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Pflanzenwelt => Obst-Forum => Thema gestartet von: fisalis am 24. Januar 2005, 12:22:00

Titel: Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: fisalis am 24. Januar 2005, 12:22:00
...was passiert? Neben dem fehlenden oder nicht proper geschnittenen Rasen sind ungeschnittene Obstbäume der beliebteste Angriffspunkt in einem wie auch immer alternativen Garten. Als ich es vor einigen Jahren wagte, meinen Hochstämmer längere Zeit nicht zu schneiden, war mir Tadel der gesamten Verwandt-, Bekannt- und Nachbarschaft gewiss. Mittlerweile trägt der wild wachsende Baum ganz ansehnlich, und die Kritik beschränkt sich auf die angeblich unübliche Ästhetik.

Meine Frage: Ist es im Hobbygarten zu verantworten, Obstbäume selten oder nie zu schneiden, wenn man nicht auf Höchstertrag aus ist? Oder stirbt der Baum bald?
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Eva am 24. Januar 2005, 12:34:57
Wenn die Obstqualität stimmt, ist ja erst mal nix dagegen zu sagen. Ich würde erwarten, dass ein ungeschnittener Baum zu dicht wird (kleinere/weniger Äpfel, evtl. schlechtere Qualität weil beschattet), und dann von innen raus verkahlt. Bäume, die alt und innen kahl sind haben wir einige daheim, weil mein Opa die früher falsch geschnitten hat. Ist mühsam bis unmöglich, da wieder eine Form hinzukriegen, und auch das Ganze so zu schneiden, dass man zur Ernte an die Äpfel drankommt.

Mein Vater schneidet inzwischen die alten Apfelbäume nur noch alle paar Jahre, nur die Jungen, die noch in Form wachsen sollen werden jährlich geschnitten. Das geht ganz gut.
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: callis am 24. Januar 2005, 12:39:55
Zwei Uraltapfelbäume, die ich vor 17 Jahren mit dem Garten übernommen habe, habe ich noch nie geschnitten. Ich habe trotzdem meist zuviele Äpfel und fahre sie zur Mosterei.
Ich habe nicht den Eindruck, dass der Ertrag durch Nichtschneiden geschmälert wird.
Mit der Optik ist es allerdings etwas anderes. Bei dem einen von beiden verderben die vielen senkrecht wachsenden Wasserschosse die Silhouette eines Apfelbaums doch ganz erheblich.
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: bonsai am 24. Januar 2005, 13:19:11
Ich denke nicht, dass ein Baum nur vom Nichtschneiden eingeht, kann mir aber vorstellen, dass die Qualität des Obstes auf Dauer leiden wird.
In unserem frisch übernommenen Garten stehen zwei, drei ziemlich alte Apfelbäume, die alle seit Jahren keine Schere oder Säge mehr gesehen haben. Ich vermute, dass der starke Befall des einen Baumes mit Schorf und ähnlichen Pilzkrankheiten damit zusammenhängt, dass nicht genügend Licht und Luft in die Baumkrone vordringen kann.
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Querkopf am 24. Januar 2005, 14:07:12
Ungeschnittene Obstbäume vergreisen rasch - einem Pflaumenbaum in unserem Garten, bei dem wir selbst noch nie Schere und Säge angesetzt haben (unsere Vorgänger wohl auch nicht), ist das deutlich anzusehen. Regelmäßiger Schnitt hält die Bäume vitaler und verlängert ihr Leben.

Aber wie stark sich das auswirkt, dürfte sehr von der jeweiligen Art und Sorte abhängen. Dazu wissen die Experten sicher mehr ;).

Schöne Grüße
Querkopf
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Amur am 24. Januar 2005, 15:06:38
Die Frage was passiert mit ungeschnittenen Obstbäumen, lässt sich nicht so pauschal beantworten.
Bei einigen (z. Bsp. Walnuss) macht es meist nix aus.

