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Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten? (Gelesen 7297 mal)

Natur und Umwelt erleben und schützen
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lerchenzorn
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Re: Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten?

lerchenzorn » Antwort #10 am:

Ja, die Samenbank ist ein wichtiger Punkt. Verlassen kann man sich aber nicht darauf. Wenn es um wirklichwichtige Populationen / Arten geht, von denen nur noch geringe Reste vorhanden sind,lässt sich nur schützen, was man noch sehen und "fassen" kann. Ein anderes Beispiel, in dem der frühe Export nach Europa heute der Grund ist, dass wir überhauptnoch etwas von der Pflanze haben, ist Scilla amoena. In der vermuteten Heimatist die Pflanze nicht mehr zu finden - was nicht heißt, dass sie in einem vielleicht sehr kleinenGebiet der Türkei doch noch existieren kann - wie vielleicht auch Tulipa sprengeri. Abersie ist nicht greifbar. Die verwilderten Vorkommen sind also die einzigen, die sich greifen und wirksam schützen lassen.Die spannende Geschichte hat Franz Speta aufgeschrieben, soweit er sie aus dem Aktenstaub heben konnte.In den letzten Jahren sind mehr Rest-Vorkommen von Scilla amoena in deutschen Parkanlagen und vor allem auf Friedhöfen gefunden worden, als zu vermuten war. In den meisten Fällen beobachte ich aber, dass die Pflanzen sich in letzte Ecken drängen, in denen sie nicht der fast immer zu frühen Mahd zum Opfer fallen.An meinen eigenen paar Pflanzen und einer größeren Aussaat von Staudo überraschen mich die sehr langsameEntwicklung der Sämlinge und der geringe vegetative Zuwachs der alten Pflanzen.
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pearl
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Re: Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten?

pearl » Antwort #11 am:

beide Pflanzen sind offenbar an sehr nährstoffarme Situationen in wenig Konkurrenz aufweisenden Regionen angepasst. Die vegetative Fortpflanzung ist evolutionsbiologisch gesehen nur erfolgversprechend, wenn reichlich von allem da ist. Wenigstens zu bestimmten Zeiten. Ich kann mir vorstellen, dass beide in entlegenen Regionen noch Restvorkommen haben. Nach den ökologischen Daten wahrscheinlich küstennahe Bergregionen.
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sarastro

Re: Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten?

sarastro » Antwort #12 am:

Am botanischen Garten Wien bemühen sich die Leute, Dracocephalum austriacum am Hundsheimer Berg wiederanzusiedeln. Allein die Vermehrung war anscheinend nicht sehr erfolgversprechend. Dabei kenne ich einen tschechischen Kollegen, der diese heikle Art aus Samen erfolgreich heranzieht, die er in Mähren sammelte. Luftlinie geschätzte 70 km weiter wächst der Österreichische Drachenkopf nämlich in größerer Zahl. Warum nimmt man nicht dort einfach Samen? Ob da genetisch soo ein riesen Unterschied ist, wage ich zu bezweifeln. Vielleicht ist dies aber auch eine diletantische Vorstellung von mir und man will Originalsaatgut genau von den wenigen Restpflanzen des Hundsheimer Berges. Aber wenn die einfach nicht keimen wollen? Vegetativ zu vermehren finde ich nicht zielführend.
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Mediterraneus
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Re: Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten?

Mediterraneus » Antwort #13 am:

Ich hab letztes Frühjahr eine Magerwiese außerhalb des Ortes mit Primula veris "geimpft" (einige Pflanzen dort gesetzt).Am ursprünglichen Standort der Himmelsschlüssel wurde eine Straße gebaut. Ich bin gespannt, ob dieses "Starterset" erfolgreich sein wird und ich die Pflanzen letztendlich gerettet hab.
LG aus dem südlichen Main-Viereck
Mediterraneus

Andere haben schließlich auch irgendeine Ahnung
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lerchenzorn
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Re: Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten?

lerchenzorn » Antwort #14 am:

Linnaea borealis an einer der in den 1980er Jahren angelegten Umsiedlungen. Ich hatte diese Stelle schon aufgegeben,weil ein benachbarter Fleck im Kahlschlag verbrannt war. Etwas mehr als 5 qm sind von den Trieben überzogen.
BildBild
Der damalige Kahlschlag, wenig entfernt, wurde offenbar sich selbst überlassen und ist jetzt ein reines Laubgehölz. Vom ehemaligen Kiefern-Mischwald zeugen nur noch die herausgeschnittenen Harzungs-Blöcke. Als geglückten Waldumbau mag ich das dennoch nicht sehen - die Krautschicht existiert nicht mehr, ist in der Laubstreu erstickt.Bild
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pearl
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Re: Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten?

pearl » Antwort #15 am:

In der hardcore Naturschutzszene hörte ich immer dieses abfällige "Ansalbung". Meist von alten Männern, die noch an der Front waren.
heute habe ich eine PM mit diesem Zitat von mir bekommen. Eine Rüge. Aktuell gibt es zu dem Thema Naturschutz und Nazizeit einen guten Artikel in ZEIT ONLINE. Bäume für Auschwitz.Um Missverständnissen vorzubeugen: ich habe nichts gegen Naturschutz. Aber bin auch nicht gegen Windräder. Und ich bin nicht dafür "nur einheimische Stauden und Gehölze" zu pflanzen. Die Ansiedlung von Pflanzen in der Landschaft befürworte ich, wenn die Pflanzen an den Standort passen und einen wesentlichen Beitrag zur Artenvielfalt leisten und die Differenziertheit des Lebensraums erhöhen.
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agarökonom
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Re: Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten?

