Ein halbes Jahr ist vergangen, seit goworo die wunderbaren Fotos zur Kirschblüte im Japanischen Garten in Kaiserslautern gezeigt hat. Wie damals angedacht, habe ich meinen Plan tatsächlich in die Tat umgesetzt und dem Park einen Besuch im Herbst, zur beginnenden Laubfärbung, abgestattet. Es hat sich definitiv gelohnt, nach etlichen dicken Wolken am späten Vormittag, als ich dort ankam, konnte sich die Sonne mehr und mehr durchsetzen. Verglichen mit anderen Parks scheinen die ca. 13.500 m² gar nicht so groß zu sein, aber die geschickte Wegeführung und die Topografie am Hang lassen den Garten viel größer erscheinen, als er ist, so dass die drei Stunden, die ich dort verweilte, wie im Fluge vergingen.
Der Japanische Garten in Kaiserslautern zählt zu den größten in Europa, eröffnet wurde er im Jahr 2000. Geplant und betrieben wird er von einem Verein, die Finanzierung wird über Mitgliedsbeiträge, Spenden, Eintrittsgelder und verschiedene Sponsoren ermöglicht. Passiert man den Eingang samt Kasse und kleinem Souvenierladen, steht man vor einem von zwei Formschnitt-Eiben flankierten Tor, nach dessen Durchschreiten man sofort das markante rote Torii erblickt. In Japan markieren diese rot lackierten Tore den Eingang eines Schreins. Über steinerne Trittplatten in einem Bett aus Schotter, welches eine Wasserfläche darstellen soll, setzt man seinen Weg, der nach wenigen Schritten einen scharfen Knick macht, in den Garten fort. Dieser Knick soll böse Geister davon abhalten, dem Weg zu folgen, denn der Legende nach können diese nur geradeaus gehen.
Ich bin vor dem Torii allerdings erst einmal nach links abgebogen, dort führt ein geschwungener Weg direkt in den Garten hinein, während der Weg durch das rote Tor zunächst steil bergan führt. Der Japanische Garten liegt auf zwei ehemaligen Villengrundstücken am nordwestlichen Rand der Innenstadt, im letzten Jahrhundert wurde dort zunächst der so typische rote Sandstein abgebaut, später gestaltete der Frankfurter Landschaftsarchitekt Franz Heinrich Siesmayer, der u. a. auch den Frankfurter Palmengarten geplant hat, einen Landschaftspark im englischen Stil. Im Jahr 2000 entstand im Zuge der Landesgartenschau in Kaiserslautern, dessen "Gartenschau"-Gelände nur wenige hundert Meter weiter westlich auch heute noch als Park sowie Freizeit- und Kultureinrichtung genutzt wird, auch der Japanische Garten.
Vom alten Landschaftsgarten ist noch ein Teil des herrlichen Baumbestands, u. a. mehrere große Buchen, Platanen, Ahorne, Eschen, Eiben usw., erhalten, große Teile der mittlerweile völlig verwilderten Vegetation mussten jedoch gerodet werden. Stattdessen wurden unzählige asiatische Gehölze, wie Fächerahorne, Zierkirschen, ein herrlich duftender Losbaum, eine farbenprächtige Parrotie, Rhododendren, Azaleen, Bambus und natürlich Hakonechloa und andere fernöstliche Stauden angepflanzt. Der Blick schweift zunächst über den "unteren See" sowie ein Freiluft-Auditorium, wo über das Jahr hinweg verschiedene Veranstaltungen stattfinden. Oben am Hang erblickt man eine ebenfalls leuchtend rot gestrichene Brücke, ebenfalls so typisch für einen Japangarten.
Der Weg steigt nun leicht an, an einem rauschenden Bächlein entlang, dann öffnet sich die Szenerie wieder, und man steht am "oberen See", an dessen Ende ein Japanisches Teehaus steht. Dieses stammt tatsächlich aus Japan, es wurde dort vor über 100 Jahren in einem Park in Tokio als Gästehaus für einen japanischen Minister erbaut. Leider kann man das Teehaus nur im Rahmen einer Führung mit einer Teezeremonie besichtigen. Über den Teich, in dem zahlreiche Kois schwimmen, führt ein zick-zack-förmiger hölzerner Steg, auch hier sollen wieder böse Geister am Passieren gehindert werden. Eine Mauer umrundet den ganzen Garten und dient gleichzeitig als Lärmschutzwand gegen die direkt dahinter verlaufende Hauptverkehrsstraße. Zwar nimmt man den Lärm der Stadt hin und wieder wahr, aber rauschende Quellen und Wasserläufe an vielen Stellen im Garten lassen einen die Umgebung leicht ausblenden.
Japanisches Blutgras flankiert den Teich auf einer Seite, auf der anderen Seite wachsen zahllose Formschnitt-Azaleen, Rhododendren und Zwergeiben als Bodendecker. Farne und Moose wachsen auf aufgeschichteten Felsblöcken, eine Quelle rauscht über einige große Steine und fällt als kleiner Wasserfall in den Teich. Überall entlang der Wege laden Bänke zum Verweilen ein, und hinter jeder Wegbiegung eröffnen sich neue Eindrücke. Gerade jetzt im Herbst glüht an vielen Stellen das Laub in roten und gelben Farben auf, wie z. B. an den vielen verschiedenen Fächerahornen, einer hoch aufragenden Parrotie, sowie verschiedenen Blütenhartriegeln, die um den Teich herum gepflanzt wurden.
Eine große, alte Eibe wurde von einem japanischen Gartenmeister zu einer monumentalen Formschnitt-Skulptur umgestaltet, und die roten Schlitzahorne leuchten geheimnisvoll aus dem Meer von Bodendecker-Eiben hervor. Hier ergießt sich ein mit Schotter gestalter "Trockenfluss" vom Hang bis an den Weg um den Teich herum. Verschiedene Formschnitt-Kiefern stehen am Ufer und auf einer kleinen Insel, der sogenannten "Kranich-Insel", ebenfalls ein typisches Merkmal japanischer Gartenbaukunst. Immer wieder trifft man auf japanische Steinlaternen, und auch eine steinerne Pagode steht hier in der Nachbarschaft einer Hänge-Zierkirsche. Folgt man dem Weg weiter, gelangt man fast unmerklich immer höher den Hang hinauf, bis sich einem unvermittelt ein atemberaubendes Panorama ins Tal hinunter bietet.
Fortsetzung folgt...