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Pflanzenwelt => Stauden => Thema gestartet von: sarastro am 13. Februar 2009, 08:47:01

Titel: Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: sarastro am 13. Februar 2009, 08:47:01
Nachdem selbst unter Kollegen der Begriff "Wildstaude" offenbar immer noch nicht eindeutig geklärt ist, möchte ich dieses Thema einmal wieder zur Diskussion stellen.

Vor vielen Jahren hielt ich einen Vortrag bei den Wädenswiler Staudentagen in der Schweiz über "Wildstauden aus aller Welt in den Gärten" und wurde von einigen Ultranaturapostel angegriffen, ich würde den Begriff "Wildstauden" fehlinterpretieren und hätte das gefälligst zu unterlassen. Ich ließ mich nicht beirren und konterte, dass züchterisch nicht verbesserte Eupatorium, Polygonatum und Astern aus Nordamerika, sowie Tricyrtis aus Japan sehr wohl als Wildstauden zu gelten haben, zumal ihr Einsatzbereich den der "Einheimischen" überschneidet.

Zu Wildstauden dürfen nicht allein die Einheimischen gelten, zumal der Begriff Einheimisch von vorne herein sehr vage und unsicher ist. Wo fängt man hier an? Wie seht ihr das?

Vielleicht ist es sinnvoller, über solche Themen zu diskutieren wie über Moderatoren quer durch die Nacht... ::) ;D
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Staudo am 13. Februar 2009, 08:51:15
Im gängigen Sprachgebrauch versteht man unter einer Wildstaude durchaus eine heimische Art , die nicht züchterisch bearbeitet wurde.

Sind Cassian Schmidts Präriepflanzungen, die nahezu vollständig aus Amerikanern und Asiaten bestehen Wildstaudenpflanzungen?
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Gart am 13. Februar 2009, 08:51:27
Als naiver Kunde denke ich bei einer Wildstaudengärtneri auch an eine, die in der Gegend wild vorkommende Stauden kultiviert und anbietet. Das ist aber keine Folge meines logischen Denkens, sondern des Marketings solcher Betriebe, die nicht selten biozertifiziert sind und sich nachhaltig geben. Logisch gedacht sind Wildstauden aber auch solche, die andernorts wild vorkommen und nicht gezüchtet sind.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: fars am 13. Februar 2009, 08:54:12
Da "Wildstauden" wie auch "Wildpflanzen" keine geschützten Begriffe sind, darf wohl jeder das darunter subsumieren, was er meint, so lange es sich um die Stammformen dieser Pflanzen handelt.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: sarastro am 13. Februar 2009, 08:56:43
Jawohl, Cassians Pflanzungen würde ich sehr wohl als eine reine Wildstaudenpflanzung sehen! Mit nur heimischen Stauden würde ich lediglich einen Lebensbereich der Natur der Umgebung kopieren, was in den meisten Fällen misslingt und was im Übrigen mit Gartenkultur nur noch bedingt zu tun hat. Züchterisch nicht verbesserte, heimische Wildarten zählen selbstverständlich ebenfalls zum Begriff "Wildstauden".

Und dann wäre ja noch die Frage "Wo fängt heimisch an"? Vor der Haustüre, im Schweizer Jura oder dem Brocken, oder zählt das Wattenmeer auch noch zum Heimischen?

Biozertifiziert können auch Betriebe sein, die Züchtungen kultivieren. Zumindest hast du ins Schwarze getroffen, Gart. Wir meinen dieselben zwei! ;D
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: MD9 am 13. Februar 2009, 09:00:57
Ich meine das alles was es in der freien Natur an Pflanzen gibt, auch Natur hybriden. Natürlich keine Züchtungen oder Selektionen von Menschen Hand die wieder ausgewildert sind, quasi geflüchtet.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: tiarello am 13. Februar 2009, 09:27:59
Man sollte meiner Ansicht nach unbedingt auf einer Differenzierung beharren: heimische Wildstauden, nordamerikanische Wildstauden etc. Schon allein wegen der Heile-Welt-Phantasien, die gelegentlich auf den Bergriff „Wildstauden“ projeziert werden.

Und Wildstauden als „züchterisch nicht bearbeitete Stauden“ zu definieren reicht doch eigentlich aus.

Übrigens: Nicht alles was einen Sortennamen trägt ist keine Wildstaude. ;D
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: wallu am 13. Februar 2009, 09:29:55
Und dann wäre ja noch die Frage "Wo fängt heimisch an"? Vor der Haustüre, im Schweizer Jura oder dem Brocken, oder zählt das Wattenmeer auch noch zum Heimischen?

Das ist die wohl am schwersten zu beantwortende Frage. Wobei es nicht nur um die geographische Eingrenzung geht, sondern auch um die zeitliche. Zählt zu den heimischen nur, was schon vor der letzten Eiszeit hier wuchs, oder seit den Römern, dem Mittelalter, seit Erfindung der Dampfmaschine (die Eisenbahnlinien z.B. haben die Einbürgerung diverser Arten sehr gefördert)?

Ich glaube, die Grenzen sind (wie so oft) fließend, und ein Sammler "heimischer" Stauden muß seine Grenzen selber ziehen.....
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: bristlecone am 13. Februar 2009, 09:33:01
Und Wildstauden als "züchterisch nicht bearbeitete Stauden"; zu definieren reicht doch eigentlich aus.

Wobei "züchterisch" dann bedeutet: planvoll, mit einer bestimmten Absicht.

Wenn ich Wildstauden vermehre, nehme ich eine Auslese vor: Ich selektiere Pflanzen, die sich unter den gegebenen Bedingungen am besten durchsetzen, während z. B. blühschwache Exemplare oder solche, die schlechter Samen ansetzen oder weniger Ableger bilden oder sich schlechter teilen lassen als andere Exemplare derselben Art, mit der Zeit in meinem "Wildpflanzenpool" seltener werden und u. U. ganz verschwinden.
 
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: tiarello am 13. Februar 2009, 09:39:37

Wenn ich Wildstauden vermehre, nehme ich eine Auslese vor: Ich selektiere Pflanzen, die sich unter den gegebenen Bedingungen am besten durchsetzen, während z. B. blühschwache Exemplare oder solche, die schlechter Samen ansetzen oder weniger Ableger bilden oder sich schlechter teilen lassen als andere Exemplare derselben Art, mit der Zeit in meinem "Wildpflanzenpool" seltener werden und u. U. ganz verschwinden.

