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Autor Thema: Studie zu Insektensterben  (Gelesen 142983 mal)

lerchenzorn

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Re: Studie zu Insektensterben
« Antwort #75 am: 20. Oktober 2017, 20:14:30 »

Danke, bristlecone, für den Hinweis auf psiram. Die Giftigkeit und ideologische Ausrichtung der sciencefiles-Seite ist ja kaum verhohlen.

Die NABU-Schlussfolgerungen sind folgerichtig. Ich sehe das auch wie Cryptomeria. Und was vorgeschlagen wird, kann nur ein Anfang sein zu einer systematischen Extensivierung in Teilen der Landnutzungsfläche.

Waldzunahme und Baumwachstum auf Freiflächen scheint die größte Ursache für den Rückgang ...  Waldmanagment, ok, das sollte man auch mal reformieren.

Ein wichtiger Punkt, bei dem ich Deine erste Position nicht annähernd teile, den zweiten Punkt aber wichtig finde. Entscheidend ist nicht die Zunahme von Waldflächen an sich, sondern der sich anhaltend verschärfende Kontrast zwischen dauerhaft ausgedunkelten, Biomasse akkumulierenden Flächen mit nur geringen Störungseinflüssen (Mehrheit der Waldflächen) einerseits und den sehr häufig und tiefgreifend gestörten Bereichen andererseits, z. B. Ackerflächen, aber auch intensiv genutzten Grünländern und eben den urban oder technisch intensiv genutzten Bereichen. Das alles sind sehr artenarme Strukturkomplexe, zwischen denen immer weniger halboffene und offene Flächen mit nur mäßigen, aber regelmäßigen Störungen und dynamischen Rändern verbleiben, eben den Komplexen mit dem größten Artenreichtum und mit größter Bedeutung für spezifisch mitteleuropäische Arten. Um diese für eine reiche Biodiversität essentiellen Flächen zu erhalten und wieder zu gewinnen, braucht es:
1. Akzeptanz und deutlich aufgestockte Mittel für praktische Landschaftspflege. Das wirklichkeitsfremde Grundverständnis ist immer noch, dass sich Biodiversität von selbst aus den regelmäßigen Landnutzungen ergeben würde und nur ausnahmsweise an besonderen Brennpunkten mehr oder weniger ausschließlich pflegend eingegriffen werden sollte. Die Zahl der nicht mehr in Nutzungssysteme eingebundenen, pflegeabhängigen Flächen mit dringendem (das heißt an fachlich begründeten Erhaltungsschwerpunkten ausgerichtetem) Handlungsbedarf liegt aber, je nach Bundesland, bei etlichen bis vielen zehntausend Einzellebensräumen, die heute überwiegend langsam, aber sicher zugrunde gehen.
2. Zwischen 5 und 7 % Landnutzungsanteil, der von von Agrochemikalien und synthetischen Düngern (grundsätzlich) frei bleibt - in allen Landwirtschaftsbetrieben, auch im Acker, ohne Möglichkeit des Ausweichens auf Kurzumtriebsplantagen, intensiv betriebene Gründüngung und Zwischenfrucht usw. - als  regelmäßig anzulegender Maßstab für die Einhaltung der Pflicht zur guten fachlichen Praxis.
3. Weitere 3 bis 5 % Landschaftselemente in der bisher gehandhabten Weise.
4. Agrarumweltmaßnahmen mit besonderer Ausrichtung auf artenreiche Agrarökosysteme, ähnlich der bisherigen Programme, aber mit stärkeren inhaltlichen Bindungen der Maßnahmen.
5. Ein Anteil von 10 bis 15 % Waldfläche mit extensiven Nebennutzungen wie Lichtstellung (Nieder- und Mittelwald), Waldweide oder Streuentnahme sowie ein neues Verständnis für Landschaftspflege im Wald. In den Nebennutzungen ein heikler Punkt, der Missbrauch und das Aufkommen neuer, hochgradig intensiver Waldmehrfachnutzungen mit umso größeren Umweltzerstörungen bereithält und nur in enger Bindung an definierte Ziele sowie von Eigentümer, Forst- und Naturschtzverwaltung konzipierte Einzelmaßnahmen denkbar ist.
In 1. gibt es im günstigen Fall, aber nicht zwangsweise eine wirtschaftliche Nutzung anfallender Biomassen durch Beweidung oder andere Verwertung. In 2. sind - mal geträumt - die langfristigen Erfolge so durchschlagend, dass der Umfang von 1. leicht reduziert werden kann.
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Staudo

