Willkommen, Gast. Bitte loggen sie sich ein oder registrieren sie sich.
News: Manche denken gern, manche schreiben gern. Leider sind es nicht immer dieselben Leute. :-X :-X :-X (Callis)
Willkommen, Gast. Bitte loggen sie sich ein oder registrieren sie sich.
24. April 2024, 20:28:25
Erweiterte Suche  
News: Manche denken gern, manche schreiben gern. Leider sind es nicht immer dieselben Leute. :-X :-X :-X (Callis)

Neuigkeiten:

|8|10|Bei mir auf der Terasse gibt es statt Sichtachsen Sichtastern. (Gänselieschen)

Seiten: 1 [2] 3   nach unten

Autor Thema: Wintersonnenwende - Fakten und Glauben  (Gelesen 17082 mal)

Silvia

  • Master Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 5373
Re:Wintersonnenwende
« Antwort #15 am: 31. Dezember 2004, 14:10:35 »

Deshalb plädiere ich nur für Genauigkeit.

Wolfgang, das hört sich so an, als hätten sich die Nazis das alles ausgedacht oder die Christen hätten diese ganzen Bräuche erfunden. Das kann einfach nicht sein. Schon zur Bronzezeit pflegten die Menschen in Germanien einen Sonnenkult, wie Funde belegen, z.B. der Sonnenwagen von Trundholm oder Felsenmalereien aus dieser Zeit in Schweden. Leider wissen wir über die Germanen nur das, was die Römer aufschrieben. Später kam die Edda, aber da hatte die Zwangschristianisierung schon stattgefunden.

Meinst du jetzt, diese ganzen beschriebenen Bräuche sind alle erst mit dem Christentum entstanden, die 'Heiden' hätten ihre ganze Geschichte beiseite gepackt und nur noch so genannte christliche Werte angenommen oder sich etwas Neues ausgedacht und vorher war gar nichts? Das kann ich mir nicht vorstellen. Es waren doch eine lange Zeit die selben Menschen, die zum Großteil noch nicht einmal freiwillig einen anderen Glauben annehmen mussten. Warum gab es denn so lange Hexenprozesse? Auch in den christlichen Ländern haben sich bis heute immer noch heidnische Bräuche und Aberglauben erhalten, auch wenn das den Kirchenvertretern nicht gefällt, z.B. Kartenlesen, Handlesen, Horoskope etc.

Es kam die Tage auf Arte eine interessante Sendung über Weihnachten und auch über die Raunächte und die Julbräuche. Das Wort Jul kommt wahrscheinlich aus dem Altnordischen von jol und bezeichnet den Ort, an dem die Feier zur Wintersonnenwende stattfindet. Das ist interessant. Bisher fand ich nur die Übersetzung 'Rad'. Auch dort wurde ein Zusammenhang vom Zeitpunkt des Weihnachtsfestes zu den Bräuchen von Germanen und Kelten hergestellt. Dass die Redakteure sich nun auf NS-Schriften gestützt haben, wage ich doch zu bezeifeln, da es zum Großteil Franzosen sind. ;)

Hier einmal etwas Interessantes zu den Raunächten.

Aber sei es drum: Was die Genauigkeit von Überlieferungen angeht, gerade auch die Frage nach 'Henne und Ei' werden wir wohl nie richtig beantworten können. Man sollte jedenfalls die Rolle der Nazis nicht überbewerten. Alte Oster- und Weihnachtsbräuche sind in Stadtgeschichten schnell herauszufinden. Die Osterräder in Lügde gibt es laut Stadtchronik jedenfalls schon ziemlich lange. Das hat mit den Nazis nichts zu tun und eine Entstehung aus dem Christentum ist ebenfalls nicht belegt. Mir verschlösse sich auch der christliche Sinn, muss ich zugeben. Aber das heißt natürlich nichts. ;)

LG Silvia
« Letzte Änderung: 31. Dezember 2004, 16:38:49 von Silvia »
Gespeichert
Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.

