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Garten- und Umwelt => Komposthaufen => Thema gestartet von: mycorrhiza am 01. Dezember 2017, 12:49:49

Titel: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 01. Dezember 2017, 12:49:49
Hallo miteinander,

Manche Leute kennen mich vielleicht aus diesem Post hier: Link entfernt!1-Link entfernt!1/Link entfernt!1?topic=62111
Ich bin der unverschämte Typ der gleich 15 Bilder nacheinander gepostet hat zwecks Pflanzenbestimmung. Und weil ich auch etwas zum Forum beitragen kann (hoffe ich) und auch von ein paar Leuten der Wunsch danach geäußert wurde, versuche ich mal mein Wissen über Mykorrhiza zu verbreiten. Momentan bin ich als Doktorand an einer australischen Universität und beschäftige mich täglich mit diesen Pilzen.
Ich versuche einfach mal meine Fakten grob zu gliedern und hoffentlich kann in diesem Thread ein wenig Wissen vermittelt werden. Ich will dabei auch mal etwas "unwissenschaftlich" sein, solange ich damit keine Tatsachen verdrehe. Immerhin soll es auch etwas interessant sein, und damit kann man sich die ganzen Sachen auch leichter merken.

Was sind Mykorrhizapilze??
Mykorrhizapilze sind Pilze die in Symbiose mit Pflanzenwurzeln leben. Das ganze spielt sich also unterirdisch ab und evolutionär gesehen ist diese Symbiose wahrscheinlich entstanden als die Algen gerade den Sprung ans Land gewagt haben. So etwas wie richtig funktionsfähige Wurzeln haben sie wohl noch nicht gehabt und dann sind die Mykorrhizapilze eingesprungen.
Man unterscheidet (ganz) grob die Ekto- und Endomycorrhizapilze (neuerdings vesikuläre arbuskuläre Mykorrhiza...). Das heißt, dass die einen Pilze nur außerhalb der Pflanzenwurzel wachsen, und die anderen innerhalb der Pflanzenwurzel. Die Ektomykhorriza wachsen also in einem sehr dichten Geflecht um die Wurzel herum, während die Endomykorrhiza die Wurzelzellen penetrieren können und sich dann auch intrazellulär in der Wurzel ausbreiten. Interessanterweiße ist es genau so, dass fast alle Bäume nur Ektomykorrhiza bilden, und die ganzen Einjährigen und viele Stauden nur Endomykorrhiza. Natürlich gibt es dabei tausende Ausnahmen. Die Pappeln bilden zum Beispiel sowohl Ekto- als auch Endomykorrhiza. Und während so ca. 80% aller Landpflanzen Mykorrhiza-Symbiosen eingehen, so haben es die Brassicaceae überhaupt nicht nötig und verzichten darauf.

Warum überhaupt?
Wie bereits erwähnt ist das das ganze eine Symbiose. Grob gesagt wächst der Mykorrhizapilz mit der Wurzel zusammen und tauschen dann Nährstoffe aus. Der Pilz verlängert quasi die Pflanzenwurzel und liefert dieser dann Nährstoffe und Wasser, während sie von der Pflanzenwurzel Stoffe aus der Photosynthese bekommt, also vor allem diverse Zucker. Diese "Symbiose" kann sich aber auch verschieben. So gibt es zum Beispiel Orchideenarten, die selber gar keine Photosynthese mehr betreiben, sondern einfach nur durch Mykorrhizapilze versorgt werden. Diese Mykorrhizapilze sind widerum mit Bäumen verbunden und schieben den Zucker von den Bäumen zu den Orchideen. Die Orchideen sind also gewissermaßen Schmarotzer.
Diese Verbindung nennt man auch CMN - Common Mycorrhiza Network. Im Prinzip bedeutet das ganze Nur, dass viele verschiedene Pflanzen über Mykorrhizapilze miteinander verbunden sind. Dadurch findet ein Kohlenstoffaustausch zwischen den Pflanzen statt, der vor allem bei Ektomykorrhizen, also in Wäldern, sehr bedeutend sein kann. Dies ist auch mit einer der Gründe, wieso man heutzutage keinen "reinen" Kahlschlag mehr macht, sondern ein paar große und alte Exemplare stehen lässt. Der neu bepflanzte Nachwuchs erhält nämlich von dem großen Bruder Zucker und somit Energie zum Wachsen. Bei Endomykorrhiza, also den Mykorrhiza bei uns im Garten, ist das ganze auch vorhanden, aber weniger stark ausgeprägt. Man nimmt an, dass der Austausch durch dieses CMN nur maximal ca. 20% beträgt.

Wie funktioniert diese Symbiose?
Diese Symbiose ist ein sehr komplexes Thema. Wie bereits erwähnt haben 80% aller Pflanzen Mykorrhizaverbindungen. Somit gibt es quasi auch in jedem Boden ein paar Mykorrhizasporen, und wenn Temperatur und Feuchtigkeit passt, dann keimen diese Spore und eine einzelne Hyphe wächst heraus. Diese begibt sich dann auf die Suche nach Pflanzenwurzeln. Kann sie nach einigen cm keine finden, dann hat sie Pech gehabt und stirbt. Hat sie ein Pflanzenwurzel gefunden, dann können sich Pilz und Pflanze über volatile Verbindungen bereits riechen, bevor sie sich überhaupt wirklich treffen. Der Pilz kündigt also an, dass er in der Nähe ist und die Pflanzenwurzel fängt dann bereits an, dass sie ihre Zellorganellen so umbaut, dass mehr Platz für den Pilz ist. Ziemlich erstaunlich wenn man bedenkt, dass sich Pflanze und Pilz eigentlich so überhaupt nicht abkönnen (Stichwort: Pflanzenkrankheiten) und die Pflanze eher Abwehrstoffe produziert, wenn sie auf Pilze trifft.

Wann sind die Mykorrhiza am meisten nützlich?
Am nützlichsten sind Mykorrhizen, wenn der Boden arm an Nährstoffen ist, vor allem Phosphor. Ist im Boden wenig löslicher Phosphor vorhanden, so können Mykorrhizapilze ihren größten Trumpf ausspielen: Enzyme. Diese Pilze verfügen über ein großes Enzym-Repertoire und können Phosphor im Boden lösen und in eine Form bringen, der für Pflanzen verfügbar ist. Und sogar noch mehr: Mykorrhizen haben einen Phosphortransporter, der den Phosphor genau in die Wurzel bringen kann. Ebenso haben sie einen Stickstoff-transporter, aber der ist im Vergleich zum Phosphor unbedeutend. Was man erst seit wenigen Jahren weiß: Auch bei Zink spielt der Mykorrhizapilz eine sehr große Rolle!

Brauche ich Mykorrhizapilze in meinem Garten?
Das ist im Prinzip eine sehr komplizierte Frage. Man hat viele Versuche mit diesen Pilzen gemacht und manchmal waren die Ergebnisse hervorragend! Besseres Pflanzenwachstum, gesteigerte Abwehrkräfte, Schutz vor Schwermetallen im Boden.....und dann macht man den gleichen Versuch nochmal und es kommt genau das Gegenteil dabei heraus. Geringerer Ertrag, die Pflanzen gehen eher ein....im Prinzip ist es manchmal zum Verrückt werden und ich hab schon viele Professoren darüber schimpfen hören. Und dann liegt auch gleich der Verdacht nahe, dass man dieses Dreckszeug ja sowieso nicht braucht.
Dabei muss man sich aber mein Symbiosebeispiel mit den Orchideen vor Augen führen: Es gibt nämlich ein gewisses Continuum, und je nach Pflanzenart und Pilzart kann die Symbiose gut oder schlecht ausfallen. Manche Pilze und Pflanzen liefern also eine sehr gute Symbiose ab, während andere eher wie "Parasiten" wirken. Dazu kommt noch das Problem, dass man viele Mykorrhizapilze taxonomisch falsch kategorisiert hat und die in-vitro Kultur von diesen Pilzen sehr schwierig ist.
Ich möchte nicht wissen, wie viele Experimente schon mit "kontaminierten" Mykorrhizen oder gar toten Kulturen unternommen wurden.

Um es kurz zu machen: Wenn ich meinen Pflanzen einen perfekten Boden liefere, dann ist der Mykorrhizapilz für meine Tomaten, Gurken, Karotten....nun weniger wichtig. Wenn ich nun aber nur Rohphosphat dünge, den die Pflanzen eher schlecht aufnehmen können, dann kann der Mykorrhizapilz hier schon sehr nützlich sein.
Für den Boden sind Mykorrhizapilze aber immer sehr nützlich. Denn eine Pilzhyphe ist bedeutend dünner als eine Wurzel, und somit kann der Mykorrhizapilz auch Bereiche im Boden erschließen, die für die Wurzel unnereichbar sind. Somit bekommt man eine bessere Bodenstruktur, weniger Erosion usw. Und man muss auch bedenken, dass solche Hyphen auch immer mal wieder absterben, sich neue bilden usw....und dadurch bekommt man einen sehr hohen Kohlenstoffeintrag in den Boden, also mehr organische Bestandteile.

Wie bekomme ich nun mehr Mykorrhizapilze in meinen Boden?
Natürlich kann man sich entsprechende Präparate kaufen. Kosten teilweise sehr viel Geld und meistens ist es einfach nur eine Trägersubstanz (z.B. Sand) mit den Pilzsporen vermischt. Dann kann man schon einen Löffel davon bei seinen Jungtomaten dazugeben, die Symbiose entsteht und der Pilz wächst mit der Pflanze mit, vermehrt sich darin, bildet neue Sporen und breitet sich von dieser einen Pflanze in die Nachbarschaft aus.
Das wichtigste ist aber meiner Meinung nach, dass man dem Pilz dann auch eine günstige Lebensbedingung gibt. Offener Boden, hacken, pflügen etc. ist ganz schlecht für den Pilz. Er hat keine Pflanzen mit denen er eine Symbiose eingehen kann und man trennt die Hyphen ab usw. Besser ist es also wenn man eine Gründüngung einsät, den Boden nur minimalinvasiv bearbeitet.

Und wenn man sich doch einmal ein entsprechendes Präparat gekauft hat, dann kann man es auch selber ganz leicht weitervermehren: Man nimmt einen Top entsprechender Größe und gibt dort Substrat rein mit 10% Pflanzerde und 90% Sand. Als Wirtspflanze pflanzt man eine junge Mais oder Zwiebelpflanze rein und umgibt den Keimling großzügig mit dem Mykorrhizapräparat (das Mykorrhizapräparat kann ruhig 5-10% vom Gesamtgewicht des Substrats ausmachen). Es wird nicht gedüngt, sondern nur mit reinem Wasser gegossen! Die Maispflanze wächst also im Topf und mit ihr der Mykorrhizapilz. Die Nährstoffarme umgebung förder die Mykorrhizierung und auch wenn die Maispflanze irgendwann gar nicht mehr gut ausschaut, so wachsen zumindest die Mykorrhizapilze. Dieses Substrat kann man dann schonend trocknen (nicht heißer als 40°C) und nächstes Jahr wieder verwenden.

Sooooo, das wars erstmal. Das  war jetzt in etwa alles was mir spontan dazu eingefallen ist. Bei entsprechenden Fragen fällt mir sicher noch mehr dazu ein.

Viele Grüße
mycorrhiza
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Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Natternkopf am 01. Dezember 2017, 12:57:48
Salü mycorrhiza

Fleissig  :)

Verstehe zwar nicht alles, doch es liest sich interessant.

Grüsse Natternkopf
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Gartenplaner am 01. Dezember 2017, 13:03:27
Ich hab gleich mal ne Frage:
Ist eine Düngung mit organischem Dünger (getrockneter Mist gemischt mit Hornspänen) auch schon "störend" für eine Mykorrhiza-Symbiose?
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Natternkopf am 01. Dezember 2017, 13:18:38
Vielleicht passt das auch hier hin, als Zusatzinfo.

Textauszug / Zitat:
Das einzige was ich weiß ist, dass es die sogenannten MHB, die Mykorrhiza Helfer Bakterien gibt. Die braucht der Pilz, bzw. die Sporen, damit sie überhaupt keimen können. Man darf sich dieses Mykorrhiza-Pflanze System auch nicht als reines 2-teiliges System vorstellen. Besser wäre es von der Rhizosphere zu sprechen, also alles was sich im Bereich der Wurzel so tummelt. Und diese Rhizosphere wird sehr stark von den Ausscheidungen der Wurzel und der Pilzhyphen beeinflusst.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 01. Dezember 2017, 13:28:08
Ich hab gleich mal ne Frage:
Ist eine Düngung mit organischem Dünger (getrockneter Mist gemischt mit Hornspänen) auch schon "störend" für eine Mykorrhiza-Symbiose?

Bei organischem Dünger liegt Phosphor in sehr viel verschiedenen Formen vor und ist oft nicht direkt für die Pflanze verfügbar. Deswegen ist es nicht störend für die Mykorrhizapilze, sondern eher fördernd. Ich habe schon sehr viele Experimente mit organischen Dünger vs. konventionell gelesen, bei denen die Mykorrhiza den Organischen klar bevorzugt haben und insgesamt höhere Erträge erreicht wurden. Die allgemeine mikrobiologische Förderung von organischem Dünger spielt damit sicher auch mit rein.

@Natternkopf:
lese gerade in deiner Signatur: *Was dem Rasenfetischisten sein Mäher, ist dem Komposti sein Häcksler*

Musste dabei an mein erstes Experiment denken. Bin rausgegangen zu verschiedenen Community Gärten und habe Bodenproben gesammelt. Bei dem einen Garten waren sie gerade dabei fleißig zu häckseln, hauptsächlich Äste.
Später habe ich die Bodenproben genommen und als Bioassay Tomaten reingepflanzt. Bei diesem einem Boden von diesem einem Garten sind die Tomaten gar nicht erst gewachsen. Anstatt Boden hatte ich quasi nur Rindenmulch in der 0-10 cm Bodenschicht.
Und dann haben alle so traurig geschaut als ich später nochmal vorbeikam und die Resultate präsentiert habe. "Wie? Wir müssen unseren Häcksler weniger benutzen? Aber das ist doch unser Lieblingsspielzeug"  ;D ;D ;D
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Gartenplaner am 01. Dezember 2017, 14:35:49
Ok, vielen Dank!
Dann habe ich es wohl intuitiv richtig gemacht  :D

Vor ein paar Jahren habe ich einen Hain mit besonderen Koniferen angepflanzt und mir damals auf die Baumarten abgestimmte Mykorrhiza besorgt - ob sie sich etablieren konnte, sei dahingestellt.
Die Jahre danach wollte ich aber trotzdem den Bäumchen etwas Gutes tun, möglichst ohne die Pilze zu schädigen, deshalb hab ich mir diese organische Mischung überlegt und jedes Jahr im Frühjahr einmal ausgebracht.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Gartenplaner am 01. Dezember 2017, 15:21:39
Und ich habe gleich noch eine Frage - es gibt hier im Forum einen sehr "lebhaft" geführten Thread zu Glyphosat und dem ganzen politischen Gezerre darum.
Grad wurde ein Link zu einem Interview gepostet, in dem die Rede geht von angeblichen Auswirkungen von Glyphosat auf Boden-Mikroorganismen, vor einer Weile war ich auch schon über Studien gestolpert, die aussagten, daß der massive Glyphosat-Einsatz das Bodenleben beeinflussen könnte.

Weißt du dazu mehr?
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Natternkopf am 01. Dezember 2017, 19:00:04
Salü mycorrhiza


@Natternkopf:
lese gerade in deiner Signatur: *Was dem Rasenfetischisten sein Mäher, ist dem Komposti sein Häcksler*

Musste dabei an mein erstes Experiment denken. Bin rausgegangen zu verschiedenen Community Gärten und habe Bodenproben gesammelt. Bei dem einen Garten waren sie gerade dabei fleißig zu häckseln, hauptsächlich Äste.
Später habe ich die Bodenproben genommen und als Bioassay Tomaten reingepflanzt. Bei diesem einem Boden von diesem einem Garten sind die Tomaten gar nicht erst gewachsen.
Anstatt Boden hatte ich quasi *nur Rindenmulch in der 0-10 cm Bodenschicht.
Und dann haben alle so traurig geschaut als ich später nochmal vorbeikam und die Resultate präsentiert habe. * *"Wie? Wir müssen unseren Häcksler weniger benutzen? Aber das ist doch unser Lieblingsspielzeug"  ;D ;D ;D


* / * *
Nun ja, das kann es geben.  :D
 
Eben nicht nur holziges auf die Beete, sondern: ... ... ist dem Komposti sein Häcksler.

Du kennst vermutlich von mir das noch nicht.  ;)

Grüsse Natternkopf

PS:
Noch eine Frage:
Brauche ich Mykorrhizapilze in meinem Kompost?
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 02. Dezember 2017, 03:48:02
Und ich habe gleich noch eine Frage - es gibt hier im Forum einen sehr "lebhaft" geführten Thread zu Glyphosat und dem ganzen politischen Gezerre darum.
Grad wurde ein Link zu einem Interview gepostet, in dem die Rede geht von angeblichen Auswirkungen von Glyphosat auf Boden-Mikroorganismen, vor einer Weile war ich auch schon über Studien gestolpert, die aussagten, daß der massive Glyphosat-Einsatz das Bodenleben beeinflussen könnte.

Weißt du dazu mehr?

Ueber Glyphosat und Mycorrhiza/Bodenlebewesen habe ich noch nichts gelesen. Jedoch wirken systemische Fungizide sehr negativ auf Mykorrhizapilze. Sie werden zwar nicht komplett abgetoetet, aber nach jeder Spritzung stellen sie das Wachstum fuer ein paar Tage bis Wochen ein. Und oft ist es ja so, dass dann schon wieder die naechsten Fungizide appliziert werden.
Kontaktfungizide ohne systemische Wirkung ist da etwas besser, gelangt aber natuerlich auch in den Boden und mindert das Mykorrhizawachstum.
Kupfer und andere Schwermetalle sind ebenso sehr schaedlich. Kann dann passieren, wenn viel Schweineguelle geduengt wird, welches relativ viel Kupfer enthaelt.

@Natternkopf:
Im Kompost brauchst du keine Mykorrhiza. Wenn du Heisskompostierung machst, dann ueberleben die Mykorrhiza das sowieso nicht. Und bei Kaltkompostierung wachsen nicht genug Pflanzen auf der Kompostschicht um eine gute Mykorrhizierung zu erreichen.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Staudo am 02. Dezember 2017, 07:52:17
Bevor ein falscher Eindruck entsteht: Fungizide sind Mittel gegen Pilze (Mehltau, Rost, Grauschimmel etc.), Damit ist eine Wirkung gegen Mykorrhiza an sich logisch. Kupfer wird ebenfalls und vor allem im Bio-Weinbau gegen Pilzkrankheiten eingesetzt. Also ist auch diese Wirkung nachvollziehbar. Glpyhosat dagegen ist ein reines Herbizid, bekämpft also Pflanzen. Damit ist eine Wirkung gegen Mykorrhiza deutlich unwahrscheinlicher.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: MarkusG am 02. Dezember 2017, 08:19:08
Hallo Mykorrhiza,

vielen Dank für Deine sehr spannenden Ausführungen. Erst gestern schilderte mir eine Bekannte, sie habe einen Artikel, den sie mir geben wolle, in dem ausgeführt sei, dass Bäume ihren Nachwuchs stillen würden. Ich war schon gespannt, den Artikel zu bekommen, habe aber wohl heute von Dir bereits die Auflösung erhalten.