agarökonom » Antwort #16 am:

Ich hatte mal angeboten Pflänzchen aus Samen Brandenburger Provenienz die bei mir extrem gut gekeimt haben und gediehen sind wieder auszubringen , zumal die Art (Myrica gale ) in Brandenburg nur noch an zwei Stellen nachweisbar war . Naja , ich hätte den Gentest bezahlen sollen um aussterbende Pflanzen wieder auszubringen .... also Kompost und gut ist :'( . Tut mir heute noch leid .
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pearl
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Re: Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten?

pearl » Antwort #17 am:

da laden Leute ohne mit der Wimper zu zucken ihre Gartenabfälle im Wald ab, da werden Flächen enormen Ausmaßes der Natur entrissen und zu Gewerbegebieten oder zu Bauland ... Aber ein paar Pflänzchen einer fast ausgelöschten Spezies werden quasi als "Gift" angesehen. Da hilft nur Guerillagardening! Also, nur Mut! ;D
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Re: Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten?

lerchenzorn » Antwort #18 am:

Das Problem, das ich beim Wiederansiedeln des Gagelstrauches in Brandenburg vor allem sehe,sind die nicht mehr verfügbaren Standorte. Die größten Verluste sind durch den Braunkohlentagebauentstanden und die Wuchsplätze unwiederbringlich verloren. Ob sich in den Folgelandschaften jemalsgeeignete Bedingungen bilden werden, ist sehr ungewiss. An den sehr wenigen Stellen, an denen er heute noch vorkommt, geht es ihm gar nicht so schlecht.Die Pflanzen einfach in irgend ein anderes Moor zu setzen, in dem die Art bisher nicht vorkommt,kann schief gehen. Für das Moor - Myrica gale ist ein Stickstoffsammler, der angeblich bis zu 35 Kg N pro Jahr und Hektar aus der Luft binden kann.
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Nebelgeist
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Re: Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten?

Nebelgeist » Antwort #19 am:

Hier gab es mal ein schönes Projekt.https://www.umweltdaten.landsh.de/nuis/ ... lanzen.pdf
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Re: Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten?

Cryptomeria » Antwort #20 am:

Bei uns hier oben im Norden gibt es auch gute Projekte dazu:www.bluetenmeer2020.de und www.stiftungsland.deVG Wolfgang
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Waldmeisterin
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Re: Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten?

Waldmeisterin » Antwort #21 am:

In der hardcore Naturschutzszene hörte ich immer dieses abfällige "Ansalbung". Meist von alten Männern, die noch an der Front waren. Nie konnte ich begreifen, was dagegen spricht unsere Nutzwälder und Kulturlandschaften etwas reichhaltiger zu gestalten. Wenn die Douglasie darf, dann darf auch der Blut-Storchschnabel.
Liegt vielleicht auch an wenig daran, dass vielfach einfach nicht wahrgenommen wird, dass wir größtenteils in einer Kulturlandschaft leben? Wald wird als Wald wahrgenommen, das aber die Holzplantagen kein Urwald mehr sind nicht.
Mein großartiger Botaniklehrer Peter Gutte hat sich ganz sicher nicht der Illusion hingegeben, dass das Oberholz hier bei Leipzig irgendetwas mit dem ursprünglichen Wald zu tun hat. Und von ihm habe ich auch gelernt, dass unsere Kulturlandschaft erst eine solche Artenvielfalt ermöglicht hat. Dennoch war er gar nicht angetan von den "Ansalbungen" eines anderen Pflanzenfreunds, ich glaube, es ging um Polemonium caeruleum.Viel spannender fand er, wie sich die verschiedenen Arten ohne menschliches Zutun ihren Lebensraum erobern, wie sich Lebensräume entwickeln, etwa Kupferblümchen auf Abraumhalden im Mansfelder Land, salzliebende Arten an gestreuten Straßen oder auch Neophyten, die sich ohne groß Schaden anzurichten ihr Nische gesucht haben (da war irgendeine nordamerikanisch Minisegge, die auf dem Forstweg wuchs).Ausnahmen waren natürlich seine "Hauptfeinde", etwa späte Traubenkirsche, Staudenknöterich oder Herkulesstaude. Das war Anfang der Neunziger, als Reynoutria noch in den Gartenmärkten verkauft wurde ::)
Patriotismus ist auf Kartografie und Zufall basierende Esoterik.
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pearl
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Re: Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten?

pearl » Antwort #22 am:

drei sehr schöne links, von Nebelgeist und Cryptomeria. Ja Schleswig-Holstein, die haben einen guten Umweltminister und da sind vernünftige Leute! Das Landfrauenprojekt finde ich ganz besonders gut, weil Arterhaltung und Biodiversität sich in die Fläche ausbreiten muss. Der Text betont aber auch, dass es etwas in dieser Art zwar überall in der Welt gibt, nur eben in Deutschland nicht, da steht Schleswig-Holstein vorbildlich aber ziemlich alleine da.
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Re: Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten?

Cryptomeria » Antwort #23 am:

OT:Ich befürchte allerdings , dass uns leider unser Umweltminister Habeck bald in Richtung Berlin verlassen wird.Das wäre jammerschade ( für SH ).VG Wolfgang
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pearl
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Re: Wiederansiedelung von Pflanzen an natürlichen Standorten?

pearl » Antwort #24 am:

absolut! Vielleicht macht er aber in Berlin auch gute Sachen und wir profitieren alle von dem guten Mann!
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