Über eigene bewährte Erfahrungen mit dem Spalier kann ich noch nicht berichten. Es dauert noch einige Jahre, bis meine Bäumchen zu tragen beginnen, und dann noch einige Jahre länger, um die verwendeten Unterlagen (vor allem M9 und MM106) zu bewerten.
Was ich sofort feststellen konnte: Auf Sand benötigen wuchsschwache Sorten starke Unterlagen!
Wuchsschwache Edelbirnen brauchen die Sämlingsunterlage (kommen auf Quitte nicht vom Fleck).
Den wuchsschwachen Apfel "Parkers Pepping" (ein filigraner Lederapfel) habe ich auf M4 oder M7 (ganz sicher war sich die Baumschule nicht): Darauf bildet er, weil wuchsschwach, kaum Wurzeln aus und wird noch viele Jahre brauchen, um 2 Meter Höhe zu erreichen (will ich auf MM106 oder MM111 wieder probieren).
Ohne eine deutliche Bodenverbesserung (kubikmeterweise aus dem Kompostierwerk) ist an geschmacklich anspruchsvolle Äpfel der "Güteklasse Boskoop" (die Du ansprichst) auf ärmeren Sandboden gar nicht zu denken! Auch Birnen lieben die Sommer-warme Streusandbüchse in BBB, aber für ihr Aroma brauchen sie auch Nährstoffe!
Die Apfelsorten, die auf unverbessert armen Sandboden (Humusanteil bis 1%) etwas werden können, lohnen die Mühe des Spalieranbaus nicht! - Mit Ausnahme der spalier-geeigneten und robusten
Antonowka: spritzig mildsäuerlich, hier ab Ende September reif (eine wunderschöne Beschreibung aus Riga/Lettland im Jahr 1873 hänge ich an): Auch dieser Sorte tut Bodenverbesserung gut.
Mein geschmacklicher Favorit auf Sandboden ist der spalier-geeignete "
Breuhahn". Von den "typischen Sandbodensorten" schmeckt er am intensivsten, edel süßaromatisch, und hält sich im Naturlager richtig lange (ich esse heute, am 1. Mai, immer noch davon). Daher lohnt er sich auch als Halb- oder Dreiviertelstamm (wächst ähnlich wie Goldparmäne): Seine Erntemenge esse ich im Winterhalbjahr locker auf. Zu besichtigen und zu verkosten auf dem
Apfelhof Wähnert im Norden Brandenburgs (steht dort gern auf Lehmadern und musste während der letzten Sommer zunehmend gewässert werden): Geht nicht auf armen Sand ohne Bodenverbesserung.
Ist die Bodenverbesserung einmal vorgenommen, bleibt sie eine Daueraufgabe, um dem - auf Sand stetigen - Ausspülen des Humus entgegenzuwirken: Gründüngung mit Pflanzen, die keine Wurzelkonkurrenz darstellen; mulchen ähnlich wie Johannisbeeren in einem Wühlmaus-freien Garten usw.
Wer es genau wissen will, mache eine
Bodenanalyse.
Du denkst an ein kleineres Spalier, das frei stehen und den Rand eines Gemüsegartens begrenzen soll. Dafür eignet sich die Erziehungsform der "Belgischen Hecke". Die Y-Form Deines Boskoops weist bereits in diese Richtung (obwohl der Boskoop Sommertrockenheit und armen Boden nicht verträgt). In unserer Gegend hat kdb eine bemerkenswerte
Spalier-Homepage auf die Beine gestellt. Er beschreibt eine "
Belgische Hecke" an seiner Hauswand. Sie kann ebenso frei aufgestellt werden (dann in Nord-Süd-Richtung bevorzugt; der Drahtrahmen wäre stabiler zu bauen als der für die Hauswand). Im 70cm-Abstand lassen sich verschiedene Sorten pflanzen.
Es gibt auch Varianten solcher Hecken, z. B. die Bouché-Thomas-Hecke, die
max. in Garten-pur vorstellt. Allerdings hat max. guten Boden - den Fehler, irgendwelche (zu schwachen) Unterlagen zu nehmen, die die Baumschule gerade da hat, teilt er uns netterweise mit, damit wir daraus lernen können.
Einiges können wir bedenken. Trotzdem bleibt vieles einfach auszuprobieren!
Zum Nachschlagen:
- Einzelne Erziehungsformen beschreibt zuverlässig das empfehlenswerte Anleitungsbuch "Obstgehölze erziehen und formen" von Jacques Beccaletto & Denis Retournard, 2007 (ISBN 978-3-8001-5340-4).
- Den Einstieg in den Drahtrahmenbau kann die Website von Fassadengrün bieten. (Gute Anleitungen finden sich im Netz für das Hauswandspalier und den Weinbau-Drahtrahmen, aber das Wissen über den Obstbau-Drahtrahmen im Garten und den Apfelbogengang ist noch sehr verstreut.) Wichtig beim Drahtrahmen: solide Verankerung (windfest, für Drahtspannung geeignet), ausreichende Höhe, tief genug eingraben und das Holz sollte so langlebig sein (Robinie, kein Nadelholz) wie die Spalierpflanze, die es trägt...
- Zur Eignung für das Spalier siehe zur jeweiligen Sorte im Internet, insbesondere: "Nach der Arbeit", Wilhelm Lauche online oder Gustav Schaal (merci les Croqueurs de pommes!)
- Und schließlich, wer es noch nicht kennt, zur Sortenwahl auf den Sandböden unserer Gegend: "Handbuch Obstsorten" von Gerhard Friedrich & Herbert Petzold, 2005 (ISBN 978-3-8001-4853-0).