Was zur Folge hat, dass genaugenommen jede Wildstaude nach eine paar Generationen Gartenkultur keine mehr ist... ;D
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: fars am 13. Februar 2009, 09:42:01

Wenn ich Wildstauden vermehre, nehme ich eine Auslese vor: Ich selektiere Pflanzen, die sich unter den gegebenen Bedingungen am besten durchsetzen, während z. B. blühschwache Exemplare oder solche, die schlechter Samen ansetzen oder weniger Ableger bilden oder sich schlechter teilen lassen als andere Exemplare derselben Art, mit der Zeit in meinem "Wildpflanzenpool" seltener werden und u. U. ganz verschwinden.

Was zur Folge hat, dass genaugenommen jede Wildstaude nach eine paar Generationen Gartenkultur keine mehr ist... ;D

Etwas anderes tut die Natur in Prinzip ja auch nicht (Evolution).
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: sarastro am 13. Februar 2009, 09:43:49
Leider oder zum Glück geschieht dies in einer Gärtnerei ganz automatisch, es sei denn, man vermehrt nur generativ und man verwendet ausschließlich autochtones Samenmaterial.

Selbst wenn von Salvia nemorosa (der Samen ursprünglich aus Ostungarn stammend) später in der Gärtnerei immer und immer wieder Samen abgenommen wird, verändert sich mit der Zeit der Charakter der Pflanze, da sie sich bekanntlich der neuen Umgebung auch genetisch anpasst und der Evolution unterworfen ist. Womit wir bei Darwin angelangt wären.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: fars am 13. Februar 2009, 09:45:53
Und weiter noch: Davon ausgehend verändert sich auch die heimische Wildstaude.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: sarastro am 13. Februar 2009, 09:47:10
Tiarello, sie ist zwar keine reine Wildstaude mehr, aber sie besitzt auf ewige Zeiten immer noch den Charakter einer Wildstaude. Und dies besitzen auch andere Stauden, vom vegetativ vermehrte Buschwindröschen bis hin zur Solidago, die sich aussät wie die Pest, aber durch Unwissenheit ihres Staudengärtners trotzdem durch Teilung vermehrt wird.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: bristlecone am 13. Februar 2009, 09:53:14
@ sarastro: Das passt doch gut: Es ist ja auch Darwinjahr!

Mir gefällt tiarellos Definition von Wildstauden als "züchterisch nicht bearbeiteten Stauden" gut.
Damit ist die Abgrenzung zu den züchterisch = bewusst und planvoll (mehr oder weniger ;)) entstandenen Sorten ziemlich klar.

Dass manche dass als Etikettenschwindel auffassen mögen, weil es dann nicht bloß um heimische Pflanzen geht, würde mich nicht weiter stören. Wenn es um heimische Pflanzen geht, kann man ja von "einheimischen Wildstauden" sprechen. Wobei sich dann die von wallu angesprochene Frage auftut, seit wann heimisch?

Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: tiarello am 13. Februar 2009, 09:54:11
Klar, Sarastro, Bei vegetativer Vermehrung bleibt 's ne Wildstaude. Aber im "Wildstaudengarten" ist generative Vermehrung ja auch keine Seltenheit ;)
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: knorbs am 13. Februar 2009, 09:55:35
wie fars schon sagt...den begriff "wildstaude" als allgemeingültige definition gibt es nicht. richtiger wäre es m.e. von "wildpflanze" zu sprechen, da dann die einjährigen auch erfasst sind. wieso sollten damit nur einheimische pflanzen gemeint sein? was ist z.b. an hepatica nobilis einheimisch? die kommt in ganz europa vor. pflanzen halten sich nicht an grenzen. das invasive unkraut ambrosia z.b., eine wildpflanze mit mittlerweile wohl weltweiter verbreitung um nur mal ein krasses beispiel zu nennen. die liste ließe sich beliebig verlängern. mit dem pauschalbegriff "einheimisch" kann ich wenig anfangen, außer um deutlich zu machen, dass eine pflanze eben in meiner gegend in der natur vorkommt. beim beispiel hepatica nobilis kann das aber auch der schwede und der österreicher sagen. man denke an die abgrenzung "neophyt" und "archäophyt" ...wie soll man da das attribut "einheimisch" verwenden?

ich verwende + verstehe den begriff "wildstaude/wildpflanze" wie das md9 umschreibt, allerdings würde ich die einschränkung hinsichtlich der "ausgewilderten" nicht machen. den begriff "wildpflanzen/wildstauden" verwende ich um deutlich zu machen, dass es sich um eine in der natur (irgendwo auf diesem planeten) vorkommende art handelt, die nicht von menschenhand züchterisch verändert wurde. also gehören für mich auch die naturhybriden + mutationen dazu.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: uliginosa am 13. Februar 2009, 09:57:29
Und dann wäre ja noch die Frage "Wo fängt heimisch an"? Vor der Haustüre, im Schweizer Jura oder dem Brocken, oder zählt das Wattenmeer auch noch zum Heimischen?
"Einheimisch" bezieht sich immer auf die Flora eines bestimmten Gebietes: Auf die Flora von Deutschland (in den Bestimmungsbüchern meist mit den angrenzenden Gebieten) bezogen sind sowohl Strandhafer als auch Mehl-Primel hier heimisch, auf die Flora von Mitteldeutschland oder Sachsen-Anhalt bezogen keine der beiden Arten.

Auskunft über den Status findet man z.B. hier:

http://www.floraweb.de/pflanzenarten/artenhome.xsql?suchnr=4557&

Die Floristen haben natürlich noch genauere Einteilungen, die sich auf den Zeitpunkt der Einwanderung beziehen ...
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Staudo am 13. Februar 2009, 10:07:25
Als neophytisch gelten Pflanzen, die sich nach 1492, der Entdeckung Amerikas, in Europa ausbreiteten oder das Potenzial dafür haben.
In der Schweiz ist angeblich eine Liste in Vorbereitung mit Pflanzen, deren Anbau und Kultur verboten werden sollen, weil sie die Gefahr einer Ausbreitung in der Natur besteht.