Sehr wichtig ist das Alter bei dem die Pflede eingestellt wird und die grundsätzliche Wuchskraft.
Einen jungen Apfelbaum einfach setzen, ohne weiteren Aufbauschnitt die nächsten Jahre, führt zu einem dichten, chaotischen Busch. Dieser wird relativ früh tragen, aber auch sehr schnell Äste durch Überlastung verlieren. U. U. bricht der ganze Busch zusammen. Niederstämme würden dabei besser zurecht kommen denn Hochstämme, die wohl sehr schnell ganz zusammenbrechen oder abbrechen. Bei Niederstämmen würden sich die Äste einfach auf den Boden senken und dort u. U. selbst wurzeln.

Bäume die über etliche Jahre gepflegt wurden und einen guten Grundaufbau haben, kommen oft Jahrzehnte ohne Schnitt über die Runden.
Wobei auch hier wieder starkwüchsige mehr Probleme mit brechenden Ästen bzw. Sturmschäden haben werden.
Sehr schwachwüchsige werden dagegen vergreisen und immer weniger wachsen.

Nicht die kleiner werdenden Äpfel sind das Problem, sondern gerade bei Hochstämmen die immer größer werdende Krone die letztendlich dazu führt, das Teile herausbrechen, oder der ganze Baum zusammenbricht.
Zumindest Äpfel sind ja von Haus aus keine Bäume sondern Büsche. Man braucht ja nur wild gekommene und ungepflegte Äpfel ansehen. Das sind größere Büsche.

mfg
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Ralf am 24. Januar 2005, 21:51:32
Beim Kernobst führt der Verzicht auf Schnitt dazu, dass der Baum mehr blüht, mehr und kleinere Früchte trägt und weniger, dafür etwas überhängend wächst, was eben auch schneller zur "Vergreisung" führen kann. Man kann dies je nach Geschmack als natürlich betrachten. Eine Verdichtung der Krone ist hingegen immer auf zu viel Schnitt zurückzuführen - der Baum versucht, durch Neutrieb wieder ins Gleichgewicht zu kommen.
Sauerkirschen: Schnitt meist unabdingbar, aber: einige Sorten, z.B. Königin Hortense, sind schnittunverträglich
Süßkirschen: nach ev. Pflanzschnitt und ev. einigen Jahren Erziehungsschnitt kein Schnitt mehr nötig
Pflaumen: meist ebenso
Aprikosen: bei mir ebenso
Pfirsich: nach wenigen Jahren ohne Schnitt echte Vergreisung
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Querkopf am 24. Januar 2005, 23:42:14
Hallo, Ralf,

Beim Kernobst führt der Verzicht auf Schnitt dazu, dass der Baum mehr blüht, mehr und kleinere Früchte trägt und weniger, dafür etwas überhängend wächst...

so ähnliche Reaktionen scheint es beim Steinobst auch zu geben: Unsere Pflaume - alter Baum, mindestens 40, eher 50 Jahre - blüht schön und trägt, wenn sie denn trägt, viele, freilich kleine Früchte; und sie lässt ihre tiefsten Zweige mittlerweile extrem hängen. Ist aber nix mit weniger Wachstum: Die Spitze ist in den letzten 5, 6 Jahren in unerreichbare Höhen geschossen.

...Eine Verdichtung der Krone ist hingegen immer auf zu viel Schnitt zurückzuführen - der Baum versucht, durch Neutrieb wieder ins Gleichgewicht zu kommen...

Dazu ist Freund Pflaumerich ein lebendiges Gegenbeispiel: Die seit sicherlich 20 Jahren ungeschnittene Krone ist dicht & wirr wie nur was. Und weil so zu wenig Licht hineinkommt, streben zahlreiche Neutriebe senkrecht nach oben - balanciert sieht das nicht grad aus :-\. Der Baum dürfte aber in seiner Jugend eine brauchbare Erziehung genossen haben ;), der Grund-Aufbau der Krone ist eigentlich nicht übel. Daher wird er demnächst mal wieder Schnitt kriegen, ganz behutsam. Damit er nicht völlig die Figur verliert und seine Äste nicht zu spröde werden :).

