Es wird Zeit, dass in diesem schönen Thread mal wieder etwas gepostet wird...
Gestern bin ich mit einem Bekannten zu einer kleinen Rundtour aufgebrochen, um ihm die schöne Landschaft des Nahetals, welches quasi direkt vor meiner Haustür liegt, zu zeigen. Ich müsste solche Ausflüge viel öfter unternehmen, aber wie das immer so ist, hat man so viele andere Dinge zu tun, dass das Genießen oft zu kurz kommt. Vorgenommen hatte ich mir so eine Tour wie gestern aber schon lange, also galt es, diesen Plan endlich in die Tat umzusetzen.
Erstes Ziel war die Burg Böckelheim, eine der ältesten und größten Burgen im Naheland, von der leider nur noch ein paar Reste erhalten sind. Sie stammt wahrscheinlich aus dem 9. Jahrhundert und war unter anderem das Gefängnis für Kaiser Heinrich IV., der von seinem eigenen Sohn zur Abdankung gezwungen und eingekerkert wurde. Die Burg liegt auf einem Bergsporn hoch über dem Nahetal, am Rand des kleinen Orts Schloßböckelheim.
Der steile, tiefe Taleinschnitt des Entenbachs mit dem Ortsteil Talböckelheim trennt den Felsenberg vom Heimberg, auf dessen Kuppe vor ca. 15 Jahren der 29 m hohe Heimbergturm errichtet wurde, welcher einen fantastischen Ausblick über das gesamte Nahetal, zu den Hängen von Soonwald und Hunsrück, dem Pfälzer Bergland, und bis hin zum Taunus ermöglicht. Die Berge des Nahelandes sind zum größten Teil vulkanischen Ursprungs, und die Nahe, welche im nordöstlichen Saarland entspringt und bei Bingen im Rhein mündet, hat in Jahrmillionen ein bisweilen 200 m tiefes Tal in die Felsen geschnitten.
Die Vegetation der sogenannten "Schloßböckelheimer Heide" ist sehr mediterran geprägt, hier gibt es ausgedehnte Kalk-Magerrasen und Felssteppen, die zahlreichen seltenen Pflanzen und Tieren ein Habitat geben. Diverse Naturschutzgebiete, FFH- und Biosphären-Reservate bestimmen die Topographie. Auch der Weinbau spielt hier eine große Rolle, zwar ist das Anbaugebiet Nahe relativ klein, bringt aber durch die vielen unterschiedlichen Böden mit zahlreichen Mineralien sehr ausdrucksstarke Weine hervor.
Zu den Überresten der Burg führt ein schmaler, verwunschener Pfad durch ein kleines Wäldchen, welches schon mit der mediterran anmutenden Flora überrascht, z. B. zahlreiche Exemplare des Burgenahorns (Acer monspessulanum), krüppelige Felsenbirnen, und zahlreiche, von Flechten überwucherte Zweige. Am Ende des schmalen Pfads erreicht man eine Aussichtsplattform, die einen spektakulären Blick ins Nahetal bietet.
Schaut man nach Osten, fällt in der Ferne sofort der markante Lemberg auf, mit 421 m der höchste Berg im Naheland. Unten im Tal fließt ruhig die Nahe, nur ab und zu von ein paar kleinen Stromschnellen unterbrochen. Entlang der Nahe führt die Eisenbahnlinie zwischen Frankfurt und Saarbrücken, und eine enge, gewundene Straße verbindet die kleinen Orte im Tal und auf den angrenzenden Bergen, hier mit dem Niederthäler Hof in der Bildmitte, ein beliebtes Ausflugsziel mit Restaurant und Übernachtungsmöglichkeiten, ins besondere für die zahlreichen Radfahrer, die den Naheradweg, welcher entlang des gesamten Flusses verläuft, entlangfahren.
Auf der anderen Naheseite erhebt sich der Gangelsberg, wo die trockenen Sommer der letzten Jahre deutliche Spuren hinterlassen haben, bestimmt die Hälfte der Fichten, welche dort einst gepflanzt wurden, sind tot. Durch den Berg führt der Kinnfelstunnel, Teil der ehemaligen strategischen Bahnstrecke zwischen Bad Münster und der Glantalbahn, auf der heute Fahrraddraisinen unterwegs sind. Es gibt Überlegungen, den Tunnel als Fahrradweg auszubauen, da Radfahrer hier bedingt durch die schwierige Topografie teils erhebliche Höhenunterschiede überwinden müssen, weil die direkte Umgebung der Nahe als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist.