Feder

  • Master Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 4045
  • Liebe Grüsse Maria
Re:Wintersonnenwende
« Antwort #16 am: 03. Januar 2005, 15:12:58 »

Die Verwendung von Feuer in Zeremonien geht sicher bis in die Steinzeit zurück. Natürlich haben sich Rituale in verschiedenste Richtungen entwickelt, veränderten sich im Laufe der Jahrtausende und sind häufig auch in Religionen eingebaut worden, weil sie nicht "auszurotten" waren, wie z.B.die Osterfeuer in der katholischen Kirche.
Es wäre doch sehr schade, wenn die negativ besetzte Instrumentalisierung von Feuerriten in der jüngsten! Geschichte dazu führt, auf Feiern mit dem Element Feuer zu verzichten.
Gerade der an Naturerlebnissen verarmte Stadtmensch benötigt sehr dringend solch ursprüngliche Erlebnisse, insbesondere auch Kinder. Nicht umsonst gibt es einen starken Trend zum Kachelofen, Schwedenofen, Tischfeuer...
Gespeichert
Das Natürliche bleibt immer gleich. Das Normale ändert sich alle 100 km oder alle paar Jahre.
  Pat Parelli

Wolfgang

  • Senior Member
  • ****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 897
  • Too much cogito, not enough sum
Re:Wintersonnenwende
« Antwort #17 am: 04. Januar 2005, 18:16:11 »

Tischfeuer? Nicht -werk?
Bräuche sind in der Tat etwas Lebendiges und immer in Entwicklung. Feuersymbolik gibt es in allen mir bekannten Religionen, auch im jüdisch-christlichen Kontext (Gott spricht aus dem brennenden Busch, als Feuersäule führt er sein Volk in das gelobte Land, später zeigt sich der Heilige Geist in Feuerflammen ...). Es ergibt deshalb wenig Sinn, sie für eine bestimmte Religion zu vereinnahmen.
Bis ins 19. Jahrhundert, Silvia, kenne ich auch keine Quelle, die sie als heidnisch oder germanisch bezeichnet. Bis dahin wurden in fröhlichster christlicher Eintracht Freuden-, Ernte- und andere Feuer entzündet, übersprungen, verteilt, gerollt und wieder gelöscht. In unseren Breiten sind alle Bräuche durch eine tausendjährige christliche Waschmaschine gegangen, und es ist schwer vorstellbar, dass ein heidnisches Stöffchen da nicht ausgefärbt, eingelaufen oder aus der Form geraten wäre. Sprich: Es hätte jemand diese Bräuche samt ihrem religiösen Substrat gegen die Dominanz der Kirche behaupten müssen. Davon ist in der ganzen Neuzeit aber nichts bekannt.
Die Hexenverfolgungen lasse ich mal beiseite, sie waren fürchterlich, aber haben mit "germanischer" Religion nichts zu tun.
Erst seit der Zeit, in der auch die Wagneropern entstanden, kommt die neue Etymologie auf. Mit deutlich antijüdischen und antichristlichen Obertönen. So wurde sie auch zu einem ideologischen Quellstrom der Nazis (die haben, Günther, fleißig kompiliert, so wie Wagner, aber sehr interessegeleitet). Und wie jede totalitäre Ideologie im Kampf um die Herzen weltanschauliche Gegenkulturen entwickelte (in christlich geprägten Regionen besonders zu Weihnachten), griffen auch die Nazis zu, deuteten kräftig um und lieferten "Beweise" etwa für die Behauptung, im nordischen Begriff "Jul" für Weihnachten stecke ein vorchristlicher Ursprung (die andere Herleitung, Silvia, würde mich interessieren, insbesondere, wie weit sie sich zurückverfolgen lässt), und sie interpretierten zB die Weihnachtskerzen zu einem "germanischen" Julleuchter um und machten ihn zu einem Standard-Geschenk bei der SS (in den letzten Jahren gab es ihn übrigens im originalen Design wieder zu kaufen) und entwarfen Anleitungen zur Feier des Julfestes (die in neueren Büchern wieder nachzulesen sind, ohne Quellenangabe). Die nordische Herrenrasse brauchte eine neue, stramme Kultur, nicht diese von einem weichlichen, verschlagenen und krummnasigen Juden erdachte Lehre von Mitleid und Erbarmen.
Das in der Brauchtumsforschung bekannte Germanensyndrom blieb und trägt dazu bei, eine Alternative zum irgendwie als überlebt, repressiv, vergangen und jedenfalls nicht gerade attraktiv empfundenen „christlich“ geprägten Kult zu behaupten. Es ist deshalb auch prickelnder, in Lügde einen "heidnisch- germanischen Sonnenkult" als wahrscheinlich hinzustellen, als zu sagen, das sei schlicht ein alter Brauch. Der Rest übrigens, der da auf der Internetseite steht, ist unendlich dilettantisch.
Die einzelnen Bräuche sind harmlos, aber das Ganze ist wegen seiner Quellen halt sehr nah dran. Deshalb finde ich gut, wenn man es weiß.
« Letzte Änderung: 04. Januar 2005, 18:31:48 von Wolfgang »
Gespeichert

Silvia

  • Master Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 5373
Re:Wintersonnenwende
« Antwort #18 am: 04. Januar 2005, 19:25:21 »

Was hast du denn immerzu mit den Nazis? Sicher haben sie die Germanen für sich missbraucht. Das bestreitet doch keiner und das haben wir jetzt sicherlich alle verstanden! ::)
Aber dafür können doch die Germanen nichts!

