1 Tipp zu den grauen Renetten bleibt noch:
Grauer Kurzstiel - die einzige weitere starkwüchsige Sorte der Lederäpfel, die ziemlich geringe Ansprüche an Klima und Boden stellt: Eine wohl definierte Sorte (schon um 1500 bei den Pariser Kartäuser-Mönchen, ab 1857 auf der Reichsobstsortenliste des Pomologenvereins), das heißt, ihre Sortenechtheit sollte (anders als beim Carpentin?) in den Baumschulen erhalten sein? Heute selten: Wie sich der Graue Kurzstiel wirklich in heißen Lagen verhält, bleibt auszuprobieren.
Vorsicht vor "Carpentin", es werden je nach Gegend verschiedene Sorten unter diesem Namen geführt. Damit kann alles mögliche gemeint sein.
Das war mir nicht klar, dass der Carpentin (zumindest momentan) nicht sicher sortenecht zu erhalten ist. (Aus einer anderen Baumschule pflanze ich selber gerade eine andere[?] Herkunft dieser Sorte.)
Ist "Carpentin" (scheint hier in Hessen auch mal lokal verbreitet gewesen zu sein) denn dasselbe wie Damasonrenette? Auf manchen Seiten wird das als Synonym genannt.
Immerhin gibt es von der Damasonrenette eine definierte Herkunft "
Damasonrenette (Kessler)". Das unterscheidet sie vom Carpentin!
Mir war das neu: Die definierte Herkunft der Damason aus der Schweiz gilt als Referenz auch in Deutschland (
Beispiel).
Diese Herkunft
Damason (Kessler) geht zurück auf Hans Kessler, ein Pomologe der Obst-Forschungsanstalt Wädenswil/Zürich (Buch "Apfelsorten der Schweiz" 1947 - frei zugänglich im Netz steht nur
seine französischsprachige Pomologie von 1949).
In der Schweiz wurden die Lederäpfel hoch geschätzt, beizeiten erforscht und gesichert, einschließlich einiger Schweizer Regionalsorten (z. B. Eierlederapfel).
Der Carpetin hatte das Pech, dass er eine Regionalsorte aus Deutschland ist (am Rhein ungefähr zwischen Basel und Koblenz seit ca. 1750 zuhause gewesen). Und weil unser Agrobusiness/unsere Obstbauforschung so sind wie sie sind, kam der Carpetin unter die Räder, anders als die Schweizer Lederäpfel, - und hat heute anscheinend keine definierte Herkunft, keinen Referenzbaum mehr?
Schade!
These 1: In der Schweiz wird heute behauptet,
die Damason und der Carpentin seien dasselbe. Umstritten ist aber, wer mit wem synonym ist (wer "Original" und wer Mutante ist) und welche genau die Sorteneigenschaften sind: Das lässt sich z. B.
hier auf der Website eines Schweizer Obstbauern nachlesen, der die Identität beider Sorten bezweifelt.
Der Pomologe Adrian Diel konnte beide Sorten um 1800 klar voneinander unterscheiden:
Nachdem es mit der über Jahrhunderte andauernden Beliebtheit der Lederäpfel in Deutschland seit den 1930er Jahren zuende ging (Stichwort "Boskoop"), schwanden die Kenntnisse, die Herkünfte und die Referenzbäume.
Der Pomologe Sickler, der mit Diel zusammenarbeitete, beschrieb den Carpentin als erster (1798 in
Der Teutsche Obstgärtner, Bd. 9, S. 414):
- "für diejenigen, die mehr sauer als süß lieben, muss er sehr anziehend sein"
- "das mattweiche Fleisch und der einschneidende scharfsäuerliche Geschmack, so daß die Zunge eine erquickende zusammenziehende Empfindung hat, machen diesen Apfel ganz auszeichnend kenntlich."
- "Ich kenne große Apfelliebhaber, die diesen Apfel allen anderen vorziehen, zumal nach Tische, wo er den Geschmack von allen anderen Speisen nimmt."
Übrigens gilt für beide Sorten: vorzüglich für Apfelwein oder Cidre (hohe und harmonische Säure- und Zuckergehalte)
These 2: Inzwischen wurde entdeckt,
die Damason und die Graue Französische Renette seien genetisch identisch. Da die letztere Sorte bereits 700 Jahre alt ist (Obstanbau in Klöstern), gilt die erstere (400 Jahre alt, nicht-kirchlich) als ihre "Mutante".
Tatsächlich handelt es sich um 2 Sorten (die Genetik ist "neu" und mit Forschungsgeldern verwöhnt, aber sie ist nicht allwissend!):
Der Damasonrenette wurde in weiten Teilen Deutschlands der Vorzug gegeben, sie weist offenbar besondere Merkmale auf. Tatsächlich ist die Graue Französische Renette, obwohl durch die "Normalsortimente" empfohlen, von der Damason weitgehend abgelöst worden: "
Als oft empfohlene Standardsorte wurde sie [Damasonrenette] bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts sehr stark verbreitet."
Für Franken, Brandenburg und sicherlich weitere Regionen gilt: "
Heute findet man noch häufiger Altbäume der schon lange nicht mehr gepflanzten Sorte." (Wolfgang Subal) Im kontinentalen Klima stellten die Pomologen (bei der
Obstsortenzählung und Fruchtschorfbonitur in Ost-Brandenburg 1994-98, mit Werner Schuricht) fest, dass die Damason-Altbestände den gesündesten Zustand aller aufgefundenen Sorten aufweisen.
Was Apfelsorten angeht, werde ich mich wohl besser in Richtung Südosten als nach Norddeutschland oder England orientieren.
Es geht weniger um Nord- oder Süddeutschland, sondern darum, dass Sortenempfehlungen viel zu selten die Standortbedingungen Trockenheit und Hitze berücksichtigen. Das heißt: Was sich in heißen Lagen z. B. des kontinentalen Klimas bewährt, sollte auch auf Deinem Standort ein Chance haben.
Ebenfalls Beachtung finden die trockeneren Standorte in der neuen "
Streuobst-Sortenempfehlungsliste für Rheinland-Pfalz" (2018): Zwei starkwüchsige Pfälzer Lokalsorten, mehrere Birnen und die Bühler Frühzwetschge sind darin für trockenere Standorte empfohlen. Schau sie Dir an.