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Warnung - Trachystemon orientalis (Gelesen 2033 mal)

Moderatoren: Nina, Phalaina, cydorian, partisanengärtner, AndreasR

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semicolon
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Warnung - Trachystemon orientalis

semicolon »

Sorry für den reißerischen Titel aber ich bin einigermaßen geschockt. Trachystemon orientalis gehörte bis eben eigentlich zu meinen Lieblingsstauden. Dass der wüchsig ist, mochte ich. Gerade im verdichteten und trockenen Lehmboden wirkt der immer üppig und gesund. Auch die oberflächlich kriechenden Rhizome waren überaus praktisch für Pflegemaßnahmen. Die Kolonie entsprang einer Fläche von nur ca. 50cm². Dieses Jahr wurde es mir etwas zu üppig, außerdem wollte ich ein paar Sämlinge im Umkreis von 2 m entfernen. Nur dass es keine Sämlinge waren sondern unterirdische Triebe, dick wie Bockwürste. Und auch gar nicht so oberflächlich. Und sie brechen sehr leicht. Und sie reichen bis tief in die Wurzeln von Bäumen. Und nach einer Stunde stehe ich vor einem Berg Rhizome und bin nicht einmal zur Hälfte fertig. Das anfängliche Staunen verliert sich irgendwo im blanken Entsetzen. Möchte ein Bisschen weinen. Nicht zuletzt weil ich eine weitere Kolonie dieser Größe besitze, gut eingewachsen mit anderen wertvollen Stauden.

Jetzt mal ganz sachlich. Es gibt kein Unkraut blablabla. Fakt ist, dass diese Staude extrem invasiv ist und sich selbst unter widrigen Bedingungen extrem schnell ausbreitet. Und zwar auch durch Aussamung. Die dicken Stolonen schießen wie Bambus ins Erdreich und verdicken sich im gleichen Jahr zu sukkulenten aber nie verholzenden Rhizomen, etwa im Format von alten Bergenienexemplaren, dann verzweigen sie sich reichlich usw. Fakt ist auch, dass die riesigen Blätter sich trotz Frost bereits ab März ausrollen. Bei Warmphasen geht das unglaublich schnell. Andere Stauden haben keine Chance sich unter den riesigen Blättern zu entwickeln und verkümmern. Der Blätterteppich erstickt wirklich alles. Die Pflanze zieht unglaublich viel Wasser aus dem Boden. Die Erde war noch in 20cm Tiefe trotz Dauerregen der letzten Wochen völlig trocken, das ist an anderen Stellen im Garten nicht der Fall. Ich bin der Meinung, dass sich die aufgezählten Eigenschaften ganz gut hinter Bambus und jap. Staudenknöterich einreihen. Diese Pflanze ist definitiv nichts für ein Gartenbeet und um ehrlich zu sein finde ich, solche Vertreter sollten generell nicht kultiviert werden. Sicher sind große Parkanlagen ein besserer Ort, allerdings samt sich Trachystemon sehr gut aus und wir können uns lebhaft vorstellen, was die Pflanze in der freien Wildbahn anrichten würde.

Freue mich schon auf die nächsten Jahre Kampf und ihr seid nun gewarnt!
Microcitrus
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Zauberspruch für Häckselnde: Schnittgut, Ast und Zweiglein werde schneller so zu Mulch und Erde, häcks-häcks

Re: WARNUNG - Trachystemon orientalis

Microcitrus » Antwort #2 am:

Die Verwandtschaft mit Beinwell ist interessant. Blauer Beinwell durchwuchert mit dünneren Rhizome meinen Garten. Eine Pflanze, die ich einem Feind schenken würde. Blüht aber (gerade jetzt) hübsch, ähnlich wie dein Wucherer.

Bei deinem Rau(h)ling kann man angeblich die Blätter essen.
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Hyla
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Re: WARNUNG - Trachystemon orientalis

Hyla » Antwort #3 am:

semicolon hat geschrieben: 17. Mai 2023, 20:09Möchte ein Bisschen weinen.