Eine Erklärung zu Jul findest du auch im etymologischen Duden. Dort kommt es aus dem altgermanischen und bezeichnet die Zeit, an der das Mittwinterfest gefeiert wird. Woher die Redakteure von Arte ihre Definition herhaben, musst du sie selber fragen. Irgendwie habe ich 'isländisch' im Ohr. Wenn du aber schreibst, dass du Quellen aus dem 18. Jh. kennst, kann es zumindest nichts Nazipropagandistisches sein.

Ich halte es nicht für richtig, alle Quellen als falsch abzutun oder jetzt die Beschreibung der Lügder Stadtgeschichte als dilettantisch hinzustellen, nur weil es vielleicht nicht passt. Wenn es, wie du sagst, keine Belege dafür gibt, dass diese Bräuche aus dem Heidentum kommen, so gibt es ebenso keine Belege dafür, dass sie aus dem Christentum kommen. Vielleicht kommen diese Geschichten auch aus einem kulturellen Gedächtnis und wurden vielleicht gerade im hohen Norden, fernab vom Lesen und vom Schreiben, durch Überlieferung weitergegeben wie ein Großteil tradierter Werte überhaupt.

Dass sich zu Zeiten der Zwangschristianisierung hier im Norden die Bräuche gerade zu Beginn 'fröhlich' gemischt haben, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Dazu war unter Karl dem Großen und auch später viel zu viel Gewalt und Unfreiwilligkeit im Spiel. Und nicht ohne Grund ist sowas wie die 'kirchliche Inquisition' geschaffen worden, die gegen alles und jeden vorging, der nicht 'christlich' erschien oder der sonst irgendwie nicht passte.

Ob Kerzen nun ein heidnisches oder ein christliches Symbol sind - nun ja. Ich glaube, sie sind gar kein Symbol, sondern man hat sie deshalb angezündet, weil es dunkel war und man nichts anderes hatte; wenn schon symbolisch, dann die Farbe Rot für Christi Blut. Den ersten Adventskranz soll sich in den 20er Jahren des 20. Jh. ein Hamburger Pfarrer gebastelt haben.

Vielleicht haben hier im (hohen) Norden, weit weg von Rom und die meisten sehr wenig katholisch, im Angesicht der Brockenhexen, weiter nördlich zur Zeit der Tag in fortwährende Dunkelheit getaucht, im Stillen doch mehr Heiden überlebt als man denkt. Aber wer weiß! Ich schätze mal, niemand. Denn es heißt Glauben - und nicht Wissen! ;)

LG Silvia
« Letzte Änderung: 04. Januar 2005, 19:37:41 von Silvia »
Gespeichert
Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.

Günther

  • Gast
Re:Wintersonnenwende
« Antwort #19 am: 04. Januar 2005, 19:32:57 »

Bis ins 19. Jahrhundert, Silvia, kenne ich auch keine Quelle, die sie als heidnisch oder germanisch bezeichnet. Bis dahin wurden in fröhlichster christlicher Eintracht Freuden-, Ernte- und andere Feuer entzündet, übersprungen, verteilt, gerollt und wieder gelöscht. In unseren Breiten sind alle Bräuche durch eine tausendjährige christliche Waschmaschine gegangen, und es ist schwer vorstellbar, dass ein heidnisches Stöffchen da nicht ausgefärbt, eingelaufen oder aus der Form geraten wäre. Sprich: Es hätte jemand diese Bräuche samt ihrem religiösen Substrat gegen die Dominanz der Kirche behaupten müssen. Davon ist in der ganzen Neuzeit aber nichts bekannt.

