Ich hatte auf der letzten Grünen Woche einen Imker befragt über die notwendigen Vorarbeiten / Anschaffungen und mir wurde als Minimalpreis für eine Grundaussattung 1700 Euronen genannt , ohne Bienen . Ist das realistisch ?
Als Minimalpreis halte ich das nicht für realistisch, aber ich habe für meine Bienen auch schon sehr viel mehr ausgegeben als ursprünglich gedacht.
- Pro Bienenstock kann man erstmal ca. 150 Euro rechnen, alleine für die Zargen, Boden, Innendeckel, Außendeckel, Rähmchen.
Meist kommen außerdem dazu: Beutenanstrichmittel, eventuell Werkzeue um Beuten zu bauen oder zu reparieren.
Spanngurte, um die Beuten zusammenzuhalten (gegen Sturm oder beim Transport).
- Dazu kommen diverse Kleinteile wie Bienenbesen, Stockmeissel, Imkerhut, Schutzjacke, Handschuhe, Wassersprühflasche, Smoker...
- Es kommen normalerweise noch weitere Gerätschaften dazu, z.B. ein Einlöttrafo (um vorgeprägte Mittelwandplatten in den Rähmchen zu befestigen), Rähmchendraht, Drahtspanner, Nägel, Ösen, Rähmchenabstandhalter, etc
- Für die Wachsverarbeitung: Evtl. ein Wachsschmelzer (um alte Waben und auch Entdeckelungswachs einzuschmelzen. Ok, nicht unbedingt von Anfang an nötig, aber der Imker auf der Grünen Woche hat sowas vielleicht mit eingerechnet), dichte Gefäße und evtl. Mittel, um die Zerstörung von gelagerten Waben durch Wachsmotten zu verhindern.
- Zur Honigernte braucht es nicht nur eine Schleuder (ab ca. 300 Euro, besser man rechnet ab 500 Euro und ist immernoch bei Einsteigergeräten), sondern auch Entdeckelungsgabel (oder -messer), diverse Siebe, evtl. Honigaufbewahrungsbehälter ('Hobbock', sinnvollerweise mit Abfüllhahn), Entdeckelungswanne (beim Entfernen der Wachsdeckel von den Honigwaben tropft jede Menge Honig), da können nochmal hundert bis mehrere hundert Euro zusammenkommen.
- Wenn man Honig verkaufen möchte (und das wird man, wenn man mehr als einen Bienenstock erfolgreich 'hält' und wenn man nicht reich genug ist um alles zu verschenken), dann muss man sich auch mit Honiggläsern, Etiketten etc. beschäftigen. Und mit behördengerechtem Abwiegen...
- Krankheitsvorsorge und -behandlung verschlingt auch mehr Geld als gedacht: gegen die Varroamilben muss man mehrmals im Jahr behandeln, und zwar normalerweise im Spätsommer (nach der letzten Honigernte) mehrmals mit Ameisensäure und im Winter einmal mit Oxalsäure. Die Säuren selber könnte man für wenige Euro einkaufen, das ist aber so nicht zulässig, stattdessen muss man sie rein rechtlich in einer Apotheke oder von einem Tierarzt als 'Tierarzneimittel' abfüllen lassen, das kostet ein vielfaches, aber immernoch bezahlbar. Dazu braucht es aber noch Zubehör, z.B. Schutzbrille, u.U. Atemmaske, säurefeste Handschuhe, Dosierhilfen (z.B. Pipette oder Einwegspritzen), Verdampfungsgeräte etc.
- Auch die vorsorgliche Untersuchung auf Faulbrutsporen kann ins Geld gehen. Im Prinzip gibt es die Möglichkeit, eine Sammelprobe über den Imkerverein einzuschicken, ich habe aber meine Bienenschwärme erst nach dem Termin gefangen, und wegen der kritischen Faulbrutlage in Berlin wollte ich sicher gehen, habe deshalb den Besuch der Amtstierärztin bezahlt.