;D ;D ;D
Liebe Grüße!


Wenn du denkst es geht nicht mehr,
kommt irgendwo ein Lichtlein her.
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sequoiafarm
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Re: WARNUNG - Trachystemon orientalis

sequoiafarm » Antwort #4 am:

Die Warnung geht klar, in Gärten unter 1000 qm würde ich den auch nicht als Bodendecker einsetzen. Unkontrolliert in der Wildnis hat er auch nichts verloren.

Hier (viel Platz, Waldcharakter) bewährt er sich seit Jahrzehnten als optische Abwechslung zu Hedera, Vinca, Sarcococca etc. (alle 3 „schlimmer“ als Trachystemon) im trockenen Schatten. Der Hauptbestand erstreckt sich über etwa 50 qm und hat sich in den letzten 10 Jahren nicht merklich weiter ausgebreitet. Ohne Konkurrenz könnte das anders sein.

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sequoiafarm
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Re: WARNUNG - Trachystemon orientalis

sequoiafarm » Antwort #5 am:

Stoppt brav am Gehweg. Die Wege sind etwa 10 cm ausgekoffert, mit grobem Splitt aufgefüllt und feiner Dolomitsand als Decke aufgebracht. Scheint zu reichen, auf der anderen Wegseite ist nichts zu sehen, dort tobt Parthenocissus quinquefolia, zu dem könnte man verheerendes sagen, aber das ist ja bekannt. Der Rauling ist essbar, vielleicht reicht ein Blättchen als Mahlzeit ;)

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semicolon
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Re: WARNUNG - Trachystemon orientalis

semicolon » Antwort #6 am:

Microcitrus hat geschrieben: 17. Mai 2023, 23:20
Bei deinem Rau(h)ling kann man angeblich die Blätter essen.
[/quote]
Ich würde sie nicht in die Nähe meiner Schleimhäute bringen. Sie sind übersät von kleinen steifen Haaren, die sich gerne in die Haut bohren. Der Name ist Programm.

[quote author=Natternkopf link=topic=72338.msg4039116#msg4039116 date=1684354818]
Treffend beschrieben.

… seine Blätter sind grösser, seine Fähigkeit, eine Fläche zu bedecken, ist dank seiner starken Rhizome hervorragend. Es fürchtet weder Trockenheit noch Schatten. / lautrejardin.ch :-X

Oder hier:
wenn ausreichend Platz vorhanden ist, also für große Privatgärten und ganz besonders in Parkanlagen. Denn: Über kriechende Rhizome vermag die Pflanze sich langsam aber stetig auszubreiten und Flächen sehr dauerhaft zu besiedeln. Dabei kann eine einzige Pflanze mit der Zeit gut und gerne einen Quadratmeter Beetfläche und perspektivisch auch mehr bedecken. Unkraut hat in älteren Beständen wirklich keine Chance mehr. / allgaeustauden.de

Grüsse Natternkopf


Hatte den Ausbreitungsdrang eigentlich auf dem Schirm aber wohl massiv unterschätzt. Die Angaben sind wirklich untertrieben. Eine Pflanze von 1m Durchmesser mit unzähligen Ausläufern im Radius von 2 Metern nach gerade mal 3 Jahren schickt sich einfach nicht. Das Perverse ist einfach, dass man sie nie wieder raus bekommt weil die Triebe sofort brechen.
Übrigens sind auch die Höhenangaben falsch. Meine schafft locker 50cm, später in der Saison geht sie in die Breite, ist aber immernoch um die 40cm hoch. Ich glaube bald, der einzige Grund, warum sie bisher nicht im Wald mit Springkraut & Co. konkurriert ist die glückliche Fügung, dass sie relativ selten angeboten wird.