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Re: Studie zu Insektensterben
« Antwort #76 am: 20. Oktober 2017, 20:24:31 »

Ein erster Schritt wäre ja, die Pflege sonst verwildernder Flächen als Ausgleichsmaßnahme für Baumaßnahmen finanzieren zu können. Das geht aber nicht. Und deshalb fragen sich Leute wie Frauenschuh und ich manchmal, ob wir nicht ein bisschen bekloppt sind. Dabei wäre das Geld in dem Falle sogar da, weil viele Kommunen nicht wissen, wo sie noch Sträuchergruppen und Baumpflanzungen unterkriegen sollen.  ;)
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lerchenzorn

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Re: Studie zu Insektensterben
« Antwort #77 am: 20. Oktober 2017, 20:38:08 »

Diese wüste Baumpflanzerei in letzte lichte Ecken ist wirklich ein Übel. Mit ein wenig Überlegung, besserer Begründung und Wille wären zuwachsende oder schon zugewachsene Offenflächen durchaus mit Ausgleichsmaßnahmen zu belegen, weil ein Entwicklungseffekt nachweisbar ist. (Natürlich darf es nicht auf gleicher Fläche eine schon anders begründete Pflicht zur pfleglichen Nutzung geben, z. B. mit Agrarförderung gestützte, aber über Jahre verschleppte Grünlandnutzung.)

Wir sollten aber nicht auf das Gleis geraten, auf bauliche Eingriffe zu hoffen, um Naturschutzmaßnahmen finanzieren zu können.  ;)
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Floris

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Re: Studie zu Insektensterben
« Antwort #78 am: 20. Oktober 2017, 21:12:36 »

Wie kommt es, dass ein Naturschutzverband in Naturschutzgebieten jahrelang wahllos große Mengen von Insekten fängt und die Fänge (außer nach Gewicht) nicht auswertet? Ich vermute doch einfach mal, dass die Größen der gefangenen Tiere recht unterschiedlich sind und 80% Gewicht nicht 80% Zahl entsprechen.

Mir fällt aber folgendes auf: Gemessen wurde in Schutzgebieten. In der Veröffentlichung heißt es, zu den Ursachen könne aus den vorliegenden Ergebnissen nichts abgeleitet werden. Sofort gibt es aber eine Menge von Stellungnahmen von außerhalb die genau das tun. Und sofort wird die Ursache vorwiegend außerhalb der Schutzgebiete gesucht. Klimaveränderungen werden ausgeschlossen, also muß es die umgebende (landwirtschaftlich genutzte) Umgebung sein die ins Schutzgebiet hineinwirkt. Die Situation innerhalb der Gebiete wird, ausgeklammert, man hat ja "Anhand von Luftbildauswertungen" festgestellt, das die Biotopstrukturen sich nicht verändert hätten.

Ich kenne mich ja nun wenig in den Schutzgebieten der norddeutschen Tiefebene aus, bei den unsrigen hier aber schon. Und dort haben sich in den letzten 20 Jahren die Biotoppstrukturen sehr wohl erheblich verändert, vor allem bei den Offenlandbereichen und den Sonderstandorten. Eine vergrasende Heide z.B. (um einen der untersuchten Standorte mal rauszugreifen) wird weiterhin als Heide eingestuft und am Luftbild sollte sich nichts verändern, allerdings an den Bedingungen für die Insekten.

Wie in der Kulturlandschaft haben sich auch in den betreuten Schutzgebieten die Verhältnisse vereinheitlicht hin zum Mittelmaß. Viele Gebiete werden nach vorwiegend botanischen Kriterien gepflegt, und zwar in nur wenige Varianten unterschieden. Nichts mehr mit der Vielfalt der unterschiedlichen Verhältnisse der früheren Nutzung. Oft ist nur noch die Offenhaltung das Ziel, nach Pflanzen kann man gelegentlich schon mal schauen, Entomologen für eine Bestandsaufnahme sind dagegen rar. Die Insekten kommen zwar in den Gutachten zur Ausweisung noch vor, in den Pflegeplänen aber kaum noch.