Schöne Grüße
Querkopf
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: fisalis am 25. Januar 2005, 08:18:34
Zumindest Äpfel sind ja von Haus aus keine Bäume sondern Büsche. Man braucht ja nur wild gekommene und ungepflegte Äpfel ansehen. Das sind größere Büsche.


So habe ich das noch nie betrachtet.

Es kommt also wohl sehr auf den Baum an. Und nicht nur zu wenig, sondern auch zu viel kann man schneiden. Meine Süsskirsche steht nach einigen Jahren regelmässigem Erziehungschnitt nun einige Jahre ohne da und sieht gut aus. Apfelbäume scheinen demgegenüber doch immer mal wieder eine neue Frisur zu benötigen. Die Zwetschge ist sehr stark wüchsig und muss auch ab und zu in Form gebracht werden. Im Allgemeinen scheint es besser zu sein, nicht jedes Jahr nur etwas rumzuschnippeln, sondern zumindest in jungen Jahren ab und zu einen "Kurzhaarschnitt" zu machen.
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Amur am 25. Januar 2005, 13:14:25
Die Süsskirsche (Prunus Avium) ist von Haus aus ein Baum und nicht mal ein kleiner. Daher würde sie in den meisten Fällen (auch Sortenabhängig) auch ohne jeden Schnitt einen halbwegs vernünftigen Baum geben, mit hoher Lebenserwartung.
Gerade diesen Winter hat man im hiesigen Forst eine Kirsche (Prunus Avium) geschlagen. Der Stamm hat auf 10m Länge einen mittleren Durchmesser von 65cm, wenn ich mich richtig an die Zahlen erinnre.
Dem hat mit Sicherheit nie jemand einen Erziehungsschnitt verpaßt. Allenfalls einen Pflanzschnitt, wobei ich nicht mal das glaube, da es sich dort wohl um Naturverjüngung handelte.

Durch den Schnitt hält man die Süsskirschen vor allem niederer. Denn was nützen mir Kirschen in 20m Höhe, die zwar in großer Zahl drauf sind, aber dafür die einzelne sehr klein ist.
Beim Apfel so ähnlich. Statt einer Unmenge kleiner Winzlinge, ist uns eben ein größerer Apfel lieber. Und das bekommt man, indem man das Fruchtholz verringert oder aber nach dem Ansatz ausdünnt.
Die Fruchtmenge pro Baum ist sozusagen gleich, nur die Anzahl Früchte wird gesteuert. Mal ganz grob vereinfacht.

mfg
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Ralf am 25. Januar 2005, 21:57:59
@Querkopf: ehrlich gesagt habe ich mit 20 Jahre nicht schneiden keine Erfahrung ... nur halt die, dass sich Pflaumen regelmäßig und nicht zu dicht aufbauen, wenn man sie bis auf Minimalmaßnahmen (Spitzenausgleich + weg, was nach innen wächst) in Ruhe läßt.
Wenn man einmal zu viel schneidet und dann nicht mehr, kann der Baum natürlich auch 20 Jahre zu dicht bleiben.
Dass du deine Pflaume vorsichtig schneiden willst, halte ich jedenfalls für richtig. Wichtig halt: auslichten, aber keinesfalls gleichmäßig alles kürzen. Große Wunden vermeiden (die in der Restlebensdauer deines "würdigen Greises" sowieso nicht mehr heilen), lieber viele kleine Äste entfernen + Wundverschluss.
 
@fisalis: Ein - gar wiederholter - "Kurzhaarschnitt" führt eben zu Verdichtung und spätem Tragen. Die Materie ist nicht ganz so einfach. Im Winter laufen viele Kurse dazu, bzw. es gibt auch eine Berg Bücher zum Thema.

@Amur: Ich habe mit der Gisela-Unterlage zur Wuchsregulierung bei Süßkirschen bisher gute Erfahrungen gemacht. Wachstum läßt bei 2,50 m schön nach, früher Ertrag, allerdings etwas hängende Äste (vielleicht zu wenig geschnitten ...)

Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Zittergras am 25. Januar 2005, 22:33:38
Hallo ihr Experten!

Kennt jemand von Euch die Obstbaumpflege von Sepp Holzer?

L.G. Eva
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Sepp am 27. Januar 2005, 13:39:49
Amur,

ganz kann ich dir bezüglich "Äpfel und Birnen sind Büsche" nicht zustimmen.
Wildäpfel/-birnen und Kultursorten auf starkwüchsigen Unterlagen bzw. Sämlinge wachsen sehr wohl zu mittelhohen Bäumen heran. Sicher werden sie gerne von Tieren angenagt und wachsen erstmal strauchig, doch in Ruhe gelassen werden es eben Bäume (auch mehrstämmig, v.a. nach Fraß), die sich mit der Zeit im dichten Stand auch von selbst aufasten.
Äpfel sollen ja eine lindenähnliche Krone bilden. Kaum bis gar nicht geschnittene Birnenhochstämme sieht man manchmal noch an Straßen oder alten Streuobstwiesen.

Sepp
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Zuccalmaglio am 27. Januar 2005, 21:35:02
Hallo,
bin das erste mal überhaupt in einem Forum. Interessant hier.
Zur Ausgangsfrage von fisalis.
Man muss entscheiden, was man will. Gesunde, genügend große Früchte, vitaler gesunder Baum, regelmäßiger Etrag, langlebigen Baum, ästhetisch ansprechende (typische)Krone, Kronenstabilität etc.?
Dann kommt man um einen (richtigen) und mehr oder weniger regelmäßigen Schnitt nicht herum. Ganz unabhängig von den Unterschieden zwischen den Obstarten, Obstsorten und Baumformen.
Wenn einem die genannten Ziele eben nicht so wichtig oder andere wichtiger sind, läßt man das mit dem Schnitt völlig oder fast völlig.
Der Baum wird aber mit Sicherheit nicht so alt werden wie mit Schnitt und auch die anderen obigen Zielsetzungen werden nur in vermindertem Maße erreicht.
Es sind eben keine Wildgehölze mehr, sondern Kulturformen, die u.a. in ihrem Wuchscharakter und Fruchtungsverhalten verändert sind. Dem kann man, muss man aber nicht gerecht werden.
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Amur am 28. Januar 2005, 22:53:00
Amur,

ganz kann ich dir bezüglich "Äpfel und Birnen sind Büsche" nicht zustimmen.
Wildäpfel/-birnen und Kultursorten auf starkwüchsigen Unterlagen bzw. Sämlinge wachsen sehr wohl zu mittelhohen Bäumen heran. Sicher werden sie gerne von Tieren angenagt und wachsen erstmal strauchig, doch in Ruhe gelassen werden es eben Bäume (auch mehrstämmig, v.a. nach Fraß), die sich mit der Zeit im dichten Stand auch von selbst aufasten.
Äpfel sollen ja eine lindenähnliche Krone bilden. Kaum bis gar nicht geschnittene Birnenhochstämme sieht man manchmal noch an Straßen oder alten Streuobstwiesen.

Sepp

Sepp,
ich kenne wild aus dem Samen gewachsene, nie gepflegte oder geschützte Äpfel nur als Busch. Sie bildeten nie eine hochstrebende Mitte oder einen Stamm, wie etwa sich selbst überlassene Prunus avium das machen.