Gruß

Markus
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: neo am 02. Dezember 2017, 09:25:34
Hallo mycorrhiza

Ich habe auch noch eine Frage: Ich habe das soweit verstanden, dass diese Pilze eine gute Partnerschaft für Pflanzen bedeuten. Nehmen wir an, ich habe einen Strauch in einem Topf und möchte diesen unterstützen, insbesondere, da er ja in einer gewissen Stressituation steht.
Nun kann ich ja einfach zu einem Baum gehen, mir dort Boden nehmen (in welcher Tiefe oder egal, weil die Sporen sind überall?) und dem Topfsubstrat beigeben? Gibt es Bäume die besonders starke Mykorrhizapartnerschaften haben und wo sich das Graben besonders lohnen würde, weiss man das?
(Bei uns steht eine grosse Kiefer im Garten und ich habe mich schon öfters gefragt, was in ihrem Boden wohl ist, dass die Pflanzen dort so kräftig wachsen, trotz Trockenheit. Ob das nun der positive Einfluss von Mykorrhiza ist? Wirklich wissen werde ich es wohl nie. ;))
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 02. Dezember 2017, 09:54:45
@neo:
Wenn der Strauch auch Ektomykorrhiza und keine Endomykorrhiza-Symbiose hat, dann kannst du das auf jeden Fall machen.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: neo am 02. Dezember 2017, 10:29:43
Umgekehrt wäre besser weil sehr viel häufiger ((schnell gegoogelt). Danke.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 02. Dezember 2017, 11:23:04
Was hältst Du von der Annahme:
Ein vorhandenes günstes Pilzbodenleben macht es anderen Pilzen schwerer sich dort breit zu machen. Das wäre also auch potentiell ein Schutz gegen Schadpilze und eventuell sogar bakteriellen  Schädlingen gegen die sich ein Pilzmyzel ja auch wehren muß.
Es gibt ja auch  Pilz,  die Insekten oder Nematoden "fressen" Wären dabei sogar Mycorrhizza Pilze aktiv?
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 02. Dezember 2017, 11:33:54
Hallo Mycorrhiza, vielen Dank für Deine sehr interessanten, zusammenfassenden Informationen zu den Wurzelpilzen. Ich war erstaunt, dass der C-Transfer auch unter den Bäumen offensichtlich nachgewiesen ist, Du beschreibst es zwischen alten und jungen Bäumen. Sehr interesssant, wusste ich noch nicht.
Von den heimischen Orchideen wusste ich lediglich, dass sie einen Teil ihres Kohlenstoffs aus den Pilzen ziehen und daher auch in Kultur mit Mycorrhiza wesentlich besser wachsen als ohne.
Zumindest für die Orchideen scheint es auch zu stimmen, was Du gerade schreibst, Partisanengärtner, dass sie das Immunsystem der Pflanze ersetzen.

Für die heimischen Orchideen scheint es zwei Typen vom Pilzbeziehungen zu geben: mit Ectomycorrhiza von Bäumen und mit saprophytischen Rhizoctonia.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 02. Dezember 2017, 12:44:58
dass Bäume ihren Nachwuchs stillen würden.

dem Biologen sträuben sich nicht nur die Haare wegen dieses Schwachsinns! Dieser Förster, dieser Wohldingens, dem ist echt nix zu schade um Auflage zu machen und in die Spiegel charts zu kommen. Auch in Talkshows sitzt er rum und lässt sich von Mädels bejubeln. Eklig.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 02. Dezember 2017, 13:26:41
dass Bäume ihren Nachwuchs stillen würden.

dem Biologen sträuben sich nicht nur die Haare wegen dieses Schwachsinns! Dieser Förster, dieser Wohldingens, dem ist echt nix zu schade um Auflage zu machen und in die Spiegel charts zu kommen. Auch in Talkshows sitzt er rum und lässt sich von Mädels bejubeln. Eklig.

http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1365-2745.2009.01570.x/full
Soll das nun heißen, dass du ein Kapitalist bist anstatt Sozialist? Tut mir Leid, aber ich weiß nicht wie ich deine Antwort interpretieren soll. Dass du den Wohlgemut nicht leiden kannst verstehe ich. Seine Bücher lesen sich zwar schön und ein paar Wahrheiten sind darin versteckt, aber nach seiner Logik müsste eigentlich schon jeder Wald in Deutschland unwiderbringlich verloren sein. Und das sind sie nicht. Erinnert ein bisschen an das Waldsterben....Umwelt- und Klimaschutz in aller Ehre, aber diese "Mach deinen Wasserkocher nur so voll wie du auch Wasser brauchst"-Logik hat einen nicht messbaren Wert und führt nur zu Angstmacherei und unnötigem Komfortabbau.

Aber zurück zu den CMN. Ja, die Bäume unterstützen sich gegenseitig. Das wurde nun schon mehrfach bewiesen, u.a. durch Radioisotope die so in der Natur nicht vorkommen. Baum A wurde mit 14-CO2 begast (und auch nur der alleine!) und einige Zeit später konnte man es dann auch bei benachbarten Bäumen feststellen.

@Partisane
Wenn ich deinen Post richtig interpretiere, dann muss man da nichts annehmen. Auch das wurde schon nachgewiesen: Mykorrhizapilze helfen gegen Pflanzenkrankheiten:
- Sie besetzen die Pflanzenwurzel und machen sie so für Pathogene schlechter erreichbar
- Sie benutzen Ressourcen (z.B. Wasser) die somit weniger für die Pathogene zur Verfügung stehen
- Sie fördern das Wurzelwachstum und damit gesünderes Wurzelsystem
- Sie triggern bei Pflanzen durch sogenannte MAMPs und PAMPs das pflanzeneigene Abwehrsystem
- Sie triggern das Abwehrsystem von Pflanzen aller umliegenden Pflanzen bei Befall einer Einzigen

In Versuchen konnte man schon so zahlreiche Vorteile nachweisen. In der Praxis ist es dann nicht ganz so übertragbar. Das Ganze liest sich immer so, als ob Mykorrhiza die Antwort auf alle Fragen sind. Theoretsch könnten sie das sein, aber praktisch findet das nicht statt.  Es ist halt noch unglaublich viel Forschung notwendig. Und trotzdem kann es nur von Vorteil sein wenn man die Mykorrhizierung im eigenen Garten/Acker durch bestimmte Praktiken so hoch wie möglich hält.
Wenn die Symbiose Pilz-Wurzel nicht sinnvoll wäre, dann hätten die Pflanzen sich schon vor Jahrmillionen davon abgesagt und lieber ihr eigenes Ding durchgezogen.
Aber wir Menschen brauchen eben ab und zu auch mal eine Dosis Pilze (Antibiotika), und so sehe ich das bei Pflanzen auch so.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 02. Dezember 2017, 14:21:42
Wie man bei den emotionalen Einwürfen von unserer Biologin Pearl lesen kann bin ich nur gelegentlich ein wenig vorsichtig mit meinen Ansagen, wenn ich mit ausgewiesenen Fachleuten kommuniziere.

Danke für Deine sehr erhellenden Beiträge. Deine emotional so angehm rüberkommendes Wissen ist eine Bereicherung. So gar nicht Glaubenskrieger der Wissenschaft. 8)
Danke :D

Ich experimentiere in meinen Topfkulturen auch ein wenig mit Pflanzengesellschaften, da sich gerade bei Heikelchen die in Topfkultur oft Probleme machen das System stabiler scheint. Besonders bei Pflanzen von Extremstandorten wie Moorvegetation etc.

Dabei sind die Töpfe tendenziell größer und meist mit unterschiedlichen Arten besetzt. Die Pilzattacken die Kollegen bei diesen Kulturen haben sind mir weitgehend unbekannt. Substrate habe ich entweder mit eingelaufenen Pflanzsubstraten aus anderen Töpfen beimpft oder als Glücksfall von dem abgeschobenen Oberboden einer moornahen Sandgrube.
Aufgelaufene Ericaceae als Mycorrhizalieferanten setze ich auch öfter.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 02. Dezember 2017, 16:07:52
Aha, C14-Transport von Baum zu Baum nachgewiesen!!! Danke für die Info.
Zunächst noch eine Frage: zählt man die saprophytischen Rhizoctonia auch als Mycorrhiza?
Das mit den symbiotischen Systemen, das Partisanengärtner beschreibt, interessiert mich auch sehr.
Mich interessiert es u.a. aus der Perspektive meiner misslungenen Kulturversuche mit Cypripedium-Sämlingen aus der In-Vitro-Kultur. Sie sind einfach empfindlich ohne ihren Pilzpartner. Es wird zwar die pilzfreie Kultur immer wieder empfohlen, aber auf Dauer scheint die Kultur eben doch besser zu klappen, wenn der Pilz da ist. Symbiose will ich das hier nicht nennen, weil der Beitrag der Orchidee für den Pilz meines Wissens ungeklärt ist, also eher Parasitismus der O. am P.
Also, wie macht man das mit der "symbiotischen" Kultur? Ich kann nur meinen letzten Versuch schildern, dessen Ausgang noch ganz unbekannt ist und Mycorrhiza hat ja auch schon darauf hingewiesen, dass Kulturversuche von den richtigen Pilzen nicht einfach sind, schon weil auch immer andere Pilze dabei sind.
erst mal abschicken....
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 02. Dezember 2017, 16:14:57
So, Folgendes habe ich probiert: Cypripedium-calceolus Sämlinge (es ist kein wissenschaftliches Experiment, n = 2 Stück)
sind ja wie gesagt sehr empfindlich gegen allerlei Infektionen und sollen ohne den Pilz eher in mineralischem Subtrat gehalten werden, um das Infektionsrisiko gering zu halten.
Ich habe aus der Umgebung wild wachsender Cypripedium ein wenig Streu eingesammelt und das zum Beimpfen genommen. Das Substrat für den Pilz ist Buchenlaub, das ich etwas zerkleinert habe, um die Angriffsfläche für den Pilz zu schaffen.
Da die Sämlinge nicht unmittelbar in das Laub sollen, kam das Laub nach außen und unten, mineralisches Suibtrat dann direkt um die Wurzeln herum.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 02. Dezember 2017, 16:18:41


um das jetzt mal klar zu machen. Mir gefällt nicht, wenn naturwissenschaftliche Sachverhalte anthropozentrisch oder esoterisch missbraucht und völlig falsch benannt werden. Ob es um die "Energie" geht, die in irgendwelcher "Aura" drin ist, es bei jeder morphologischen Veränderung um "Mutanten" geht, oder jetzt darum, dass Bäume ihre "Kinder stillen". Solche infantilisierende Sprache ist überflüssig.

Biologisch gesehen stehen Lebewesen miteinander in Wechselbeziehungen. Es gibt Netzwerke, die mehr oder weniger kompliziert sind und es gibt in der Mikrobiologie in den letzten Jahren enorme Fortschritte, weil die Methoden immer ausgereifter sind und es möglich macht, immer engmaschigere Wechselwirkungen nachzuweisen.

Die Wechselwirkung zwischen Pflanze und Pilz, Staude und Bakterium, Boden und Wurzeln, ... sind allerdings schon ein paar Jahrzehnte gut untersucht, nur dass das jetzt auch in den Bestsellerlisten auftaucht, das Thema, das ist neu. Leider ist zu erwarten, dass einen in Zukunft Laien darüber aufklären, dass Bäume nicht nur stillen, sondern auch kacken und dass sie kommunizieren, das wusste die beseelte Großtante aus Ostpreußen schon immer, denn die hat mit Bäumen geredet und wunderbare Antworten bekommen, die der Familie das Überleben gesichert hat, damals.

Gegen biologisches Denken habe ich dagegen nichts. Verknüpfungen herzustellen, Netzwerke zu untersuchen,  und Interaktionen aufzuklären ist sehr sinnvoll. Es ist ganz unnötig für diese Zusammenhänge vermenschlichende Begriffe zu verwenden.



Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 02. Dezember 2017, 16:20:21
Die Hoffnung ist, dass der Pilz sich im Laub etabliert, Hyphen auch bis zu den Sämlingen streckt und diese besiedelt. Dazu habe ich den Topf nun im Herbst erst 6 Wochen lang bei 15° aufgestellt und nun seit ein paar Tagen kühl.  Zum Vergleich sind andere C.-Sämlinge in rein mineralischem Substrat. Mal schauen, was herauskommt. Ich habe ja so meine Zweifel, dass das klappt!!!
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 02. Dezember 2017, 16:22:20
sorry, habe Eure Diskussionen mit meinen Experimenten unterbrochen. Hier noch das letzte Bild:
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 02. Dezember 2017, 16:23:11
nee, super, Eckhard Ich will gleich dazu was schreiben ...

warum hast du nicht etwas von dem Mulm genommen, oder aus der Moderschicht? Die Entnahme ist allerdings aus naturschutztechnischer Sicht problematisch.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 02. Dezember 2017, 16:27:07
Es gibt dazu aber auch ganz neue Studien, die durch neue Methoden, z.B. mit der Isotopenanalyse vertiefte Erkenntnisse brachten. Z.B. dass dieser C-Transfer vom Baum über den Pilz erhebliches Ausmaß annimmt. Das konnte man früher noch nicht quantifizieren. Bei Cephalanthera, also einer grünen und phtosynthetisch aktiven Orchidee, kann bis zu 80% des Kohlenstoffs über den Pilz aus dem Baum geliefert werden. Ist doch erstaunlich!!!
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 02. Dezember 2017, 16:29:03
meine Allgemeine Mikrobiologie vom Thieme Verlag wusste das aber schon in den 80er Jahren. Dass der Pilz von den Assimilaten der Pflanze lebt.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 02. Dezember 2017, 16:29:25
Jetzt verquirlen sich die beiden Themen, macht nix  ;)

Ich habe die wilden C. absichtlich nicht gestört, sondern die Streu unterschiedlichen Zersetzungsgrades in eingem Abstand genommen - in der Annahme, dass der saprophytische Pilz nicht nur super-lokal vorkommt. Das ist doch ok, nicht wahr? Es waren auch nur kleine Mengen, die ich entnahm.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 02. Dezember 2017, 16:30:18
Aber neu ist, dass die grüne Orchidee C aus dem Baum erhält.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 02. Dezember 2017, 16:33:06
z.B.: Gebauer et al. (2016): Partial mycoheterotrophy is more widespread among orchids than previously assumed. New Phytologist 211:11-15.
Sehr spannend!!!!
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 02. Dezember 2017, 16:34:21
Aber neu ist, dass die grüne Orchidee C aus dem Baum erhält.

wieso sollte sie nicht, wenn sie schon drauf wächst? Auch Misteln produzieren nicht alle Zucker selber.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 02. Dezember 2017, 16:49:26
da hast Du schon geahnt, wozu die Forschung dann noch eine Weile für den Nachweis gebraucht hat! 
Manche sind ihrer Zeit einfach ein Stück voraus!  ;)
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 02. Dezember 2017, 17:00:43
Aber noch einmal zurück zu dem Frauenschuh-Experiment: Eine Sache lässt mich auch noch zweifeln: der Herr, der die C.c. aussät ist sehr erfahren und vertritt die Meinung, dass C. calceolous mit Mycorrhiza von Bäumen in Verbindung steht. Die wissenschaftliche Literatur sagt aber: saprophytische Pilze. Ich gebe schon auch viel auf die praktische Erfahrung, dann bräuchte man aber ein Ammenbäumchen. Das wollte ich ja letzten Winter probieren, fand dann aber die Ausführungen von Gebauer in der Literatur und habe nun erstmal auf die Saprophyten gesetzt.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Natternkopf am 02. Dezember 2017, 18:58:16
@mycorrhiza

Danke #8 🌿

Grüsse Natternkopf
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 02. Dezember 2017, 23:23:20
Aber noch einmal zurück zu dem Frauenschuh-Experiment: Eine Sache lässt mich auch noch zweifeln: der Herr, der die C.c. aussät ist sehr erfahren und vertritt die Meinung, dass C. calceolous mit Mycorrhiza von Bäumen in Verbindung steht. Die wissenschaftliche Literatur sagt aber: saprophytische Pilze. Ich gebe schon auch viel auf die praktische Erfahrung, dann bräuchte man aber ein Ammenbäumchen. Das wollte ich ja letzten Winter probieren, fand dann aber die Ausführungen von Gebauer in der Literatur und habe nun erstmal auf die Saprophyten gesetzt.

selber kultiviere ich keine Cypripedium calceolus. Bisher habe ich überhaupt noch keine in natürlichen Beständen gesehen. Geplant ist, das im Mai/Juni 2018 nachzuholen.

So wie ich das Problem verstehe, das in Kultur auftritt, wenn man selber vermehrt, wie bekomme ich die über die ersten laubblattlosen Jahre?

Zu Füßen einer Mutterpflanze ist ja für alles gesorgt. Wie mach ich das also in vitro? Das ist ein alchemistisches Problem. Wenn dieser Herr den Dreh raus hat, dann würde ich mich streng an dessen Anleitung halten.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 02. Dezember 2017, 23:39:19
ach so! "Die Pflanze lebt mit einem Pilz der Gattung Rhizoctonia in Symbiose" wiki. Symbiose meint in dem Fall, dass der Frauenschuh auf Destruenten angewiesen ist, die extrazellulär Cellulose und andere polymere Kohlenhydrate abbauen. Pilze sind da am effektivsten. Es reicht also einen guten Humus zu haben. Basische Mineralstoffe und organisches Material um einen milden Humus zu bekommen, der eine feinkrümelige Struktur hat. Am besten Waldboden über Jurakalksplitt mit Lösslehm.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 03. Dezember 2017, 00:53:13
@pearl
Also ich habe nun kein Problem damit wenn jemand sagt, dass die alten Bäume ihre Jungen stillen. Ja, das ist gut möglich, dass das meine Oma vor 80 Jahren auch schon so beschrieben hat, aber das ändert nichts an der Tatsache. Schamanistische Medizin und Volksmedizin ist durch Erfahrung und Beobachtung entstanden. Und dann hat man probiert durch Geschichten und Geister dem ganzen einen Sinn zu geben. Und so hat man dem Fliegenpilz einfach dem Donnergott geweiht, weil man verdruffterweiße auch bei geschlossenen Augen Blitze sieht. Heutzutage nennt man das dann closed eye vision und weiß, dass es durch das Muscimol entsteht, das ein hochaffiner GABA Antagonist ist. (hab am Freitag übrigens erst erfahren, dass Pflanzen auch GABA als Hormon in den Wurzeln produzieren. )
Das sind einfach zwei verschiedene Ansätze und für mich sind beide Ansätze wichtig. Natürlich arbeite ich selber zu 100% nach der neuen logischen Wissenschaft, deswegen will ich das Alte nicht als Humbug abtun sondern versuchen daraus zu lernen. Und gerade weil ich momentan in Australien bin beschäftige ich mich sehr viel mit den Aborigines (sollte man hier übrigens nicht sagen, sondern lieber "first people/australians") und bin immer wieder erstaunt was man da lernen kann.

Und dann finde ich es immer noch nicht schlimm, wenn man Analogien verwendet um bestimmte Zusammenhänge zu erklären, damit es auch jeder versteht. Solange der Sinn erhalten bleibt ist doch alles gut. Und heutzutage sagt auch keiner mehr "die Bäume stillen ihre Jungen, weil das ihr Fleisch und Blut ist. Sondern: Die Bäume stillen ihre Jungen, wegen Mykorrhiza, wenn du mehr wissen willst, dann informier dich genauer im Internet. Die heutige Wissenschaft hat nämlich ein gewaltiges Problem ihr Wissen zu vermitteln. Wir leben in unserer Blase vor sich hin und wundern uns dann, dass immer mehr Aktivisten auf Twitter und Co. gegen uns wettern. Ich kanns ja auch irgendwie verstehen, dass Menschen Angst vor GMO haben, wenn die ganze Zeit nur von Kaskaden und Transkriptionsfaktoren gesprochen wird. Man muss es ja dann auch nicht auf Kindergartenniveau runterbrechen, aber irgendwo muss man schon schauen, dass man es auch gut vermitteln kann.

@Eckhard
Also Mykorrhiza leben nach Ansicht vieler Autoren in einem sogenannten Symbiose-Parasitismus-Continuum. Das heißt, je nach Umweltbedingung und Lebensalter der Symbiose kann sich das Zusammenleben von Symbiose in Parasitismus umwandeln und umgekehrt.
Bezüglich dem Frauenschuh weiß ich nun auch nicht so wirklich Bescheid. Laut Wikipedia lebt er in Symbiose mit Rhizoctonia, welcher aber kein Mykorrhiza ist.
Andererseits weiß ich, dass manche Pilzarten die nicht den "klassischen" Mykorrhizapilzen zugeordnet werden auch mykorrhiza-ähnliche Strukturen bilden bzw. die Wurzeln kolonisieren können. So z.B. Piriformospora indica.
Von daher würde ich es einfach mal glauben, dass Frauenschuh und Rhizoctonia in enger Symbiose leben und aufeinander angewiesen sind. Ob nun Mykorrhizastrukturen wie Vesikel und Arbuskeln gebildet werden weiß ich nicht. Aber wie du bereits geschrieben hast kann Rhizoctonia auch einfach nur sehr wichtige Enzyme haben, die dann der Orchidee von Nutzen sind.
Ich persönlich würde wahrscheinlich versuchen in-vitro zu arbeiten und von einer Uni ein Rhizoctonia Isolat zu bekommen. Daheim kann man schon sehr gut arbeiten mit einer Glovebox/Still Air Box und einem Dampfdruckkochtopf. So vermehre ich meine Austernseitlinge und Shiitake schon seit Jahren. Und sobald man den Pilz auf der Petrischale hat kann man ihn mit sterilem Wasser auf eine Spritze aufziehen und jede Pflanze einfach beimpfen.

