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Pflanzenwelt => Obst-Forum => Thema gestartet von: b-hoernchen am 11. Dezember 2015, 19:31:58

Titel: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: b-hoernchen am 11. Dezember 2015, 19:31:58
Zahn’sche Regel (stärkebezogene Baumbehandlung)
Die Seitenäste dürfen nie stärker sein als der halbe Durchmesser der Mittelachse (besser noch
ist das Verhältnis 3 − 4 : 1, vor allem im oberen Kronenbereich)

So gefunden im Netz. Was macht man bitte, wenn man feststellt, dass der Baum schon wesentlich stärkere Seitenäste hat, als er nach der Zahn'schen Regel dürfte? Mit der Astschere abzwicken am Hauptstamm? Treibt der Hauptstamm dann wieder aus, oder bleibt der dann kahl? Es handelt sich um einen Apfel, vermutlich auf M9, der am Spalier gezogen werden soll.
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: Nemesia Elfensp. am 11. Dezember 2015, 19:46:38
Zahn’sche Regel  -  und welche alternativen Schnittmöglichkeiten gäbe es? Ich kann mir ja nicht vorstellen, daß es keine anderen Schnittmöglichkeiten gibt.

hier heißt es z.B.:
Zitat
Für unseren heutigen Kernobstbau haben nur noch
schwach wachsende Unterlagen
 eine
Bedeutung. Jedoch gibt es keine Untersuchungen,
ob es möglich ist, auf starkwüchsigen
Unterlagen unter Verwendung von hochwertig
em Pflanzmaterial und unter Anwendung
modernen Methoden der Baumerziehung (Anw
endung der Zahn’schen Regel beim Schnitt,
Triebreißen etc. )
eine frühe und hohe
Ertragsleistung und somit eine ökonomische
Produktion zu erzielen

also stellt sich für mich die Frage:
Welche anderen Methoden gibt es ?
und
wären diese für Deinen Baum besser geeignet?

LG
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: dmks am 11. Dezember 2015, 20:59:07
Es ist besser zu wissen wie man da hinkommt  - vom Pflanzschnitt über einfache Regeln - als plötzlich in der Baumpubertät drüber zu sinnieren ;)
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: willi2000 am 11. Dezember 2015, 22:35:24
Wie dmks schon sagt, ist dies eine Regel, die man bei der Erziehung beachten sollte.
Wenn später durch fehlende Pflege ein Seitenast am Mitteltrieb zu stark geworden ist, wird dieser durch Rückschnitt auf einen schwachen Seitenast entsprechend degradiert.
Direkt am Mitteltrieb sollte man keine großen Schnitte setzen, außer man möchte was für den Naturschutz und notleidende Höhlenbrüter tun.

Gruss,

Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: b-hoernchen am 13. Dezember 2015, 19:02:15
Danke willi für den Vorschlag mit dem Einkürzen und Ableiten, das habe ich auch vor.
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: citrusgaertner am 16. Dezember 2015, 20:52:47
Hallo,