Und die alten Streuobstwiesen oder Straßenbäume erhielten mit Sicherheit über Jahrzehnte einen Schnitt, der sie zu dem machte, was sie heute noch sind, zu Bäumen. Erst die letzte Generation schnitt sie nicht mehr.
Jedenfalls bei uns wurde mit denen bis in die 50er Jahre gutes Geld verdient.

mfg
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Urs am 31. Januar 2005, 01:22:19
Hallo Amur,

ich muss mich Sepp anschließen. Der echte Wild-Apfel z. B. (Malus sylvestris, nicht M. domestica) wächst im Gegensatz zu vielen Kulturäpfeln ungeschnitten sehr wohl zu stattlichen Bäumen heran.
Und eine im Freistand aufwachsende Eiche bildet auch keinen durchgehenden Stamm, sondern beginnt u. U. schon nach einem halben Meter, sich sehr gleichmäßig zu verzweigen. Deshalb käme jedoch niemand darauf, die Eiche als Busch zu bezeichnen.
Viele Kultursorten des Apfels (und ihre Wildlinge) verausgaben sich aufgrund der zeitigen und starken Fruchtbildung so schnell, dass sie ihre mögliche Endgröße eben nicht erreichen und vorzeitig vergreisen, wie schon beschrieben wurde. Dem soll der Schnitt ja entgegenwirken.
Ein Strauch hat es dagegen gar nicht im Programm, baumhoch zu wachsen. Auch mit noch so viel Schnitt kann niemand z. B. aus einer Roten Heckenkirsche einen Baum erziehen.

Wir haben vor einigen Jahren eine Streuobstwiese neu angelegt und ich kann aus Erfahrung sagen, dass die starkwüchsigsten Apfelsorten am wenigsten schnittbedürftig sind, wenn man sie nicht bremsen möchte. Im Gegensatz zu schwachwüchsigen Sorten haben sie die Baumform noch im "Programm". Wenn man dagegen schwachwüchsige Sorten nicht schneidet, werden schnell "Trauerweiden" daraus und dann beginnt schon das allmähliche Absterben des jeweiligen Baums.
MfG

Urs
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Micha am 31. Januar 2005, 21:41:31
Hallo Zusammen,
ab welchem Alter sollte man mit dem Schnitt anfangen? An Obst haben wir Jonagold Spindelbusch, Jakob Fischer Busch und eine Hauszwetschge Busch. Sie sind 3 bzw 4 Jahre alt.
Die ersten Äpfelchen hatten wir schon! :D
LG micha
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: sabinchen am 31. Januar 2005, 21:48:31
Ich habe einen Elstar mit etwa 4 Jahren. Dem habe ich letztes Jahr schon einen Erziehungsschnitt gemacht.
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Urs am 01. Februar 2005, 09:37:03
Hallo,

zunächst einmal sollte jeder Obstbaum/-busch einen Pflanzschnitt erhalten. In den Folgejahren sollte dann der Erziehungsschnitt erfolgen, d. h. schon ab dem zweiten Standjahr. Der Baum baut sich regelmäßiger und stabiler auf, wenn er in den ersten Standjahren alljährlich geschnitten wird. Später kann je nach sortenspezifischem Kronenaufbau und Wüchsigkeit der Schnitt mehr oder weniger lange ausgesetzt werden.

Mir scheint, dass einige Forumsteilnehmer ihre Bäume nach Gutdünken schneiden oder das Schneiden weglassen, ohne sich vorher mit der Thematik zu beschäftigen. Ich kann nur empfehlen, sich wenigstens ein grundlegendes Büchlein zuzulegen. Momentan gibt es gerade "Obstbaumschnitt in Bildern" von H.W. Riess (ISBN 3875960459) für um die drei Euro zu haben. Ich persönlich finde diese Einführung sehr gut, zumal auch auf häufige Fehler hinhgewiesen wird, so dass der Leser diese am eigenen Baum eher vermeiden wird. Die der Anleitung/Erklärung dienenden schematisierten Zeichnungen vermitteln meines Erachtens auch ein besseres Bild dessen, worum es jeweils geht, als ein Foto das kann.
Gruß