Weiter im Westen schaut man auf die ehemaligen Drahtwerke und den Bahnhof von Waldböckelheim, welcher einst ca. 2 km außerhalb des Ortes einen Zugang zur Nahetalstrecke bot. Heute muss man mit dem Bus entweder nach Bad Münster am Stein oder aber nach Staudernheim fahren, was die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu einer langwierigen Angelegenheit macht. Aber egal, ob mit Bahn, Bus, Fahrrad oder Auto, die Fahrt durchs Nahetal ist durchaus spektakulär, so dass man die Zeit genießen kann.
Oben auf der Aussichtsplattform leuchten gerade die Ähren des Wimper-Perlgrases zwischen den Büschen der Schlehen und Felsenbirnen, dazu diverse Disteln sowie der stachelige Feld-Mannstreu, welcher ebenfalls wärmeliebend ist und sich mit bis zu zwei Meter tiefen Wurzeln in den Fels krallt. Dazu gesellen sich niedrige, mehrstämmige Eichen, Weißdorn, Feldahorn und andere Charakterpflanzen dieses Lebensraums.
Am Ende des kleinen Rundwegs ragt noch einmal ein Überrest eines Wehrturms in den Himmel, dann befindet man sich wieder auf der großen Wiese, welche einst der Hof der Vorburg war, und die heute als Festplatz genutzt wird. Wir beschlossen, noch ein wenig durch die angrenzenden Weinberge zu wandern, um ein paar mehr Blicke ins Nahetal zu werfen.
Die Steillagen können nur mit der Hand bewirtschaftet werden, und für den leider nötigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln kommt ein Hubschrauber zum Einsatz, so dass uns auf dem Weg bisweilen der schwefelige Geruch der Pestizide um die Nase wehte. Aber sobald wir etwas an Höhe gewannen, wehte eine sanfte Brise durchs Tal, so dass der Spaziergang trotz gelegentlich recht sonniger Perioden ein Vergnügen war. Überall sind hier mächtige Weinbergsmauern aufgeschichtet, deren Mauerkronen von zahllosen Sedum-Arten und anderen Trockenkünstlern besiedelt sind. Bei jedem Schritt durchs Gras sprangen unzählige Heuschrecken auf, und auch sonst kreuchte und fleuchte es überall.
Bald kam die mächtige Nordflanke des Lembergs wieder in den Blick, um dessen Kuppe ein ebenfalls sehr schöner Wanderweg führt. Die Felsen unterhalb des Sendemasts werden "Der schönste Naheblick" genannt, weil man von hier aus enorm weit das Nahetal hinaufblicken kann. Ganz in der Nähe befindet sich auch der Schmittenstollen, ein ehemaliges Zinnober-Bergwerk, aus dessen Erz Quecksilber gewonnen wurde.
Zu Füßen des Lembergs liegt das kleine Weindorf Oberhausen an der Nahe, und oben auf den Hügeln erspäht man Duchroth, welches 2017 die Goldmedaille der "Entente Florale" für die schönste Grüngestaltung gewonnen hat. Über die Nahe führt die 1889 erbaute Luitpoldbrücke, welche einst die damals bayerische Pfalz im Süden mit der preußischen Rheinprovinz im Norden verband.
Inmitten der Weinberge befindet sich ehemalige staatliche Weinbaudomäne Niederhausen-Schloßböckelheim, welche heute das Weingut Herrmannsberg beherbergt. Die Orte der Umgebung haben schon oft die Naheweinkönigin und sogar die Deutsche Weinkönigin gestellt, wie zuletzt 2017 Katharina Staab aus Oberhausen und 2019 Angelina Vogt aus Weinsheim. Mit diesen Worten beende ich den ersten Teil unseres Rundgangs, im zweiten Teil geht es auf die Burgruine Montfort, nur wenige Kilometer entfernt!