Diese Arten sind sicherlich Wildstauden im botanischen Sinne, im ökologischen wird man den Begriff meiden.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: uliginosa am 13. Februar 2009, 10:15:57
Warum?

Richtig wild ;D sind sie doch dann, wenn sie auch hier wild sein wollen und können!
Und sich ausbreiten wie die Pest! >:( ;)

Nein aber wirklich: ein in Deutschland vernachlässigtes Problem, dass man nicht wenigstens versucht invasive Arten, wie Reynoutria div. spec, Impatiens glandulifera oder Heracleum mantegazzianum einzugrenzen.! >:(

(und es gibt immer noch so viele Gärtner, die solches Zeug außerhalb ihres Grundstücks entsorgen! :o >:( :'( >:( )

Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: fars am 13. Februar 2009, 10:17:58
Bei "Naturhybriden" hätte ich schon Bedenken, es sei denn, beide Elternpflanzen kommen so auch wild in der Natur vor (gleicher natürlicher Standort).

Aber wenn in einem Garten/Gärtnerei Wildstauden unterschiedlicher Herkunft nebeneinander wachsen udn sich daraus eine Naturhybride ergibt, dann würde ich nicht mehr von einer Wildpflanze sprechen.

Denn dann gäbe es keinen Unterschied zwischen einer zufälligen und einer gewollten Kreuzung.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: knorbs am 13. Februar 2009, 10:25:16
@fars

völlig einverstanden. wenn ich wildpflanzen, die ansonsten in der natur nicht zusammen vorkommen, in einem garten zusammenbringe kann ich deren vermendelte nachkommen nicht mehr als wildpflanzen bezeichnen. vielleicht als "staude mit wildpflanzencharakter" oder eben die die übliche bezeichnung "hybride". es sind auch keine naturhybriden, egal ob nun die bienen willkürliche oder der gärtner gezielte kreuzungen vorgenommen haben. die "menschenhand" hat hier insofern eingegriffen, als sie pflanzen unterschiedlicher geographischer verbreitung zusammengebracht hat.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: altrosa am 13. Februar 2009, 10:29:54
In meinem Garten haben sich Hybriden aus Geum rivale und Geum urbanum gebidet - nicht gewollt, werden auch in der Flora Baden-Württembergs beschrieben. Züchtung oder wild?
Nach meiner Ansicht ist das im Garten kein Problem, auch wenn es mich manchmal ärgert, wenn in Rasenmischungen aus "Wildblumen" riesige Gänseblümchen auftauchen. Schwieriger wird es bei Neuansiedlungen in Schutzgebieten, dort muss man bezüglich Herkunft pingelig sein.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: tiarello am 13. Februar 2009, 10:32:02
Fast jede Begriffsdefinition hat natürlich unscharfe Grenzen.

Doch den eigentlich rein gärtnerischen Begriff "Wildstauden" ohne Zusatz mit heimischen WS gleichzusetzen, wie es der von Sarastro eingangs erwähnte Zuhörer tat, ist natürlich Quark.

Schon deshalb weil "heimisch" immer einen Gebietsbezug erfordert, was uliginosa ja schon erwähnt hat.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: tiarello am 13. Februar 2009, 10:39:06
Schwieriger wird es bei Neuansiedlungen in Schutzgebieten, dort muss man bezüglich Herkunft pingelig sein.

Stimmt, da sollten sich Gärtner eigentlich ganz 'raushalten, nicht nur in Schutzgebieten.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: MD9 am 13. Februar 2009, 10:43:14
Ich finde eine Wildstaude ist eine Wildstaude solange sie in ihrer angestammten heimat wächst, wenn irgend jemand sie sich in den Garten holt und über mehrere Jahre kultiviert, die Ursprungspflanze verschwunden ist und nur noch der Generative Nachwuchs vorhanden ist, so ist es keine Wildpflanze mehr! Meine Meinung
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Moderliesel am 13. Februar 2009, 10:47:00
Ganz hart wäre:

Alles was im Garten steht, kann keine Wildstaude mehr sein.


Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: MD9 am 13. Februar 2009, 10:52:09
Ich würde mal sagen, wenn sie nicht ein vegetativer Ableger der aus der Natur entnommenen Pflanze ist, ist es nicht mehr die selbe, sie hatte ja andere Bedingungen für Blühte und Samen Ansatz, eben Evolution.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: knorbs am 13. Februar 2009, 11:26:18
sorry, aber mir ist das zu eng ausgelegt. für mich als hobbygärtner, der sich mit wildpflanzen beschäftigt, ist es schon wichtig zu wissen, mit was ich es zu tun habe, wenn mir samen oder pflanzen angeboten werden. je genauere angaben ich da habe, desto eher kann ich einschätzen, ob das gewünschte dem entspricht, was ich möchte.

beispiel: die gute alte paeonia mlokosewitschii. was da alles aus hobbyvermehrung angeboten wird ist m.e ein mix aus diversen paeonia, an deren vermehrung ich nicht interessiert bin. wenn ich aber in sämereienlisten lese, gesammelt am wildstandort irgendwo im kaukasus, dann weiß ich zumindest, dass es von einer wildform stammt, auch wenn die ergebnisse dann von gelb, creme über rosa nach rot ausfallen können. vermehre ich diese dann vegetativ, würde ich die immer noch als wildstaude ansprechen + auch als solche weitergeben.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: tiarello am 13. Februar 2009, 11:39:03
d. h. : Alles was ein Genom hat, das mit dem des Naturstandorts identisch ist, ist eine Wildstaude?
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: MD9 am 13. Februar 2009, 11:56:47
Das ist natürlich klar, wenn die samen am Wildstandort gesammelt werden entsprechen sie logischer weise noch der Art so wie sie dort Vorkommen. Ich mein ja nur das, wenn du dann Samen von diesen Pflanzen erntest und wieder aussäst tritt eine leicht Veränderung ein, andere Wachstumsbedingungen. Zwar noch die gleiche Art, nur unter anderen Bedingungen aufgewachsen. Zwar eng ausgelegt, aber im Prinzip schon so. Es ist ja nicht so, das ich so ein Kleinigkeitskrämer bin, aber es ging hier ja auch nur um die allgemeine obige Frage.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: fars am 13. Februar 2009, 12:20:16
Und wer analysiert das?