ich habe bei Zahn auf der Obstbauversuchsanstalt Obstbau gelernt, daher kenne ich die Schnittphilosophie von Fritz naturgemäss recht gut. Was Willi sagt, ist goldrichtig, wenn Du Dich daran hältst und den Starkast immer wieder bremst durch starke Rücknahme seiner kräftigsten Abzweigungen, kannst Du den Seitenast weitestgehend in der bestehenden Aststärke erhalten, dadurch verändert sich dann ja naturgemäss das Verhältniss der Stärken Seitenast-Mitteltrieb im laufe der Jahre immer mehr zugunsten des Mitteltriebes.
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: b-hoernchen am 17. Dezember 2015, 12:01:40
Was mir noch nicht so recht einleuchten will, warum der Mittel-(Haupt-)trieb so gestärkt werden soll?
Entwickelt sich dann der Baum letztlich nicht zu einer ewig langen Stange? Laienhaft gedacht, hätte ich vermutet, es wäre wünschenswert, möglichst viel Wuchsenergie in flach gebundene Seitenäste zu leiten, damit sie dort die Fruchtentwicklung fördert?
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: citrusgaertner am 17. Dezember 2015, 15:52:23
Da der Baum von unter nach oben in der Stammstärke abnimmt, bleiben Dir genügend starke Steitenäste (Gerade im unteren, leichter zu erntenden Bereich), um nicht eine Bohnenstange zu bekommen. Zudem darfst Du gerne des öfteren den Mitteltrieb absetzen auf einen etwas niedriger sitzenden, aufrechteren Seitentrieb. Hierdurch stauchst Du den Baum, bzw. begrenzt ihn auch in seiner end-Wuchshöhe. Da bei Apfelbäumen wie bei vielen anderen Bäumen auch eine Spitzen-Wuchsförderung vorhanden ist (Je höher der Trieb im Baum sitzt, desto stärker ist der Neuzuwachs im Vergleich zu einem gleich starken Trieb im unteren Bereich des Baumes), hast Du ja kein Problem, dass der Baum oben immer dünner wird - eher musst Du laufend im oberen Kronenbereich wuchskorrigierend eingreifen, sonst "überwächst" die Krone gerne den unteren Astbereich - die Folge ist dann ein beschatteter unterer Kronenbereich mit in Folge davon absterbenden Astpartien und grünen Früchten aufgrund von Lichtmangel. Fritzen´s Schnittregeln sind natürlich in erster Linie für den Erwerbsobstbau entwickelt worden, und wenn Du Dir mal in Südtirol die Apfelanlagen anschaust, kannst Du sie sehr schön sehen. Diese Bäume sind allerdings tatsächlich ziemliche "Bohnenstangen", da sie teilmaschinell beerntet werden, da können sie nicht oben oder unten extra breit sein. Es hat sich allerdings gezeigt, dass die Baumbehandlung nach Fritz Zahn für optimale Fruchtqualitäten in allen Bereichen der Krone sorgt.
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: b-hoernchen am 19. Dezember 2015, 18:56:20
Danke für deine ausführliche Erklärung, citrusgärtner!
Fritzen´s Schnittregeln sind natürlich in erster Linie für den Erwerbsobstbau entwickelt worden, .
Das hab' ich mir schon gedacht, auf die hiesigen Streuobstwiesen mit ihren Hochstämmen wären sie wohl kaum zu übertragen-?!
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: o0Julia0o am 05. November 2020, 00:26:31
Wie macht man das denn beim Erziehen? Der Ast wird dicker und dicker. Hinten abschneiden hindert ihn nicht am Dickewachstum. Dann einach nahe am Stamm ableiten? Dann wird der Fruchtbewuchs ja zumindest immer weiter vom Stamm weg.
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: Starking007 am 05. November 2020, 05:54:19
".................Was macht man bitte, wenn man feststellt, dass der Baum schon wesentlich stärkere Seitenäste hat, als er nach der Zahn'schen Regel dürfte? ...."

Die Mitte abschneiden! ;-)

Im Ernst:
Wart`s ab, ein paar Jahre hin oder her, das ist wie bei Kindern, erst mal nur etwas leiten, schauen was wird und dann den richtigen Weg einschlagen.

Zwangserziehung nach Schema und System: Ich halte rein gar nichts davon.
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: thuja thujon am 05. November 2020, 17:06:48
Wenn man die Konkurrenz oder Überbauung nicht zulassen möchte den zu starken Ast so gut wie am Stamm wegschneiden. Lediglich ein kleiner Zapfen sollte bleiben, damit sich wieder neue, dünne Zweige aus den schlafenden Augen entwickeln können.

Das Beste ist so starke Äste wachsen erst garnicht, dazu kann man die verdächtigen Knospen ausbrechen.

Prinzipiell ziehe ich eine Individuenangepasste Erziehung dem späten reparieren vor. Erzeugt einfach weniger Wunden am Baum und es schaukelt sich nicht so viel auf.
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: carot am 06. November 2020, 13:08:00
Es lohnt sich auch die Beiträge von citrusgaertner auf dieser Seite der Diskussion zu lesen. Dort wird die Methodik eigentlich schon erläutert.
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: o0Julia0o am 06. November 2020, 16:31:39
Aha, da kommt dann wieder ein Ast heraus, wenn man ihn abschneidet? Ich dachte jetzt immer und immer wieder ableiten. Dann wäre er wie gesagt aber immer länger geworden, immer späteres Fruchtholz. Dann ist das ja easy.
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: thuja thujon am 06. November 2020, 20:07:51
Hier mal am Beispiel von Apfel.
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: thuja thujon am 06. November 2020, 20:08:29
Hier noch belaubt mit dem unerwünschten Trieb auf der Oberkante.
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: red am 18. November 2020, 04:55:20
Wenn der Seitenast zu stark ist schneide ich den Ast nicht weg sondern verringere regelmäßig die Holzmaße des zu starken Ast dadurch wachst der betreffende Ast in Zukunft schwächer, der Stamm aber wächst mit normalem Tempo weiter und wird so mit der Zeit wieder wesentlich stärker als der Ast so dass die Zahn’sche Regel wieder passt.