Hier ist übrigens der inzwischen teil-gerodeter Bestand.
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Acanthus
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Re: WARNUNG - Trachystemon orientalis

Acanthus » Antwort #7 am:

Huch!
Bin geplättet - ich habe den Rauling vergangenes Jahr in meinen Schrebergarten im dumpfen, trockenen Schatten an den Fuß einer Kletterrose gesetzt, die dort in einen Baum wächst. Tatsächlich hatte ich mich angesichts dieser widrigen Umstände dieses Jahr gewundert, dass er bereits locker dreimal so groß war und mich erstmal gefreut, dass es ihm gefällt.
Üble Aussichten! Dabei habe ich schon genügend andere Gesellen, die eine Heimsuchung darstellen (zB Viola sororia).
Danke für die Warnung! Morgen ist er dran!
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lord waldemoor
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Re: WARNUNG - Trachystemon orientalis

lord waldemoor » Antwort #8 am:

ich hatte ihn mal, der wuchs gut wo sonst nichts wächst, brauchte paar jahre bis er eingewachsen war, ein spätfrost vor jahren und alles war tot, da kam niemehr was
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Krokosmian
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Re: WARNUNG - Trachystemon orientalis

Krokosmian » Antwort #9 am:

Ja, der kann auch mal winters sterben. Und als ich eine Weile lang eine Verkehrsinsel "bestreut" habe, waren plötzlich drei Fladen drin. Ein Anwohner hatte sie aus seiner Heimat (NO-Türkei) mitgebracht, gepflanzt und dann extra drum gebeten sie sitzen zu lassen. Richtig Fuß gefasst haben sie nicht, zuletzt hat einer noch etwas gelebt. War aber in einer wirklich miesen Ecke und das Einwachsen wahrscheinlich schwierig.
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tomma
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Re: WARNUNG - Trachystemon orientalis

tomma » Antwort #10 am:

Ich jäte auch seit Jahren dagegen an. Er wuchs hier schon, als wir den Garten übernahmen. Inzwischen habe ich ihn eingeknastet, was ihm anscheinend nichts ausmacht. Er gedeiht fröhlich auf einem schmalen, beschatteten Streifen auf der Grundstücksgrenze, zwischen Nachbars Winkelsteinen und unserem Gartenhaus. Und da muss er unbedingt bleiben, denn jedes Wurzelfitzelchen entwickelt sich in Windeseile zu einem üppigen Monster!
Rainer03
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Re: WARNUNG - Trachystemon orientalis

Rainer03 » Antwort #11 am:

Da bedanke ich mich herzlich und mache mich auf den Weg ihn zu roden. Dieses Jahr habe ich mich gefreut ihn erstmals richtig wachsen zu sehen. Aber er steht an der Grenze zum Nachbarn, dort wenn er ist komme ich nicht mehr ran.
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wallu
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Bodenart: Flache Humusauflage auf Tonschiefer
Winterhärtezone: 7b: -14,9 °C bis -12,3 °C

Re: WARNUNG - Trachystemon orientalis

wallu » Antwort #12 am:

Bei mir steht der Rauling in eher trockenem lichten Schatten und hat in 10 Jahren nicht mal 1 m² bedeckt. Da gibt es wirklich Schlimmeres ;).
Viele Grüße aus der Rureifel
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zwerggarten
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Re: WARNUNG - Trachystemon orientalis

zwerggarten » Antwort #13 am:

wenn ich das so lese… mein rauling kommt zwar offenbar zum glück auch nicht in gang, allerdings sehe ich auch nie blüten, wegen der ich das teil mal gepflanzt hatte, nur blöde lappige blätter. ich sollte den egalwie roden.
pro luto esse

moin

"(…) die abstrakten worte, deren sich doch die zunge naturgemäß bedienen muß, um irgend welches urteil an den tag zu geben, zerfielen mir im munde wie modrige pilze." hugo von hofmannsthal – der brief des lord chandos
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Krokosmian
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Mittlerer Neckar

Re: WARNUNG - Trachystemon orientalis

Krokosmian » Antwort #14 am:

Womöglich gibts verschieden Typen und Herkünfte. Wär nicht das erste Mal. Irgendwer sollte sich halt mal opfern und testen. Ich nicht.
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