Deine Ausführungen hören sich so an, als ob es nur christliche Feuerbräuche gegeben habe und eine Rückführung auf "angeblich" vorchristliche Bräuche erst in der späten Neuzeit von bestimmter Seite erfolgt wäre.
Nun kennt weder das AT noch das NT irgendwelche auch nur entfernt ähnlichen Feuerbräuche, die christlichen Sitten sind also offenkundig auf vorchristlichen Usus aufgesetzt und haben den Ursprung gänzlich zugedeckt.
Daß das in den letzten, sagen wir, 150 Jahren, und vorzüglich in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts sehr eindeutig mit bestimmter Absicht wieder quasi "rückgedeutet" wurde, ist kein Argument gegen vorchristlich-"heidnische" Ursprünge.
Gespeichert

Wolfgang

  • Senior Member
  • ****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 897
  • Too much cogito, not enough sum
Re:Wintersonnenwende
« Antwort #20 am: 04. Januar 2005, 21:20:05 »

Aber was folgt daraus, wenn eine Kultur einen Brauch, den sie vielleicht schon kannte (die Missionare in Deutschland kamen aus Irland und Schottland) und entweder mitbrachte oder adaptierte oder Beides und ihn weiter entwickelte? Wer sagt, dass, wenn es so war, die "Germanen" nichts übernommen haben? Wir sind mitten in der blühendsten Spekulation.
Die tausendjährige Brauchtumspflege innerhalb der christlichen Tradition (ich bin etwas vorsichtig mit dem Begriff "christliche Bräuche") und in Übereinstimmung damit ist bestens bezeugt. Aber gerade diese Übereinstimmung wird durch die germanische Etymologie in Frage gestellt. (Bräuche in christlichen Kulturen müssen nicht im AT oder NT belegt sein; dort gibt es zB auch keine Heiligen Drei Könige, und trotzdem strotzt das Erzbistum Köln vor bestimmt nicht heidnischen Dreikönigsbräuchen). Meine Zunft nennt diese Regermanisierung deshalb eine Projektion.
Silvia, ich will Dich (fast) gar nicht weiter nerven. Aber gerade im hohen Norden war 700 Jahre lang die Kirche aktiv, die man danach katholisch nannte.
Und wenn die Lügder Stadtchronik den Brand des Lorscher Klosters zu den Vorläufern der Feuerräder zählt ...
Der Adventskranz wurde 1839 von Johann Hinrich Wichern im Rauhen Haus erdacht, indem er einen hölzernen Radleuchter mit Tannengrün umwickeln und 23 Kerzen darauf stellen ließ (klingt alles irgendwie heidnisch), aber das nur, damit die schwer erziehbaren Jungs still waren, um seiner Andacht zu lauschen.
Zur Jul-Duden-Etymologie sage ich nichts. Du müsstest es mir glauben, und das tust Du nicht. :-X
« Letzte Änderung: 04. Januar 2005, 21:22:43 von Wolfgang »
Gespeichert

Günther

  • Gast
Re:Wintersonnenwende
« Antwort #21 am: 04. Januar 2005, 21:49:23 »

Die tausendjährige Brauchtumspflege innerhalb der christlichen Tradition (ich bin etwas vorsichtig mit dem Begriff "christliche Bräuche") und in Übereinstimmung damit ist bestens bezeugt. Aber gerade diese Übereinstimmung wird durch die germanische Etymologie in Frage gestellt. (Bräuche in christlichen Kulturen müssen nicht im AT oder NT belegt sein; dort gibt es zB auch keine Heiligen Drei Könige, und trotzdem strotzt das Erzbistum Köln vor bestimmt nicht heidnischen Dreikönigsbräuchen).

Wer behauptet, daß die Dreikönigsbräuche nicht ursprünglich heidnisch sind? Ursprünglich christlich sind sie doch wohl nicht.
Viele "christlichen" Bräuche sind übermäntelte unchristliche Bräuche, was folgert daraus?
Zu "Jul":
Aus dem eher nicht Nazi-verdächtigen "Websters Third New International Dictionary ...":
yule fr. OE geol; akin to OE geola December or January, ON jol heathen winter feast, yule, Christmas, ylir month ending near the winter solstice, Goth jiuleis (in fruma jiuleis November) ....
Gespeichert

Feder

  • Master Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 4045
  • Liebe Grüsse Maria
Re:Wintersonnenwende
« Antwort #22 am: 04. Januar 2005, 22:08:48 »