Bei uns ist die Pflege von Naturschutzgebieten überwiegend in der Hand der Forstverwaltung, meine Region ist meines Wissens die einzige mit Ausnahmen. Bei den FFH-Gebieten ist es aufgeteilt, je nach vorherrschenden Biotoptypen. Ich beobachte, dass Forstwirte in der Regel mit Offenland wenig am Hut haben und die Wiesen manchmal sogar zuwachsen lassen (diese Verhältnisse haben vor etwa 20 Jahren in einigen Fällen dazu geführt, dass Zuständigkeiten verändert wurden).  Ich schauen eher nach Pflanzen und weiß zwar, dass Insekten grundsätzlich andere Ansprüche vor allem an die Nutzungstermine haben als die Wiesenpflanzen, aber man kann es eben nicht jedem recht machen.

Ich würde mich daher überhaupt nicht wundern, käme eine derartige Untersuchung bei uns zu dem Ergebnis, die Insektenwelt hätte in den Schutzgebieten so sehr abgenommen. Die Entwicklung die diese Gebieten in den letzten Jahrzehnten genommen haben, kommt den Insekten nicht entgegen. Wenn die umliegende Landschaft da nicht nachliefert, gehts halt gnadenlos bergab.

Für micht lautet daher die Nachricht nicht: "Die (intensive) Landwirtschaft schadet den Insekten". Das ist hinglänglich bekannt.
Für mich lautet die Nachricht: "Auch der Naturschutz mit seinen Flagschiffen der Schutzgebiete hat es nicht geschafft, dort die noch vor 20 oder 30 Jahren vorhandene Biotopqualität zu erhalten."
Und als Ursache wird von den Beteiligten (soweit ich es in der Berichterstattung mitbekommen habe) nur nach draußen, auf die anderen, gezeigt. Die sollten ihre eigene Nase mal nicht aus den Augen verlieren.

Ich betrachte es als Fehler bei der Landnutzung in gut (NSG) und böse (Acker) zu unterscheiden und sich bei den Maßnahmen exklusiv auf die Schutzgebiete zu konzentrieren. Die dort als Pflege simulierte Nutzung auf kleinen Flächen kann die Artenvielfalt nicht erhalten.
Dazu noch die heutige Reaktion des hessischen Umweltministeriums zu der Sache: Der ökologische Landbau muß ausgeweitet werden, (der konventionelle wird abgetan, dem ist eh nicht zu helfen). Auch hier wieder die Trennung in zwei Bereiche, von denen der eine (der kleinere) steckenpferdartig gesponsert wird. Ich stelle mir da die Summen vor die ausgegeben wurden, um den Anteil der Ökoflächen in Hessen von 10 auf 12 % zu steigern, anstatt großflächig auf Verbesserungen im konventionellen Anbau hinzuwirken.





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thuja thujon

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Re: Studie zu Insektensterben
« Antwort #79 am: 20. Oktober 2017, 23:27:59 »

Wie bei vielen anderen Studien, eigentlich wirft sie mehr Fragen auf, als beantwortet werden.
Ein gefundenes Fressen für die PR. Kopfschütteln...

Die erste, logische Schlussfolgerung sollte eigentlich heißen, warum versagen die Naturschutzgebiete, was läuft da schief?

Wer jetzt wem ein Auge aushackt, es bringt nichts. Politische Schlammschlacht, nichts fachliches. Die Diskussion geht am Thema vorbei.

5% Ackerstreifen als Blühmischung, für was? Nächstes Jahr wieder umgepflügt und 2 Jahre was anderes wg Fruchtfolge. Wo sollen dadurch Lebensräume entstehen?

