Womit wir dann beim Grund für das Hochbinden wären: die reine Platzersparnis. Neben der vermutlich eher einsetzenden Reife.
Große Fleischtomaten kann man so eher nicht halten, weil sie zu lange zur Reife brauchen und eingeholt werden, die kleineren Sorten haben aber durchaus eine Chance zu überleben.
Der seinerzeit im Fernsehen gesehene österreichische Tomatenprofi hat so viele oder vielleicht ausschließlich Fleischtomaten angebaut - der pflanzte die Sorten bunt durcheinander, damit ihr unterschiedliches Aroma die perfekte Sauce ergibt. Es geht also. Und hier kommt dann natürlich die Kostenstruktur ins Spiel: als Profi musst du an Arbeitskosten sparen. Und wenn Fläche vorhanden ist, kann man die verwenden. Ich habe einen Kleingarten. Der ist nicht breit, aber hoch. Also müssen meine Tomaten in die Höhe wachsen. Die Arbeitsleistung für das Hochleiten kann ich gerade noch aufbringen. Wo das anders ist, sind andere Lösungen vielleicht besser.
Ich denke, dass die Frage Tomaten aufbinden oder nicht nicht nur eine Platzfrage ist, sondern auch eine Standortfrage. Herr Stekovics hat seinen Betrieb im Burgenland und zwar in der Nähe von Neusiedlersee und Seewinkel: Pannonisches Klima, heiße oder zumindest warme Sommer, wenig Regen, aber ausreichend Grundwasser, damit er ohne künstliche Bewässerung auskommt und auch genügend Wind, damit die Pflanzen nach einem Regen rasch wieder abtrocknen.
Bei mir im Garten habe ich einige wild aufgegangene Tomatenpflanzen heuer so spät entdeckt, dass Aufbinden schon schwierig war, da die Stängel zu steif waren und einige Triebe am Boden angewachsen waren. Ich ließ sie daher einfach liegen und habe nur versucht, ein wenig Rasenmulch daraunter zu schubsen, damit sie nicht alle direkt auf der Erde liegen. Das hat funktioniert, sie bekamen keine Braunfäule und stehen oder liegen Mitte Oktober noch immer gesund da. Bei mir gab es den Sommer über auch keinen Regen, im September dann mehr, aber immer in Verbindung mit recht viel Wind, die Pflanzen konnten also rasch wieder abtrocknen. Nur der Grundwasserspiegel ist bei mir viel tiefer als im Seewinkel, ich musste also gelegentlich eine Kanne Wasser spenden.
In regenreichen und windarmen Gegenden würde die Tomatenkultur auf dem Boden wahrscheinlich nicht funktionieren (und die Freilandkultur von Tomaten generell schlecht), dafür funktionieren dort Salate besser als bei mir.
Die Zeit, die man sich beim Aufbinden spart, braucht man allerdings, um die Früchte der am Boden liegenden Tomatenpflanzen zu ernten. Vor allem bei kleinfruchtigen Sorten muss man sich da sehr viel bücken. (Wie bei Stekovics geerntet wird, weiß ich leider nicht, es würde mich aber interessieren.)