Ob Wildstaude oder nicht kann doch nur die "Geschichte" der einzelnen Pflanze klären. Wenn ich Primula elatior und P. veris dem Naturstandort entnehme und sie in meinen Garten pflanze, ergibt eine natürliche (= zufällige) Kreuzung zwischen den beiden noch nicht die Wildstaude (unterschiedliche Naturstandorte), sondern allenfalls ein Staude mit wildähnlichem Charakter.

Habe ich jedoch nur P. elatior im Garten und die vermehrt sich aufgrund optimaler Standortbedingungen wie doll, dann bleiben diese Nachkommen genuine Wildstauden, auch wenn sie möglicherweise viel "fetter" und größer sind, als die vom Naturstandort.



Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: bristlecone am 13. Februar 2009, 12:30:33
Habe ich jedoch nur P. elatior im Garten und die vermehrt sich aufgrund optimaler Standortbedingungen wie doll, dann bleiben diese Nachkommen genuine Wildstauden, auch wenn sie möglicherweise viel "fetter" und größer sind, als die vom Naturstandort.
Das ist nicht sicher. Wenn die Pflanzen sich in Deinem Garten vermehren, so werden sich dabei im Laufe der Zeit diejenigen besonders ausbreiten, die an die Standortbedingungen (Boden, Licht, Mikroklima etc.) gut angepasst sind. Andere Sämlinge werden sich nicht durchsetzen, z. B., weil sie zu früh austreiben oder zu spät in Winterruhe gehen oder von Schädlingen gefressen werden. Bei kleinen Populationen wie solchen Gartenkulturen spielt auch der bloße Zufall eine Rolle, und der Gärtner, der unerwünscht auftauchende Sämlinge beseitigt.
Nach einigen Generationen kann sich der Bestand in Deinem Garten von dem ursprünglichen am Wildstandort möglicherweise genetisch unterscheiden. Es ist dann immer noch dieselbe Art, aber es wäre eine unter den neuen Bedingungen am neuen Standort herausgebildete Rasse entstanden.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: sarastro am 13. Februar 2009, 12:42:45
Ihr wiederholt euch. Das wurde schon einige Seiten zuvor geschrieben. ::) :D ;)
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 13. Februar 2009, 18:29:42
sarastro, hier im forum schreibe ich weil es gerade nicht vernünftig ist oder notwendig oder sinnvoll. Im echten Leben hab ich genug von so was und deshalb muss meine Gartenleidenschaft diesen Kategorien nicht genügen. Das dazu.

Um rauszukriegen was die Gärtner so unter Wildstauden verstehen bin ich in die Fachgruppe Wildstauden der GdS eingetreten. Die ersten interessanten Erfahrungen habe ich gemacht.

Meine persönliche Meinung war bisher die, dass die Präriepflanzungen in Weinheim Wildstaudencharakter haben. Dass auch meine Primula elatior, die sich munter vermehren Wildstauden sind. Dass auch die Rudbeckia Goldsturm eine Wildstaude ist, die damals in der Gärtnerei Foerster einen Sortennamen bekommen hat, weil es damals noch keine Regeln für die Benennung von Kultivaren gab.

Dass in der Fachgruppe Wildstauden auch Puristen sind, das habe ich schon mitbekommen. Es gibt sie wirklich, die Leute, die ausschließlich mit dem, was sie hier für heimisch halten, gärtnern möchten. Diese Gärten sind bestimmt interessant. Ich werde sie mir ansehen, sicher.

Ich selber gärtner lieber mit dem ganzen Spektrum und habe keine Hemmungen Wiesenpflanzen aus dem Kaukasus, aus Mitteleuropa und aus Nordamerika in meinem Garten zu benachbarn. Manchmal allerdings in separaten Quartieren.

Die Wildstaudenfrage finde ich allerdings grundsätzlich überaus wesentlich. Denn die heimischen Standorte und Lebensbedingungen und Pflanzengesellschaften auch von fremden Gewächsen zu kennen befriedigt auch tiefe ästhetische Bedürfnisse.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: SouthernBelle am 13. Februar 2009, 20:06:46
Als Gartengestalter wuerde ich rein von der Optik ausgehen und dann von Stauden mit wildhaften Charakter (oder so) sprechen, so aehnlich wie knorbs das weiter oben tat. Dabei ist dann die Entscheidung, was danach eine solche Staude ist, durch das Auge/die Erfahrung/den Hintergrund des Betrachters bestimmt.

Damit bin ich andererseits die Erbsenzaehlerei ( fuer einen Botaniker sicher noetig) bezueglich Erbmaterial/Herkunft/Zuechtung/Auslese/Einfuehrungsdatum/etc los.

Es versteht sich von selbst, dass ich aus meinem Garten nichts (so weit moeglich) in die freie Landschaft entkommen lasse.

Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 14. Februar 2009, 00:39:23
na ja, ich glaube die Erbsenzählerei ist für Botaniker nicht nötig. Die befassen sich mit Sachen, die ihnen mehr einbringen.

Die wirklichen Erbsenzähler sind diese spezielle Sorte Pflanzenjäger unter den Liebhabern, die um jeden Preis die einzig echte ... haben wollen.

Dann gibt es noch unter den Naturschützern diese Extremisten, die alles, was hübsch ist und in die Natur geflüchtet ist als "Ansalbung" betrachten.

Irgendwie - habe ich nie ergründen können, wieso die darauf kommen, dass unsere deutschen Landschaften Urwälder sind. Eine Stangenholzplantage mit Blutstorchschnabel oder so was am südlichen Gehölzrand zu schmücken finde ich völlig in Ordnung. Es sähe nicht gut aus, aber naturschutztechnisch hätte ich keine Einwände dagegen.

Also, Wildstaude wird von den erwähnten Volksgruppen sehr ideologisch aufgefasst!
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: fars am 14. Februar 2009, 06:17:57
Es versteht sich von selbst, dass ich aus meinem Garten nichts (so weit moeglich) in die freie Landschaft entkommen lasse.

Dafür sorgst du schon, wenn auch ungewollt, indem du nicht indigene Pflanzen in deinen Garten holst. Die Bienchen und andere Insekten sehen ihren Job halt sehr locker.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 14. Februar 2009, 12:08:28
ein schlechtes Gewissen hab ich schon bekommen wegen meiner Silphium perfoliatum der Becherpflanze
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: SouthernBelle am 14. Februar 2009, 12:45:22
Es versteht sich von selbst, dass ich aus meinem Garten nichts (so weit moeglich) in die freie Landschaft entkommen lasse.

