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Pflanzenwelt => Botanik => Thema gestartet von: fars am 19. März 2010, 08:18:06
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Ein Kasseler Naturschützer sammelt gezielt den Samen uralter Baumriesen, um so das Genpotential dieser Methusaleme zu bewahren.
Ich stelle mir das als ein sehr hübsches und sinnvolles Hobby vor, frage mich aber, warum er nicht besser Stecklinge nimmt.
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Vielleicht kann oder will er keine "Baumschule" pflegen, sondern nur eine Samenbank vorrätig halten. Und Stecklinge gehen ja auch nicht bei allen Bäumen.
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Das ist wohl richtig.
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Ich weiß zumindest von der heimischen Schwarz-Pappel, die man wegen ihrer akuten Gefährdung derzeit zu vermehren versucht und daher Stecklinge von besonders alten (=robusten) Bäumen gewinnt, daß bei sehr alten Exemplaren nur juveniles Material aus dem obersten Kronenbereich geeignet ist, um gesunde kräftige Pflanzen zu produzieren, selbst die Wasserreiser am Stammbereich brächten nur minderwertige Pflanzen.
Daher nehme ich an, daß dies auch bei anderen Baumarten so ist, und dieser Mensch aus finanziellen oder logistischen Gründen keine Hebebühne quer durch Deutschland kutschieren will, und daher einfach auf die generative Vermehrung ausweicht.
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Abgesehen von vermehrungstechnischen Problemen kann vegetative Vermehrung unter ökologischen Gesichtspunkten doch nur Sinn machen, wenn ein einzelnes Exemplar bzw. Individuum einer Art "gerettet" werden soll.
Damit die Art als solche "weiterleben" bzw. sich "weiterentwickeln" kann braucht es eben generative Vermehrung.
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Naja.
Es gibt derzeit die Diskussion um gebietsheimische (autochthone) Gehölze, deren Sinn oder Unsinn hier nicht Thema sein soll. Wenn man bedenkt, dass Gehölze bzw. deren Saatgut seit dem großräumigen Einsatz der Eisenbahn quer durch Deutschland verschickt wurden, kann man die Methusalems als originale gebietsheimische Gehölze bezeichnen.
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Von einer Pflanze viele Klone zu produzieren, macht vielleicht aus gärtnerischer Sicht einen Sinn.
Aus ökologischer Sichtweise müssen Pflanzen sich doch meiner Meinung nach selbst reproduzieren. Mehrere Klone eines Individuums aus vegetativer Vermehrung, die sich untereinander weiter vermehren, sind von der Natur doch nicht vorgesehen. Oder?
Dann haben solche Klone meiner Meinung nach in der "freien Natur" (wenn es die denn noch gibt) ebenso wenig etwas zu suchen wie genmanipulierte Pflanzen.
Oder etwas anders ausgedrückt: Genressourcen rettet man nicht durch Inzucht (War vielleicht etwas krass ausgedrückt?)
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Es geht sicher nicht darum mit den vegetativen Nachkommen der Methusalems ganze Wälder aufzuforsten. Forstpflanzensaatgut z.B. wird generell von genau definierten Beständen gewonnen und bei manchen Baumarten werden extra Saatgutplantagen aus veredelten Bäumen angelegt.
Bei der ganzen o.g. Geschichte schwingt sicher eine gute Portion Sentimentalität mit. ;)
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Bei den Schwarz-Pappeln ist das Problem, dass sie sich mit den allenthalben gepflanzten Hybrid-Pappeln kreuzen, so dass es immer weniger reine Schwarz-Pappel-Jungpflanzen gibt. :-\
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Bei der ganzen o.g. Geschichte schwingt sicher eine gute Portion Sentimentalität mit. ;)
Aber ja doch!
Und ich finde es eine ganz liebenswerte Idee, die versuche für mich privat umzusetzen. Ein paar ehrwürdige Veteranen gibt es auch in meiner Umgebung, wenngleich sie noch nicht das Prädikat "Methusalem" verdienen.
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Für die Vermehrung gebietsheimischer Gehölze werden Besammlungsbestände nach bestimmten Kriterien bewertet und kartiert. Bei den krautigen Pflanzen ist es mittlerweile auch ein Thema:(Spenderflächen-Kataster Sachsen-Anhalt.
Gebietsheimisches Saatgut in Sachsen
Wie schon gesagt wurde: Die genetische Vielfalt einer Population kann nur weitergegeben werden, wenn eine ausreichende Zahl von Mutterpflanzen beerntet wird. Bei der Neuanlage von Wiesen, Weiden und anderen Grasfluren sind Heusaaten die bessere, aber anspruchsvolle Methode, weil große Teile der ganzen Pflanzengesellschaft und auch noch ein wenig Kleintierwelt auf die neue Fläche übertragen werden.
Grundsätzlich geht es bei dem Thema darum, die besonderen Anpassungen der hier natürlichen Populationen einer Art vor Drift und Verdrängung durch entfernte Herkünfte zu schützen. Immerhin wurden in den vergangenen Jahrzehnten so viele Gehölze aus allen möglichen Regionen der Erde in Mitteleuropa gepflanzt, dass sie den Umfang der regional angepassten Bestände mitunter übersteigen. Bei manchen Kulturgräsern sind in Norddeutschland kaum noch Vorkommen belegbar, die nicht aus Ansaaten mit unklarer Herkunft stammen.
(Wer das mit Nationalismus - der leicht bekloppte Begriff des "Dendrofaschismus" kursierte bereits - assoziiert, begreift nicht, dass er/sie Mensch ist.)
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Wenn es hier darum geht, ein Stück Naturgeschichte zu retten, stimme ich inzwischen mit fars überein. Es ist eine liebenswerte Idee.
Wenn ich den Platz im Garten hätte, würde bei mir vielleicht auch eine Süntelbuche wachsen.