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[Aethiopicum]

Hi,

ich hab einen ehemaligen Weinberg an der hessischen Bergstraße, Südwest-Hang, sehr trocken, sonnig und heiß. Bisher habe ich hier vor allem Exoten wie Feigen, Che, Indianerbananen, Maulbeere, Granatapfel und vieles mehr angepflanzt.  Ich merke aber zunehmend, dass mir die "klassischen" Obstsorten doch etwas fehlen. Deshalb würde ich nun gerne einige Äpfel pflanzen. Hier im Forum schwirren ja einige Sorten immer wieder rum, bei vielen wird aber dazu gesagt, dass sie für trockene, heiße Lagen nicht geeignet sind - aber welche sind denn für solche Lagen geeignet?
Gefunden habe ich bisher die Zabergäu-Renette, die würde ich auch sehr gerne pflanzen. Welche weiteren Äpfel könnt ihr empfehlen - gerne auch noch Sommer- und Herbstäpfel? Am liebsten alte Sorten, gerne säuerlich, mit möglichst viel Aroma und sehr gerne auch berostet. 
Meine zweite Frage betrifft Pflaumenunterlagen: Ich habe/hatte schon mehrere Pflaumen, aber auch Pfirsiche und Aprikosen auf St. Julien A gepflanzt - die Unterlage kommt hier aber überhaupt nicht klar und wächst nur rückwärts. Sämlingspfirsiche dagegen wachsen ganz gut. Sollte ich für Pflaumen auf Myrobalane ausweichen, oder gehen auch kleinere Unterlagen wie Wavit/Wangenheimer an so einem Standort?

Grüße
Aethiopicum

[cydorian]

Gute Fragen, die zunehmenden wichtiger werden. Und genau auch meine Probleme, Hitze, Trockenheit, ehemaliger Weinberg, die meist nicht die besten Böden haben, sondern schon ziemlich erosionsabgetragen sind.

Aus meinen Erfahrungen kenne ich mittlerweile zehnmal mehr Apfelsorten, bei denen ich lernen musste, dass sie nicht mehr gelingen wie Äpfel, deren Gelingen besser aussieht. Und es sind bittere Erkenntnisse, Sorten aus England und Nordfrankreich kann man sich zu höheren Prozentsatz abschminken. Seit ein paar Jahren orientiere ich mich mehr in die andere Richtung, das kontinentalere Europa Richtung Ost und Südost, das immer schon längere Hitze- und Trockenperiode kannte.

Gerade bei den berosteten Äpfeln sieht es etwas mau aus. Die alten Renetten benötigen meist gute Wasserführung im Boden. Die Zabergäu Renette gehört zu den diesbezüglich anspuchsloseren Sorten, das war der Hauptgrund wieso sie sich an den trockenheissen Rändern unterhalb des Keupers durchsetzen konnte.

Mal ein paar Sortennamen ohne weitere Beurteilung, die bislang ganz vielversprechend sind:

Brettacher, Roter Bellefleur, Roter von Simonffi, der Rote böhmische Jungfernapfel, Jonagold (wird hier sogar als Strassenrand-Hochstamm gut), Idared, Orleans-Renette, Kasseler Renette (ist aber noch zu jung um fundierte Aussagen zu machen), Siebenkant, Gravensteiner, Champagner-Renette, Gewürzluiken, Szekely alma (Secklerapfel) aus Ungarn...

Pflaume auf Wavit: Zumindest besser wie St. Julien A... versuch aber besser Myrobalane oder Bromptonpflaume. Wangenheimer ist auch noch besser. Wavit ist eine Wangenheimer-Auslese, die den Wuchs noch stärker bremst.

Und vergiss die Birnen nicht. Sind unter den jetzigen Bedingungen ertragsstabiler wie Äpfel. Aber nicht auf Pyrus-Unterlagen pflanzen, wenn der Boden flach ist!

[Aethiopicum]

Danke Cydorian, das hilft mir schon mal weiter - die von dir genannten Sorten werde ich mir alle mal anschauen. Bei den Pflaumen werde ich dann wohl auf die starkwüchsigen Unterlagen setzen. Und Birnen stehen definitiv auch auf meinem Plan - allerdings waren mir Äpfel jetzt erstmal wichtiger.

Wie "tiefgründig" muss denn der Boden für arteigene Unterlagen bei Birnen sein? Hier am Hang habe ich sicherlich nicht den tiefgründigsten Boden, allerdings bin ich bei meinen Grabeaktionen bis ungefähr 60 cm Tiefe auch noch nicht auf Felsen gestoßen...reicht das schon für Pyrus-Unterlagen?

[cydorian]

Mindestens 60cm ist ganz gut, damit sind Pyrus-Unterlagen mit ihrer Pfahlwurzel im Spiel. Bei weniger als 50cm würde ich Quitte nehmen, bevorzugt BA29, die ist mehr Sorten verträglich wie A und C, stabiler und anpassungsfähiger. In meinen frühen Versuchen habe ich Birnen auf Kirchensaller auf noch flachgründigerem Boden gepflanzt und die haben alle versagt. Auch der Versuch, mit jährlichen Pferdemistauflagen auf der Baumscheibe für mehr Schub zu sorgen ist nicht gelungen. Danach habe ich auch begriffen, warum bei uns nirgends grosse Birnen in Hanglagen stehen, wo der Boden generell flachgründig ist.

