Die Gefahren für freilaufende Katzen sind wirklich sehr groß...
Andererseits b r a u c h e ich die Katzen auch aus praktischen Gründen: Ohne Dezimierung der Wühlmäuse könnte ich meinen Garten aufgeben und das wäre irgendwie schade.
Und es gibt Katzen, die die Freiheit brauchen: Victor z.B. würde als Hauskatze elend zugrunde gehen vor Trauer.
Die mittlerweile 12jährige Nigra, die ihre ersten drei Lebensjahre in einem verwarzten Kölner Proberaum verbracht hat und laut schreiend auf dem Bauch zurück in´s Haus rannte, als ich sie zum erstenmal mit in den Garten genommen hab, wäre ohne ihr tägliches Staub- und das anschließende Sonnenbad mittlerweile auch kreuzunglücklich.
Speedy, unser früherer Dachbodenkater aus dem Tierheim ist inzwischen nicht mehr ganz wild, verbringt aber auch auf seine alten Tage zumindest im Sommer immer noch mehr Zeit draußen als drinnen und Sharon, unsere Jüngste, erweitert ihr Revier jeden Tag und gewinnt dabei zusehends an Selbstvertrauen und Erfahrung.
Amun wäre auch kein Kandidat für ein Wohnungsdasein gewesen. Er war sooo stolz und glücklich mit seinen ersten selbstgefangenen Mäusen und kam abends so ungern in´s Haus: Es gab ja immer noch soviel zu sehen und zu entdecken draußen.
Auch das Zusammen- oder, je nach dem, Aufeinandertreffen mit anderen Katzen scheint ihnen sehr wichtig zu sein: Es gibt erbitterte Feindschaften, die oft geradezu lustvoll gepflegt werden, aber auch rührende Freundschaften mit Katzen aus der Umgebung, die den Garten zu bestimmten Zeiten (Durchquerungsrechte werden erkämpft oder huldvoll gewährt) passieren.
Victor z.B. hat mindestens drei Wochen lang gegrinst, als er endlich den großen Weißen von Scholzens in die Flucht geschlagen hatte und
wenn er der grazilen Eisgrauen begegnet, gibt es eine zärtliche Begrüßung.
Manche besuchen sich auch gegenseitig und sitzen dann stundenlang zusammen auf einer Bank wie in ernste Gespräche vertieft.
Bei Vollmond ist es besonders schwer, bei manchen unmöglich, sie abends rein zu locken: Dann finden nämlich Treffen statt, bei denen alle Katzen der Umgebung im exakt gleichen Abstand im Kreis sitzen.
Manchmal miauen sie zusammen, manchmal nicht.
Wo diese Treffen in unserem Dorf stattfinden, habe ich noch nicht herausgefunden, aber sicher gibt es sie genauso wie im Rheinland, wo ich sie früher oft beobachten konnte: Bei Vollmond kommt Victor abends nicht mal in die Nähe vom Haus, denn sicher wäre es ihm sehr peinlich, als gestandener Revierchef wegen "Hausarrest" nicht dabei anwesend sein zu können.
Was ich an Katzen so liebe, daß ich sie Hunden mittlerweile vorziehe, ist ihre Autonomie. Zwar hatte ich auch immer sehr autonome Hunde (Terrier), aber selbst bei ihnen ist der Freiheitsdrang nicht mit dem einer Katze vergleichbar.
Aus Sicherheitsgründen muß ich ihnen schon einen Teil ihrer Freiheit nehmen, indem ich sie nachts (da sind die Risiken nämlich am größten) einsperre, aber zumindest tagsüber will ich ihnen das nicht antun: Da sollen sie selbst entscheiden dürfen, wohin sie gehen und welche Erkundungen sie machen.
Und ein richtiges Katzenleben besteht aus beidem: Muße und Abenteuer.
Da ich selber früher im Rheinland ehrenamtlich in einem Tierheim mitgearbeitet habe, kenne ich das Elend der Tierheimtiere gut (wenn es auch jetzt noch viel schlimmer sein muß, alleine durch die elenden Folgen dieser gräßlichen "Hartz IV" Gesetze
).
Darum würde ich auch nichts lieber tun, als ein oder zwei, gerne recht alten, Tierheimkatzen ein neues Zuhause geben. Ich weiß aber ganz genau, daß es ziemlich unmöglich ist, erwachsene Katzen in die Katzenfamilie zu integrieren...
Als wir damals (aufgrund eines innerfamiliären Notfalls) Nigra aufgenommen haben, wurde sie fast ein Jahr lang von unseren beiden damaligen Senioren verfolgt und verprügelt. Die ersten Monate hier hat sie unter irgendwelchen Schränken und auf dem kleineren (von innen zugänglichen) Dachboden verbracht, alle drei Katzen wurden unsauber.
Wenn Nigra nicht so ein toughes Mädel wäre, hätte sie diese Zeit wohl kaum überstanden.
Nun ist sie aber die Seniorin und würde jede andere erwachsene Katze unerbittlich verfolgen, die in´s Haus käme.
Auch mit Speedy hatte sie große Probleme, als er sich entschloss, nicht mehr auf dem Dachboden sondern bei uns unten im Haus zu wohnen, aber Speedy kann mit seinem "bösen Blick" jede andere Katze auf Distanz halten, sogar Victor.
Und Victor ist sowieso schon genervt wegen der anderen Katzen.
Zum Glück beanspruchen sie wenig von seinem ausgedehnten Jagdrevier, darum ignoriert er sie weitgehend. Nur junge Kater, denen er das Jagen beibringen kann und hübsche Kätzinnen aus der Nachbarschaft, die ihn nicht zuhause belästigen, finden seine Sympathie.
Victor und Speedy (letzterer ist dafür sehr eng mit dem Hund befreundet und akzeptiert zumindest die freche Sharon, die wiederum versucht, Nigra von ihrem Platz als "First Lady zu verdrängen) sind eigentlich eher Einzelgängerkatzen und Nigra sowieso...
Aus diesen Gründen kommt für uns leider wieder nur ein junger Kater infrage, der noch Welpenschutz genießt, trotz aller Gefahren...
Beim Bauern ist der Tod durch Ertränken oder Erschlagen gewiss, hier gibt es zumindest eine Chance zum Überleben.
Wer irgendwie kann, sollte aber auf jeden Fall eine erwachsene Tierheimkatze nehmen: Ich hab das schon oft getan und es noch nie bereut: Alle waren wirklich große Charaktere und besonders dankbar!