Ich kann mich mit den Daten von unterschiedlichsten Standorten in verschiedenen Jahren nicht anfreunden. Wer da wie welche Zusammenhänge brechnet, ich kans nicht wirklich nachvollziehen, bitte erklärt mir das jemand.
Diese Frage hätte ich gerne beantwortet, zusammen mit der Frage, was in den behandelten Schutzgebieten an Landnutzung/Bewirtschaftung vorgeschrieben wird. Es ist ja nun mal nicht so, dass man trotzt Schutzgebiet nicht völlig auf PSM und Dünger verzichten muss.
Die Studie sagt auch, je mehr Nährstoffe, desto mehr Insektenbiomasse.
Soweit ein logisches Prinzip in der Natur, auch wenn die Qualität drunter leidet.
Generalisten statt Spezialisten, ist das erwünscht, wie man es sehen müsste, wenn man nur die Masse betrachtet?

Ich will mich nicht in Spekulationen verrennen, lediglich die Frage stellen, welche Schlüsse man aus dieser Arbeit ziehen kann und wer daraufhin bereit ist, sicht nicht auf 10% Veränderung bei 5% Bioanbau als sie ultimative Lösung zu versteifen, sondern wer auch mal die anderen 95% Landnutzung (der unbebauten Fläche und abzüglich Wald) angehen will. Frei von jeglichem PR-Mist, sondern auf einer begründbaren Basis. So käme man zumindest mal zu einer Diskussionsgrundlage, wenn man wollte...

@Bristle: ich habe nix mit Sci und Log usw in meinen Favoriten, ich bin drauf reingefallen, weil andere damit gerade in die Offensive gehen:
https://www.topagrar.com/news/Home-top-News-Insektensterben-Nur-22-Rueckgang-lueckenhafte-Daten-keine-eindeutigen-Ursachen-8784645.html
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Cryptomeria

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Re: Studie zu Insektensterben
« Antwort #80 am: 21. Oktober 2017, 08:17:33 »

Arbeitet euch nicht einseitig an der Insektenwelt ab. Schaut auf die viel besser belegten und signifikanten Zahlen in der Vogelwelt. Hier sind die Vögel der Agrarlandschaft, der Wiesen + Weiden, der Brachflächen wie Rebhuhn, Feldlerche, Goldammer u.v.a.m. die großen Verlierer. Auch andere wie Sperlinge, die ihre Jungen mit Insekten großziehen. Wir haben überall das Problem. Europaweit.
VG Wolfgang
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bristlecone

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Re: Studie zu Insektensterben
« Antwort #81 am: 21. Oktober 2017, 09:14:38 »

Ich erinnere mich sehr gut daran, dass einst in der Flussniederung, wo ich aufgewachsen bin, Kiebitze und Bekassinen zum Alltag gehörten.
Die Kiebitze verschwanden, als die Bauern dazu übergingen, die Wiesen zu einer Zeit zu walzen, in der die Kiebitze Junge hatten.
Zur selben Zeit wurde der Fluss begradigt, der Altarm bis auf ein Rinnsal zugeschüttet, der Bach im Ort verrohrt, die Mergelgruben und Bombentrichter erst überdüngt und dann ebenfalls zugeschüttet, die Kuhkoppeln wurden allmählich zu Mistentsorgungsflächen, und die Knicks wurden beseitigt.
Mit anderen Worten: Die gesamte Landschaft wurde nivelliert. Das war übrigens schon in den 1970er Jahren. Die Vielfalt der damaligen Kulturlandschaft kann sich vermutlich kaum jemand vorstellen, der das nicht selbst gesehen hat.
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Cryptomeria

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Re: Studie zu Insektensterben
« Antwort #82 am: 21. Oktober 2017, 10:02:54 »

Mir geht es genauso so, wenn ich zurückdenke. Wie groß waren damals die Rebhuhnketten, der Wendhals brütete im Garten. Diese bemerkt man eben besser als Insekten.
Leider lässt sich das Rad nicht mehr zurückdrehen, aber umdenken müssten wir trotzdem unbedingt.
VG Wolfgang
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Staudo

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Re: Studie zu Insektensterben
« Antwort #83 am: 21. Oktober 2017, 13:05:17 »

@Bristle: ich habe nix mit Sci und Log usw in meinen Favoriten, ich bin drauf reingefallen, weil andere damit gerade in die Offensive gehen:
https://www.topagrar.com/news/Home-top-News-Insektensterben-Nur-22-Rueckgang-lueckenhafte-Daten-keine-eindeutigen-Ursachen-8784645.html