Dein Ansatz mit dem gesammelten Laub könnte auch gut funktionieren. Von Apfelschorf (Venturia inaequalis) hab ich auch schon öfters die Blätter einfach nur "abgewaschen" auf Petrischalen. Natürlich wächst dann so alles mögliche und bis zur Reinkultur hat man noch viel arbeit, aber u.a. wächst eben auch der Apfelschorf.
Du könntest eine Liquid Culture probieren. 1 Esslöfel Honig auf 500 ml Wasser, im DKT 90 Minuten sterilisiern, und nachdem das  abgekühlt ist dein gesammeltes Laub über dem Honigwasser mit etwas Wasser ansprühen, so, dass es dann schließlich im Honigwasser landet. Jeden Tag 2x schütteln/schwenken und Deckel kurz öffnen zwecks O2. Natürlich wächst dann erstmal "alles" in dieser Kultur, aber mit etwas Glück eben auch der gesuchte Symbiosepilz. Und mit noch mehr Glück ist das andere Zeug das darin wächst nicht schädlich für deine Orchidee.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: MarkusG am 03. Dezember 2017, 08:04:02
Jetzt möchte ich aber doch noch einmal ein Kleinigkeit zum Thema "Anthropomorphismus in der Wissenschaft" sagen.

Offenbar habe ich da unbeabsichtigt einen Nerv bei Pearl getroffen. Das wollte ich nicht, aber dafür entschuldige ich mich auch nicht. Bei aller Wertschätzung für Deine Person, Pearl, aber manchmal reagierst Du etwas zu heftig.

Ich denke, Wissenschaft kommt nicht ohne Anthropomorphismen aus, weil wir natürlich das, was wir beobachten in eine Sprache übersetzen müssen, die wir verstehen. Auch der Begriff "Netzwerke", den Du Pearl sehr gerne benutzt ist insofern ein Anthropomorphismus, als wir heutigen in Netzwerken leben und kommunizieren (Facebook, diverse Foren, Arbeitsnetzwerke, Computer, usw.) und wir dies deshalb selbstverständlich in die Natur projizieren. Nur fällt es uns an dieser Stelle nicht auf.

Was ich Dir zugestehe, ist das Problem, dass das Wort "Stillen" eine Intentionalität beinhaltet, die zunächst eine Unterstellung ist. Aber auch da wäre ich nicht erstaunt, wenn zukünftige Generationen damit weniger Probleme haben sollten als wir, denn am Beispiel der Tierwelt ist festzuhalten, dass viele Jahrhunderte lang den Tieren das "Seelenleben" und damit beispielsweise auch das Schmerzempfinden einfach aberkannt worden ist. Vor einigen Jahrhunderten hätten wir uns mit unserer heutigen Auffassung vom Innenleben vieler Tiere einfach nur lächerlich gemacht. Was ich damit sagen will, kein Mensch weiß, ob Pflanzen zu so etwas wie "absichtlichem Verhalten" in der Lage sind oder nicht. Damit möchte ich explizit nicht behauptet haben, Pflanzen hätten ein Bewusstsein, ich möchte nur sagen, dass auch diesbezüglich die Sichtweisen sich im Laufe der Menschheit verändern können.

Die Kinderwelt ist voller Anthropomorphismen, aber auch Kunst, Werbung, etc. Das alles stört die meisten von uns überhaupt nicht. Vermenschlichende Darstellungen sind also nicht an sich ein Problem, sondern allerhöchstens in bestimmten Kontexten, wenn sie nicht ausreichend reflektiert sind. Ich finde aber, durch die Darstellungen von Mykorrhiza wurde das "Stillen" ausreichend reflektiert.

Und zum Schluss - ich kann es mir nicht verkneifen: Mit Deiner Formulierung:


Zu Füßen einer Mutterpflanze ist ja für alles gesorgt.

hast Du hoffentlich weder "Füße" noch "Mutter" sagen wollen. Und die Formulierung: "ist für alles gesorgt" ist Dir wahrscheinlich auch nur so rausgerutscht. Was Du eigentlich sagen wolltest, ist:

"Im Umkreis von x cm von Netzknotenpunkt 1 befinden sich ausreichend Nährstoffe für Netzknotenpunkt 2."

Markus
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: bristlecone am 03. Dezember 2017, 08:18:22
Erstmal danke für diesen thread bzw. für die interessanten Infos, mycorrhiza, die du uns hier gibst.

Zu dem Thema, dass MarkusG gerade ansprach: Ich sehe auch zunächst nichts Schlimmes darin, zu Analogien zu greifen, um Dinge zu erläutern und begreiflich zu machen.

Wir sollten uns nur darüber im Klaren sein, dass in der Natur nichts "mit Absicht" geschieht, also zweckgerichtet aufgrund einer Erkenntnis. Die Prozesse, die wir beobachten, sind Ergebnis der Evolution, und die ist nicht zweckgerichtet oder von einem Weltgeist gesteuert.

Deswegen muss man sich nicht ständig um eine Sprache bedienen, wie sie in wissenschaftlichen Arbeiten notwendig ist. Aber man sollte das im Hinterkopf haben, sonst wird es schnell mal ein wenig zu menschelnd.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: MarkusG am 03. Dezember 2017, 09:09:34
Hallo bristlecone,

ich Grunde stimme ich Dir in Deinen Ausführungen zu, würde jedoch vor all zu apodiktischen Aussagen warnen wollen. Wo setzt Du die Grenze der Intentionalität, also des absichtsvollen Handeln?

Wenn mir jemand auf den Fuß tritt, ist es für meine Lebenswelt entscheidend, ob es absichtlich geschehen ist oder nicht. Es wäre absurd, in diesem Zusammenhang zu sagen, das Ganze sei lediglich ein evolutionärer Prozess. Wenn ein Kind Süßigkeiten vom Tisch stiehlt, würden wir wahrscheinlich in den meisten Fällen auch von Absicht sprechen, was man auch daran erkennt, dass wir schimpfen. Wenn ein Hund eine Stück Wurst vom Tisch stiehlt, schimpfen wir möglicherweise auch und denken nicht an evolutionäre Prozesse, sondern an klare Absicht. Wir können die Beispiele weiterführen, es wird schwierig werden, eine Grenze zu bestimmen, ab der die Feststellung von "Absichten" ganz klar illegitim wäre. Wenn in einem Zoo ein Bär eine Krähe rettet (wie kürzlich geschehen), die in den wassergefüllten Bärengraben gefallen ist, ist dass dann Absicht oder Evolution? Vielleicht hat die Evolution ja unabsichtlich Absichten ermöglicht? Und wer verfügt dann über "Absichten" und wer nicht?

Solche Grenzziehungen (z.B. intentional vs. nicht intentional, Natur vs. Kultur) sind leicht daher gesagt (wobei ich, lieber Bristlecone, weiß, dass Du hier sehr wertvolle, aufklärende Beiträge postest, die ich immer wieder gerne lese und für die ich sehr dankbar bin), aber im Detail kaum zu halten.

Was ich sagen möchte ist, dass hervorragende Wissenschaftler häufig schlechte Philosophen sind, weil sie ihre Erkenntnisse all zu sehr in Weltbilder verwandeln, was ja an sich nicht schlecht ist, die sie dann aber als bewiesen betrachten.

Zum Abschluss ein Zitat eines Mannes, der für mich diesbezüglich noch immer von höchster Aktualität ist:

"Wenn ich einsehende Männer miteinander wegen der Charakteristik der Menschen, der Tiere und Pflanzen, ja selbst der Körper des Mineralreiches im Streite sehe, ..., so darf ich nur die Beschaffenheit des Gegenstandes in Betrachtung ziehen, um zu begreifen, dass er für beide (streitende Seiten, Ergänzung von mir) viel zu tief verborgen liege, als dass sie aus Einsicht in die Natur des Objekts sprechen könnten." (Kant: Kritik der reinen Vernunft)

Er führt an der Stelle noch weiter aus, wie er das meint. Erfahrungen (wie würden von Fakten sprechen) müssen verbunden werden und diese Verbindungen und die Art und Weise, wie wir die Verbindungen denken, sind wiederum nicht voll durch die Faktenlage gedeckt. Dieses Vorgehen sei zwar legitim, helfe jedoch lediglich, der Vernunft "den Weg vorzuzeichnen". Heute würden wir sagen, es geht um Heuristik oder Hermeneutik, also grob gesagt, um die Art und Weise, wie wir die Welt verstehen und wie wir mit einer immer und prinzipiell begrenzten Faktenlage doch versuchen, ein Weltbild zu entwerfen, dass uns Orientierung gibt.

Weltbilder sind nützlich, notwendig, manchmal erschreckend, manchmal schön und beruhigend, sie sind aber niemals durch die Faktenlage gedeckt!

Markus

Ergänzung: ich muss jetzt in den Garten, Hühner versorgen. Gruß
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: neo am 03. Dezember 2017, 11:05:38
Ich versuche einfach mal meine Fakten grob zu gliedern und hoffentlich kann in diesem Thread ein wenig Wissen vermittelt werden. Ich will dabei auch mal etwas "unwissenschaftlich" sein, solange ich damit keine Tatsachen verdrehe. Immerhin soll es auch etwas interessant sein, und damit kann man sich die ganzen Sachen auch leichter merken.

Ich überlege mir lange nicht so viel wie Markus. Der Ausschnitt aus dem Eingangspost trifft es für mich ganz gut, und ich habe die anschliessenden Erläuterungen auch verstanden.
Ich bin der Wissenschaft dankbar, wenn sie sich (am rechten Ort) einer populär-wissenschaftlichen Sprache bedient. Das muss sie auch, ausser sie hätte gar kein Interesse daran, dass der nicht-wissenschaftliche-Mensch auch ansatzweise begreifen kann.
Da u.a. auch Steuergelder für die Forschung eingesetzt werden habe ich auch eine Recht drauf, dass Wissenschaft ihre Sprache anpassen kann, finde ich. ;) (Wie diese Sprache nun genau gefärbt ist, wahrscheinlich macht es eine gute Mischung und nicht jeder Wissenschaftler wird diesbezüglich gleich begabt sein.)

Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Natternkopf am 03. Dezember 2017, 11:12:55
Das geht mir / sehe ich etwa gleich.

Da u.a. auch Steuergelder für die Forschung eingesetzt werden habe ich auch eine Recht drauf, dass Wissenschaft ihre Sprache anpassen kann, finde ich. ;) (Wie diese Sprache nun genau gefärbt ist, wahrscheinlich macht es eine gute Mischung und nicht jeder Wissenschaftler wird diesbezüglich gleich begabt sein.)

Grüsse Natternkopf
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 03. Dezember 2017, 11:45:48
Danke, Mycorrhiza und Pearl für Eure Hinweise und Ideen, wie man ein Orchideen-Pilz-Verhältnis etablieren könnte! Die Hinweise von Pearl habe ich auch bereits teilweise befolgt und Muschelkalk-Splitt an die Stelle eingebracht, wo sie später mal im Garten wachsen sollen.
Die In-Vitro-Kultur zur Ausaat von Cypripedium kann ich nicht selber machen, man kann aber solche Sämlinge kaufen, die dann bereit zum Auspflanzen sind und im kommenden Frühling ihr erstes Blatt treiben. Soweit hat es ja bei mir auch schon geklappt, bis dann später die Infektionen kamen, nach dem Austrieb der ersten Blätter. Daher interessiert mich nun der Ansatz mit Pilz. Das mit der Reinkultur von Rhizoctonia erscheint mir leider auch zu kompliziert: Die Art, mit der Cypripedium lebt ist nicht bestimmt und die Gattung enthält viele Phythopathogene - da kann man leicht den falschen Pilz erwischen! Ich werde einfach berichten, ob es klappt und etwas auf meinem einfachen Niveau weiter experimentieren.

Also, ich finde es sehr interessant, dass die Mykorrhiza die Kohlenhydrate wieder hergibt, die sie von ihrem Baum erhalten hat und an andere Bäume weiterleitet. Mich würde noch interessieren, an welcher Baumart dieser C-Transfer nachgewiesen wurde. An Rotbuche? Oder tut es alle Bäume? Oder sogar über Artgrenzen hinweg?
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: paulw am 03. Dezember 2017, 11:55:02
Zum Thema Kohlenstoff-Transfer:
Ich kenne ein Exemplar von Epipactis helleborine, welches schnee-weiss ohne jeglichen Anflug von Farbe (kein Gelb, Rot, Grün) ist und jedes Jahr blüht.
Die Pflanze ist auffallend kräftig ca 40 cm hoch.
Muss demzufolge 100% ihres Kohlenstoffes aus fremder Quelle beziehen.
Ob das ein Saprophyt leisten kann halte ich für fraglich.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: bristlecone am 03. Dezember 2017, 11:57:22
Wieso nicht?
Schaffen das Corallorrhiza und Neottia nidus-avis nicht auch?
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 03. Dezember 2017, 12:01:39
Also, ich finde es sehr interessant, dass die Mykorrhiza die Kohlenhydrate wieder hergibt, die sie von ihrem Baum erhalten hat und an andere Bäume weiterleitet. Mich würde noch interessieren, an welcher Baumart dieser C-Transfer nachgewiesen wurde. An Rotbuche? Oder tut es alle Bäume? Oder sogar über Artgrenzen hinweg?

Wurde zuerst bei Ektomykorrhizen im Wald beobachtet. Also ich nehme mal an bei verschiedenen geläufigen Baumarten. Später dann auch bei Endomykorrhiza und gewöhnlichen Gartenpflanzen. Bei Endomyk. ist es aber nicht so stark ausgeprägt.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 03. Dezember 2017, 12:24:50
Solche chlorophyllfreien Exemplare gibt es bei Cephalanthera auch. Neueren Veröffentlichungen zufolge haben Neottia, Cephalanthera und Epipactis atrorubens allesamt auch Beziehungen zu der Ectomykorrhiza von Bäumen. 
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 03. Dezember 2017, 12:32:08
Haben krautige Pflanzen allesamt Endomykorrhiza?
Von einheimischen Erdorchideen heißt es, dass sie auch besser in der Nachbarschaft von krautigen Pflanzen wachsen. Offensichtlich gibt es da also auch Effekte über die Endomykorrhiza.  Gartenplaner hat zum Beispiel mal berichtet, dass Orchideen bei ihm in der Wiese ausgepflanzt viel besser wachsen als in isolierten Kulturversuchen.
Iris schein ein guter Mycorrhizapartner für Orchideen zu sein.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 03. Dezember 2017, 12:43:55
Bis auf die Brassicaceae haben fast alle Mykorrhizasymbiosen.

Ich denke neben den Mykorrhiza gibt es auch noch andere positive Effekte zwischen einigen Pflanzen, Wurzelausscheidungen, andere Mikroorganismen die gefördert werden, Insenkten....
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 03. Dezember 2017, 13:08:39
Das Kreuzblütler gar keine Mykorrhiza haben ist mir noch nicht bekannt gewesen. Bis vor kurzem hat man das auch von den karnivoren Pflanzen behauptet. Hat dann allerdings jetzt sogar eine wechselnde Beziehung zu verschiedenen gefunden.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 03. Dezember 2017, 13:35:51


Zu Füßen einer Mutterpflanze ist ja für alles gesorgt.

hast Du hoffentlich weder "Füße" noch "Mutter" sagen wollen. Und die Formulierung: "ist für alles gesorgt" ist Dir wahrscheinlich auch nur so rausgerutscht. Was Du eigentlich sagen wolltest, ist:


sowohl die Füße, als auch die Mutterpflanze sind korrekte Bezeichnungen von Sachverhalten und in der gärtnerischen Sprache fest verankert. Auch die Botanik verwendet natürlich besonders in der Nomenklatur erstaunlich menschliche oder tierische Begriffe.

Aber was zu weit geht, geht zu weit, denn sowohl Stillen als auch Kacken sind Vorgänge, die dieser Wohldingens in völlig falscher Weise den Bäumen zuschreibt.

Wobei ich das nur schreibe um eine gewisse Distanz herzustellen und Aufmerksamkeit auf die Angelegenheit zu lenken. Eine Perspektive, die die Publikationen von Wohldingens etwas kritisch sieht.

Selbstverständlich kann jeder alles so benennen, wie es ihm passt. Ich bin da für größte Freiheit. Wenn Peter Wohlleben so dermaßen Erfolg mit seinen Büchern hat, dann lieg er unbedingt richtig! Weil er eine Sprache findet, die die Aufmerksamkeit naturwissenschaftlich völlig unvorbereiteter Leser gewinnt.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 03. Dezember 2017, 13:48:50
Danke, Mycorrhiza und Pearl für Eure Hinweise und Ideen, wie man ein Orchideen-Pilz-Verhältnis etablieren könnte! Die Hinweise von Pearl habe ich auch bereits teilweise befolgt und Muschelkalk-Splitt an die Stelle eingebracht, wo sie später mal im Garten wachsen sollen.
Die In-Vitro-Kultur zur Ausaat von Cypripedium kann ich nicht selber machen, man kann aber solche Sämlinge kaufen, die dann bereit zum Auspflanzen sind und im kommenden Frühling ihr erstes Blatt treiben. Soweit hat es ja bei mir auch schon geklappt, bis dann später die Infektionen kamen, nach dem Austrieb der ersten Blätter. Daher interessiert mich nun der Ansatz mit Pilz. Das mit der Reinkultur von Rhizoctonia erscheint mir leider auch zu kompliziert: Die Art, mit der Cypripedium lebt ist nicht bestimmt und die Gattung enthält viele Phythopathogene - da kann man leicht den falschen Pilz erwischen! Ich werde einfach berichten, ob es klappt und etwas auf meinem einfachen Niveau weiter experimentieren.

Also, ich finde es sehr interessant, dass die Mykorrhiza die Kohlenhydrate wieder hergibt, die sie von ihrem Baum erhalten hat und an andere Bäume weiterleitet. Mich würde noch interessieren, an welcher Baumart dieser C-Transfer nachgewiesen wurde. An Rotbuche? Oder tut es alle Bäume? Oder sogar über Artgrenzen hinweg?

so ist das nicht, dass dier Pilz die Kohlenhydrate wieder hergibt! Ich schrieb es schon. Der Abbau von Cellulose findet außerhalb der Zellen statt. Die Pilze und Bakterien legen sich um das Polymer und exkretieren die lysierenden Enzyme. In gutem Humus gibt es Poren, die von Schleimschichten ausgekleidet sind, die niedermolekulare Kohlenhydrate enthalten. Mehrfachzucker bilden die Nahrung für bestimmte Bakterien, die wir im Darm haben.

Alle Laubbäume in unseren Breiten haben pilzliche Symbionten. Die Netzwerke sind vielfältig und umfassen ein großes Spektrum von Mikroorganismen. Alle Übergänge von Bakterien zu Pilzen und zusätzlich Würmer, Insekten und Wirbeltiere, die den Boden durchlüften und mit ihren Ausscheidungen zum Ganzen beitragen.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 03. Dezember 2017, 13:50:36
@ Pearl hat er das denn wirklich genau so gesagt? Mir sind schon zu oft Verkürzungen untergekommen die auch gerade von der wissenschaftlichen Seite bezüglich ihrer Grenzgebiete vorgenommen werden um sie zu diskreditieren. Diese wird dann gerne abgeschrieben ohne das noch mal nachzuprüfen.
Also in guter wissenschaftlicher Praxis bitte Zitat und Stelle wo man das nachlesen kann. Alles andere ist Polemik
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 03. Dezember 2017, 13:51:25
Haben krautige Pflanzen allesamt Endomykorrhiza?


die Brassicaceae interessanterweise nicht.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 03. Dezember 2017, 13:53:27
Hat er das denn wirklich genau so gesagt? ...

Also in guter wissenschaftlicher Praxis bitte Zitat und Stelle wo man das nachlesen kann. Alles andere ist Polemik

die beiden Bücher von Peter Wohlleben und seine Auftritte in Talkshows. In den Suchmaschinen gibt es da sicher was.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 03. Dezember 2017, 13:56:47
Da ist gute Praxis das die Seite genannt wird. Oder kannst Du das nicht?
Das mit den Brasicaceae hat Mykorrhiza ja schon zweimal hier gesagt.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 03. Dezember 2017, 14:03:59
Das in einer Talkshow wissenschaftliche Zusammenhänge darzulegen unmöglich ist haben schon wissenschaftliche Größen feststellen müssen. Aber dafür sind sie ja auch nicht da.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 03. Dezember 2017, 14:09:36
@ Mykorrhiza ist die Beobachtung von dem Förster das Baumstümpfe viele Jahre lang am Leben bleiben (eben vermutlich durch solche Verbindungen), denn auch wissenschaftlich belegt? (die Seite muß ich allerdings schuldig bleiben da die Schenkerin des Buches es gerade selber liest 8))
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Dunkleborus am 03. Dezember 2017, 14:22:15
Dazu war mal ein Bericht in einem botanischen Heft (keine Ahnung mehr, in welchem das war...). Da ging es um die Beobachtung, dass Nadelbaumstümpfe nach Jahren deutliche Überwallungen gebildet hatten. Anhand dessen wurde dann erklärt, wie der Nährstofftransfer durch die Mykorrhizapilze stattfindet.