Sieh dich wegen der Sorten auch auf ähnlichen Grundstücken der Gegend um. Dort kannst auch ganz gut sehen, was besser gelingt. Oder was ein Problem ist - Schorf, Mehltau, Wuchskraft, langsam rutschende Hänge...

[thuja thujon]

Vom Gewürzluiken kann ich auch nur gutes berichten, außer das er einen sehr dichten Wuchs hat. Sollte Pflicht sein auf einem größeren Grundstück. 
Jonagold war hier die letzten Jahre sehr süß oder säurearm, jedenfalls nicht mehr säuerlich vom Geschmack.

Steinkeil wäre ein Versuch wert, der wird jedenfalls nicht reifgebrannt und kommt nicht wie andere Sorten nach dem reifstrahlen ohne Aroma daher. Beobachte ich hier immer wieder, viele Sorten, nicht nur die frühen, haben Probleme in der Hitze ihr Aroma auszubilden.

Deswegen und weil ich sie erst seit ein paar jahren habe, will ich auch nicht allzuviel zu meinen Renetten sagen.

Birne: Probleme macht auch zu feuchter Boden bzw bei Quitte wenn er zu trocken ist. Hochstämme werden hier auch nicht immer alt weil das Grundwasser manchmal flacher als 2m steht. Bei Birnen machen in letzter Zeit Wanzen die größten Probleme, Pilzbefall ist fast unerheblich geworden.

[Horst Heldt]

Selbst in diesem Sommer haben meine Brandtflecken mit anschließenden Abfall der Apfelfrucht.  2 Tage bei 38-39 Grad reichten da aus.
Birnen haben dort keine Probleme.

Sehr trocken ist nach meinen Erfahrung für kleine und junge Bäume ein echtes Problem.

Ich würde nur Halbstämme möglicht im Teilschatten pflanzen.

Schon mal an einen Mandelbaum gedacht ?

[knoepfle]

Die Überlegungen kommen mir bekannt vor, ich habe seit 9 Jahren auch einen Südwesthang, der schön sonnig, heiß und trocken ist. Mein Erfahrungsschatz ist nicht so umfangreich wie cydorians, aber drei Dinge sind die letzten Jahre erfreulich gut gewachsen:
- wahrscheinlich Oullins Reneklode (als Mirabelle gekauft)
- Zabergäurenette
- Rebella (Apfel, auf mittelstarker Unterlage als Buschbaum)
Alle drei haben die Hitze und Trockenheit der letzten Jahre gut weggesteckt, auch wenn sie vielleicht auf einem besseren Standort stärker gewachsen wären.

Nicht zufrieden bin ich mit den Birnen auf Quittenunterlage, die kaum vom Fleck kommen. Ich werde wohl ausprobieren, ob schwachwüchsige Birnensorte auf Sämlingsunterlage besser klappt. Die Uta, die ich letzten Winter gepflanzt habe, stimmt mich jedenfalls hoffnungsvoll.

[cydorian]

Einige Birnen sind auf Quitte zu schwachwüchsig, auch auf gutem Boden. Von Quitte C ist generell abzuraten, das ist was für Plantagen.

[thuja thujon]

Wenn es nicht so empfindlich wäre würde ich Steinobst empfehlen.
Aprikose, Zwetschge, Pfirsisch usw. Haben alle nicht diese Hitzeprobleme oder Insektenschäden wie das Kernobst.

Status Süßkirsche aktuell: treibt schon aus, obwohl nicht mal die Blätter unten sind.
Was ist wirklich Weinbauklima?

Quitte C: Bewässerung. Ohne zusätzliches Wasser ist garnix, auch kein Steinobst, groß zu kriegen.

[Feinschmecker]

Sollte zum Thema passen: https://www.gaertnerei-rintisch.de/presse/pomo_85_2018.pdf

[cydorian]

Das ist was völlig anderes und kam auch schon im Forum. Wildlinge aus weggeworfenen Apfelbutzen waren schon vor 40 Jahren ein Thema, mit klimatischer Robustheit ist das aber nur insoweit in Verbindung, dass alle neue Sorten, egal ob Zufall oder Züchtung auch die Chance haben, klimatisch robuster wie die Elternsorte zu sein.

Ob das so ist, stellt sich aber erst nach vielen weiteren Jahren heraus. Die Apfelbutzenbäume an Strassenrändern gibts massenhaft in ganz Europa zu Millionen, weil die Leute Apfelreste aus dem Autofenster pfeffern. Ich kenn selber massenhaft Standorte. Sehen oft schön aus, bislang war noch nichts wirklich verwertbares darunter. Ist aber wirklich ein anders Thema. ich denke mal, es geht Aethiopicum jetzt auch nicht um Versuchspflanzungen mit Sämlingen.