Aber was folgt daraus, wenn eine Kultur einen Brauch, den sie vielleicht schon kannte (die Missionare in Deutschland kamen aus Irland und Schottland) und entweder mitbrachte oder adaptierte oder Beides und ihn weiter entwickelte? Wer sagt, dass, wenn es so war, die "Germanen" nichts übernommen haben? Wir sind mitten in der blühendsten Spekulation.
Es folgt daraus, dass Bräuche sich wandeln und weiterentwickeln. Wo ist das Problem? Muss der Ursprung eines Brauches wirklich in einem gescheiten Buch verbrieft werden? Ja kann er das überhaupt? Gelegentlich vielleicht, aber sicher nicht immer.
Gespeichert
Das Natürliche bleibt immer gleich. Das Normale ändert sich alle 100 km oder alle paar Jahre.
  Pat Parelli

Günther

  • Gast
Re:Wintersonnenwende
« Antwort #23 am: 04. Januar 2005, 22:16:25 »

Dazu aus nicht-deutschen Quellen:

http://da.wikipedia.org/wiki/Jul

http://sv.wikipedia.org/wiki/Jul

http://nn.wikipedia.org/wiki/Jul

http://en.wikipedia.org/wiki/Yule

Natürlich ist wikipedia auch nicht die alleinseligmachende Bibel ;D
Gespeichert

Silvia

  • Master Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 5373
Re:Wintersonnenwende
« Antwort #24 am: 04. Januar 2005, 22:25:05 »


Silvia, ich will Dich (fast) gar nicht weiter nerven. Aber gerade im hohen Norden war 700 Jahre lang die Kirche aktiv, die man danach katholisch nannte.
Und wenn die Lügder Stadtchronik den Brand des Lorscher Klosters zu den Vorläufern der Feuerräder zählt ...
Der Adventskranz wurde 1839 von Johann Hinrich Wichern im Rauhen Haus erdacht, indem er einen hölzernen Radleuchter mit Tannengrün umwickeln und 23 Kerzen darauf stellen ließ (klingt alles irgendwie heidnisch), aber das nur, damit die schwer erziehbaren Jungs still waren, um seiner Andacht zu lauschen.


Stimmt, so war das mit dem Adventskranz. Ich habe es letztes Jahr selber noch geschrieben. ;)

Die Osterräder in Lügde finden erstmals Erwähnung, als Karl der Große der Gegend einen Besuch abstattete. Meinst du, nun waren alle so begeistert, dass sie jetzt Christen sein durften, dass sie gleich die Osterräder erfanden? Hm. ::)
Leider musste aber gerade in dieser Region die Inquisition besonders aufräumen und besonders die Stadt Lemgo erreichte noch Jahrhunderte später traurige Berühmtheit unter Bürgermeister Hermann Cothmann mit dem unschönen Beinamen 'Hexenbürgermeister', der gleich in seinem 1. Amtsjahr ich glaube 37 Todesurteile aussprach.

Zweifellos haben sich päpstliche Legate in den hohen Norden aufgemacht und ihre Lehre verkündet. Aber noch um 900 nach Christus war z.B. Haithabu vor allem heidnisch, um nur mal einen Ort herauszugreifen. Das ist ja nicht gerade am Ende der Welt. Erst ca. 865 n. Chr., als Erzbischof Ansgar, der die Missionierung maßgeblich mit vorantrieb, starb, war gerade mal die Grundlage in Dänemark und Skandinavien für das Christentum geschaffen. Mit einem Wusch hat sich das Christentum dann auch nicht ausgebreitet. Noch 965 beschrieb At Tartuschi, ein muslimischer Händler, die meisten Bewohner Haithabus "als Siriusanbeter", also Heiden. Da war es sogar schon Bischofssitz. ;)

Deute ich es richtig, dass du meinst, die Etymologen der Duden-Redaktion seien alle unwissende Sprachwissenschaftler? Ohoh, lass sie das mal nicht hören. ;)

LG Silvia

« Letzte Änderung: 04. Januar 2005, 22:41:49 von Silvia »
Gespeichert
Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.

fisalis

  • Gast
Re:Wintersonnenwende
« Antwort #25 am: 05. Januar 2005, 08:18:46 »

Mal abgesehen von allen Traditionen und ihrer Einspannung und Beugung für ideologische Zwecke: Grad für uns Gärtner ist es doch eine besondere Freude, wenn die Tage wieder länger werden. Feiern tu ich das nicht, aber ich denk schon jedes Jahr wieder dran. "Hart" am Winter finde ich weniger die Kälte als eben die Dunkelheit.
Gespeichert

Wolfgang

  • Senior Member
  • ****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 897
  • Too much cogito, not enough sum
Re:Wintersonnenwende
« Antwort #26 am: 06. Januar 2005, 14:14:37 »