Und jetzt freue ich mich sehr über diesen Thread. Danke für die Informationen!
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 03. Dezember 2017, 14:50:48
Danke Dunkle.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 03. Dezember 2017, 14:56:57
so ist das nicht, dass dier Pilz die Kohlenhydrate wieder hergibt!
Das ist doch das Wesen des C-Transfers, das Mycorrhiza beschrieb: Markierte Kohlenstoffatome werden (wohl als CO2) in einen Baum gebracht. Der gibt Assimilate an seine Mykorrhiza weiter und später tauchen die markierten Stoffe im Nachbarbaum auf. Der Pilz hat sie weitergegeben.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 03. Dezember 2017, 15:07:44
Danke, Mycorrhiza und Pearl für Eure Hinweise und Ideen, wie man ein Orchideen-Pilz-Verhältnis etablieren könnte! Die Hinweise von Pearl habe ich auch bereits teilweise befolgt und Muschelkalk-Splitt an die Stelle eingebracht, wo sie später mal im Garten wachsen sollen.


aus Muschelkalk löst sich der Kalk nicht. Das Mineral ist ziemlich solide. Jurakalksplitt bildet Kalkmilch und hat eher das Potential den pH nachhaltig zu erhöhen. Ein Effekt, den ich bei der Kultur von Bart-Iris und Päonien gut beobachte.

Für erfolgreiche Kultur sind aber Ton-Humus-Komplexe nötig. Also ein Substrat auf der Basis von organischem Material mit Lehm vermischt und ein paar Monate oder Jahre gereift. Das sollte auch die Kultur von Sämlingen optimieren.

Ich plane eine Vermehrung von Schneeglöckchen aus Teilstücken der Zwiebeln. Die Gefahr ist immer die Degradation von ungeschütztem Gewebe durch Bakterien und Pilze. Es denen ungemütlich zu machen, also weit außerhalb des Optimums ihrer Wachstumsbedingungen, ist ja eine Strategie, die den Einsatz von Desinfektionsmittel reduzieren könnte. Deshalb ist pH erhöhen immer eine gute Sache. Ich überlege außerdem, ob ich Eierschalen verwenden könnte, wegen des Lysozyms im Eiweiß.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 03. Dezember 2017, 15:18:30
so ist das nicht, dass dier Pilz die Kohlenhydrate wieder hergibt!
Das ist doch das Wesen des C-Transfers, das Mycorrhiza beschrieb: Markierte Kohlenstoffatome werden (wohl als CO2) in einen Baum gebracht. Der gibt Assimilate an seine Mykorrhiza weiter und später tauchen die markierten Stoffe im Nachbarbaum auf. Der Pilz hat sie weitergegeben.

noch ein drittes Mal! Das erfolgt bei dem Abbau von Cellulose extrazellulär. Der Pilz gibt Enzym ab und das verdaut Cellulose außerhalb des Organismusses. Einen Teil des Verdauten nimmt der Pilz auf, ein anderer bleibt im Boden und wird von der Pflanze aufgenommen. Im Notfall. Also bei Frauenfarnsämlingen in den ersten Jahren. In den meisten Fällen wird wohl der Zucker vom Pilz veratmet und Kohlendioxid von der Pflanze assimiliert. C 14 wird also aus der Luft aufgenommen. Wie müsste ein Experiment aufgebaut sein, um diesen Fall auszuschließen? Den Boden hermetisch abdecken, um den Gasaustausch zu blockieren?
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 03. Dezember 2017, 15:50:15
Pearl, Du hast das Experiment noch nicht verstanden: Dem Baum wird eine große Tüte übergestülpt. Die begast man mit markiertem CO2.  Der Baum nimmt das auf. Im Boden ist kein markierter Kohlenstoff. 
Noch bevor der Baum seine Blätter abwirft, findet man markierten Kohlenstoff in den Nachbarbäumen. Der einzig möliche Weg ist über die Wuzel des begasten Baums in den Pilz und von da in den nächsten Baum.
Das Zersetzen von Streu hat mit diesem C-Transfer nichts zu tun.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 03. Dezember 2017, 15:50:37
Wie in Antwort 7 wurde ein Baum einzeln begast. Das lässt sich ja leicht durch einen Plastiksack erreichen, da muß man den Boden nicht abdecken.
Außerdem wurde das wie in der gleichen Antwort geschrieben auch mit Isotopen die so in der Natur nicht vorkommen gemacht um das nachzuweisen.
Dafür das Du alles schon gewußt hast bist Du allerdings schon ein wenig uninformiert. 8)
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 03. Dezember 2017, 15:52:07
 :)
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Gartenplaner am 03. Dezember 2017, 15:56:53
Und ich habe gleich noch eine Frage - es gibt hier im Forum einen sehr "lebhaft" geführten Thread zu Glyphosat und dem ganzen politischen Gezerre darum.
Grad wurde ein Link zu einem Interview gepostet, in dem die Rede geht von angeblichen Auswirkungen von Glyphosat auf Boden-Mikroorganismen, vor einer Weile war ich auch schon über Studien gestolpert, die aussagten, daß der massive Glyphosat-Einsatz das Bodenleben beeinflussen könnte.

Weißt du dazu mehr?

Ueber Glyphosat und Mycorrhiza/Bodenlebewesen habe ich noch nichts gelesen.
...

Diese Studien wurden erwähnt:
Glyphosate herbicide affects belowground interactions between earthworms and symbiotic mycorrhizal fungi in a model ecosystem

Arbuscular mycorrhizal fungi are directly and indirectly affected by glyphosate application

Influence of glyphosate, other herbicides and genetically modified herbicide-resistant crops on soil microbiota: a review

Sublethal Exposure to Commercial Formulations of the Herbicides
Dicamba, 2,4-Dichlorophenoxyacetic Acid, and Glyphosate Cause
Changes in Antibiotic Susceptibility in Escherichia coli and Salmonella
enterica serovar Typhimurium
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 03. Dezember 2017, 22:35:47
Pearl, Du hast das Experiment noch nicht verstanden: Dem Baum wird eine große Tüte übergestülpt. Die begast man mit markiertem CO2.  Der Baum nimmt das auf. Im Boden ist kein markierter Kohlenstoff. 
Noch bevor der Baum seine Blätter abwirft, findet man markierten Kohlenstoff in den Nachbarbäumen. Der einzig möliche Weg ist über die Wuzel des begasten Baums in den Pilz und von da in den nächsten Baum.
Das Zersetzen von Streu hat mit diesem C-Transfer nichts zu tun.

um dieses Experiment ging es mir nicht. Es geht immer noch um die Frage, ob der Pilz Kohlenhydrate an die Pflanze abgibt. Ich sage, dass der Pilz Kohlenwasserstoffpolymere extrazellulär verdaut. Indem er sich an Cellulosefasern anschmiegt. Daher befinden sich verdaute Kohlenhydrate im Boden. Diese bilden Schleime, die die Poren im Humus auskleiden und sich über die Spitzen von Pflanzenwurzeln schmiegen. Mucigel wird das übrigens genannt.

Nur das ist relevant für die Frage wie sich das bei Frauenschuhsämlingen verhält. Cypripedium calceolus lebt von dem, was Destruenten im Boden hinterlassen. Sie gehört nicht zu den von Mykorrhiza abhängigen Arten.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 03. Dezember 2017, 23:44:09
Pearl, Du hast das Experiment noch nicht verstanden: Dem Baum wird eine große Tüte übergestülpt. Die begast man mit markiertem CO2.  Der Baum nimmt das auf. Im Boden ist kein markierter Kohlenstoff. 
Noch bevor der Baum seine Blätter abwirft, findet man markierten Kohlenstoff in den Nachbarbäumen. Der einzig möliche Weg ist über die Wuzel des begasten Baums in den Pilz und von da in den nächsten Baum.
Das Zersetzen von Streu hat mit diesem C-Transfer nichts zu tun.

um dieses Experiment ging es mir nicht. Es geht immer noch um die Frage, ob der Pilz Kohlenhydrate an die Pflanze abgibt. Ich sage, dass der Pilz Kohlenwasserstoffpolymere extrazellulär verdaut. Indem er sich an Cellulosefasern anschmiegt. Daher befinden sich verdaute Kohlenhydrate im Boden. Diese bilden Schleime, die die Poren im Humus auskleiden und sich über die Spitzen von Pflanzenwurzeln schmiegen. Mucigel wird das übrigens genannt.

Nur das ist relevant für die Frage wie sich das bei Frauenschuhsämlingen verhält. Cypripedium calceolus lebt von dem, was Degradienten im Boden hinterlassen. Sie gehört nicht zu den von Mykorrhiza abhängigen Arten.

Cypripedium calceolus lebt ja laut Wikipedia in Symbiose mit Rhizoctonia. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob dann für eine erfolgreiche Kultivierung ein passender Nährboden ausreicht. Und auch wäre ich mir nicht so sicher, ob sie nicht doch zu den Mykorrhiza-abhängigen Arten gehört. Rhizoctonia bildet laut folgenden Quellen mycorrhiza like structures.

https://www.researchgate.net/publication/229299468_Potential_for_symbiosis_of_Rhizoctonia_solani_and_binucleate_Rhizoctonia_with_seeds_of_Spiranthes_sinensis_var_amoena_in_vitro
https://en.wikipedia.org/wiki/Orchid_mycorrhiza

Wahrscheinlich bildet es keine Vesikeln und Arbuskeln, was letzlich auch der Grund für die Mykorrhiza war neu eingeteilt zu werden in Ekto, VAM, Orchiden, Ericea...es gibt eben auch endophytische Fungi die ähnlich wie Mykorrhiza fungieren, jedoch andere Strukturen aufweisen. So z.B. auch der bereits von mir erwähnte Piriformospora indica.

@Gartenplaner
Danke für die Links. Nachdem das Thema erstmals aufgekommen ist habe ich mich auch etwas näher damit befasst. Ich hätte nicht gedacht, dass auch Herbizide so starken Einfluss auf Myk. haben können. Sehr interessant, wenn auch etwas erschreckend. Mich würde jetzt nur interessieren, ob andere Herbizide besser wegkommen oder sogar noch schädlicher sind.

Zu den Baumstümpfen:
Ich glaube das Grundlegende Phänomen hier ist, dass der Baum im innersten am juvenilsten ist. Das hängt aber vor allem mit seinen Pflanzenhormonen zusammen. Und sobald der Baum abgeschnitten wurde ist das innerste ja quasi freigelegt und hat genug Platz um neu auszutreiben. Einen großen Zusammenhang mit den Mykorrhiza sehe ich jetzt nicht direkt, kann aber natürlich irgendwo sein.

Zitat
noch ein drittes Mal! Das erfolgt bei dem Abbau von Cellulose extrazellulär. Der Pilz gibt Enzym ab und das verdaut Cellulose außerhalb des Organismusses. Einen Teil des Verdauten nimmt der Pilz auf, ein anderer bleibt im Boden und wird von der Pflanze aufgenommen. Im Notfall.

Das ist ja wohl bei allen Destruenten so. Die Mykorrhiza haben aber im Gegensatz zu white rot fungi (welche sogar Lignin abbauen können) nur 2-3 Enzyme (und keine 80) zum Abbau von Zuckerverbindungen. Deswegen sind die meisten ja auch auch ihre Wirtspflanze angewiesen. Davon gibt es natürlich einige Ausnahmen welche sich partial selbst ernähren können oder wie im Fall der Orchideen auch noch die Orchidee, weswegen es saprophytische Mykorrhiza sind.

Aber ist das überhaupt ein Ding, dass Orchideen Zucker über ihre Wurzeln aufnehmen? Also primär als Lebensweiße?
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 04. Dezember 2017, 00:40:49
Endomykorrhiza zapfen ja das Versorgungssystem der Wurzeln an, die von den im Phloem transportierten niedermolekularen Kohlenhydraten, vor allem Hexose, aber auch Zuckeralkohole, aus der Laubmasse der Pflanze versorgt werden.

Einige Orchideen bleiben nicht dabei, sondern machen Epiparasitismus. Wie ich gerade in einem meiner dicken schlauen Bücher lese trifft das auf das Weiße Waldvöglein, Cephalanthera damasionium, zu.

Ha, da habe ich ein Bild!
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 04. Dezember 2017, 07:18:40
Zitat von Mykorrhiza
"Zu den Baumstümpfen:
Ich glaube das Grundlegende Phänomen hier ist, dass der Baum im innersten am juvenilsten ist. Das hängt aber vor allem mit seinen Pflanzenhormonen zusammen. Und sobald der Baum abgeschnitten wurde ist das innerste ja quasi freigelegt und hat genug Platz um neu auszutreiben. Einen großen Zusammenhang mit den Mykorrhiza sehe ich jetzt nicht direkt, kann aber natürlich irgendwo sein."

Bei den Stümpfen handelte es sich wie Dunkelborus schreibt um Nadelbaumstümpfe, die nach Jahren Überwallungen bildeten.
Keinen Austrieb, wobei das bei Fichte, Tanne und Kiefer bei uns auch schon sehr bemerkenswert wäre, aber auf jeden Fall nicht auf Mykorrhiza zurückzuführen ist.
Unsere heimischen Nadelbäume sind gar nicht in der Lage aus Stümpfen zu regenerieren. Eiben (keine Ahnung ob die das schaffen würden) oder Kanarenkiefern (nicht heimisch wie der Name sagt, aber die soll die einzige Art dieser Familie sein die aus dem Stumpf ausschlagen kann) werden das ja nicht gewesens sein.
Dann stellt sich allerdings auch die Frage wie sie sich so lange ernährt haben und auch noch einen Wundverschluß  (Überwallung) zustande brachten.

Vielleicht hast Du das von Dunkelborus ja übelesen. Die ist vom Fach und zudem eine hervorragende Pflanzenkennerin.
Ich bin ja nicht vom Fach  ;)

Ich bin auch dankbar, das es Dir gelingt relativ komplizierte Zusammenhänge so verständlich zu beschreiben.
Dein Input ist hier sehr willkommen.  :D
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: thuja thujon am 05. Dezember 2017, 21:22:46
Ich bin gespannt, wie lange ich den Pilz bei den Heidelbeeren noch am Leben erhalten kann.

(http://up.picr.de/31147615ye.jpg)

Er bekommt zu seinem Sägespänen-Torf-Quarzsand-Gemisch im Frühjahr wieder etwas extra Phosphor bzw Volldünger.

Für die Heidelbeeren gibts schwefelsauren Ammoniak.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 06. Dezember 2017, 00:36:40
Jemand eine Idee was das für ein Pilz sein könnte? Vielleicht ein Haustintling, der es sich auf der Sägespäne gemütlich gemacht hat?
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 06. Dezember 2017, 07:03:06
Nach den Bildern vom Haustintling ist der längs gerieft. Das ist der aber gar nicht.
Das Foto ist allerdings auch schlecht. Vielleicht hat ja Thuja Thujon ein besseres Foto?

Die scheinen auch etwas angetrocknet zu sein.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: thuja thujon am 06. Dezember 2017, 07:42:04
Probiern wirs.

(http://up.picr.de/31150520sj.jpg)

hier mit etwas Stiel
(http://up.picr.de/31150521fe.jpg)


Ein schon älteres Foto einer Stachelbeere, die Pilze waren nur 2 Jahre zu sehen. Auch nach dem umpflanzen in einen anderen Garten sind sie nicht wieder aufgetaucht.
Leider wohl keine Details erkennbar.
(http://up.picr.de/31150525bd.jpg)
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 06. Dezember 2017, 07:58:46
Das sieht schon eher wie der Tintling aus, eindeutig gerieft. Danke Thujon.
Das soll aber keine Bestimmung sein Mykorrhiza. Dafür bin ich zu wenig bewandert und vermutlich reicht das recht gute Foto auch nicht ganz hin. Lamellen Ansatz des Stiels etc. Da soll sich einer die Sporen verdienen der wirklich was davon versteht.

Der von der Stachelbeere ist auf jeden Fall was anderes.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: thuja thujon am 07. Dezember 2017, 11:57:28
Den Lamellenansatz vom Stiel habe ich leider nicht auf Bildern.

Der Haustintling scheint mir auf den Bildern im Netz deutlich dunkler zu sein.

Erscheinungsdatum waren übrigens die ersten Tage Anfang Juni.
Ein paar Wochen nach dem topfen der Heidelbeeren kamen die Pilze. Substrat: altes Heidelbeersubstrat, welches mal mit Heidelbeerwaldboden angeimpft wurde, wurde in einer Mischung aus vorgequollenen und vorgedüngten Sägespänen und ungedüngtem Torf verteilt und hinterher mit scharfem Flusssand und Buntsandsteinsandresten durchmengt.

Während dem vorquellen lagerten die Sägespäne offen in einer Mörtelwanne, da können theoretisch alle Pilzsporen reingeflogen sein.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 18. Dezember 2017, 12:15:16
Schade, dass sich hier niemand so richtig auskennt mit dem Verhältnis von Orchideen-Pilzen.  :-\  Im Gegensatz zu den Mykorrhizen anderer Pflanzen scheint das Verhältnis der O. zum Pilz weniger harmonisch zu sein. Der Pilz dringt in die Wurzel ein (teils sogar in die Zellen), um Assimilate zu ergattern. Der C-Transfer erfolgt wohl dadurch, dass die Orchidee den Pilz verdaut - und gleichzeitig mit "Fungiziden" unter Kontrolle hält.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: thuja thujon am 18. Dezember 2017, 20:39:07
Ich meine mich zu erinnern, dass so verstanden zu haben, dass das Prinzip so ziemlich das Grundgerüst von Symbiose mit Pilzen ist. Irgendwie muss es ja reguliert werden.

Auch wenn der Pilz nicht von der Pflanze verdaut wird, sondern von Bodenbakterien und -Tieren usw und damit wieder der Pflanze zur Verfügung steht und dass die Kohlenhydratstoffwechselprodukte vom Pilz verdaut werden, nunja, das ist irgendwie das falsche Wort.

Verniedlichende Berichterstattung um populärer/sympathischer zu klingen ist eine eigene Geschichte.
Hyphen sind Autobahnen, alles andere kann man auch didaktisch übertreiben.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 19. Dezember 2017, 02:05:45
Schade, dass sich hier niemand so richtig auskennt mit dem Verhältnis von Orchideen-Pilzen.  :-\  Im Gegensatz zu den Mykorrhizen anderer Pflanzen scheint das Verhältnis der O. zum Pilz weniger harmonisch zu sein. Der Pilz dringt in die Wurzel ein (teils sogar in die Zellen), um Assimilate zu ergattern. Der C-Transfer erfolgt wohl dadurch, dass die Orchidee den Pilz verdaut - und gleichzeitig mit "Fungiziden" unter Kontrolle hält.

Ich muss zugeben ich bin kein Spezialist für Orchideen-Mykorrhiza und es wird in dieser Richtung auch weniger geforscht als für Ekto- und VAM, dennoch will ich mal meine Meinung dazu kundgeben:

Ja, das Verhältnis Orchidee-Pilz ist weniger harmonisch, man verwendet dabei oft den Begriff Symbiose-Parasitismus-Kontinuum. Je nachdem ob die Pflanze von der Symbiose profitiert oder nicht ist es eben Parasitismus anstatt Symbiose.

Es gibt bei VAM sogenannte Arbus und Paris Typ von Mykorrhizen. Die einen wachsen nur interzellulär, die anderen auch intrazellulär.

Ich glaube nicht, dass die Orchidee den Pilz verdaut, zumindest hätte ich davon noch nie was gehört. Ich glaube auch bei Orchideen-Mykorrhizen ist es das gleiche Spiel, dass über bestimmte Organe der Pilz Nährstoffe und Wasser in die Pflanze schickt. Pflanzen sind keine Tiere und können in diesem Sinne auch gar nichts verdauen.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 19. Dezember 2017, 13:25:30
gut, dass du diesen Punkt geklärt hast!

Ich finde übrigens in sämtlichen botanischen Werken keine Hinweise außer dem, den ich in Bezug zum Waldvöglein, Cephalanthera damasonium, gegeben hatte. Die genauen physiologischen und molekularen Verhältnisse der Symbiose von Rhizoctonia mit Cypripedium calceolus bleibten weiter ungeklärt.

