Gärten „so schwach“ sind und unter Blinden ist dann eben der Einäugige der König. Mir persönlich gefällt es allerdings auch besser, daß die Hostas dort so dicht gesetzt wurden, daß sie NICHT auseinanderfallen und SCHON IM AUSSTELLUNGSJAHR alles fertig aussieht. Warum soll ich zwei Jahre warten müssen? Nett, daß ich erstemal in meinem Leben gelbblühenden Sommerflieder blühen sah oder Pawpaw entdeckte, ob beide unseren Frösten widerstehen, ist natürlich eine andere Frage. Bei der heidelbeerjoghurtlila Pergola scheiden sich zwar die Geister, Jüngeren gefällt sie besser als Älteren, trotzdem finde ich sie nicht „geschmacklos“. Das, was diesen Garten auszeichnet, ist eben das Nebeneinander, das Gemisch, das dschungelhafte Mischmasch und der geschlossene kleinräumige Raum samt urigem Quellstein. Und daß immer etwas blüht, was man in etlichen anderen Themengärten schmerzlich vermisst. Wenn ich einen Dschungelgarten betrete, möchte ich sogar auf weichem Naturboden oder Rindenmulch gehen (und pfeife auf jedwede Pflasterung. Die Pflasterung dort ist auch noch zuviel). Auch wenn der Boden den tagelangen Regengüssen nicht standhält. Rindenmulch als Weg ist besser, als mit Rindenmulch schüttere Beete zu kaschieren.
„Zugegebenermaßen ist er nett verspielt, doch die Besucher werden anhand mangelnder Aufklärung wegen völlig falscher Pflanzenverwendung in die Irre geleitet.“Soweit ich erfuhr, durften in jedem Themengarten nur 20 Pflanzen beschildert werden und überhaupt KEINE ANDEREN SCHILDER aufgestellt werden, wie sollte so Aufklärung funktionieren? Die Beschilderung der Schaugärten und der ganzen Schau ist sowieso ein Schmarrn. Sind die dunkellaubigen Pennisetum in den Prachtbeeten winterhart ? Die Infotafeln schweigen sich aus. (Bei einer Sonnenuhr gab es auch einmal grünweiße Grünlilien-Zimmerpflanzen ausgepflanzt als Umrandung. Sah wirklich toll aus. Nach dem letzten Spätfrost mussten die kümmerlichen Reste schnell ersetzt werden). Warum erklären keine Tafeln, warum Farbkontraste in den Beeten gemacht wurden, was die Gestaltungsfeinheiten des „Garten der Geheimnisse“ sind, wie tief ein Schwimmteich sein soll oder wie Gestaltungen für den Hausgebrauch machbar sind? Eine Schau nur zum Blumen schauen?
Das Thema „Hortensien“ wurde dem ausführenden Gestalter des Hortensiengartens aufgedrückt. Natürlich hätte er noch mehr draus machen können, als den Parkbehübschungskegel zur neuen Sinneswahrnehmung. Die rund 200 Fingerhüte, die im Juni dort um die Wette dufteten, haben für mich ein bisschen zur Versöhnung beigetragen. Ein einzelner Fingerhut duftet sehr schwach, aber die Masse hat’s wirklich gebracht!
„Dass man die 29 Themengärten nicht findet, da bist du selbst schuld, wenn du keine Flyer oder Hinweisschilder beachtest.“Tja, wo präsentieren denn wirklich „die Oberösterreichischen Gemüsebauern besondere und alte Gemüsesorten? Nur im GEMÜSEGARTEN auf der Homepage, aber nicht am Papierfaltplan und auch nicht im Kurparkgelände. Tät mich auch interessieren, wo „Steinobjekte und Skulpturen“ im STEINGARTEN in Verbindung mit Gräsern und Kiesflächen als Beispiel für die Vielfalt an Verwendungsmöglichkeiten heimischer Steinmaterialien“ gezeigt werden? Wieder nur auf der Homepage, aber nicht am Papierfaltplan und auch nicht im Kurparkgelände. Vielleicht bin ich zu anspruchsvoll, weil ich mir unter einen „Garten“ was anderes vorstelle, als ein paar behübschende Staudenbeete unter Schattenbäumen („Kirchengarten“, „Stiftergarten“) oder 20 bepflanzte Kugelgriller (!), die per Wortspende zum „Grillgarten“ geadelt werden.
Damit der Thread noch nicht endet: Was Sarastro unter „Pepp“ und „richtiger Pflanzenverwendung“ oder überhaupt „Gestaltung“ versteht und wo er alles im Kurpark Bad Hall findet, tät mich gern einmal interessieren.