Die Argumente klingen aber schlüssig. Mit der manchen Journalisten und Politikern eigenen Empörung könnte man auch titeln "Behördenversagen: Insektensterben in Schutzgebieten!"
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bristlecone

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Re: Studie zu Insektensterben
« Antwort #84 am: 21. Oktober 2017, 13:15:32 »

Was die in der Studie eingesetzten statistischen Verfahren angeht, so ist das wohl den meisten hier zu hoch. Mir jedenfalls geht das so.

Soweit ich die Ergebnisse verstehe, besteht dieser Trend der abnehmenden Insektenmasse auch, wenn man sich auf die Daten aus den Gebieten beschränkt, in denen über mehrere Jahre gemessen wurde, also eine Zeitreihe an einem Ort vorliegt (Abb. 4 der Arbeit).
Das statistische Modell, das alle Variablen berücksichtigt, ergibt keinen so deutlichen linearen verlauf.
Und man muss beachten, dass in den Abbildungen die grafische Darstellung der y-Achse logarithmisch ist, eine Darstellung mit linearer Achse gäbe ein etwas anderes Bild.

All das schwächt die Aussage "über 70 % Rückgang" ab, ändert aber im Kern nichts an der Grundaussage.
« Letzte Änderung: 21. Oktober 2017, 14:04:08 von bristlecone »
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lerchenzorn

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Re: Studie zu Insektensterben
« Antwort #85 am: 21. Oktober 2017, 15:38:11 »

Es ist in den meisten Zitaten der Studie ja klar gesagt worden, dass die Ursachenanalyse mit Vorsicht erfolgen muss. Landschaft ist komplex und nie lässt sich eine einzelne Ursache für einen auf breiter Front laufenden Artenrückgang angeben. Wer aber heutzutage immer noch leugnet, dass die Methoden und das Muster unserer Landnutzungen diesen Artenrückgang ganz wesentlich verursachen, der könnte ebenso gut noch einmal darüber nachdenken, ob die Erde vielleicht doch nur eine Scheibe ist. Insofern ist der Beitrag in topagrar schon so etwas wie ein Funkzeichen von einem anderen Stern. Wer "eindeutige Ursachen" verlangt, bevor er einen Anlass zum Nachdenken über das eigene Tun sieht, der will nichts ändern an dem derzeitigen Zustand. Er will auch kein Partner sein in einem schwierigen und für alle Seiten mit Zumutungen beladenen Wandel zur besseren Landnutzung, sondern verteidigt nur mit Zähnen und Klauen den gewohnten Trott.

Zur "Schlüssigkeit" hat bristlecone das wesentliche geschrieben.

Zum "Versagen" der Schutzgebiete: siehe oben, 1. die letztlich ausschlaggebenden, oft (durch massiven Druck der Landwirtschaft) windelweichen Schutzgebietsverordnungen; 2. das Fehlverständnis, dass praktische Landschaftspflege nur die Ausnahme zu sein hat, dementsprechend fast nichts kosten darf, eine merkwürdige Aufassung vor allem bei Landwirtschaftsbehörden, denen oft auch noch die Kalkulation und Notifizierung von Naturschutzmaßnahmen übertragen wurde  ::), aber auch in Führungsetagen von Naturschutzbehörden.
Meine Sicht: Die Pflege-Defizite in den meisten deutschen Naturschutztgebieten sind riesig. Ohne diese Schutzgebiete wäre aber ein nicht geringer Teil der dort noch verbliebenen Naturwerte schon gänzlich verloren, weil neue Intensivierungswellen in Land- und Forstwirtschaft drüber weg gerollt wären. Wenigstens für Brandenburg muss man das so sehen. Diese Missstände nun "dem Naturschutz" als Versagen anzuheften, wäre Heuchelei.)