Dafür sorgst du schon, wenn auch ungewollt, indem du nicht indigene Pflanzen in deinen Garten holst. Die Bienchen und andere Insekten sehen ihren Job halt sehr locker.
Hihi, rundherum waechst nicht viel zum Bestaeuben- die "Natur" ist hier ueberwiegend Agrarsteppe. Am ehesten gefaehrdet waere noch die Graebenvegetation durch Sumpf- und Wasserpflanzen.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: sarastro am 14. Februar 2009, 12:55:14
Es sind schon die absonderlichsten und schönsten Pflanzen als Neophyten verbreitet. Ich glaube, irgendwo gelesen zu haben, dass selbst die Scheincalla (Lysichiton americanum) im Nordwesten Deutschlands verwildert ist. Auch dies ist Florenverfälschung, auch wenn diese noch so attraktiv ist. Erinnert mich irgendwie an Neuseeland, wo ganze Kolonien an Kniphofien und Agapanthus links und rechts der Straße stehen. Man fühlt sich wie in Südafrika.

Die Agrarsteppe steht noch auf einem anderen Blatt. Deswegen würde ich dort einen geringen Eintrag an Neophyten nicht als so dramatisch sehen. Hingegen in noch reinen und naturbelassenen "Urwäldern" wie dem Böhmerwald, dem Pfälzer Wald oder anderen Gegenden wäre dies schon dramatischer. Aster x virginianus oder Aster ericoides sind auch Neophyten, ob man es glaubt oder nicht.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: fars am 14. Februar 2009, 13:21:02
Wenn wir Einwanderer aus anderen Ländern begrüßen und sie als eine Bereicherung unserer Kultur empfinden sollen, warum dann nicht auch bei Flora und Fauna?

Durch die Klimaveränderung werden ohnehin Pflanzen und Tiere von ganz allein bei uns auftauchen, die bislang nur südlich der Alpen überleben konnten.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: tiarello am 14. Februar 2009, 15:11:13
Fars, solche Versuche Analogien zwischen Migrationsphänomenen einerseits und der Neophyten- problematik andererseits herzustellen sind doch nicht ernst zu nehmen und ziemlich populistisch, werden außerdem den betroffenen Bevölkerungsgruppen nicht gerecht.

Fest steht doch, dass das Entlassen gebietsfremder Organismen für die Schutzgüter „gefährdete Arten und Lebensräume“ eine ernsthafte Gefahr darstellen kann. Die reale Bedrohung abschätzen oder sogar vorhersagen zu können, bedarf umfangreicher Forschungen, ist vielleicht sogar manchmal fast unmöglich. Da ist es doch mehr als verständlich, dass der Gesetzgeber solche Ansalbungen untersagt bzw. genehmigungspflichtig macht. Und ich finde, dass man sich durchaus daran halten sollte und auch kann, auch dann, wenn einem die Gefährlichkeit des eigen Tuns nicht plausibel erscheint. Schließlich bleibt es jedem unbenommen in seinem Garten anzupflanzen, was er will und jeder freue sich an dieser Bereicherung.

Dass wir die ungewollte Ansiedlung und auch die Einwanderung gebietsfremder Arten durch die Klimaveränderung nicht verhindern können ist ein anderes Thema und kann nicht als Argument für das Erlauben von Ansalbungen herangezogen werden.

Zum Schluss vielleicht noch eine besser passendere Analogie zum Denkmalschutz: Nur weil man nicht in der Lage ist, den Schutz historischer Bauwerke vor Luftverschmutzung ausreichend zu gewährleisten, erlaubt man es den Touristen noch lange nicht ihre Initialen in das Gemäuer zu ritzen.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: marygold am 14. Februar 2009, 16:08:29
Wenn wir Einwanderer aus anderen Ländern begrüßen und sie als eine Bereicherung unserer Kultur empfinden sollen, warum dann nicht auch bei Flora und Fauna?

nach der Eiszeit existierten in Großbritannien nur noch etwa 200 Pflanzenspezies, das heißt fast die gesamte britische Flora besteht heute aus Neophyten. Aus dem gleichen Grund ist auch Nordeuropa vergleichsweise artenarm, ein großer Teil der Neophyten fügt sich problemlos in unsere Flora ein, von daher hat Fars doch nicht ganz unrecht.

Ich sehe natürlich auch die Problematik bei verschiedenen Wucherern und bin ganz bestimmt nicht für irgendwelche Experimente.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: fars am 14. Februar 2009, 16:25:23
tiarello, ich verstehe deine Empörung nicht.

In beiden Fällen geht es um den konservativen Ansatz. Man will etwas (rein) erhalten und wehrt deshalb ab. Ob bei Pflanzen, Tieren oder Menschen.

Marygold hat mit ihrem Hinweis völlig Recht. Die mitteleuropäische Artenarmut ist die Folge eines klimatischen "Unfalls". Historisierend könnte man, wie es viele Denkmalschützer auch halten, wieder einführen, was hier vor den Eiszeiten gewachsen hat.

Dass dabei "Schädlinge" eingeschleppt werden können, die unsere Flora bzw. Fauna in Unordnung bringen, ist auch ein evolutionärer Prozess. Gleichgültig, ob er durch den importierenden Menschen, ein vagabundierendes Tier oder einen gewaltigen Sturm ausgelöst wird.

Wir "Gärtner" nehmen es billigend in Kauf, dass der überwiegende Teil unserer Zierpflanzen (keine Europäer!) still und heimlich unsere Flora verändert. Wo es hübsch aussieht, wird es sogar beklatscht (z.B. Bahndammbewohner Solidago und Buddleja).

Schlussfrage: Warum müssen Teile der heimischen Flora "sauber" bleiben?

Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Susanne am 14. Februar 2009, 16:48:52
Schlussfrage: Warum müssen Teile der heimischen Flora "sauber" bleiben?

Ist das ne Fangfrage?

Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: fars am 14. Februar 2009, 16:54:13
Nö, mich interessiert der moralische/ethische oder was auch immer Ansatz.