Die Osterräder in Lügde finden erstmals Erwähnung, als Karl der Große der Gegend einen Besuch abstattete.
Du übersiehst die vielen "vielleicht". Wir wissen gar nicht, ob das Lihudi, das er besucht hat, Lügde war. Außerdem soll er zu Weihnachten dort gewesen sein, aber die Räder rollten zu Ostern. Die Internetquelle spricht übrigens auch von einem Ostara-Fest, das es nie gab, denn die Göttin Ostara ist eine Mutmaßung von Beda Venerabilis, ein Phantom mithin und ein Paradebeispiel für (bewusst?) ungenaue Schlüsse, Luftmaschen, aus denen die germanische Weste zusammengehäkelt ist. Drei Vielleicht ergeben aber kein Wahrscheinlich.

Du hast etwas gegen die Christianisierung, stimmt's?
Mit Haithabu war es übrigens bald aus, nachdem das Christentum da eingesickert war; wenn ich mich richtig erinnere 1066, und dann kam tatsächlich, wie ich sagte, nichts mehr als 700 Jahre Christentum.

Deute ich es richtig, dass du meinst, die Etymologen der Duden-Redaktion seien alle unwissende Sprachwissenschaftler? Ohoh, lass sie das mal nicht hören.
Nicht alle.

Günther: die Dreikönigsbräuche ursprünglich heidnisch? Nun ja, die Möglichkeit ist nicht die wahrscheinlichste. Denn die Gebeine der drei kamen 1163 (sagt mir jetzt mein Gedächtnis) als prominenteste Reliquien der abendländischen Kirche in Köln an, nachdem sie im Jahrzehnt davor in Mailand entdeckt und geraubt wurden. Und da musste man in Köln Heiden, die aus christlichen Reliquien heidnische Bräuche machten, mit der Lupe suchen. Aber vielleicht geht ja das Kerzenanzünden der Sternsinger auf ein steinzeitliches Ritual zurück ...
Und für Wikipedia gilt Martin Luthers Diktum über den Papst: Er/Es kann irren. Ich finde jedenfalls zur Sache nur Quellen von Ostara-Qualität.
Die Bibel behauptet übrigens nicht von sich, alleinseligmachend zu sein. Das sagt sie nur von Christus. Die katholische und die orthodoxen Kirchen nehmen es dagegen auch für sich in Anspruch, der Islam noch nachdrücklicher ...


« Letzte Änderung: 06. Januar 2005, 14:36:11 von Wolfgang »
Gespeichert

fisalis

  • Gast
Re:Wintersonnenwende
« Antwort #27 am: 06. Januar 2005, 14:38:36 »

Also mich hat die Kirche tatsächlich seelig gemacht. Ich bin nämlich aus ihr ausgetreten... Und da steh ich nun, ich armer Tropf, und bin... Greenpeacemitglied. Jedenfalls sacken die jetzt die eingesparte Kirchensteuer ein und setzen sie bislang klaglos ein. Aber ich hab da auch eine Auge drauf. Sonst gibts wieder eine Wende. Wohin, wissen die Götter. 8)
Gespeichert

Wolfgang

  • Senior Member
  • ****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 897
  • Too much cogito, not enough sum
Re:Wintersonnenwende
« Antwort #28 am: 06. Januar 2005, 14:39:46 »

Und, übrigens, Silvia: Inquisition hat mit Germanen und Heiden auch nichts zu tun. Da saßen Christen über Christen zu Gericht.
Gespeichert

Günther

  • Gast
Re:Wintersonnenwende
« Antwort #29 am: 06. Januar 2005, 15:13:25 »

Nun, nenne zu den Dreikönigsbräuchen EINEN ursprünglich und authentisch christlichen...
Zu den Reliquien kann man eigene Überlegungen anstellen, echt christlich ist die Reliquienverehrung grad nicht.
Der Beda Venerabilis war vermutlich auch schon ein Proto-Nazi.
Das seinerzeit die Deutschtümler überall germanische Urbräuche gesucht haben, ist nicht viel anders, als wenn heute die Antifa-Schnüffler überall braune Farbe wittern.
Die Inquisition ersetzte das alte Thing durch formalisierte Anklage und Beweiserhebung, rein formal war sie ein gewisser Fortschritt. Die Ergebnisse allerdings...
Gespeichert
Seiten: 1 [2] 3   nach oben
 

Garten-pur.de Nutzungsbedingungen | Impressum | Datenschutzerklärung

Forum Garten-pur | Powered by SMF, Simple Machines
© 2001-2015 garten-pur. All Rights Reserved.
Garten-pur.de