Auch flachbinden kann zusätzlich unterstützen.
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: thuja thujon am 18. November 2020, 12:42:14
Ich bin davon teilweiße abgekommen, je nach dem wie der Ast aufgebaut und verzweigt oder garniert ist. Wenn die Proportionen nicht wirklich stimmen kommt es beim zurücknehmen der Holzmasse bei bestimmten Ästen zu der heftigen Reaktion Wasserschosser oder die neuen Äste daraus werden zu wüchsig. Das bedeutet zum einen die Konkurrenzsituation wird evtl nicht besser oder man erkauft sie sich über viele Schnittwunden und viel Arbeitsaufwand. Die Basis verkahlt zusätzlich zunehmends mit den Jahren und so wird ein verjüngen, was manchmal dann doch notwendig wird, schwieriger.
 
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: o0Julia0o am 18. November 2020, 20:17:57
Wenn der Seitenast zu stark ist schneide ich den Ast nicht weg sondern verringere regelmäßig die Holzmaße des zu starken Ast
Mit welchem Mittel denn?

Holzmasse war gemeint? Also einige abgehende Zweige von dem betreffendem Ast entfernen?
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: red am 20. November 2020, 00:28:21

Ja genau einige Zweige von dem betreffenden Ast entfernen. Hierweiderum insbesondere die Äste mit starken Wachstum nach oben / beziehungsweise Dicke lang.

Umzusetzen mit so wenigen Schnitten wie möglich, der Idealfall wäre wenn man mit einem einzigen Schnitt gleich mehrere starkwachsende Äste raus nimmt.

Bei einer Knospe in gewünschter Richtung schneiden, im Idealfall auf flaches Holz ableiten.


Der Seitenast vom Stamm der in die Zahn'sche Regel nicht mehr passt ist nicht einfach zufällig stark gewachsen sondern weil dort insgesamt ein Starkes Wachstum (Holzmasse) am betreffenden Ast stattgefunden hat wenn man nun viel Holz mit so wenig Schnitten wie möglich wegschneidet geht das Wachstum zurück während der Stamm stark weiter wachsen sollte. In zwei Jahren passt dann die Zahn'sche Regel wieder.
Titel: Re: Obstbaumschnitt - Zahn'sche Regel
Beitrag von: Talkrabb am 20. November 2020, 09:54:24
Ich bin davon teilweiße abgekommen, je nach dem wie der Ast aufgebaut und verzweigt oder garniert ist. Wenn die Proportionen nicht wirklich stimmen kommt es beim zurücknehmen der Holzmasse bei bestimmten Ästen zu der heftigen Reaktion Wasserschosser oder die neuen Äste daraus werden zu wüchsig. Das bedeutet zum einen die Konkurrenzsituation wird evtl nicht besser oder man erkauft sie sich über viele Schnittwunden und viel Arbeitsaufwand. Die Basis verkahlt zusätzlich zunehmends mit den Jahren und so wird ein verjüngen, was manchmal dann doch notwendig wird, schwieriger.

Ich versuche es auch erstmal mit einem "Zurücknehmen"/Schlankschnitt des störenden Astes. Wenn allerdings der Querschnitt an der Stammbasis bereits relativ groß ist, wird dieser Ast so viel "Saft ziehen" dass man ihn längerfristig nicht beruhigt bekommt. Selbst Laien erkennen solche Äste als unharmonisches störendes Element.

Dann sehe ich das wie thuja thujon und schneide solche Äste konsequenterweise komplett raus (zumindest solange die Wundfläche nicht größer als ca. 5 cm Durchmesser wird). Langfristig die bessere Lösung, auch wenn ich sonst große Wunden am Stamm immer vermeide.