(Faulbrut ist für Menschen kein Thema, weshalb Honig aus Übersee mit Faulbrutsporen importiert werden darf (Supermarkthonig besteht laut Etikett fast immer aus 'Honige aus EG-Ländern und Nicht-EG-Ländern', also von 'irgendwo'), die leeren Gläser landen im Glascontainer, wo sie unter Umständen von unseren hiesigen Bienen ausgeleckt werden, die Sporen gelangen in den Bienenstock und können zum Ausbruch führen. Wenn Faulbrut oder auch nur die Sporen im Stock festgestellt werden, kann der ganze Bestand auf behördliche Anordnung vernichtet werden, außerdem wird ein Sperrbezirk von mehreren Kilometer ausgerufen, in dem keine Bienenvölker bewegt werden dürfen. In Berlin hatten wir 2011 mehrere Sperrbezirke.)
- Bienenschwärme fangen kann man, wenn man Glück hat, mit einem Karton (und sinnvollerweise einer Wassersprühflasche). Oft braucht man aber doch noch mehr, z.B. Teleskopstange, Schwarmfangsack, Leiter, besseres Fang- und Transportbehältnis (bienendicht, wassertolerant und gut belüftet - sprich: Schwarmfangkasten).
- Für die Vermehrung: Ablegerkästen, Begattungskästchen, Königinnenkäfige (auch beim Schwarmfang nützlich), Zuchtrahmen, Zubehör um Königinnen zu zeichnen, etc etc.
- Im Winter braucht jedes Volk mindestens 15 kg Futtervorrat. Den gibt man normalerweise als Zuckersirup. Obwohl ich nur von zwei Völkern Honig geerntet habe, und obwohl 2011 ein gutes Honigjahr war, musste ich an meine vier eingewinterten Völker über 70 kg Zuckersirup verfüttern (denn sie verbrauchen beim Einlagern schon etwas). Das bedeutet, ich habe alleine um die 100 Euro für Winterfutter ausgegeben!
Sogenanntes 'Futtergeschirr' kostet auch etwas, also die Vorrichtungen, aus denen man die Bienen das Futter aufnehmen lässt.
- Wenn man kein Auto hat braucht man noch einen Fahrradanhänger (am besten gefedert!), manche Leute brauchen auch noch eine Sackkarre (wenn man die Beuten nicht direkt aus dem Auto an ihren Standort stellen kann).
- Außerdem gibt man auch noch Geld aus für Fachbücher, evtl. ein Imkerzeitschriftenabo und für Lehrgänge. Ach ja, ganz wichtig: der Vereinsbeitrag, in dem auch Versicherung enthalten ist.
Man kann durchaus einiges sparen, wenn man viel selber macht und anderes die Bienen selber machen lässt, z.B. braucht es nicht unbedingt vorgeprägte Mittelwände, man kann die Bienen auch Naturbau machen lassen, oder wenn man doch Mittelwände einlötet, dann muss es kein Einlöttrafo aus dem Imkerhandel sein, anderswo bekommt man flexiblere Stromquellen für weniger Geld.
Ich habe auch meine Bienenbeuten selber gebaut, aber ob ich da bisher wirklich Geld gespart habe...? Lohnt sich jedenfalls nur für Leute ohne ordentliches Erwerbseinkommen.
Also, man
könnte wahrscheinlich für 300 Euro mit dem Imkern anfangen (2 Bienenvölker), wenn man den Honig ohne eigene Schleuder gewinnt (falls man überhaupt welchen gewinnt, weil man den Bienen viel für den Winter lässt), die Beuten selber bauen kann ohne zusätzliches Werkzeug kaufen zu müssen, und sich auch sonst sehr beschränkt.
Aber selbst mit viel Improvisation und selber bauen habe ich wohl deutlich über 1000 Euro ausgegeben. Ok, da ist auch eine gebrauchte Schleuder mit drin.
Im übrigen glaube ich bisher nicht wirklich daran, dass der Imkereieinstieg mit der sogannten 'Bienenkiste' preiswerter oder einfacher ist als mit einer 'normalen' Beute mit beweglichen Zargen.
Grüße,
Robert