Wurzelpit hat geschrieben: ↑24. Jun 2018, 16:29Ich frage mich, wieviele Pflanzen, z. B. Glockenblumen man anpflanzen muss, damit eine darauf spezialisierte Bienenart am Standort überlebt? Mit einer Pflanze ist es ja sicherlich nicht getan, auch weil wohl unterschiedliche Bienen daran Nektar und Pollen sammeln. Dann stellt sich auch die Frage, ob jemals eine spezialisierte Biene meinen Garten findet, falls davon keine im Umkreis leben? Bei den Glockenblumen wäre ich da optimistisch, weil es davon schon in den Nachbargärten welche gibt.
Bei welchen eher seltenen Bienen besteht denn die Wahrscheinlichkeit, dass diese sich auch im Garten einfinden? Mit welchen Pflanzen und in welcher Stückzahl wären denen am besten geholfen?
Zu Deiner extrem interessanten Frage, Wurzelpit, habe ich in Heidelberg im Vortrag des Bienenpapstes die erste konkrete Antwort bekommen. Herr Dr. Paul Westrich führte in seinem Vortrag zu
Andrena hattorfiana, der Knautien-Sandbiene aus, dass diese zur Verproviantisierung nur einer einzigen Brutzelle (sie baut 20-30 ihrem kurzen Leben) den Pollen von 12!! Blüten, also etwa 2 Pflanzen von
Knautia arvensis benötigt. Ein Nest mit 6 Brutzellen wird mit dem Pollen von 72 Blütenständen gefüllt, das sind etwa 11 Pflanzen. Ein Bestand von 10 Weibchen benötigt um die 1.000 Blütenstände von etwa 156 Pflanzen. Wo aber gibt es solche Bestände :o :o?
Ähnlich erschreckende Zahlen sind im o. g. Praxisbuch zum Wildbienenschutz zu finden.
Osmia adunca, die Natternkopf-Mauerbiene benötigt zur Versorgung einer einzelnen! Brutzelle 140 Blüten, was bei
Echium vulgare etwa 0,4 Pflanzen entspricht.
Chelostoma rapunculi, die Glockenblumen-Scherenbiene benötigt für eine einzelne Brutzelle 37 Blüten, das sind etwa 9,2 Pflanzen von
Campanula rotundifolia.
Chelostoma florisomne, die Hahnenfuss-Scherenbiene liegt bei 10 Blüten (2 Pflanzen) von
Ranunculus acris.
Macropis fulvipes, die Wald-Schenkelbiene benötigt 460 Blütenstände von
Lysimachia punctata für eine Brutzelle.
Bei diesen Zahlen befällt mich das erste mal seitdem ich mich mit Wildbienenschutz beschäftige Zweifel. Ist das zu schaffen, können wir mit unseren Gärten etwas ausrichten? Von der geringen Fortpflanzungsrate der Wildbienen, aus 30 Brutzellen entstehen im besten Falle 5? Weibchen, und der Konkurrenz durch Honigbienen einmal ganz abgesehen. Auch darauf hat die wissenschaftliche Arbeit, der Aufbau des Buches erinnert an eine Doktorarbeit, eine Antwort. Netzwerke aus blüten- und kleinstrukturreichen Arealen in Gärten, Parks und Industriebrachen sind eine effiziente Möglichkeit die Artenvielfalt und Zahl an Wildbienen zu erhöhen. Da schließt sich der Kreis zum Gedanken des Naturgarten e. V.. Nur müssen sich dessen möglichst viele Menschen bewusst werden.
Der schönste Garten ist der, der kurz vor dem Verwildern steht.
Dr. med. Daniel Gottlob Moritz Schreber (1808-1861)