Urs
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Zuccalmaglio am 01. Februar 2005, 17:43:36
den Aussagen von Urs kann man sich nur anschließen.
Das von ihm erwähnte Buch kenne ich nicht. Für den Anfänger ist aber auf jeden Fall hilfreich, wenn ein solches Buch z.B. auch Aussagen zu Binden und Stäben macht. Wichtig erscheinen mir auch Inhalte
zu Pflanzenqualität und Unterlagen(wirkungen), damit einem beispielsweiese nicht ein Baum mit verzogener Krone oder falscher Wüchsigkeit verkauft wird.
Für ein umfassenderes Buch wird man aber ein paar Euro mehr anlegen
müssen.
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: sabinchen am 01. Februar 2005, 21:05:35
Wir haben auf einer ehemaligen Streuobstwiese gebaut. In den ersten Jahren habe ich die zwei alten Obstbäume , die wir stehen lassen konnten (Apfel, Zwetschge) nicht geschnitten. Bald merkte ich, das Äste abgetrocknet sind, und die Bäume wuchsen schlecht. Jetzt schneide ich die Bäume jeden Winter. Sie bekommen dadurch neue Äste und verjüngen so. Als toller Nebeneffekt, sie tragen auch besser. Außerdem sind die Bäume nicht so krankheitsanfällig. Anfangs wußte ich nicht was ich abschneiden sollte. Mit der Zeit bekommt man ein Auge dafür.
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Arkadier am 09. Mai 2005, 13:41:18
Prinzipiell bringt jedes "Herumschnippseln" wenig bis gar nichts - außer neue sog. Wassertriebe. Alles was einen größeren Durchmesser als 5 - 6 cm hat sollte nicht mehr geschnitten werden, da hier die sog. Überwallung - das ist das Zuwachsen des Baumes, nur mehr langsam möglich ist und die Gefahr einer Pilzinfektion überwiegt. Alte Bäume sollte man sowieso mit dem nötigen Respekt und ehrfurchtsvoll behandeln - also nur dort schneiden, wo es dem Baum zugute kommt.
Besser ist, einen jungen Baum gut in Form zu bringen, d. h. mit gezielten Schnitten seinen Habitus entsprechend seiner Art zu Formen und dann nur mehr schneiden, wenn unbedingt nötig.
Um bessere (größere) Früchte zu bekommen empfehle ich etwa bei Äpfeln diese im Juni oder Anfang Juli auszupflücken oder sanft auszuschütteln. Die verbleibenden Früchte werden dann größer und fruchtiger.

lg
Arkadier
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: fisalis am 09. Mai 2005, 14:06:31
Scheint mir vernünftig. So handhabe ich das nun seit Jahren mit meinen Hochstämmern. Sie belohnen mich jedes Jahr mit einer schönen, nicht übermässigen (was soll ich damit?) Ernte. Offenbar schauen Hobbygärtner den Profis ab und zu unkritisch ab. Aber ein Hobbygärtner braucht keine Maximalernten.
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: angelika am 09. Mai 2005, 22:44:32
Bei uns sind mir in den letzten Jahren zunehmend Sämlingsapfelbäume aufgefallen, teils am Straßenrand, an Bachufern, wo die Gehölze nicht jedes Jahr ganz abgeschnitten werden, und auch im Wald, und wenn diese genügend Zeit haben, werden durchaus ohne jede Schnittmaßnahme große Bäume daraus, die wunderschön blühen, und je nach Witterung auch von ganz kleinen sauren bis zu interessant schmeckenden Äpfeln tragen.

für Zittergras: Ich war vor einigen Jahren mal bei Sepp Holzer, und habe eine ganztägige Führung durch das Gelände mit einer Gruppe mitgemacht: der Hof liegt auf 800 bis 1300m Seehöhe (so ca.) und er hat erzählt, daß er als junger Mann Baumschnittkurse besucht hat, und das genauso wie er es gelernt hat umsetzen wollte. Der Erfolg blieb aus, weil es dort sehr viel Schnee gibt, und die Fruchtäste, wenn sie zu flach wachsen durch die Schneelast abgebrochen und ausgerissen sind, sodaß er soweit ich mich erinnere, auf Schnittmaßnahmen dann ziemlich verzichtet hat, und die Bäumen die steilere Krone bilden ließ, die auch bei großer Schneelast nicht zerbricht. Aber er hat ein großes Gelände und erwartet keine Höchsterträge von seinen Bäumen.

Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Urs am 20. Mai 2005, 13:16:05
Prinzipiell bringt jedes "Herumschnippseln" wenig bis gar nichts - außer neue sog. Wassertriebe.

Prinzipiell bringt ein regelmäßiger Verjüngungsschnitt auch einem Hochstamm ein längeres Leben - das ist doch schon einmal etwas, oder? Wer so schneidet, dass übermäßige Bildung von Wasserreisern das Resultat ist, schneidet falsch. Ein fachgerecht geschnittener Obstbaum bringt nicht nur im Regelfall größere Früchte, diese sind auch besser zu beernten, weil nicht nur in der Außenkrone plaziert, und gleichmäßiger von der Sonne beschienen. Außerdem bleibt ein geschnittener Baum länger im Wachstum und verliert sich nicht in der Bildung von zu viel Fruchtholz, was Kleinfrüchtigkeit und Vergreisung einleitet.

Alles was einen größeren Durchmesser als 5 - 6 cm hat sollte nicht mehr geschnitten werden, da hier die sog. Überwallung - das ist das Zuwachsen des Baumes, nur mehr langsam möglich ist und die Gefahr einer Pilzinfektion überwiegt. Alte Bäume sollte man sowieso mit dem nötigen Respekt und ehrfurchtsvoll behandeln - also nur dort schneiden, wo es dem Baum zugute kommt.

Dem ist im Grunde nichts hinzuzufügen, nur kann man dieser Aussage entnehmen, dass ein Schnitt einem Baum zugute kommen kann, während oben eher davon abgeraten wurde.


Besser ist, einen jungen Baum gut in Form zu bringen, d. h. mit gezielten Schnitten seinen Habitus entsprechend seiner Art zu Formen und dann nur mehr schneiden, wenn unbedingt nötig.

Wann ist unbedingt nötig? Meines Erachtens ist ein regelmäßiger und mit geringen Eingriffen verbundener Instandhaltungsschnitt besser als periodisch größere Eingriffe vorzunehmen, die zu der erwähnten Bildung von Wasserreisern führen können.


Bei uns sind mir in den letzten Jahren zunehmend Sämlingsapfelbäume aufgefallen, teils am Straßenrand, an Bachufern, wo die Gehölze nicht jedes Jahr ganz abgeschnitten werden, und auch im Wald, und wenn diese genügend Zeit haben, werden durchaus ohne jede Schnittmaßnahme große Bäume daraus, die wunderschön blühen, und je nach Witterung auch von ganz kleinen sauren bis zu interessant schmeckenden Äpfeln tragen.

Sämlinge unterliegen während ihrer Entwicklung durch Konkurrenz anderer Pflanzen einer Selektion, die dazu führt, dass Jungbäume ohne ausreichendes Wachstum sich in freier Natur gar nicht etablieren können. Starkwüchsige Sorten der verschiedenen Obstarten benötigen im Regelfall viel weniger Schnitt als schwachwüchsige Sorten. Sämlinge, die sich in der Natur etablieren konnten, können bestenfalls mit starkwüchsigen Kultursorten verglichen werden. Ein erheblicher Anteil der Kulturobstsorten, gerade der modernen Sorten ist dagegen schwachwüchsig und vergreist ohne Schnitt äußerst schnell. Gekaufte Bäume stehen zudem meist auf Typenunterlagen, die eine nur kleines und flaches Wurzelsystem ausbilden und der aufgepfropften Edelsorte nur ein schwaches Wachstum ermöglichen. Solche „behinderten“ Bäume nicht zu schneiden, hat mit Sicherheit zur Folge, deren Lebensdauer stark zu verkürzen. Außerdem sind bei vielen Sorten ohne Schnitt Kleinfrüchtigkeit und verstärkte Alternanz zu erwarten. Verdichtete Kronen bringen außerdem einen erheblichen Anteil "unterbelicheter" Früchte, also solche minderer Geschmacksqualität und von weniger gutem Aussehen.