Wichtig wird die Tatsache sein, dass alle Poren in reifem Boden und im Humus mit Schleimen ausgekleidet sind, die Wurzeln der Pflanzen ebenfalls eine schleimige Hülle hat und die Hyphen der Pilze ebenso.

Epiparasitismus, bei dem über Mykorrhiza oder andere Pilze Assimilate aus chlorophyllhaltigen Pflanzen an chlorophyllfreie Pflanzen oder chlorophyllfreie Stadien von Orchideen transportiert werden. Violette Dingel, Limodorum abortivum, ist noch ein Beispiel.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 19. Dezember 2017, 17:27:43
über den wikipedia Eintrag zu Gelbem Frauenschuh kommt man zu Thanatephorus cucumeris, zur Späten Rübenfäule und zu Kartoffelpocken. Von dort zu Ständerpilzen und hier gibt es einen Eintrag zu Waldbewohnenden Ständerpilzen. Dort Rhizomorphen. Typischer Vertreter der Hallimasch. Ist übrigens das größte Einzellebewesen der Erde. In Nordamerika erstreckt sich das Myzelgeflecht eines einzigen Individuums über mehrere Bundesstaaten.

Der Pilz penetriert das Derbwurzelsystem verschiedener Gehölze. Das Holz wird enzymatisch in der Form Weißfäule abgebaut. Extrazellulär! Die verdauten niedermolekularen Kohlenhydrate werden von den Zellen aufgenommen und können über Poren zwischen Zellen innerhalb des Mycels über weite Strecken transportiert werden. Die Bodenrhizomorphen können unter der Erdoberfläche weitstreichend ganze Gehölzbestände zum Absterben bringen.

Weiter mit dem Wikipedia Eintrag Wurzel. Derbwurzel, Grobwurzeln bilden das Wurzelgerüst, das holzig ist. Feinwurzeln dagegen sind kurzlebig.

Rhizosphäre. Im Wurzelraum werden Düngeminerale und Wasser aufgenommen. Exsudate, niedermolekulare organische Verbindungen, werden abgegeben. Das können toxische Stoffe sein, die Fremdorganismen abtöten oder Stoffe, die bestimmte Bodenorganismen fördern. Exsudation bei Pflanzen reguliert je nach Entwicklungsstadium und Gesundheit der Pflanze die Interaktion mit anderen Organismen im Lebensraum der Biozönose.

Direkt um die Wurzeln legt sich das Mycel bei Ektomykorrhiza. Der Pilzmantel verhindert die Bildung der Feinwuzeln.

Weitere Anmerkung in Allgemeine- und molekulare Botanik: "eine Anzucht vieler Bäume in pilzfreien Böden führt zu Kümmerwuchs."

Die im Wurzelraum lebenden Organismen können die Entwicklung der Pflanze fördern oder auch hemmen. Ständerpilze, die Mykorrhiza ausbilden, versorgen im Schatten wachsende Baumkeimlinge mit Zucker.

Allgemeine- und molekulare Botanik in Bezug zu Endomykorrhiza: "Die Arbuskeln haben eine begrenzte Lebensdauer. Wenn sie absterben, werden ihre Abbauprodukte von der Zelle resorbiert."

Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 19. Dezember 2017, 17:59:56
alle fett geschriebenen Begriffe beziehen sich auf Wikipedia Artikel.

Epiparasitismus laut Wikipedia ein 1960 eingeführter Begriff um die Dreiecksbeziehung zwischen Fichte, Fichtenspargel und Ritterlingsarten zu benennen. Für myko-heterotrophe Pflanzen ist der Begriff Saprophyt nicht korrekt. Der Epiparasitismus Begriff aber seit den 90er Jahren genausowenig.  Jetzt kommts:

"Alle myko-heterotrophen Pflanzen, soweit untersucht, töten jedoch die in das Wurzelgewebe einwachsenden Hyphen und verdauen sie anschließend mittels Enzymen. Für diese zerstörerischen „Epiparasiten“ wurde unter anderem der Begriff „Exploitative Mycorrhiza“ vorgeschlagen. ... Der Pilz erhält vom Baum Nährstoffe und gibt einen Teil davon an die Orchidee weiter. "

Also in keinem Fall Zuckertransport von Zelle zu Zelle, sondern immer wird ein Teil des Pilzgewebes von der Pflanze verdaut oder stirbt von selber ab und die Pflanze nimmt auf, was der Pilz hinterlässt.

Die Arbuskel der Endomykorrhiza sind umgeben von einer periarbuskulären Membran, PMA, die aus dem Plasmalemma der Pflanze entsteht. Der wechselseitige und kuschelig scheinende Zustand beruht auf einem Gleichgewicht, das sofort kippt, wenn Stress auftritt. Also Schädlinge oder ungünstige Wachstumsbedingungen auftreten. In dem Fall ist die zelluläre Gegenwehr der Pflanze gegen den Pilz verloren. Zwischen Symbiose und Parasitismus sind die Übergänge fließend. Allgemeine und molekulare Botanik.

Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 20. Dezember 2017, 20:23:26
Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich mich noch nie damit beschäftigt was eigentlich mit den "alten Arbuskeln" passiert. Kann mich auch nicht daran erinnern etwas davon in einer Vorlesung erzählt bekommen zu haben, aber ja:

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0960982217304293

Arbuscules are tree-shaped fungal structures inside plant root cells that facilitate the exchange of nutrients delivered by the fungus with carbon sources from the host. To maintain symbiotic efficiency, plant cells can trigger degeneration of underperforming arbuscules. A recent study reveals the first transcription factor, which induces genes encoding hydrolytic enzymes, to mediate arbuscule degeneration.

Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 20. Dezember 2017, 21:05:47
du meist, dass du dich noch nicht dafür interessiert hast, wie genau der Strofftransfer bewerkstelligt wird?

Für mich ist das die entscheidende Frage. Wie geht der Stofftransfer, wie sieht die Struktur der Interaktion aus und wie wird das Netzwerk gebildet, wie groß ist es und welche Spezies interagieren.

Im Strasburger habe ich dazu was in Bezug zu Orchideen gefunden. Nachdem ich das korrekte Stichwort in der Allgemeinen und molekularen Botanik gefunden hatte. Epiparasitismus. Auch im Werk Geobotanik fand ich erhellendes.

In beiden Werken wird Endomykorrhiza und Ektomykorriza anders definiert als in oberflächlicheren Werken und es gibt zwei zusätziche Typen. In der Geobotanik, Springer, sind auch aktuelle Studien genannt. Bis 2009.

Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 20. Dezember 2017, 21:14:09
Nein ich meine es so wie ich es geschrieben habe. Ich habe mich noch nie gefragt ob Arbuskeln auch inaktiv werden können und was dann mit ihnen geschieht. Das hat meiner Meinung nun nicht viel mit dem Stofftransfer zu tun. Man könnte deinen Beitrag fast schon als gehässige Suggestion verstehen, habe ich doch im Ausgangspost noch lang und breit zum Stofftransfer zwischen verschiedenen Pilz- und Pflanzensystemen Stellung genommen.

Wenn wir schon beim Namedropping sind, dann würde ich Mycorrhiza, Springer, dem Strasburger und Geobotanik vorziehen.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 20. Dezember 2017, 23:46:46
die Arbuskeln habe ich nicht deswegen erwähnt, weil mich interessiert wie die absterben und wann. Sie spielen auch für die epiparasitären Orchideen keine Rolle.

Der einzige Grund war der Stofftransfer im Falle vesikulär-arbuskulärer (VA-)Mykorrhiza. In diesem Falle sterben die Arbuskeln ab und die Pflanze bekommt, was sie brauch. Vor allem Koniferen bedienen sich dieser Methode. Oben erwähnte ich den Kümmerwuchs bei mykorrhizafreier Kultur von - waren es Kiefern?

Die Dinge liegen allerdings bei Orchideen anders. Und nur diese Frage interessiert mich in diesem Zusammenhang.

"Hyphenknäuel erfüllen hier die äußeren Zellen der Wurzelrinde. In tieferen Schichten des Cortex werden sie abgebaut und ihre Nährstoffinhalte der höhren Pflanze verfügbar gemacht."  Geobotanik, Springer, Rasmussen & Rasmussen 2009 Orchid mycorrhiza: implications of a mycophagous life style. Oikos 118: 334-345.

"Endomykorrrhizen finden sich ... bei fast allen Orchideen. ... Auch in den erwachsenen Pflanzen findet man in den äußeren Zellen der Wurzelrinde Pilzhyphen. In den tieferen Gewebeschichten aber werden die Hyphen verdaut oder zum Platzen gebracht." Strasburger

Das sind doch wertvolle Informationen, wie die Sache abläuft!

Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 21. Dezember 2017, 00:02:53
Schade, dass sich hier niemand so richtig auskennt mit dem Verhältnis von Orchideen-Pilzen.  :-\  Im Gegensatz zu den Mykorrhizen anderer Pflanzen scheint das Verhältnis der O. zum Pilz weniger harmonisch zu sein. Der Pilz dringt in die Wurzel ein (teils sogar in die Zellen), um Assimilate zu ergattern. Der C-Transfer erfolgt wohl dadurch, dass die Orchidee den Pilz verdaut - und gleichzeitig mit "Fungiziden" unter Kontrolle hält.

exakt so ist es! Hier habe ich das paper von Rasmussen  & Rasmussen verlinkt: Orchid mycorrhiza: implications of a mycophagous life style; H.. N. Rasmussen (hnr@life.ku.dk), Dept of Forestry and landscape, Univ. of Copenhagen, Hørsholm Kongevej 11, DK–2970 Hørsholm, Denmark. – F. N. Rasmussen, Dept. of Biology, Univ. of Copenhagen, Øster Farimagsgade 2D, DK–1353 Copenhagen, Denmark.; March 2009
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 21. Dezember 2017, 09:23:42
die Arbuskeln habe ich nicht deswegen erwähnt, weil mich interessiert wie die absterben und wann. Sie spielen auch für die epiparasitären Orchideen keine Rolle.

Der einzige Grund war der Stofftransfer im Falle vesikulär-arbuskulärer (VA-)Mykorrhiza. In diesem Falle sterben die Arbuskeln ab und die Pflanze bekommt, was sie brauch. Vor allem Koniferen bedienen sich dieser Methode. Oben erwähnte ich den Kümmerwuchs bei mykorrhizafreier Kultur von - waren es Kiefern?

Die Dinge liegen allerdings bei Orchideen anders. Und nur diese Frage interessiert mich in diesem Zusammenhang.

Koniferen besitzen aber Ektomykorrhiza und keine VAM, besitzen deswegen auch keine Arbuskeln!

Ich hab mich jetzt durch "Cell Biology: Control of Partner Lifetime in a Plant–Fungus Relationship" und "Orchid mycorrhiza: implications of a mycophagous life style" gewühlt und will nun einfach meinen Senf dazu abgeben:

Orchideen Mykorrhiza sind grundsätzlich zu unterscheiden von VAM (vesikulär-arbuskulären Mykorrhiza).

Die Arbuskeln bei VAM haben eine Lebensdauer von ca. 3 Tage und sterben dann meistens ab. Getriggert wird dies durch reduzierten Phosphor- und Stickstofftransfer des Mykorrhiza-Pilz zur Arbuskel. Evolutionär gesehen ergibt das durchaus Sinn, weil dadurch Bereiche des Mykorrhiza-Pilzes der den Nährstoffvorat im Boden verbraucht hat abgetrennt werden kann.
Werden die Arbuskeln inaktiv so werden diese enzymatisch abgebaut. In der gleichen Zelle kann sich aber kurze Zeit später aber schon wieder eine neue Arbuskel ausbilden! Die eigentliche Versorgung der Pflanze funktioniert aber über eben jene Arbuskeln und die P-, N-, Zn- und Cu-Transporter des Mykorrhiza-Pilzes.
Dass die Pflanze einen großen Teil der Nährstoffe dieser Mykorrhiza-Symbiose durch den Abbau von Arbuskeln erhält habe ich noch nie gelesen und falls sowas behauptet wird hätte ich gerne eine Quellenangabe dazu. Symbiose zwischen Pflanze und VAM ist immerhin biotroph und es findet ein bilateraler Nährstoffaustausch statt. Der Pilz könnte gar keine Photosyntheseprodukte von der Pflanze bekommen wenn die Arbuskeln nicht als Nährstoff-Schnittstelle zwischen Pflanze und Pilz benutzt werden würde.

Bei Orchideen-Mykorrhiza ist es häufig so wie hier bereits beschrieben, dass Mykorrhiza durch pflanzeneigene Fungizide in Schach gehalten wird und der Nährstofftransfer nekrotroph erfolgen kann, also durch einen Abbau des Pilzes. Eine klare Aussage gibt es aber in "Orchid mycorrhiza: implications of a mycophagous life style" nicht:
"Biotrophic nutrient transfer is the most parsimonious
assumption, given that the evolutionary origin of orchid
mycorrhiza is most likely found among photoautotrophic
plants employing mutualistic arbuscular mycorrhiza
(Brundrett 2002, Zettler et al. 2003)"

Eine abschließende Aussage vermisse ich in diesem Paper und auch die Conclusion ist mir zu mager, aber es hört sich für mich so an, als ob bei Orchideen biotroph und necrotopher Austausch stattfinden kann.
Meine persönliche Meinung ist, dass es wie immer in der Natur Ausnahmen von der Ausnahme gibt und die Übergänge teilweise fließend sein können.

Dass Orchideen-Mykorrhiza sich derartig von VAM unterscheiden habe ich vorher noch nicht gewusst und ich hätte auch nicht vermutet, dass ein so einseitiges nectrotrophes Verhältnis aufrecht erhalten bleiben kann. Um es in Analogien auszudrücken: Der Pilz muss ganz schön blöd sein mit der Pflanze zu interagieren wenn er dabei nichts zurück bekommt. Vielleicht tut er es ja und wir wissen es nur noch nicht....oder vielleicht wird er auch von der Schönheit der Orchideen in den Bann gezogen, kann ich irgendwie verstehen.

So, und nun widme ich mich wieder einem Thema das bei Mykorrhizapilzen noch viel konfuser und noch viel weniger erforscht ist: Pseudeosexuelle Reproduktion und Gentransfer zwischen Individuen.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 21. Dezember 2017, 10:58:05
stimmt mit der vesikulär-arbuskulären Mykorrhiza. Tritt bei fast allen Angiospermen auf und ist nur bei den Gymnospermen Taxus baccata, Sequoia sempervirens Sequoia gigantea und Ginkgo biloba nachgewiesen. Strasburger.

Ektomykorrhiza umschließt die Wurzel mit einem Pilzmantel. Das ausstrahlende Hyphengeflecht des Pilzes erschließt den Boden wesentlich intensiver. Die Pilze bilden zwischen den Qurzelrindenzellen, überwiegend extrazellulär, ein dichtes Geflecht, das als Hartig-Netz bezeichnet wird. Strasburger.

Ekt-endo-Mykorrhiza tritt bei Picea und Pinus auf, bei der bilden sich aus der Ektomykorrhiza intrazelluläre Einwüchse aus. Strasburger.

Übergänge zwischen verschiedenen Formen Ekto- Ekto-endo- bis Endo-Mykorrhiza gibt es in Vertretern der Ericales.

Endomykorrhizen finden sich bei fast allen Orchidee. Dazu eine Abbildung mikroskopische Aufnahme, schematische Darstellung.: die Penetration der Pflanzlichen Zellwand erfolgt unter ausbildung eines Appressorium, Penetrationshyphe. Die pflanzliche Abwehr unterbleibt in dem Fall. Strasburger.



Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 21. Dezember 2017, 11:13:27
zur Endomykorrhizen in Orchideen ist die Aussage eindeutig. Im oben verlinkten paper heißt es bei Rasmussen & Rasmussen, 2009, im Titel: mycophagous life style, also pilzfressender Lebensstil. Weiter im Abstract:

"None of the fungi involved are so far known to depend on the symbiosis with orchids. Transfer of organic carbon compounds from hyphae to the orchid has been demonstrated repeatedly, but it is not clear to what extent this takes place during a biotrophic phase while the intracellular hyphae remain intact, or during the subsequent extensive degradation of the hyphal coils. "

Es gibt keinen Pilzpartner der Orchidee, der spezifisch ist. Bisher war nicht klar, wie der Transfer der Kohlenstoffbestandteile erfolgte. Dann folgt das, worauf sich Strasburger und Geobotanik beziehen:

"The advantage of viewing orchid mycorrhiza basically as a unilateral mycophagous relationship, in spite of hypothetical beneficial spin-offs to the mycobiont, is that it provides a conceptual framework similar to that of other parasitic or fungivore relationships;"

Orchideen-Mycorrhiza wird als grundsätzlich einseitige pilzverdauende Beziehung angesehen. Nämlich, indem Hyphen in tieferen Gewebeschichten zum Platzen gebracht und verdaut werden.

Diese einseitige, also parasitäre und nicht symbiontische Beziehung wurde 1960 am Beispiel des Fichtenspargels Epiparasitismus genannt.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 21. Dezember 2017, 11:29:47
was mir noch wichtig ist:

"Ähnlich den Wurzelhaare der höheren Pflanzen scheiden auch die Mykorrhiza-Hyphe Säuren und andere Liganden aus, welche schwer lösliche oder ungenügend mobile Ionen in transportfähige Formen bringen, und ebenso kommt es zur Nährstoff-Mobilisierung im Zuge der Zersetzung von organischen Substraten.  Finlay 2004. ...

An den Hyphenwänden der arbuskulären Mykorrhiza wird reichlich das Glykoprotein Glomalin mit einem Kohlenstoffgehalt bis zu 40 % ausgeschieden. Dieser Vorgang lockert den Erdboden auf und bindet Kohlenstoff im Boden." Purin & Rilling 2007, Treseder & Turner 2007.

Die Mykorrhiza-Flora modifiziert die Struktur des Bodens.  Rillig & Mummey 2006

Übber das Mykorrhiza-Netz können Pflanzen verschiedener Arten miteinander in Verbindung und Stoffaustausch stehen. Heap & Newman 1980, Egerton-Warburton et al. 2007, lerat et al. 2002.

In sauren Waldböden ist die Pilz-Diversität im Allgemeinen größer." Dann kommen einige paper zu Störung-Effekten auf die Mykorrhiza-Vielfalt  durch Waldkalkung. Geobotanik.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 21. Dezember 2017, 11:35:06
Transfer of organic carbon compounds from hyphae to the orchid has been demonstrated repeatedly, but it is not clear to what extent this takes place during a biotrophic phase while the intracellular hyphae remain intact, or during the subsequent extensive degradation of the hyphal coils. "

Deine Übersetzung ist etwas oberflächlich Pearl.

Das obige bedeutet das ein Kohlenstoffaustausch wiederholt nachgewiesen wurde, es aber nicht aufzuklären war zu welchem Anteil das und wann es jeweils erfolgte. Während die intrazellulären Hyphen noch intakt waren oder während des darauf folgenden weitgehenden Abbaus der Hyphen-Windungen.
Das dürfte auch schwer sein das auseinander zu halten.

Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: knorbs am 21. Dezember 2017, 14:54:41
mir persönlich brächte das hochinteressante thema mehr, wenn auf eine für laien verständlichere ebene zurück gekehrt werden könnte. ;) 8)

ich erinnere mich vor einigen jahren etwas intensiver mit mykorrhiza beschäftigt zu haben...schon wieder 7 jahre her...puh wie die zeit vergeht ::) 8)...hier ein paar zitate in leicht angepasster form  von damals, die vielleicht auch für andere hilfreich sind (alter thread):

"ausreichend phosphor im boden"...ist der auch pflanzenverfügbar?
aus einer diplomarbeit zu mykorrhiza (leider nicht mehr online): "Phosphor liegt zwar meist in relativ großen Mengen im Boden vor, ist jedoch in Form von schwerlöslichen Salzen oder Phytinsäuren für die Pflanze nur schwer zugänglich"

hm...jede menge phosphat nur die pflanze kann damit nix anfangen. ergo...entweder pflegt man seinen boden so, dass sich eine mykorrhiza entwickeln kann + lässt den pilzpartner nach dünger für die pflanze suchen + sie versorgen, lässt also das düngen bleiben, oder füttert seine pflanzen mit "künstlichem" dünger. im letzeren fall wird die pflanze den dünger direkt selber über ihre wurzeln aufnehmen und keine energie an ihren mykorrhiza-partner verschwenden wollen. damit sie ihn aufnehmen kann, muss sie den dünger in pflanzenwertbarer form aufnehmen können ...entweder über den mykorrhiza-pilzpartner oder über "künstlich in pflanzenverfügbarer form" ausgebrachten dünger (deshalb ist bei den npk-düngern "wasserlöslich" angegeben).

eine mykorrhizierung der pflanzenwurzeln ist immer erstrebenswert. man sollte aber bedenken, dass die pflanze den pilz nur eindringen lässt, wenn sie unter versorgungsstress gerät, d.h. eine gut mit mineralischen nährstoffen versorgte pflanze versucht den pilz abzuwehren...warum kostbare energie (zucker) eintauschen gegen nährstoffe, die sowieso reichlich über die wurzeln in pflanzenverfügbarer form bereit stehen. in diesem zusammenhang kann die aussage auf der seite bei botanik-online verstanden werden: "Ein Mangel an Kohlenhydraten hemmt die Ausprägung einer Mykorrhiza, ein Mangel an Stickstoff oder Phosphor fördert sie."

arbuskuläre mykorrhiza pilze (die mykorrhiza-form der stauden) sind obligat biotroph, d.h. sie können ihren lebenszyklus nur durch besiedelung einer pflanzenwurzel vollenden (obligat biotroph = zwingend auf einen lebenden partner angewiesen). die im boden vorkommenden sporen können zwar ohne pflanzlichen partner auskeimen. finden die keimhyphen aber innerhalb eines zeitraums von einigen tagen keinen geeigneten wurzelpartner, werden die keimhyphen abgebaut und der keimpilz fällt wieder in einen ruhezustand. das spiel kann sich einige male wiederholen. findet eine keimhyphe aber nach mehrfachen versuchen keine wirtswurzel stirbt der keimpilz ab, findet er eine, werden signalstoffe zwischen pilz und pflanze ausgetauscht. sie "verhandeln" sozusagen mittels "chemischer sprache" miteinander. ist die pflanze z.b. phosphatunterversorgt, wird sie den pilz eindringen lassen, weil gerade mykorrhizapilze in der lage sind die im boden immobilisiert (nicht pflanzenverwertbar) vorliegende phosphatquellen mithilfe des pilzenzyms phosphatase pflanzenverfügbar zu machen. erst wenn es dem pilz gelingt in die pflanzenzellen einzudringen und seine bäumchenartigen strukturen (arbuskel, name!) in der pflanzenzelle auszubilden und von dort aus seine myzele im boden zu verteilen, findet der stoffaustausch zwischen pflanze und pilz statt. es ist natürlich alles viel komplizierter und ich durchschaue das auf wissenschaftlicher ebene auch nicht, aber die vereinfachte erklärung mag ausreichen um sich das prozedere vorstellen zu können. es ist auch nicht so, dass eine pflanze nur von einem mykorrhizapilz infiziert wird. es sind viele.

Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Gartenoma am 21. Dezember 2017, 15:13:29
arbuskuläre mykorrhiza pilze (die mykorrhiza-form der stauden) sind obligat biotroph, d.h. sie können ihren lebenszyklus nur durch besiedelung einer pflanzenwurzel vollenden (obligat biotroph = zwingend auf einen lebenden partner angewiesen). die im boden vorkommenden sporen können zwar ohne pflanzlichen partner auskeimen. finden die keimhyphen aber innerhalb eines zeitraums von einigen tagen keinen geeigneten wurzelpartner, werden die keimhyphen abgebaut und der keimpilz fällt wieder in einen ruhezustand. das spiel kann sich einige male wiederholen. findet eine keimhyphe aber nach mehrfachen versuchen keine wirtswurzel stirbt der keimpilz ab . . .

Deshalb misstraue ich Fertigsubstraten, für die damit geworben wird, dass sie mit Mykorrhiza versetzt sind. Ich gebe z.B. an Tomaten beim Pikieren einen halben Teel. Mykoplant (Mykorrhizasporen auf Mini-Blähton)  zwischen die Wurzeln und habe damit gute Erfolge.

Gruß
Gartenoma
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 21. Dezember 2017, 15:30:06
Meiner Meinung nach hat man 2 Optionen:

1. Man benutzt das rundum Sorglospaket und versorgt seine Pflanzen/den Boden mit sofort verfügbaren Nährstoffen in ausreichender Menge. Das Ergebnis ist eine prächtige Pflanze welche jedoch nur ein minimales Wurzelsystem hat.
2. Man verhilft der Pflanze mittels Mykorrhiza und Närhstoffen in organisch vorliegender Form dazu ein gutes Wurzelsystem zu entwickeln und "selbstständig" zu leben.

Bei Nummer 2 kann man schließlich robustere Pflanzen erwarten, welche gerade bei Trockenstress bessere Chancen haben zu überleben.

Ich glaube, das ist jetzt nicht unbedingt die große Offenbarung. Schwierig ist es jedoch nur den passenden Dünger zu finden. Also wenn schon Blaukorn dann mit Nitrifizierungshemmer und wenn Phosphat, dann organisch oder schwer lösliches. Aber meistens findet man im Baumarkt sowieso nur Spezialdünger für Pflanze XY und Z. Also stattdessen lieber eigenen und guten Kompost machen?! Aber bei Heißkompostierung tötet man dadurch auch einen Großteil der Mykorrhizasporen ab...

Habe letztens erst verschiedene Böden auf totalen Phosphorgehalt untersucht. Viele Gartenböden lagen dabei weit über dem "ecological investigation level". Könnten also bei Nähe zu Gewässer eventuell zur Eutrophierung etc. führen. Pflanzenverfügbarer Phosphor war dann meistens weniger als 1/20 vom Totalphosphor. Das Fazit ist dann, dass man da die nächsten 5 Jahre nicht mehr spezifisch P-düngen sollte. Normalerweise würde eine ausreichend Mykorrhizierung für genügend P-Aufnahme sorgen.

Überschneidet sich auch mit anderen Experimenten, bei denen Tomaten mit Volldünger ein wesentlich geringeres Root-Shoot-Ratio hatten. Spross-Trockenmasse lag nur geringfügig höher als bei der Kontrollgruppe ohne Volldünger, dafür aber mit 10% Mykorrhiza-Inokulum.

Zitat
Deshalb misstraue ich Fertigsubstraten, für die damit geworben wird, dass sie mit Mykorrhiza versetzt sind. Ich gebe z.B. an Tomaten beim Pikieren einen halben Teel. Mykoplant (Mykorrhizasporen auf Mini-Blähton)  zwischen die Wurzeln und habe damit gute Erfolge.

Erinnert mich an meine Dozentin welche in einem Projekt verschiedene Mykorrhiza-Präparate überprüft hat ob sie bei Stadtbäumen zu einem verbesserten Wachstum führen können. Erst im 2. Jahr hat mal einer daran gedacht, dass man die Präparate vorher mal testen könnte. Die meisten hatten keine Sporen in ausreichender Form oder keine keimfähigen Sporen, waren also hoffnungslos alt.

Ich will damit nicht sagen, dass Mykoplant kein gutes Produkt ist, ich kenne es eigentlich gar nicht. Aber ich will damit sagen, dass man als Kunde leider keine Möglichkeit hat zu testen ob im Produkt XY nun wirklich 12 verschiedene Mykorrhizastämme und 20 verschiedene Bakterienarten vorhanden sind. Aber ein Volldünger mit Mykorrhiza-Zusatz ist allein schon wegen dem hohen P-Anteil kritisch zu betrachten.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: knorbs am 21. Dezember 2017, 16:27:33
...dass man als Kunde leider keine Möglichkeit hat zu testen ob im Produkt XY nun wirklich 12 verschiedene Mykorrhizastämme und 20 verschiedene Bakterienarten vorhanden sind.

das hat mich auch bisher davon abgehalten spezielle mykorrhiza-produkte zu kaufen. längere topfkultur praktiziere ich i.d.r. eh nicht + im garten bin ich mir absolut sicher, dass aufgrund meiner jahrelangen holzhäckselausbringung eine sehr reichhaltige mykorrhiza vielfalt vorhanden ist.

zum thema orchideenmykorrhiza wäre ja noch zu klären, ob die pilze, die eine photosynthesefähige orchidee unterstützen auch die gleichen sind, die den samen zum keimen bringen. ich vermute, dass das mindestens 2 paar stiefel sind. ;D ;) 8) ich bring das nicht mehr richtig zussammen, glaube aber mich zu erinnern, dass der orchideensamen mit dem wenigen nährgewebe es gerade bis zur protokormphase ohne pilzunterstützung schafft + dann zur weiteren entwicklung auf die infektion eines pilzes angewiesen ist. diese beziehung muss zumindest in dieser phase parasitisch sein, da die orchidee noch keine photosynthese betreiben kann + folglich auch nichts (zucker) anzubieten hat + 100% von der versorgung durch den pilz abhängig ist. nach meinem verständnis muss dies kein mykorrhiza pilz sein, könnte auch ein saprophytischer pilz sein.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Eckhard am 21. Dezember 2017, 20:01:22
@Knorbs: Ja, ich habe gelesen, dass Orchideen bei der Keimung unspezifischer sind und mittels Pilzen keimen können, die ihnen dann die spätere Entwicklung bis zum austriebfähigen Protokorm verwehren .
Solche "Falschkeimer" müssten dann von einem weiteren Pilz infiziert werden, um weiterzukommen, oder sie sterben eben.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: b-hoernchen am 22. Dezember 2017, 22:45:04
... ich mir absolut sicher, dass aufgrund meiner jahrelangen holzhäckselausbringung eine sehr reichhaltige mykorrhiza vielfalt vorhanden ist.
Was mich dazu bringt, nach Bodenstrukturen, -milieus und -bestandteilen zu fragen, welche einer Mykorrhizierung besonders förderlich sind.

Vermutlich sind es besonders gut durchlüftete, sauerstoffreiche Böden günstig - und das bringt mich auf Holzkohle. Arbeitet man frisch hergestellte Holzkohle in den Boden ein, erlebt man zuerst meist mal eine Wachstumsstockung. Nach einem Jahr oder so, wächst es aber viel besser als auf kohlefreiem Boden. Gelesen habe ich, Holzkohle würde zuerst einmal Nährstoffe aborbieren, also aus dem umgebenden Boden festlegen. Ich kann das irgendwie nicht ganz nachvollziehen, da die pflanzenverfügbaren Nähstoffe i. d. R. anorganische, d. h. hydrophile, gut wasserlösliche Ionen sind - so etwas sollte nur minimal von Kohle zurückgehalten werden.

Ist vielleicht die Besiedlung der Kohle mit Mikroorganismen viel wichtiger?
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: thuja thujon am 22. Dezember 2017, 23:22:47
Ein Pilz, der in erster Linie festgelegten Phosphor erschliessen will, warum soll der gut durchlüftete Erde brauchen?
Und was hat das mit Holzhäcksel oder Holzkohle zu tun?

Sollte man nicht erstmal die Frage stellen, wie Kalkverträglich sind Pilze?

Könnte man nicht mit Kompost oder anderweitig übertriebender Zufuhr organischer Substanz das Pilzwachstum nachhaltig hemmen?

Orchideenstandorte auf Magerwiesen sind ja nicht gerade bekannt für üppige Mulchschichten oder Kompost- und Holzkohlegaben.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Natternkopf am 24. Dezember 2017, 12:29:05
Bin beim nachsuchen zu etwas anderem auf Mykorrhizapilze gestossen.

Verlinke diese einfach mal ohne Kommentar
Link sind alle von agroscope.admin.ch

Weiterhin viel Freude und Erfolg beim Anwenden und Testen.

Grüsse Natternkopf
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 27. Dezember 2017, 16:34:43
der link von bristlecone hat großen Unterhaltungswert. Ich lese gerade über überflüssige Produkte für den Garten. Garden Products You Should NOT Buy

"Mycorrhizal Fungi Inoculant Products

There is no doubt that mycorrhizae play an important role in plant growth. They grow naturally in your soil and you don’t need to buy them for your garden."

Yes!
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Ostschweiz am 28. Dezember 2017, 20:26:48
Bin beim nachsuchen zu etwas anderem auf Mykorrhizapilze gestossen.

Die ganzen wissenschaftlichen Publikationen sind mir als Hobbygärtner etwas zu umfangreich. Das Merkblatt habe ich jetzt aber gerade komplett gelesen:
https://www.agroscope.admin.ch/dam/agroscope/de/dokumente/themen/umwelt-ressourcen/boden-gewaesser-naehrstoffe/saf_isolatenliste/amf-merkblatt.pdf.download.pdf/Mykorrhizamerkblatt-Agridea-DE.pdf

"Restunkraut unter der Schadenschwelle" und "minimale Bodenbearbeitung" seien förderlich. Mit diesem Forschungsergebnis kann ich leben  ;)
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 28. Dezember 2017, 20:41:15
du meinst dies: "Unkräuter können auch Wirtspflanzen für die Pilze sein. Das Beste, aus Perspektive  der Bodenbiodiversität ist es, eine Restverunkrautung unterhalb der Schadgrenze zu tolerieren."

und das: "Entscheidend für den erhöhten Nutzen, den Mykorrhizapilze der Pflanze bieten, ist das Netzwerk der Pilzhyphen. Der Pflugeinsatz und intensive Bodenbearbeitung zerstören dieses Netzwerk."

Ich finde das: "Mässige organische Düngung kann sich förderlich auf das Mykorrhizapilzvorkommen auswirken. Der gezielte Einsatz von Hofdüngern, Gärgülle und Kompost ist dem Einsatz von Mineraldüngern vorzuziehen."

und das: "Mykorrhizapilze brauchen die lebende Pflanze, um zu wachsen und sich zu vermehren. Bei Winterbrache sind keine lebenden Wirtswurzeln mehr vorhanden, die die Pilze mit Zuckern versorgen könnten. Eine durchgehend geschlossene Pflanzendecke kann sich also nicht nur positiv auf den Nährstoffhaushalt auswirken, sondern kann auch das Vorkommen von Mykorrhizapilzen steigern."

auch wichtig und zu den Mykorrhiza-Produkten: "Ein sorgsamer Umgang mit den im Boden vorhandenen Pilzen und deren Förderung ist bis dahin der beste Weg, um die positiven Effekte der Mykorrhizapilze zu nutzen."

Sehr vernünftig, die Schweizer!

Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Natternkopf am 28. Dezember 2017, 20:59:54
🇨🇭 Danke  :)

Sehr vernünftig, die Schweizer!


Obwohl ich das mit den Mykorrhizas zu wenig verstehe.
Begnüge mich mit: Nachvollziehbar
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Ostschweiz am 28. Dezember 2017, 21:04:02
Sehr vernünftig, die Schweizer!

Dieses Merkblatt scheint vernünftig. Ich würde davon aber nicht auf die ganze Bevölkerung oder nur schon die ganze Agroscope schliessen wollen.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: thuja thujon am 28. Dezember 2017, 21:09:00
Fürs Staudenbeet mags praktikabel sein.
Im Obstgarten auch.
Da braucht auch keiner umgraben und gehaltvoll düngen.

Im Gemüsebeet, da probiere ich seit Jahren eine ganzjährig geschlossene Pflanzendecke zu verwirklichen, ich bekomms mit der Fruchtfolge und Gartenhygiene nicht hin.

Für mich bleiben die nützlichen Bodenpilze eher ein Jahrsgeschäft. Wenn sie kommen ist gut, wenn nicht, gehts auch ohne.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 28. Dezember 2017, 21:16:15
Die lieben Kreuzblütler brauchen sie eh nicht wie ich hier gelernt habe. Das deckt ja schon eine große Vielfalt ab.
Leider sind die nur ein Glied in der Fruchtfolge. Die kann man ja angeblich nicht nacheinander anpflanzen.

Wobei einige No Dig  Gärtner das schon einige Jahre in Reihe gemacht haben. Mit guten Ergebnissen.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: thuja thujon am 28. Dezember 2017, 21:26:14
Die haben die Erfolge damit wohl wegen der Bodendesinfektion.

Darf man eigentlich darüber nachdenken, Kalkstickstoff zu geben, um halbwegs reinen Tisch zu machen, damit sich Mykorrhiza besser etablieren kann?
Also im Sinne von unbetuchte Lebensräume lassen sich leichter besiedeln...
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Starking007 am 28. Dezember 2017, 21:42:30
Ich werde auf keinen Fall das Vorige alles durchlesen.
Doch gefragt werde ich beruflich zum Thema relativ oft.
Bokashi, Mykorrhiza, Terra Preta, Bodenvitalisator -aktivator, EM
und tausend andere, immer neue Sachen.
Manchmal hab ich das Gefühl, die Pflanzen werden vergessen.

Wenn besondere und damit meist schlechte Bedingungen herrschen, sei es Neuhumus, Stressbedingungen etc. kann all das Zeug selten schaden,
bei Verbesserung der sonstigen Bedingungen sicher nutzen.

Aber nur allzuoft sind das "Gewissensberuhigungsbrösel",
oder wie mir hier scheint "Bildungsbestätigungs-Themen".

Ein nichtakademischer ungelernter Erfolgreicher.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 28. Dezember 2017, 21:52:04


Wie meine Großmutter zu sagen pflegte: lot dem Kind dat Schockelpäd, et hät ja nur dat ehn.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Ostschweiz am 28. Dezember 2017, 21:52:19
Im Gemüsebeet, da probiere ich seit Jahren eine ganzjährig geschlossene Pflanzendecke zu verwirklichen, ich bekomms mit der Fruchtfolge und Gartenhygiene nicht hin.

Früher hatte ich ein grosses Gemüsebeet in Reihenmischkultur nachdem ich per Zufall auf das Buch von Gertrud Franck gestossen war. Das hat eigentlich ganz gut funktioniert. Die Pläne für die einzelnen Jahre habe ich sogar noch irgendwo.

Heute habe ich eine 10-mal grössere Fläche zur Verfügung und die Gemüsebeete machen nur noch einen sehr kleinen Teil davon aus und können fast nach Belieben mit Gründüngung und Buntbrachen vertauscht werden.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: thuja thujon am 28. Dezember 2017, 22:04:03
Diese Geschichte von Frau Franck ist das, warum hier viele den Gemüsebau aufgeben oder in Hochbeete mit gekaufter Erde investieren, `es wächst ja nichts mehr´.

Die haben praktisch keine Lust mehr auf die ganzen Pülverchen wie EM, Myko Terra blablablubb.

Und da selbst dick Scheiße oder andere Dünger drauf nix bringt, kommt nur noch das in die Beete, was mit klarkommt oder eben nix mehr (Gemüse rentiert nicht mehr). 
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Ostschweiz am 28. Dezember 2017, 22:16:06
(Gemüse rentiert nicht mehr).

Werg global gesehen überdurchschnittlich verdient, kann natürlich mit Gemüse aus dem eigenen Garten keinen finanziellen Gewinn mehr machen. Das hat aber nichts mit Bio-Mischkultur oder konventioneller Gemüseproduktion zu tun, sondern damit, dass die Erntearbeiter in Südspanien, Süditalien, Griechenland und anderswo absolute Schandlöhne erhalten.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: thuja thujon am 28. Dezember 2017, 22:22:03
Politisch betrachtet gebe ich dir recht.
Die Aussage ist aber mehr darauf bezogen, dass man sich Mühe gibt, versucht alles richtig zu machen, hat die letzten Jahrzehnte auch irgendwie funktioniert, und erntet mehr Ausschuss als verwertbares bzw im Extremfall garnix außer Kompostrohstoff, also nicht mal mehr zum tauschen mit den Hühnerhaltern geeignet.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Ostschweiz am 28. Dezember 2017, 22:37:16
und erntet mehr Ausschuss als verwertbares bzw im Extremfall garnix außer Kompostrohstoff, also nicht mal mehr zum tauschen mit den Hühnerhaltern geeignet.

Siehst Du das so allgemein? Ich meine, es liegt in der Natur, dass im Freilandanbau nicht alle Kulturen in jedem Jahr etwas werden. Weil im Supermarkt fast alles immer von irgendwo her angekarrt oder angeflogen werden kann, geht vielleicht einfach das Verständnis dafür verloren?
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: thuja thujon am 28. Dezember 2017, 22:54:41
Das wissen die meisten Gärtner, zumindest die älteren.
Wenn 4 Jahre in Folge die Radieschen nix werden, auch mit den üblichen Tips der Gartenbranche beherzigt, weit über das Stadium saattife hinaus, nicht nur ein Rutsch pro Jahr sondern mehrere, mit Sortenscreening und pipapo, 200m weiter auf dem Acker wachsen sie wie Perlen, man bekommts quasi im selben Jahr vorgehalten, guckt sich das Elend im Garten an und kauft sie später im Bund... Das frustriert mit den Jahren und lässt die Gärtner zu solchen Feststellungen kommen.

