Objektiv betrachtet ist ein Garten immer ein künstlich vom Menschen beeinflusster Ort in der Natur, den man natürlich mehr oder weniger "naturnah" gestalten kann. Aber ich möchte einmal behaupten, dass praktisch jeder hier aus dem Forum ein gewisses Interesse daran hat, dass der Garten eben auch ein Stück Natur bleiben soll, und nicht nur ein "Outdoor-Wohnzimmer", was man nach Belieben und ohne Rücksicht auf Verluste nach seinen Vorstellungen gestalten kann.
Ob die Pflanzen, die dort wachsen, nun "einheimisch" sind oder nicht, ist - wie weiter oben erwähnt - ja teilweise auch Definitionssache, und warum sollte die Kartoffel nun weniger "einheimisch" sein als die Walnuss, nur weil man sie eben erst zu Kolumbus' Zeiten entdeckt hat? Einer Honigbiene dürfte es auch herzlich egal sein, ob sie Nektar und Pollen nun von einem Wiesensalbei oder von einer Aster sammelt - Hauptsache, sie findet überhaupt irgendwelche Nahrungsquellen.
Und während wir bestimmte Pflanzen und Tiere als sehr wünschenswert im Garten betrachten, verdrängen wir andere sehr gezielt, obwohl beide einen mehr oder weniger großen ökologischen Wert haben können. Ich bin da also eher pragmatisch und sage "erlaubt ist, was gefällt", wenn man wenigstens ein bisschen an diese ökologischen Zusammenhänge denkt und - bewusst oder unbewusst - Lebensräume für andere Arten schafft, und nicht nur für sich selbst.
Gefüllte Blüten z. B. sagen mir persönlich meistens gar nicht zu, ich mag die schlichte Eleganz der einfachen Blüten, aber warum soll ich nicht auch eine Forsythie im Garten haben, deren leuchtendes Gelb geradezu ein Sinnbild des Frühlings darstellt? Es ist ja nicht so, als hätte ich ausschließlich "nutzlose" Pflanzen im Garten, vielmehr ist es die Mischung, welche diesen Teil der Natur (mehr oder weniger) wertvoll macht. Es gibt auch sehr viele wunderschöne Wildpflanzen, oder vielleicht nur leicht veränderte Auslesen, die aber genauso nutzbringend sind.
Man muss sich auch vor Augen halten, dass die Natur teilweise sehr lange braucht, um kahle, gerodete Flächen wieder so zu besiedeln, wie es den "natürlichen" Begebenheiten dieses Gebietes entspricht. Vor allem ist diese Sukzession immer auch ein fortwährender Prozess, wo spezialisierte Arten für einen gewissen Zeitraum einen für sie geeigneten Lebensbereich finden, nur um später wieder von anderen Arten verdrängt zu werden. Im Garten kann dieser Prozess sehr stark beschleunigt sein. Hier in Mitteleuropa waren - zumindest in den tieferen Lagen - über Jahrhunderte dichte Buchenwälder vorherrschend, während die Landschaft heutzutage sehr viel kleinteiliger ist (teils auch zu kleinteilig, aber das ist eine andere Geschichte).
Insofern darf man sich sicher fragen, ob man in seinem Garten nun die umgebende Landschaft mit "einheimischen" Arten nachbilden muss, oder ob man nicht vielleicht auch ein ganz eigenes Biotop erschaffen kann, welches vielen Arten einen Lebensraum geben kann. Muss ich ein Eckchen mit Brennnesseln am Kompost haben, wenn selbige nebenan auf der Brachfläche quadratmeterweise wuchern? Gibt es im Hinterhofgarten in der Großstadt überhaupt Igel oder Eidechsen, für die ich einen Unterschlupf anlegen muss? Schon allein das Kleinklima rund um ein Haus herum ist vielleicht derart beschaffen, dass die einheimischen Arten dort gar nicht so gut gedeihen wie in der Natur.
Es gibt also jede Menge Faktoren, welche dafür sorgen, dass unsere Gärten eben nicht unbedingt ein Abbild der Natur sein müssen. Jeder Garten ist anders, und die Hand des Gärtners bzw. der Gärtnerin wird ihn immer auf eine ganze persönliche Art und Weise prägen, mal mehr und mal weniger "einheimisch", aber auf seine Art ganz sicher wertvoll für Mensch und Natur. Genau diese Vielfalt trägt dazu bei, dass viele Arten eine Nische zum Überleben finden können, da muss man sich sicher nicht nur auf die einheimischen Pflanzen (und Tiere) beschränken.