Ein in den letzten Jahren viel diskutierter Bereich von Chemikalienwirkungen sind die so genannten endokrinen Wirkungen. Damit bezeichnet man Wirkungen von Chemikalien auf das Hormonsystem. Manche Stoffe können eine hormonähnliche Wirkung entfalten, andere können die Wirkung von Hormonen hemmen. Oft werden auch bei de Wirkungen beschrieben.
Stoffe, die den Hormonhaushalt durcheinander bringen können, werden meist als "endokrine Disruptoren" bezeichnet.
Eine Substanz, die da inzwischen in der Bewertung fast schon Kultstatus erreicht hat, ist das Bisphenol A, ein Stoff, aus dem bestimmte Kunststoffe hergestellt werden, unter Anderem für Getränkeflaschen.
Eine Stoffgruppe, in der vielen Vertretern diese Wirkungen zugeschrieben werden, sind die Phthalate, die als Weichmacher in Kunststoff dienen.
Weniger bekannt ist heutzutage, dass es eine natürliche Stoffgruppe gibt, die in Pflanzen sehr häufig vorkommt und die Schildrüsenfunktion beeinträchtigen kann: die Glucosinolate. Aus diesen werden in der Pflanze bei der Verarbeitung und nach dem Essen im Darm verschiedene Abbauprodukte wie Thiocyanate und Oxazolidinthione, die den Jodstoffwechsel der Schilddrüse stören und die Bildung von Schilddrüsenhormonen hemmen.
Diese Stoffe kommen in unseren Breiten vor allem in der Familie der Kohlgewächse (Kreuzblütler, Brassicaceae) vor. Bei längerem hohem Konsum von Kohl kommt es zur Bildung eines Kropfs und zur Unterfunktion der Schilddrüse.
Auch in Milch von Kühen, die mit dem Futter viel Glucosinolate aufnehmen, wurden solche Oxazolidinthione gefunden, und zwar in solchen Konzentrationen, dass mit dieser Milch bei Ratten Kropfbildung ausgelöst wird. Epidemiologische Untersuchungen im letzten Jahrhundert ergaben, dass in Ländern wie Finnland, wo sehr viel Kohl verzehrt wurde und die Kühe viel Futter bekamen, dass viel Kreuzblütler enthielt, Kropfbildung häufiger zu verzeichnen ist als in anderen Ländern.
Wegen dieser schädlichen Wirkung der Glucosinolate hat man - mit Erfolg - Futterpflanzen gezüchtet, die wenig oder keine Glucosinolate enthalten (der bekannte Doppelnullraps z.B.).
Für einen besonders wirksamen Vertreter dieser Stoffgruppe, das Vinyloxazolidinthion, sind Höchstmengen in Futtermitteln festgelegt.
Da wir uns heute recht abwechslungsreich ernähren und nicht wie in Notzeiten früher üblich viel Kohl essen, kommt Kropfbildung und Schilddrüsenunterfunktion infolge des Verzehrs von Kohl hierzulande kaum noch vor.