Was die Äpfel mit kleinen saueren Früchten angeht, so ist es möglich, dass es sich dabei um den sehr selten gewordenen Wild-Apfel Malus sylvestris handelt. Er ist an der Entstehung der Kulturäpfel zwar beteiligt, jedoch weisen diese nach meinem Informationsstand einen überwiegenden Elternanteil von Malus sieversii auf, einer mittelasiatischen Art, die bei uns nicht gleichermaßen umweltadaptiert ist und weniger stark wächst. Wir kultivieren in unserer Streuobstwiese neben alten und neuen Kultursorten auch Wild-Äpfel und ich kann nur sagen, dass sich diese mit den Wild-Äpfeln, was die Wuchstärke und selbständige Regulation der Kronenentwicklung angeht, nicht vergleichen lassen.
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: fisalis am 20. Mai 2005, 13:24:12
Danke für diese Erklärungen, Urs. Ich bin unterdessen von meiner Nichtschnitt-These wieder abgekommen und denke, dass der von dir beschriebene sanfte Erhaltungsschnitt - also ohne grössere Eingriffe ständig pflegen - das Beste ist. Im Idealfall sind dann wohl mit den Jahren immer weniger Pflegemassnahmen nötig.
Titel: Re:Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Peace-Lily am 01. November 2021, 14:20:56
Hallo ihr Experten!
Kennt jemand von Euch die Obstbaumpflege von Sepp Holzer?
L.G. Eva

Bin gerade auf der Suche nach Infos ob man junge Obstbäume auch ohne Schnitt wachsen lassen kann hier gelandet. Wie ist die Obstbaumpflege von Sepp Holzer? Und ist der Sepp der hier auch schreibt jener Sepp Holzer?
Titel: Re: Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Starking007 am 01. November 2021, 15:35:59
Nichtschnitt-Methode geht,
wenn man mit einer Erfolgsquote mit 1:1000 zufrieden ist.

Keine Ahnung vom Sepp Holzer,
wenn der aber schon so heißt, stimmt alles was er sagt und schreibt..............

Den Mühlhiasl gäb`s auch noch....

Sorry, ich bin gerade gut drauf!
Titel: Re: Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Ayamo am 02. November 2021, 14:21:15
 ;D
Titel: Re: Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Felcofan am 02. November 2021, 14:43:06
hast du mal O-Ton vom Se** H*lzer gehört?

wie soll ich sagen
er hat immer recht
die Welt ist schwarz-weiß und konventionelle Bauern sind alle doof und böse

nicht schneiden geht immer, die Frage ist, ob dir das Resultat gefällt

auf dem Pilgerhof fressen, soweit ich das einer Reportage entnehmen konnte, die Schweine, die p*rmakulturmäßig alles umpflügen, die Früchte, die die nicht gepflegten Hochstämme produzieren.
Titel: Re: Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: cydorian am 02. November 2021, 15:00:36
Säulenäpfel muss man auch nicht schneiden. Meistens.
Titel: Re: Obstbäume ohne Schnitt
Beitrag von: Talkrabb am 03. November 2021, 07:51:53
Obstbäume (ich gehe von einer mittelstarken bis starken Unterlage aus) ohne Schnitt? Das geht, das wird auf vielen Ausgleichflächen etc. im Feld getestet :-) Ergebnis: Die Bäume tragen relativ schnell und Anfangs auch viele Früchte. ABER: Die Bäume vergreisen in unglaublich kurzer Zeit und reduzieren dann ihr Wachstum. Die Kronen werden sehr dicht, was eine schlechte Durchlüftung und Belichtung nach sich zieht.

Aus meiner Sicht in der Summe kein gutes Konzept. Holzer gleicht die langfristigen Mindererträge und das verkürzte Baumleben durch die Fläche aus.
Was gut funktioniert: In den ersten Jahren sehr konsequent schneiden und ein tragfähiges Baumgerüst aufbauen. Nach ca. 8-10 Jahren genügt es dann alle 2-3 Jahre zu schneiden. Das wäre aus meiner Sicht der Minimalaufwand.