Alles bei uns ist in einem permanenten Wandel, warum soll es die Flora nicht sein?
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: sarastro am 14. Februar 2009, 17:08:15
Dem pflichte ich uneingeschränkt bei. Vor allem, wenn auf der anderen Seite aus ökonomischen Zwängen heraus die Flora nachhaltig zwangsverändert wird. Und dann regt man sich über einen schönblühenden Bahndamm aus Rudbeckia laciniata und Solidago gigantea auf?

Und ist aber handkehrum noch nicht mal in der Lage, langfristigen Biotopschutz zu gewährleisten, sondern transplantiert, wenn ein Naturschutzgebiet im Weg ist. Alles schon dagewesen.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: tiarello am 14. Februar 2009, 20:08:17
Fars, es geht hier nicht um Reinhaltung der Flora. Eine solche auf letztendlich rechter Ideologie basiernde Argumentation in der Neophytendiskussion kommt zwar gelegentlich vor, wird aber von der Wissenschaft und glücklicherweise auch von den meisten Fachinteressierten nicht akzeptiert.
 
Deine Eingangsäußerung...
Wenn wir Einwanderer aus anderen Ländern begrüßen und sie als eine Bereicherung unserer Kultur empfinden sollen, warum dann nicht auch bei Flora und Fauna?
…bedient sich der Umkehrung dieser Argumention. Etwa so: unsere Kultur ist offen für den Wandel durch Einflüsse von außen, also soll es auch unsere Flora sein. Das finde ich zwar plakativ aber fachlich ebenso wenig fundiert.

Die Skepsis der ökologischen Wissenschaften gegenüber der Einbürgerung gebietsfremder Arten erklärt sich aber aus praktischer Erfahrung und nicht aus (rechten) Ideologien. Befürchtet wird die Störung des Artengefüges bestimmter Lebensräume und das damit verbundene partielle Aussterben ihrer Arten. Hierzu gibt es genügend Beispiele.

Arten- und Biotopschutz ist seit vielen Jahrzehnten Konsens in unserer Gesellschaft, wenn auch nicht selten Verlierer bei Interessenkonflikten. Er ist in zahlreichen Gesetzen festgeschrieben. Für manch einen mag er seine Wurzeln im „Konservativen“ haben. Wichtiger dürften jedoch die moralische Motivation sein (Respekt vor den Mitbewohnern unserer Erde) aber auch pragmatische Überlegungen (Ökonomische Grundlage der Bevölkerung).

Die gelegentlich geäußerte Auffassung, dass das Artengefüge der Lebensräume schon immer im Fluss war, Arten entstanden und vergingen, einwanderten und wieder verschwanden, auch schon vor dem Menschen und dass somit auch die heutigen Veränderungen der Floren und Faunen kein nennenswerter Anlass zur Sorge sein, ist zwar bestechend , doch lässt die unterschiedlichen Zeitdimensionen völlig außer Acht. So ist die nacheiszeitliche Wiederbesiedlung der Britischen Inseln beim besten Willen nicht mit den Veränderungen zu vergleichen, denen die Kulturlandschaft der letzten 100 Jahre unterlag.

Dass der Neophyten/Neozoenproblematik innerhalb der Naturschutzthemen machmal zuviel Raum eingeräumt wird, ist allerdings richtig. Die direkte Lebensraumzerstörung durch intensive Landwirtschaft oder durch Überbauung sind wahrscheinlich bis heute die dringlicheren Themen.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Querkopf am 14. Februar 2009, 21:00:02
Hallo, Tiarello,

... Die Skepsis der ökologischen Wissenschaften gegenüber der Einbürgerung gebietsfremder Arten erklärt sich aber aus praktischer Erfahrung und nicht aus (rechten) Ideologien. Befürchtet wird die Störung des Artengefüges bestimmter Lebensräume und das damit verbundene partielle Aussterben ihrer Arten. ...
in die gleiche Richtung führt auch eine Argumentation gegen "Ansalbungen", die ich entweder hier, bei Planten oder in den Neoflora-Foren gelesen habe und sehr schlüssig finde.

Verkürzt und vereinfacht:
Trägt man "gebietsfremde" Pflanzen/ Tiere in die freie Landschaft ein oder Exemplare "gebietsheimischer" Organismen, die von anderswoher stammen, dann wird sich im Laufe der Generationen das Erbgut beider Seiten mischen. Dabei kann es passieren, dass Gene der "Original"-Flora oder -Fauna im Lauf der Zeit völlig untergehen; der Genpool der betreffenden Arten wird also ärmer, die genetische Vielfalt reduziert. Und das kann sich u. U. fatal auswirken für die Überlebensfähigkeit der Art insgesamt. Denn je reicher der Genpool, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass einzelne Individuen einer Art gegen neu aufkommende Krankheiten, Schadorganismen oder abiotische Stressfaktoren Widerstandskräfte entwickeln und so die Art vor dem Untergang bewahren.

Es geht also nicht um "Reinheit", sondern um Vielfalt.

Wie weit Wildpflanzen von derartigen Verarmungen des Genpools bereits betroffen sind, weiß ich als Nicht-Fachfrau nicht (kann mich aber gut an Biologen-Donnerwetter gegen z. B. Garten-Akeleien erinnern, durch deren Ausbreitungsdrang "echt-wilde" ;) Aquilegia-Typen verdrängt würden). Bei Kulturpflanzen sind solche Prozesse längst ein Riesenproblem, man denke nur an Kartoffeln oder Äpfel.

Schöne Grüße
Querkopf
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 14. Februar 2009, 23:52:50
bei dem Wort Florenverfälschung oder noch schlimmer Faunenverfälschung könnte ich Pickel kriegen!

Es geht nicht um diese Genpools dabei. Wenn ein Naturschutzwart streng darauf achtet, dass die Kröten oder Lurche aus dem lokalen natürlichen Gewässer nicht in benachbarte Gartenteiche oder andere Gewässer verbracht werden mit dem Argument der Faunenverfälschung, aber im gesamten Gebiet, das viele natürliche Feuchtstellen hat, in trockenen Steinbrüchen Plastikteiche anlegt - landschaftspflegerisch nicht gerade geschickt - dann weiß ich es nicht!