Ich meine, wir reden hier nicht über gelbe Keimblätter beim Feldsalat, hier in den Gärten gehts noch um wesentliches.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 28. Dezember 2017, 22:58:58
Gertrud Franck ist die mit der Mischkultur? Sowas machten meine Eltern auch und sehr erfolgreich ohne irgendwelche "Mittelchen". Sie rührten nichts rechts rum und nichts links rum und impften auch nix an. Nur kam alles an Gemüseabfällen sofort kleingeschnibbelt auf die Gemüsebeetflächen. Sie hatten, also meine Eltern, hatten dieses Buch von Caspari: Fruchtbarer Garten. Vielleicht tricksten sie mit dem, was  damit stand, rum.

Mir wäre das Ernten und Einfrieren/Einmachen/Einsalzen viel zu lästig. Ich bin nicht der Typ. Außer Kartoffeln, die mache ich leidenschaftlich gerne aus und die Eltern haben immer gewartet, bis ich am Wochenende dann mal da war. Herrlich die Erde aufzubrechen, wie die Knollen einem so entgegengekullert sind und in der warmen Erde mit den Händen nachzugraben. Schöne Erinnerungen!
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 28. Dezember 2017, 23:13:56
Reihenmischkultur und Fritz Caspari. Wikipedia.

Gerade las ich über das Handschuhsheimer Feld in HD einen Roman. Die Beschreibung der Niederlagen und Missernten der ansässigen Feldbewohner ist sehr eindringlich. Die zunehmende Abhängigkeit vom nationalen und europäischen Marktpreis und die fatalen Auswirkungen auf die landwirtschaftichen Betriebe sind deutlich herausgearbeitet. Auch die Genossenschaften können nichts ausrichten, dass Überschüsse aufgekauft und massenvernichtet werden um den Markt bedienen zu können.

Schwierig; und an der Landwirtschaft hängen heute noch viel mehr Industriezweige, die ihr Geld verdienen wollen. Denen die heute so genannten Technischen Universitäten zuarbeiten müssen, weil alles immer größer und effektiver werden soll mit gleichzeitiger Befriedigung von ökologischen Standards, die häufig nur Worthülsen sind und nichts mit echt nachhaltigem und klugen Wirtschaften zu tun haben.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Ostschweiz am 28. Dezember 2017, 23:20:32
Nur kam alles an Gemüseabfällen sofort kleingeschnibbelt auf die Gemüsebeetflächen. 

Ja der Flächenkompost und alle Vor- Nach- und Zwischenkulturen von Senf und Spinat machen die Sache aus.

Ich kaufe die Erbsen im Winter auch tiefgefroren und einiges an Lagergemüse ebenfalls. Mir geht es mehr um den gartenfrischen Genuss von Frühsommer bis Herbst und damit die Kinder etwas lernen.
Einsalzen mag ich überhaupt nicht. Im Moment wird nur eingefroren oder getrocknet was sich dazu besonders gut eignet.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 28. Dezember 2017, 23:32:25

Einsalzen mag ich überhaupt nicht. Im Moment wird nur eingefroren oder getrocknet was sich dazu besonders gut eignet.

und meine Eltern haben nie irgendwelche Vorräte getrocknet.

Das mit der Flächenkompostierung war wirklich erstaunlich auf dem Lehmboden, der vorher eine Wiese war. Dünn aufgebrachtes Material war am nächsten Tag skelettiert und am übernächsten vom Boden spurenlos aufgenommen. Das Mikrobiom war enorm leistungsfähig.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Ostschweiz am 29. Dezember 2017, 00:04:31
und meine Eltern haben nie irgendwelche Vorräte getrocknet.

Der Dörrex ist so weit ich weiss eine Erfindung aus der Schweiz. Dörrbohnen gelten in weiten Teilen der Schweiz als Delikatesse!
Prinzipiell funktioniert dörren auch ohne Strom, nur sind Solardörrer wesentlich teurer in der Anschaffung.

Langsam komme ich aber etwas weit von den Mykorrhiza weg. Darum mindestens zurück zum Kompost.
Für den Flächenkompost zwischen den Gemüsereihen habe ich immer noch zusätzliches Grünzeug von ausserhalb der Gemüsebeetfläche benötigt. Ich war auch erstaunt, wie viel Material da im Laufe einer Saison im Boden verschwindet.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 29. Dezember 2017, 00:10:35
eben, das ist doch das Ziel jedes Gärtners, die Regenwürmer bei Laune zu halten. Wie Darwin schon zu schreiben pflegte: Bildung der Ackererde durch die Thätigkeit der Regenwürmer.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 03. Januar 2018, 16:40:50
In ein paar Posts habe ich so ein bisschen die Meinung herausgelesen, dass Mykorrhiza (und andere Bodenverbesserer) keine große Beachtung bedürfen weil die Pflanzen ja auch ohne Symbiose wachsen.

Ja, da stimme ich voll und ganz zu. Es geht halt um Nachhaltigkeit und Resourcenbedarf. Die heutige Landwirtschaft kann man schon noch ein paar Jahrzehnte so betreiben, aber irgendwann halt auch nicht mehr (ich finde da das Setting vom Film Interstellar eigentlich recht überzeugend). Mensch und vor allem Maschine werden aber merklich intelligenter und ich glaube, dass sich damit in Zukunft viele Möglichkeiten öffnen. Ich persönlich hoffe ja, dass Mischkultur auch auf dem Acker irgendwann eine rentable Möglichkeit ist. Gerade bei solchen Pflanzsystemen kann man durch die Mykorrhiza deutliche Vorteile erzielen. Bei Monokultur Weizen und 1x die Woche Fungizidbehandlung kann ich auf Innokulation mit Mykorrhiza natürlich verzichten. Man muss quasi ein Konzept um die Mykorrhiza herum aufbauen. Das ist alles noch Zukunftsmusik aber gerade deswegen muss man da halt daran forschen.

Und ganz nebenbei: Ich persönlich habe jetzt von bestimmten Kreisen schon so häufig von Pflanzenzüchtung für effizientere Sorten gehört. Also gleicher Ertrag bei geringer P oder N-Aufnahme. Einmal hab ich gefragt, ob sie denn nicht eigentlich auf Pflanzen mit verbesserter Mykorrhizierung züchten und die effizienz somit nur ein indirektes Zuchtergebnis ist. Staunende Gesichter: "Ja gut, das kommt einem natürlich schon in den Sinn aber hmmm dies und das"...hat sich für mich dann so angehört, dass die betagten Herren keine Ahnung haben von Mykorrhiza bzw. dem Nachweis im Labor und andere Arbeitsmethoden rund um Mykorrhiza und deswegen nichts dazu sagen könnne.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 03. Januar 2018, 16:45:58
eben, das ist doch das Ziel jedes Gärtners, die Regenwürmer bei Laune zu halten. Wie Darwin schon zu schreiben pflegte: Bildung der Ackererde durch die Thätigkeit der Regenwürmer.

Wobei in Nordamerika ja die Regenwürmer unerwünschte Einwanderer sind, die die dortigen Waldbiotope verwüsten. Landwirtschaft hatten die aber auch, allerdings in einer ertragreicheren Mischkultur.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 03. Januar 2018, 17:35:27
Der Boden ist sandiger lehm, relativ schwer. Kann eigentlich ganz gut Wasser speichern. Ist wohl ein typischer Braun- oder Parabraunerdeboden.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: b-hoernchen am 11. Januar 2018, 16:08:58
Einmal hab ich gefragt, ob sie denn nicht eigentlich auf Pflanzen mit verbesserter Mykorrhizierung züchten und die effizienz somit nur ein indirektes Zuchtergebnis ist.
Oder die Mycorrhiza-Pilze fühlen sich bei vitalen Pflanzen wohler als bei Mickerlingen... .
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: pearl am 07. Februar 2018, 10:13:31
wie wichtig die natürlichen Vorkommen von Pilzen für den Stofftransport sind und wie sie alle Lebewesen mit dem Nötigen versorgen, wird hier diskutiert:

How fungi make nutrients available to the world
February 1, 2018, US Department of Energy


Ob innerhalb des lebenden Organismus oder außerhalb, in unserem Darm oder in Boden, Pilze und Bakterien schließen Nährstoffe auf und machen sie für Lebewesen verfügbar.

Es ist keineswegs so, dass Pflanzen oder Tiere auch ohne sie könnten. Manche Pflanzen sind schon bei der Keimung auf die Symbionten angewiesen, manche Koniferen zeigen Kümmerwuchs ohne ihre Mykorrhiza, Kühe brauchen ihr Mikrobiom um die Unmengen von Cellulose zu verdauen und wir Menschen leiden unter psychischen und physischen Krankheiten ohne unsere Darmbewohner.

Wie wir wissen, kann das Zusammenleben mit Mikroorganismen dann, wenn wir körperlich geschwächt sind, auch unerfreulich sein und pathologische Verläufe kennt praktisch jeder.

Bei Pflanzen ist das genau so, die parasitische Lebensweise von Pilzen befindet sich mit der symbiontischen in einem Gleichgewicht, das störanfällig ist. Wenn die Umweltfaktoren sich ändern, die Lebensbedingungen suboptimal sind, daher Stress auftritt, dann kippt das ganze und der Pilz schädigt oder frisst den Organismus, mit dem er vorher einvernehmlich gewachsen ist.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: RosaRot am 07. Februar 2018, 11:43:10
Und ganz nebenbei: Ich persönlich habe jetzt von bestimmten Kreisen schon so häufig von Pflanzenzüchtung für effizientere Sorten gehört. Also gleicher Ertrag bei geringer P oder N-Aufnahme. Einmal hab ich gefragt, ob sie denn nicht eigentlich auf Pflanzen mit verbesserter Mykorrhizierung züchten und die effizienz somit nur ein indirektes Zuchtergebnis ist. Staunende Gesichter: "Ja gut, das kommt einem natürlich schon in den Sinn aber hmmm dies und das"...hat sich für mich dann so angehört, dass die betagten Herren keine Ahnung haben von Mykorrhiza bzw. dem Nachweis im Labor und andere Arbeitsmethoden rund um Mykorrhiza und deswegen nichts dazu sagen könnne.

Im IPK Gatersleben gibt es immer mal wieder Forschungsprojekte, die sich mit Mykorrhiza beschäftigen. Dort habe ich mir schon mal recht interessante Untersuchungen angesehen. Ob aktuell daran geforscht wird, weiß ich nicht.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Gartenplaner am 07. Februar 2018, 11:45:11
...
Wie mycorrhiza auch schon umfassend erläutert hat.

Grad gefunden, auch wenn es nicht um Pilze geht, doch interessant für den Gesamtkomplex Boden:
Erster Weltatlas der Bodenbakterien erstellt
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Natternkopf am 14. Juni 2018, 21:49:46
Im Zusammenhang mit Boden und Pilzen

- Symbiose-Pilze von Waldbäumen /  Eidg. Forschungsanstalt für Wald, ... - WSL | 14.06.2018

- Mykorrhiza / Eine faszinierende Lebensgemeinschaft im Wald - WSL Sept. 2011

Grüsse Natternkopf
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 14. Juni 2018, 23:35:33
"Luftverschmutzung setzt Symbiose-Pilze von Waldbäumen unter Druck"
Wirklich ein guter Link. Hab mir das Paper mal durchgelesen. Von 13.000 Bodenproben wie sie im Artikel schreiben finde ich zwar nichts, sondern "nur" 3000, aber das ist immer noch beachtlich. Ich habe vor kurzem einen Forschungsantrag über 20.000€ abgeschickt um 300 Bodenproben mittels NextGen Sequencing zu analysieren. Da weiß man wie viel Geld geflossen ist.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Natternkopf am 23. November 2019, 13:54:29
Hänge stabilisieren -> Die Mykorrhizas in einem weiteren Kontext.
 Wir untersuchen den Einfluss von Wirtspflanzen und ihren Mykorrhizapilzen auf die Bodenstabilität. / Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Grüsse Natternkopf
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: b-hoernchen am 23. November 2019, 20:02:10
Ich dachte bei Mycorrhiza ginge es um Bodenpilze - und in diesem Faden werden alle möglichen Bodenlebewesen zusammengeworfen... .
Interessant wäre, wie großflächige Anwendung von Glyphosat das Bodenleben beeinflusst; eigentlich müssten das die Befürworter des "Glyphosatbrandrodungsanbaus" beantworten können; aber vielleicht gehört das in den Faden "Frage zu Glyphosat" - wo es genausowenig jemand beantworten wird... .

(Und ich bin genauso wenig für ein Verbot von Glyphosat wie für ein Verbot von Penicillin ...).
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: thuja thujon am 23. November 2019, 20:09:49
Man kann sich auch fragen was macht Pflanzenwuchs mit Bodenpilzen oder was macht der Pflug oder das umgraben mit den Bodenpilzen. Allzuleicht kommt man dann aber auch auf die Idee, das eine gut zu finden und das andere schlecht. Und das wäre der größte Fehler.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: b-hoernchen am 23. November 2019, 20:55:30
Demnach wäre das großflächige Ausbringen eines Antibiotikums der kleinere Fehler im Verhältnis dazu, sich über die Folgen Gedanken zu machen und diese Folgen zu bewerten-?
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: thuja thujon am 24. November 2019, 09:55:01
Naja, im Prinzip will man ja einen Zustand erreichen, der das Wachstum von Kulturpflanzen fördert bzw ermöglicht. Dazu wird Ausfallraps oder Wurzelunkräuter oder was auch immer in der einen Variante totgespritzt oder in der anderen mechanisch abgetötet. Beides hat zur Folge, das die Pflanzen erstmal tot sind. Das mag Mykorhizza nicht, weil es auf lebende Pflanzen angewiesen ist. Nematoden usw mögen es auch nicht. Da die Erträge nicht nur von Mykorhizza abhängen, sondern es viele Faktoren gibt, die für robuste Bestände der Kulturpflanzen sorgen, denkt man Ackerbausysteme in Fruchtfolgen bzw im Ganzen. Und hier hat sich der Einsatz von Glyphosat bewährt. Zumindest in den Bodenschonenden Anbauverfahren wird Glyxpohosat genutzt, weil es damit möglich ist, mehr Pilze und Bakterien in den oberen Bodenschichten auf dem Acker zu ernähren. Auch die Regenwürmer profitieren davon, weil ihr Lebensraum nicht regelmäßig durch tiefes pflügen zerstört wird.

Wenn die Bodenbakterien und Pilze gut wachsen, produziert dieses reichliche Bodenleben Kiloweiße Antibiotikum im Boden. Streptomycin usw kommt ja aus diesen Bakterien. Stellt scheinbar kein Problem dar, ein aktives Bodenleben fördert ja Gesundheit und Erträge von Pflanzen. Großflächig, oder sagen wir besser flächig (weil zusammenhängende 2m² auch keine Punktbehandlung ist)  Antibiotika ausbringen würde ich deswegen trotzdem nicht. Ist auch nicht erlaubt.
Ansonsten hält sich die antibiotische Wirkung von Glyphosat in Grenzen. Es ist eben mal eine Säure, und der alte Hausfrauentrick mit Küchenschränke mit Essigwasser auswischen kommt nun mal auch von diesem Umstand, das Säuren Bakterienwachstum nicht gerade fördern. Und je nach dem wie man was misst, kommt was unterschiedliches raus. Feldversuche im Freiland zeigen selten die Wirkung, die man in der Petrischale im Labor provozieren kann.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Gartenplaner am 24. November 2019, 19:33:05
...
Interessant wäre, wie großflächige Anwendung von Glyphosat das Bodenleben beeinflusst; eigentlich müssten das die Befürworter des "Glyphosatbrandrodungsanbaus" beantworten können; aber vielleicht gehört das in den Faden "Frage zu Glyphosat" - wo es genausowenig jemand beantworten wird... .

(Und ich bin genauso wenig für ein Verbot von Glyphosat wie für ein Verbot von Penicillin ...).

Schon mehrfach zitiert:
Und ich habe gleich noch eine Frage - es gibt hier im Forum einen sehr "lebhaft" geführten Thread zu Glyphosat und dem ganzen politischen Gezerre darum.
Grad wurde ein Link zu einem Interview gepostet, in dem die Rede geht von angeblichen Auswirkungen von Glyphosat auf Boden-Mikroorganismen, vor einer Weile war ich auch schon über Studien gestolpert, die aussagten, daß der massive Glyphosat-Einsatz das Bodenleben beeinflussen könnte.

Weißt du dazu mehr?

Ueber Glyphosat und Mycorrhiza/Bodenlebewesen habe ich noch nichts gelesen.
...

Diese Studien wurden erwähnt:
Glyphosate herbicide affects belowground interactions between earthworms and symbiotic mycorrhizal fungi in a model ecosystem

Arbuscular mycorrhizal fungi are directly and indirectly affected by glyphosate application

Influence of glyphosate, other herbicides and genetically modified herbicide-resistant crops on soil microbiota: a review

Sublethal Exposure to Commercial Formulations of the Herbicides
Dicamba, 2,4-Dichlorophenoxyacetic Acid, and Glyphosate Cause
Changes in Antibiotic Susceptibility in Escherichia coli and Salmonella
enterica serovar Typhimurium
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: b-hoernchen am 25. November 2019, 21:17:00
Eigentlich müsste man nur zu "Pilze" und "Shikimisäureweg" recherchieren... .
Zumindest in den Bodenschonenden Anbauverfahren wird Glyxpohosat genutzt, weil es damit möglich ist, mehr Pilze und Bakterien in den oberen Bodenschichten auf dem Acker zu ernähren.
Wo wir doch die meisten Bodenlebewesen noch nicht einmal richtig kennen... .
https://science.sciencemag.org/content/359/6373/320:
"The immense diversity of soil bacterial communities has stymied efforts to characterize individual taxa and document their global distributions."
Dazu wird Ausfallraps oder Wurzelunkräuter oder was auch immer in der einen Variante totgespritzt oder in der anderen mechanisch abgetötet. Beides hat zur Folge, das die Pflanzen erstmal tot sind.
Du meinst wirklich, man kann die Folgen einer mechanischen und einer chemischen Behandlung gleichzusetzen?
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Bristlecone am 25. November 2019, 21:23:22
Nein.
Und man sollte nicht die mechanische für besser halten, weil einem die chemische suspekt scheint.

"Eigentlich müsste man nur zu "Pilze" und "Shikimisäureweg" recherchieren... ."
Stimmt, dieser Stoffwechselweg existiert auch in Pilzen (und anderen Mikroorganismen). Was nichts daran ändert, dass Glyphosat im Boden durch Mikroorganismen abgebaut wird.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: thuja thujon am 25. November 2019, 21:47:03
Der Shikimisäureweg ist mir nicht ganz neu. Die Kette besteht aus mehreren Enzymen/Proteinen.

Im Laufe der Evolution haben sich die pflanzlichen von den pilzlichen Proteinen dieses Stoffwechselweges entfernt. Sprich, die Proteine sind unterschiedlich gefaltet (weil bestimmte Aminosäuren ersetzt wurden), und so sind sie auch unterschiedlich sensibel auf die jeweiligen Wirkstoffe.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: thuja thujon am 27. November 2019, 00:47:39
Du meinst wirklich, man kann die Folgen einer mechanischen und einer chemischen Behandlung gleichzusetzen?
Das ist eigentlich eine gute Frage, die man mal näher beleuchten sollte, auch und vor allem als Hobbygärtner.
Ich werfe mal diese 132 Seiten als Grundstein für eine sachliche Diskussion in die Runde: https://www.dlr.rlp.de/C1256EA7002BE0CB/0/B2AD5D9A3BDC46C4C1257945002A3339/$FILE/Bodenbarbeitung_Bericht_Endfassung_mitTitel29032012.pdf
Ich würde mich freuen, wenn wir das etwas näher und spezifischer dann hier weiterdiskutieren. Gerne auch für andere Bundesländer als RLP.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 28. November 2019, 10:55:52
Juhu, mein Lieblingsfaden ist wieder aktiv. Da kann ich ja gleich meinen Senf dazu geben.

Zuerst mal eine interessante Veröffentlichung die belegt, dass Mykorrhiza auch ganz gut an "toten" Wurzeln wachsen können. Das heißt, wenn der Spross vom Wurzelsystem entfernt wurde:
https://www.nature.com/articles/s41598-018-28354-5
"Indeed, ERM spreading from roots of intact or shootless plants showed comparable levels of viability, similar structural traits and ability to establish mycorrhizal symbioses with new plants, as long as five months after shoot removal."