[Aromasüß]

ein ehemaliger Weinberg an der hessischen Bergstraße, Südwest-Hang, sehr trocken, sonnig und heiß -
welche sind denn für solche Lagen geeignet?
... alte Sorten, gerne säuerlich, mit möglichst viel Aroma und sehr gerne auch berostet.

So trocken und heiß, aber ohne Bewässerung? In dieser Dörre soll sich Edelgeschmack bilden?? -> Irgendwo wirst Du Abstriche machen müssen.

Mit solchem Steppenklima kennen sich die Österreicher aus (sie haben ihre "pannonische Klimazone" pomologisch erforscht) und bringen gute Ideen: meineobstsorte.at Daraus die folgenden Spezialisten für heiße Standorte:

• Chrysofsker - "eine der wenigen Apfelsorten, die Trockenheit und Hitze gut vertragen"
• Batullenapfel - gilt als einer der Trockenheits-verträglichsten Äpfel: Schmeckt mir frisch vom Baum ok, aber auf hiesigem armen Sandboden nicht herausragend, hat sich hier nicht durchgesetzt: Vielleicht bekommt er am Weinberg mehr Geschmack?
• Grüner Fürstenapfel - Der "Extremist" unter den Äpfeln und ein Mythos - heute so selten, dass seine Frucht kaum jemand im Zustand der Genussreife erlebte (ich erhielt bisher nur falsch gelagerte Probierfrüchte): Zufolge unserer Vorfahren mundete sie auch "den Fürsten", nachdem die Sorte in Grenzlagen des Obstanbaus knallgrüne säuerliche Früchte ausbildete. Sie soll das sogar auf flachgründigen Kiesboden tun. Stimmt das? Verträgt sie wirklich Hitze? Die Früchte müssen 5 Monate bei ca. 4° lagern, damit sie genussreif werden.

Nach Deiner Beschreibung habe ich den Eindruck, dass die Edelsorten, die Du Dir geschmacklich vorstellst, nur in Frage kommen, wenn sie eine minimale Bewässerung erhalten:

• Zabergäu, Canada Gris - braucht Weinbauklima, aber mag es nicht zu trocken!
• Kasseler Renette - "hat gerade in trockenen Jahren gezeigt, was sie auszuhalten vermag, wenn auch ein kräftiger, mäßig feuchter Boden ihr mehr zusagt" (schrieben schon 'Deutschlands Obstsorten', heute aktueller denn je).
• Beide gehören zu den berosteten "Grauen Renetten" (nach Lucas-Diel); als genügsamster, trockenheitsverträglicher der - stark berosteten - "Lederapfel" gilt der robuste Carpentin (alte Sorte am Rhein, mag Weinbauklima; nur ganz wenige Baumschulen haben ihn).

Prinzipiell auf Deinem Standort:

• so starkwüchsig wie möglich (den Platz hast Du ja?)
• daher auch die Myrobalanen-Unterlage (vllt. Auftragsveredelung nötig, für Hauszwetschge?)
• Birnen auf Sämling
  
• In Gruppen oder als Hecken pflanzen: Wenn die Bäume größer sind, sorgen sie zusammen für ein etwas feuchteres Biotop. (Idee: Vllt. ein Speierling als "Pionier- und Schutzbaum" vor die empfindlicheren Äpfel??)
• Hast Du an Kirschpflaumen gedacht? Es gibt wirklich wohlschmeckende und kernlösende mit einem längeren Erntefenster, aber die gibt's gar nicht im Handel (als Schutzhecke pflanzen, aber als Bäume erziehen?).

[Tara2]

Im Weinbauklima sollte doch eigentlich auch Granny Smith gehen? Der ist eine alte Sorte und ist säuerlich. In kälteren Lagen reift er bei uns oft nicht aus aber bei mir geht der eigentlich immer gut!

[thuja thujon]

Hauszwetschge geht im Weinbauklima nicht mehr. Nicht wegen dem Zwetschgenrost der die Bäume ab August kahl dastehen lässt, sondern wegen Scharka. Hauszwetschge hat hier eine Lebenserwartung von 2-3 Jahren. Es müssen also Scharkarobuste Sorten gepflanzt werden wenn es Zwetschgen geben soll.

Sorten die es feuchter haben wollen: unten an den Hangfuß pflanzen. Soo trocken sind auch Hänge nicht.

[cydorian]

Soo trocken sind auch Hänge nicht.

Die Sonne brennt je nach Hangneigung mit mehr Energie drauf, diese Flächen "kochen" schneller trocken. Ehemalige Weinberge haben auch meistens flachgründigeren Boden, weil Jahrhunderte lang ständig durchgehackt wurde, der Boden offengehalten, die Erosion hat den Boden abgetragen.

Der letzten Jahre, vor allem das letzte und dieses haben recht gut gezeigt, wie die Verhältnisse tatsächlich liegen, was hoffnungslos ist, was noch Zuwachs und Ernte bringen kann. Dabei wurde wir immer auch viel alte Obstliteraturmeinung ziemlich relativiert.