Es geht dabei darum, dass es Lokalformen gibt, die eine gewisse geschickte Anpassung an genau diesen kleinräumigen Lebensraum schon besitzen. Diese Lokalformen könnten gefährdet sein, wenn dazu noch Formen der gleichen Art aus anderen Gegenden auftauchen. Allerdings sehe ich nicht wieso sie dann einen Selektionsvorteil in den neu angesiedelten Arten sehen.

Im übrigen ist unsere Flora- und Fauna sowas von verfälscht, es ist nicht zu fassen. Wie wir das vermeiden können, dass das so weiter geht?

Mein Problem bei jeder Fahrt in den nächsten Ort ist eher der, dass dort nackte Stümpfe in den Himmel ragen. Weil letztes Jahr mal ein Baum auf die Straße gefallen ist musste eine alte Eichenallee und ein angrenzendes Wäldchen dran glauben.

Florenverfälschung finde ich findet dort statt wo man dem natürlichen Bestand von Wald vernichtet und einer Brombeerwüstenei Raum gibt, weil man eben keine Kulturflächen mit Wiesen oder Weiden auf diesen Flächen anlegen kann.

Das ist hochgradiger Unfug und der totale Wahnsinn.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: fars am 15. Februar 2009, 12:12:36
Arten- und Biotopschutz ist seit vielen Jahrzehnten Konsens in unserer Gesellschaft, wenn auch nicht selten Verlierer bei Interessenkonflikten. Er ist in zahlreichen Gesetzen festgeschrieben. Für manch einen mag er seine Wurzeln im „Konservativen“ haben. Wichtiger dürften jedoch die moralische Motivation sein (Respekt vor den Mitbewohnern unserer Erde) aber auch pragmatische Überlegungen (Ökonomische Grundlage der Bevölkerung).

Damit driftest du in eine völlig andere Richtung, wie auch Querkopfs oder Pearls Beiträge inzwischen zeigen. Das ist und war nicht die Intention dieses Threads.

In der bisherigen Diskussion ging es nicht um eine Arten- oder Biotop(zer)störung durch bewusste Eingriffe in die Natur und Vernichtung von Lebensraum oder "Ansalbung" (wer hat das eigentlich als Erster in die Diskussion eingebracht?), sondern lediglich um die Frage, inwieweit wir die heimische Flora/Fauna beeinflussen und verändern durch importierte Kulturpflanzen (man denke hierbei auch mal an die zum Pflanzenschutz eingeschleppten Insekten).

Diese florale "Unschuld" haben wir doch bereits seit Jahrhunderten verloren. Und niemand, selbst nicht Botanische Gärten, legt sich in dieser Hinsicht irgendwelche Beschränkungen auf, wenn man mal von einigen wenigen "gefährlichen" Pflanzen absieht.

Wenn also der Stolz jedes BoGas seine Artenvielfalt und seine mannigfachen Scheinbiotope sind, warum soll es dann nicht auch die Freude eines jeden Gärtners sein.

Und wenn immer wieder die Akelei als warnendes Beispiel für Gen-Verarmung angeführt wird (das Forumsmitglied Grasmuck hatte, so weit ich mich erinnere, in dieser Richtung auch schon mal etwas ausgeführt), so kann man dem wohl auch die zunehmende Florenvielfalt gegenüberstellen. Dabei muss man nicht unbedingt Impatiens glandulifera nennen, sondern eher vielleicht Viola odorata, Cymbalaria muralis oder Oenothera.

Aber auch bei diesem Aspekt geht es im Rahmen der ursprünglichen Diskussion wiederum nicht um Genmanipulationen oder bewusste Züchterische Selektion von Zier- und Nutzpflanzen.

Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: JörgHSK am 15. Februar 2009, 12:26:48
Florenverfälschung finde ich findet dort statt wo man dem natürlichen Bestand von Wald vernichtet und einer Brombeerwüstenei Raum gibt, weil man eben keine Kulturflächen mit Wiesen oder Weiden auf diesen Flächen anlegen kann.
.. Eintrag von Pearl..

Ich finde das Brombeergebüsche durchaus einen Platz in unserem Ökosystem haben. Ausgenommen natürlich Rubus armeniacus die das ganze Ruhrgebiet überspinnt, ich dachte eher an die heimische Rubus Flora.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 15. Februar 2009, 17:14:23
dein Avatar ist schön, Geranium phaeum kenne ich leider nicht von Wildstandorten. Aber der Brombeere ist es wurst welche Art sie ist. Sie profitiert an allen Standorten durch hohen Stickstoffeintrag durch die Luft und durch landschaftspflegerische Fehler.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: tiarello am 16. Februar 2009, 09:44:30
Hallo Fars, wir haben uns tatsächlich weit vom Ursprungthema entfernt.

Vielleicht noch mal zu den Begriffen: Flora und Flora eine Gebietes bezeichnet in der ökologischen Wissenschaft nur die wildvorkommenden, nicht kultivierten Organismen. Nutz- und Zierpflanzen sind ausgeschlossen. Entsprechend ist der Bezugsraum bei der (ernstzunehmenden) Neophyten/Neozoendiskussion immer die freie Landschaft, nicht aber der Garten.

Deinen Beitrag...
Wenn wir Einwanderer aus anderen Ländern begrüßen und sie als eine Bereicherung unserer Kultur empfinden sollen, warum dann nicht auch bei Flora und Fauna?
… habe ich als aber als Legitimation zur freien Gestaltung der Flora in der freien Landschaft verstanden. Quasi freie Einbürgerung von Arten in die freie Landschaft nach ästhetischen oder was für Gesichtspunkten auch immer. Das wiederum fände ich völlig inakzeptabel und mit dem Biotop- und Artenschutz nicht zu vereinbaren. Deshalb meine Ausführungen zu diesem Thema.

Um es abschließend noch einmal klarzustellen: Die Folgen des Einbürgerns gebietsfremder Arten in die freie Landschaft sind nur schwer vorhersagbar und können dem Naturschutz entgegenlaufen. Deshalbsind Ansalbungen gesetzlich reglementiert und sollten es meiner Meinung auch bleiben. Die Diskussion darüber sollte den Fachbezug nie verlieren und sich nicht von Xenophobie, aber ebenso wenig von einer fatalistischen Laissez-Faire-Haltung leiten lassen.

Die Kultur gebietsfremder Arten in Gärten ist dagegen ganz anders zu beurteilen. Ich halte sie für sehr wünschenswert und will jedenfalls nicht darauf verzichten.