Nur weil eine Wurzel kein Spross mehr hat ist sie ja noch nicht gleich tot. Zumindest hat sie noch Reservestoffe die vom Pilz abgebaut werden können. Pflanzenwurzeln wachsen übrigens auch sehr gut ohne Spross in-vitro auf zuckerhaltigem Medium. Gerade Tomatenwurzeln fühlen sich da wohl. Solange Zucker, Nährstoffe und Wurzelmeristem vorhanden ist wachsen die auch ohne Spross einfach weiter.

Deswegen macht die Empfehlung von manchen (Bio)gärtnern schon Sinn, dass man die Wurzel im Boden lassen sollte. Zumindest solange es kein Wurzelunkraut ist und man die Wurzeln nicht ernten möchte. Einfach Spross abschneiden ist besser. Auf einer Konferenz hab ich auch eine sehr schönen Vortrag gehört über tote Wurzeln und eingearbeitete Ackerstoppeln als Lebensraum für Mikroorganismen. Das hatte auch einen namen, ähnlich wie Rhizosphäre für Wurzeln. Also irgendwas mit ...sphäre, aber ich komm nicht mehr drauf.

Zum Thema Glyphosat und Mykorrhiza:
Aus dem oben verlinkten: https://www.nature.com/articles/srep05634?origin=ppub
"We found that herbicides significantly decreased root mycorrhization, soil AMF spore biomass, vesicles and propagules. Herbicide application and earthworms increased soil hyphal biomass"

Ich habe das jetzt nicht komplett durchgelesen, aber es hört sich so an, als ob eine Inokulierung des Bodens mit Regenwürmern die Mykorrhiza-aktivität bei gleichbleibendem Glyphosateinsatz erhöht. Das Regenwürmer die Mykorrhiza fördern ist schon öfters belegt worden.
Jetzt ist halt die Frage, ob Glyphosat die Mykorrhiza direkt schädigt oder eben dadurch, dass durch Glyphosat die Regenwürmer gestört werden oder die wichtigen Wirtspflanzen absterben. Ist halt immer ein sehr komplexes System. In der Praxis wird der größte Schaden allerdings dadurch entstehen, dass Glyphosat häufig mit Monokulturen einhergeht. Und natürlich der Phosphoranteil von Glyphosat ist nicht gerade förderlich für Mykorrhiza.

Abschließend mal meine eigene Meinung, ohne jetzt jede Aussage mit Artikeln zu belegen. Das maße ich mir jetzt einfach mal an, immerhin mache ich meinen Doktor über Mykorrhizapilze (Kritik und Diskussionen sind dennoch gerne erlaubt, auch die Aufforderung für Belege zu bestimmten Aussagen):

Das größte Problem für Mykorrhiza sind:
- offener Boden / keine durchgängige Vegetation
- Geringe Pflanzenbiodiversität
- Einsatz von schnell pflanzenverfügbaren Phosphordünger
- Intensive Bodenbearbeitung (Ackern am schlimmsten, Grubber weniger schlimm)
- Hohe Konzentrationen bestimmter Metalle
- Bestimmte bodenchemische Situationen wie niedriger pH (obwohl es dafür auch wieder angepasste Mykorrhiza gibt, siehe Heidelbeeren)

Für den heimischen Garten würde es bedeuten, dass man "no-dig" macht. Also den Spaten im Eck lässt. Dafür mulchen, mulchen, mulchen und vor dem Pflanzen den Boden mit einer Gabel auflockern. Lieber Unkraut als überhaupt keine Vegetation haben und ansonsten Pflanzen in Mischkultur. Anstatt Blaukorn lieber biologisch düngen.

Für die Landwirtschaft eventuell ein System mit Direktsaat und Vor-/Zwischenfrüchten, zum Beispiel in der Form hier: https://www.youtube.com/watch?v=UtxH4CJa-jk

Übrigens: Die meisten Fungizide sind übrigens überraschend wirkungslos gegenüber Mykorrhizapilze. Ja, in der Tat. Selbst in-vitro bei relativ hohen Konzentrationen tut man sich schwer. Selbst systemische Fungizide töten die Mykorrhiza nicht komplett ab sondern stoppen lediglich das Wachstum für ein paar Tage.
In einem Versuch wurde Topsin-M verwendet um im Feld eine negative Kontrolle zu haben, also Mykorrhiza-frei. Dazu wurde es alle 2 Wochen appliziert und es hat sich "lediglich" eine Reduzierung der Wurzelkolonisation von 55% auf 17% ergeben.

Und noch etwas: Wer vor hat sich ein kommerzielles Mykorrhizapräparat zu besorgen, der....hmm ja gut...schwer zu sagen was derjenige machen sollte. Die meisten Präparate enthalten nur wenige Sporen oder inaktive Sporen durch zu lange Lagerung. Bei gesunden und biologisch betriebenen Hochbeeten (ca. 10 Jahre alt) finde ich aber immer ca. 200-500 sporen pro 100 ml Boden (ob die jetzt alle noch keimfähig sind sei mal dahin gestellt). Vielleicht lieber davon etwas Erde zum inokulieren verwenden.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Gartenplaner am 28. November 2019, 16:09:00
...
Und noch etwas: Wer vor hat sich ein kommerzielles Mykorrhizapräparat zu besorgen, der....hmm ja gut...schwer zu sagen was derjenige machen sollte. Die meisten Präparate enthalten nur wenige Sporen oder inaktive Sporen durch zu lange Lagerung. Bei gesunden und biologisch betriebenen Hochbeeten (ca. 10 Jahre alt) finde ich aber immer ca. 200-500 sporen pro 100 ml Boden (ob die jetzt alle noch keimfähig sind sei mal dahin gestellt). Vielleicht lieber davon etwas Erde zum inokulieren verwenden.
Du schreibst im Prinzip, dass kein "Gartencenteranbieter" wirklich üppig lebende Sporen liefert?
Ich hab einmal ein Produkt aus dem Gartencenter genutzt, danach immer bei GEFA Fabritz Mykorrhiza gekauft, teilweise auch speziell auf verschiedene Baumarten abgestimmt - wie siehst du denn so einen Hersteller/Anbieter?
Immerhin beliefert die Firma hauptsächlich den Garten- und Landschaftsbau, Grünflächenämter etc.
Auf den Tüten ist immer angegeben, dass man das Produkt nur ein paar Monate lagern sollte, besser gleich ausbringen.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 28. November 2019, 22:29:51
Du schreibst im Prinzip, dass kein "Gartencenteranbieter" wirklich üppig lebende Sporen liefert?
Ich hab einmal ein Produkt aus dem Gartencenter genutzt, danach immer bei GEFA Fabritz Mykorrhiza gekauft, teilweise auch speziell auf verschiedene Baumarten abgestimmt - wie siehst du denn so einen Hersteller/Anbieter?
Immerhin beliefert die Firma hauptsächlich den Garten- und Landschaftsbau, Grünflächenämter etc.
Auf den Tüten ist immer angegeben, dass man das Produkt nur ein paar Monate lagern sollte, besser gleich ausbringen.

Es ist schwierig eine generelle Aussage zu treffen. Fakt ist, dass es für Bio-Inokulate noch kein gängiges Prüfverfahren gibt. Momentan kann so ziemlich jede Firma was auf den Markt bringen und tolle Behauptungen aufstellen. Ebenso kann der normale Endkonsument nicht sagen ob das Präparat wirklich wirkt oder nicht. Oftmals werden noch andere Mikroorganismen wie Trichoderma oder Bacillus hinzugfügt und sehr oft beinhalten die Präparate auch einen relativ hohen Anteil an Nährstoffen. Damit wird die Mykorrhizawirkung einfach überdeckt.
Es gibt ein paar Studien wo Mykorrhiza-Präparate in diversen Ländern getestet wurden und immer gab es nur 1-2 aus über 10 getesteten Produkten welche auch gewirkt haben. Ich kenne auch einen deutschen Hersteller der immer gute Qualität abliefert, will aber keine Werbung machen. Von Gefa Fabritz hab ich tatsächlich aber noch nie was gehört und kann das aus der Ferne deswegen auch nicht beurteilen. Auf deren Webseite kann ich jetzt auch nicht beurteilen welche Mykorrhiza-Stämme in den verschiedenen Präparaten eigentlich drin sind. Eine Unterteilung zwischen Endo- und Ektomykorrhiza ist natürlich sinnvoll. Ansonsten finde ich diese "angepassten" Mykorrhizaprodukte für bestimmte Pflanzen immer fragwürdig. Das System ist einfach zu kompliziert. Wenn der Produzent gute Erfahrung mit einem bestimmten Isolat von Rhizophagus irregularis und Tomaten gemacht hat, dann kann das Resultat bei einem anderen Boden und einer anderen Tomatensorte gleich ganz anders aussehen. Außerdem würde ein Rhizophagus irregularis den man in Amerika gefunden hat ganz anders auf Pflanzen wirken wie einer der in Deutschland vorkommt. Mykorrhizapilze sind sehr heterogen. Ein bisschen vergleichbar wie wenn man Kartoffeln aus Samen zieht.
Kommt dein Präparat denn mit einem Mindeshaltbarkeitsdatum? Oder zumindest einem Stempel wann es produziert wurde? Das finde ich, sollte das absolute Minimum sein, dass diese Produzenten anbieten. Vor allem weil es nichts kostet aber sehr wichtige Infos liefert. Ein Jahr gelagert bei Zimmertemperatur bedeutet für mich, dass man die Applikationsrate verdoppeln sollte. Zwei Jahre bei Zimmertemperatur....da würde ich kein Geld mehr dafür ausgeben.

Zitat
Immerhin beliefert die Firma hauptsächlich den Garten- und Landschaftsbau, Grünflächenämter etc.
Kann ein gutes Zeichen sein, muss aber nicht. Kenne auch ein Experiment in dem verschiedenen kommerzielle Mykorrhiza zu Straßenbäumen hinzugefügt wurden und nach dem STart des Experiments wurden die Produkte auch mal durchleuchtet und keines hatte eine ausreichend hohe Sporendichte.
Leider fehlt auch an Universitäten häufig das Know-How um die Sporen zu extrahieren oder kolonisierte Wurzeln zu färben.

Das war jetzt meine überaus kritische Sichtweise zu kommerziellen Mykorrhizaprodukten. Für die guten Hersteller in dem Sektor ist es einerseits traurig, dass es so viele schwarze Schafe gibt. Andererseits ist es auch eine absolute Chance für sie wenn ihr Produkt denn ausreichend gut ist. Die Reaktion der HErsteller auf Kritik ist immer hilfreich um zu erfahren was sie denn von ihrem eigenen Produkt halten.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Feinschmecker am 28. November 2019, 22:43:37
GEFA Fabritz: auf dem Etikett ist handschriftlich das MHD vermerkt.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: thuja thujon am 28. November 2019, 23:41:58
Es ist schwierig eine generelle Aussage zu treffen. Fakt ist, dass es für Bio-Inokulate noch kein gängiges Prüfverfahren gibt. Momentan kann so ziemlich jede Firma was auf den Markt bringen und tolle Behauptungen aufstellen. Ebenso kann der normale Endkonsument nicht sagen ob das Präparat wirklich wirkt oder nicht.
In der EU ist das seit kurzem jetzt endlich mal reglementiert, bzw zumindest ist mal ein Grundstein dafür gelegt.
https://www.agrarheute.com/pflanze/getreide/neues-eu-duengemittelrecht-biostimulanzien-mitgezaehlt-552889

Ansonsten bleibt bei mir bei Mykorrhiza hängen, je armseliger der Boden, desto eher hat man einen Nutzen davon.
Viele Hobbygärten, ob durch Kompost oder Blaukorn mit Phosphor überdüngt, auch hier sehe ich einen Mehrzuwachs, einen wirklich sichtbaren Effekt durch Pilze. Die Phosphordüngewirkung ist schließlich trotz Jahrzehntelanger Bemühungen noch nicht prognostizierbar. Was man lediglich sagen kann, M. haben es im typischen Gartenboden recht schwer.

Die Zeit wirds zeigen ob es in absehbarer Zeit vernünftige Inokulantien zu kaufen gibt und welche davon bestehen werden.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 29. November 2019, 00:45:05
schließlich trotz Jahrzehntelanger Bemühungen noch nicht prognostizierbar. Was man lediglich sagen kann, M. haben es im typischen Gartenboden recht schwer.

Die Zeit wirds zeigen ob es in absehbarer Zeit vernünftige Inokulantien zu kaufen gibt und welche davon bestehen werden.

Das wollte ich jetzt nicht ganz unkommentiert stehen lassen, entschuldigung.

Ich habe hier viel mit Community Gardens, also Schrebergärten zusammen gearbeitet. Vor allem Bodenproben genommen und diese im Hinblick auf Schadstoffe untersucht. Da diese Gärten alle in urbanen Regionen sind und die Vorgeschichte des Standorts industriebehaftet ist, ist sowas auch nicht auszuschließen. Die meisten Gärten hatten sowieso schon die Auflage, dass sie Hochbeete verwenden müssen. Aber dennoch kann ja durch Exposition wieder zu einer gefährlichen Konzentration an bestimmten Stoffen kommen. So zum Beispiel dokumentiert bei bleihaltiger Hausfarbe in der Umgebung.
Die Gärtner haben durch die Bank eine sehr ökologische Einstellung und eine sehr kritische Einstellung gegenüber konventionelle Landwirtschaft und mineralischen Dünger und Pestizide. Deren Dünger heißt Kompost und besteht hauptsächlich aus Pferdeäpfeln von der lokalen Pferderennbahn.
Am Anfang dachte ich mir schon, wieso man sich so viel Mühe mit dem Kompostieren machen soll, wenn man einfach für wenig Geld mineralischen Dünger verwenden kann. Mittlerweile haben mich die Bodentests auch stark umgestimmt. Teilweise geht die Phosphorkonzentration in den Böden durch die Decke (über 10.000 ppm an gesamt P), trotzdem sind alle Pflanzen mykorrhiziert und die Böden haben eine sehr hohe Sporendichte. DNA-Sequenzierung zeigte auch, dass sehr viele Basidiomycota vorhanden sind, wohl auch wegen dem hohen Humusanteil von bis zu 10% gesamt C. Fruchtkörper dieser Pilze sieht man zwar nie, aber es scheint als fallen sehr viele Spore an die dann zumindest etwas Hyphenwachstum betreiben können.
Also in derartigen Gärten fühlen sich Mykorrhiza sehr wohl.

Aber du hast Recht, es gibt auch andere Gärten mit sehr hohen Einsatz von Pestiziden und Dünger, da haben es Mykorrhiza schon schwerer.


"Die Zeit wirds zeigen ob es in absehbarer Zeit vernünftige Inokulantien zu kaufen gibt und welche davon bestehen werden."

Da bin ich sehr positiv. Vor kurzem hat eine Forschungsgruppe einen Mykorrhizapilz ohne Wirtspflanze in-vitro über mehrere Generationen vermehren können. Dazu haben sie ein bestimmtes Lipid hinzugefügt welches zur Energiegewinnung nötig ist. Ein absolutes Novum und das Vermeiden von Wirtspflanzen würde die Produktion der Sporen drastisch reduzieren.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 09. Februar 2020, 15:13:01
Nach Deinem Bericht ergibt sich für mich die Frage: Kann Mycorrhiza bei so hohen Phosphorgehalten die Blockade von Eisen- und Kupferaufnahme vermindern oder gar verhindern? Hat schon jemand sowas untersucht?

Hast Du in den Gärten mit so hohen Posphatgehalten die entsprechenden Chlorosen beobachten können?
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: mycorrhiza am 09. Februar 2020, 17:14:26
Nach Deinem Bericht ergibt sich für mich die Frage: Kann Mycorrhiza bei so hohen Phosphorgehalten die Blockade von Eisen- und Kupferaufnahme vermindern oder gar verhindern? Hat schon jemand sowas untersucht?

Hast Du in den Gärten mit so hohen Posphatgehalten die entsprechenden Chlorosen beobachten können?

Du stellst die richtigen Fragen. Nur leider kann ich darauf nicht definitiv Antworten. Also bei meinem Gärten mit den hohen Phosphor im Boden konnte ich keine Chlorosen feststellen.
Ebenso haben wir jetzt schon öfters die Beobachtung gemacht, dass Pflanzen unter sehr hohen Mengen Phosphor wieder mykorrhiza haben. Ab einer bestimmten Menge Phosphor wird das verhindert aber wenn es dann wieder extrem viel Phosphor wird dann sind sie wieder da. Fast so als ob die mykorrhiza dann quasi für Phosphor Detox zuständig sind oder eben für die Versorgung mit Eisen und Kupfer.
Eine Kollegin forscht auch an mykorrhiza-kupfertransporter. Die gibt es aber sind eben noch wenig erforscht.

Am einfachsten wäre es natürlich ein kleines Experiment mit ca 40 Pflanzen zu machen und einfach eine Phosphor Dose-response von 0 ppm bis 2000 ppm zu machen. Dann würde man sehen ob die mykorrhiza wirklich so reagieren. Jetzt wenn man dafür noch Zeit hätte....

Und die Kollegen die dafür Zeit hätten haben keinen Bock darauf. Wie immer halt.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Krümel am 09. Februar 2020, 17:44:57
Ich danke dir sehr, mycorrhiza, für deine Erläuterungen bzgl. Phosphorbelastung!

In meinem Garten benutze ich seit Jahren ganz bewusst nur "natürlich gewachsenen Dünger" und Kompost (lauwarmgerottet - nebst der Faulheit auch wegen der nur so überlebenden Mykorrhiza und sonstigen Helfer). Die Phosphorüberdüngung aber machte mir Bedenken. Gut, dass Letztere offensichtlich hinfällig sind. Hach, was kann das Leben doch schön sein, wenn man sich keine unnötigen Sorgen zu machen braucht.  ;D



Edit fand, man solle zuerst denken und dann schreiben.  ::)
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 09. Februar 2020, 18:50:36
Ganz herzlichen Dank für die schnelle Antwort  :-*
Auch wenn wir keine Gewissheit bekommen haben. Hilft schon mal weiter wenn die so merkwürdige Verteilung bei den unterschiedlichen Konzentrationen zu haben scheinen.

Vielleicht kann man ja mal einige von den seriöseren Firmen die sowas verkaufen für eine diesbezügliche Beforschung gewinnen.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: b-hoernchen am 19. Februar 2020, 18:29:35
Ich frag' mich bei der ganzen Diskussion um Mykrrhiza ja immer noch, inwieweit denn ganz "normale" im Boden Mycel bildende Pilze es nicht auch tun - zumindest soweit sie nicht pathogen sind.

Wasser und Nährstoffe entlang eines Konzentrationsgradienten zu transportieren, das schaffen die doch auch-?

Also wenn der Bedarf einer Pflanze daran den unmittelbaren Wurzelraum verarmen lässt, dann schafft doch das Mycel jeder "stinknormalen" Pilzart im Boden, diese Sachen von weiter her zu transportieren und damit den Einzugsbereich der Wurzel zu vergrößern?

Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Gartenplaner am 16. Dezember 2020, 20:01:52
Ein sehr interessanter, sehr langer Artikel aus dem New York Times Magazine unter anderem über die Mykorrhiza-Thematik:

The Social Life of Forests

Ausgangspunkt des Artikels ist Suzanne W. Simard, die 1997 ihre Doktorarbeit der Mykorrhiza widmete:

Net transfer of carbon between ectomycorrhizal tree species in the field
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 18. April 2021, 18:17:47
Ich mach ja gerade Experimente mit Zellulosevliesbezogenen Platten, die auf Wasserbehältern schwimmen. Dabei ist mir dieses Moosmykorrhiza  aufgefallen.

Es scheint ähnlich dem Pinselschimmel seinen Lebensraum anständig zu dominieren.
Vielleicht ist das ja auch ein Pilz für höhere Pflanzen. So spezialisiert sind die ja nicht immer.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: partisanengärtner am 18. April 2021, 18:19:29
Ist ein Moos das auf Kalkfelsen gut wächst. Art habe ich irgendwann mal bestimmt muss ich suchen.
Titel: Re: Mykorrhiza - Die Wurzelpilze
Beitrag von: Gartenplaner am 03. Februar 2023, 19:35:23
Aus dem diesjährigen Galanthus-Thread:

https://www.plant-fairs.co.uk/wp-content/uploads/2021/03/Snowdrop-microbes-The-Alpine-Gardener-Final32935.pdf (Sehr interessant!)


“Harness microbes to make your snowdrops thrive”

Ein Experiment, mit Mykorrhiza die Schneeglöckchen gegen pilzliche Schädlinge zu “schützen” und jenen den Platz streitig zu machen im Boden.