@floris: ich denke nicht, dass da jahrzehntelang nur pfundweise tote Insekten abgewogen wurden. Die näher ausgewerteten Artengruppen waren halt in der jetzigen Studie nicht relevant. Üblicherweise werden die in Malaisefallen leider auch in großer Zahl anfallenden Beifänge, soweit sie nicht im Fangprogramm selbst ausgewertet werden, an Museen zur Nachbestimmung oder wenigstens Aufbewahrung für eventuelle spätere Arbeiten gegeben. In vielen behördlichen Fanggenehmigungen ist das als Auflage enthalten.
« Letzte Änderung: 21. Oktober 2017, 15:43:05 von lerchenzorn »
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lerchenzorn

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Re: Studie zu Insektensterben
« Antwort #86 am: 21. Oktober 2017, 15:54:21 »

Waldzunahme und Baumwachstum auf Freiflächen scheint die größte Ursache für den Rückgang ...  Waldmanagment, ok, das sollte man auch mal reformieren.
Ein wichtiger Punkt, bei dem ich Deine erste Position nicht annähernd teile, ...

Du hattest dabei nur die in der Studie erwähnten Gebiete gemeint? Dann nehme ich das zurück, weil ich die Verhältnisse dort nicht kenne. Dass aber Waldzunahme und Verbuschung generell DIE Hauptursache für Insektenrückgänge sind, ist ganz sicher nicht richtig.

Zu den Flächenanteilen: Bei den 5 bis 7 % war von Blühstreifen  keine Rede. Die halte ich für eine weniger taugliche Methode. Sie täuschen mehr Farbe und Vielfalt vor als sie tatsächlich erzeugen. Es ist aber leicht möglich, in jedem konventionell bewirtschaften Schlag anteilig auf Intensivierungsmethoden zu verzichten, auch den Bestellungsaufwand zu verringern und damit den mehr als 90 % ertragsorientiert genutzten Teilen ein paar Prozente beizusteuern, in denen das Ziel nicht der höchstmögliche Fruchtertrag, sondern neben einer moderaten Ernte eine deutlich höhere Artenvielfalt das andere Produkt der landwirtschaftlichen Tätigkeit ist. Das Problem ist eher ein mentales. Die meisten Landwirte verstehen "so etwas" als eine widernatürliche Beschränkung ihrer technischen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Die Vielfalt, die sie auf den extensivierten Flächen schaffen können, ist eben oft sehr unscheinbar und ihnen nur schwer nahezubringen. Manchmal gelingt es.
« Letzte Änderung: 21. Oktober 2017, 15:55:56 von lerchenzorn »
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Staudo

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Re: Studie zu Insektensterben
« Antwort #87 am: 21. Oktober 2017, 19:01:15 »

Die wenigsten Arbeitnehmer wären bereit, vergleichbare Lohneinbußen zugunsten des Naturschutzes hinzunehmen.  ;)

Meine Bemerkung oben sollte nur zeigen, was man aus so einer Untersuchung für Schlagzeilen zimmern kann.
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bristlecone

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Re: Studie zu Insektensterben
« Antwort #88 am: 21. Oktober 2017, 19:14:17 »

Die wenigsten Arbeitnehmer wären bereit, vergleichbare Lohneinbußen zugunsten des Naturschutzes hinzunehmen.  ;)

Und was sagt uns das?

Im Übrigen: Firmen musste man "zwingen", d.h. mit Gesetzen dafür sorgen, dass sie ihren Produktionsabfall nicht in den nächsten Bach leiten oder die nächste Kiesgrube kippen. Man musste auch per Gesetz erzwingen, dass - um nur ein Beispiel zu nennen - Tenside biologisch abbaubar sind und nicht mehr wie einst zu lustigen Schaumkronen auf den Flüssen führen.
Der Einwand, man dürfe den Landwirten ergo keine oder nicht noch mehr Vorschriften machen, um mehr Naturschutz zu bewirken, greift ins Leere. 

« Letzte Änderung: 21. Oktober 2017, 19:18:48 von bristlecone »
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Staudo

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Re: Studie zu Insektensterben
« Antwort #89 am: 21. Oktober 2017, 19:22:18 »

Art. 3 Grundgesetz, Gleichheitsgrundsatz: Wenn eine Berufsgruppe direkte Einkommenseinbußen zugunsten des Naturschutzes hat, müssen das alle anderen auch haben.  ::)
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