Denn deine "Wundscheuertheorie" ist unlogisch wenn man weiss, dass "lebendes" Pflanzengewebe nicht mit Rinde verwachsen kann (wie du es schreibst), sondern nur Kambium auf Kambium verwächst.
Nun ja, das ist letztendlich eine Frage, wie sehr sich Ast und Stamm wundgescheuert haben, um zu verwachsen.
Zufällig war ich gestern in einem Frankfurter Stadtteil (Schwanheim), auf dessen kath. Kirchhof eine wohl schon vor Jahrzehnten zurückgestutzte Robinie steht. Es handelt sich sichtbar entweder um zwei Robinien, die ganz eng beieinander stehen oder eine, die aus den Wurzeln 2 knorzige Stämme getrieben hat. Jeweiliger Stammdurchmesser ca. 70 cm. Beide Stämme waren in Höher von ca. 1,80 m gestutzt worden und hatten wieder ausgeschlagen. Von einem Stamm wuchs ein mächtiger Ast zum anderen hinüber und ist inzwischen völlig in dem anderen Baumstamm aufgegangen. Nur ein dicker Wulst kündigt noch von seinem Eindringen.
Bekannt ist auch das Phänomen der geflochtenen Scheffleria-Stämmchen. Sieht man ältere Exemplare, lassen die völlig ineinander verwachsenen Stämmchen das Flechtmuster nur noch erahnen. Sie sind zu einem Stamm geworden. Ohne wundscheuern.
Bäume, die andere "aufgenommen" haben kenne ich aus Abbildungen, wo aus den Humuskuhlen (im Wurzelbereich oder in Astgabeln) insbesondere der Rotbuchen Sämlinge gewachsen sind, die sich dann über längere Zeit mit der "Mutterpflanze" verwachsen haben.
Dass alle diese Phänomene letztlich doch erklärbar sind, ändert nichts an der bewunderungswürdigen Erscheinungsform mancher Bäume.
Die Sitte, mit Bäumen erhabene "Hauswächter" zu schaffen, gibt es auch in manchen Regionen Deutschlands. Der Niederrhein und Westfalen bietet hierzu wunderschöne Beispiele. Hier in Hessen gab es diesen Brauch wohl weniger.
Ich selber habe bäuerliche Verwandte in der Nähe von Wesel (Ndrh.). Deren Hof bewachen einige ca. 150 Jahre alte Eichen.