@ Querkopf : Schön, dass du diesen Link gesetzt hast. Er bietet wirklich gute Grundlageninformationen und das eben ohne ins Plakative abzugleiten. Die Diskussion des Neofloren-Forums ist natürlich nicht ganz frei davon.

Und um jetzt endlich wieder zu Ausgangsthema zurückzukehren. Mein Interesse gilt u. a. auch den Wildarten, z. T. auch den heimischen. Liegt wohl am ehesten daran, dass ich mich besonders gerne an zurückhaltender Schönheit erfreue (z. B. Melica nutans, Campanula rapunculus, Sanicula europaea).
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: fars am 16. Februar 2009, 09:58:48
Deinen Beitrag...
Wenn wir Einwanderer aus anderen Ländern begrüßen und sie als eine Bereicherung unserer Kultur empfinden sollen, warum dann nicht auch bei Flora und Fauna?
… habe ich als aber als Legitimation zur freien Gestaltung der Flora in der freien Landschaft verstanden.

Dann hast du mich missverstanden.

Mir ging es tatsächlich nur um die ungewollten Gartenflüchtlinge bzw. eine von diesen ausgehende Beeinflussung der einheimischen Flora. Wieder ungewollt, aber nicht verhinderbar.

Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: bristlecone am 16. Februar 2009, 10:06:18
Vielleicht noch mal zu den Begriffen: Flora und Flora eine Gebietes bezeichnet in der ökologischen Wissenschaft nur die wildvorkommenden, nicht kultivierten Organismen. Nutz- und Zierpflanzen sind ausgeschlossen. Entsprechend ist der Bezugsraum bei der (ernstzunehmenden) Neophyten/Neozoendiskussion immer die freie Landschaft, nicht aber der Garten.

Sorry, wenn ich nochmal vom Thema etwas abschweife.
Leider ist "die freie Landschaft" in den letzten Jahrzehnten dank zunehmend effektiver und intensiver Landwirtschaft immer artenärmer geworden. Man denke nur an inzwischen fast ausgestorbene Ackerunkräuter (Consolida etc.) oder an Pflanzen von Magerrasen. Im Schwarzwald, und sicher nicht nur dort, verschwinden artenreiche Wiesenpflanzengesellschaften, da sie sich dank üppiger Gülledüngung in sattgrüne artenarme Löwenzahnwiesen verwandeln. Gibt schöne Bilder für die Hochglanzprospekte der Tourismusverbände, aber ökologische Wüsten.

Die allermeisten Pflanzen sind bei uns ausgestorben, weil ihre Standorte vernichtet oder so verändert wurden, dass sie dort durch andere heimische! Pflanzen verdrängt wurden.

Für das immer wieder vorgebrachte Argument, dass heimische Pflanzen durch Neophyten verschwinden, hätte ich gerne mehr Beispiele als Reynoutria und Impatiens glandulifera.

Dass nicht heimische Pflanzen absichtlich in die freie Landschaft ausgebracht werden, um sie zu "verschönern" oder zu "bereichern", dürfte nach wie vor die Ausnahme sein.
Eher geschieht das durch die Landwirtschaft, wenn neue Kulturpflanzen(sorten) ausgebracht werden, oder beim Straßenbau zur anschließenden Begrünung der freien Flächen durch Saatgutmischungen.


Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: uliginosa am 16. Februar 2009, 10:32:04
Die allermeisten Pflanzen sind bei uns ausgestorben, weil ihre Standorte vernichtet oder so verändert wurden, dass sie dort durch andere heimische! Pflanzen verdrängt wurden.

Für das immer wieder vorgebrachte Argument, dass heimische Pflanzen durch Neophyten verschwinden, hätte ich gerne mehr Beispiele als Reynoutria und Impatiens glandulifera.

Dass nicht heimische Pflanzen absichtlich in die freie Landschaft ausgebracht werden, um sie zu "verschönern" oder zu "bereichern", dürfte nach wie vor die Ausnahme sein.
Eher geschieht das durch die Landwirtschaft, wenn neue Kulturpflanzen(sorten) ausgebracht werden, oder beim Straßenbau zur anschließenden Begrünung der freien Flächen durch Saatgutmischungen.

Weitere Beispiele:
Solidago canadensis und gigantea
Prunus serotina
Robinia pseudoacacia
Syringa vulgaris
Populus x canadensis

Dass die heimischen Arten völlig verschwinden kann in den meisten Fällen zwar nicht gesagt werden, aber ihre Lebensräume werden auch durch diese Arten doch teilweise erheblich eingeschränkt.

Zu Robinie und Flieder: Die wurden um die Jahrhundertwende (19./20.) auf Porphyrkuppen und kleinen Kohlehalden hier in der Gegend tatsächlich zur Verschönerung eingebracht. Die Magerrasenarten, die sonst dort artenreiche Gesellschaften bilden, werden, besonders durch die stickstofffixierende Robinie, die Holunder, Brennnesseln, Geum urbanum u.ä. mit sich bringt, nachhaltig verdrängt.

Die heimische Schwarzpappel ist inzwischen auf der Roten Liste, weil durch die Hybridisierungen mit den eingeführten Pappeln kaum noch reinrassiger Jungwuchs nachkommt.

Die Goldruten breiten sich hier auf Brachen und halbruderalen Flächen massiv aus, so dass zartere Arten sich gar nicht erst ansiedeln können.

Aber sonst hast du natürlich in allen Punkten recht, bristlecone: Artenreiche Wiesengesellschaften werden entweder durch Düngung und Intenisvierung zerstört oder auf kleinen Flächen und in Hanglagen, wo die Bewirtschaftung nicht mehr lohnt durch Verbrachung.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: tiarello am 16. Februar 2009, 10:32:30
Stimme dir sehr zu, bristlecone und hab aber auch vorher nichts gegenteiliges gemeint. ;)
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: altrosa am 16. Februar 2009, 10:38:44
Ein Beispiel, wie verschiedene Faktoren zusammenwirken: in unserer Agglomeration sind Tobel ein wichtiges Landschaftselement. Früher wuchs dort z.B. einheimischer Seidelbast. Heute ist in dieser Lage der Kirschlorbeer, der eine sehr beliebte Gartenpflanze ist zur rechten Plage geworden, ebenso vermehren sich weitere Immergrüne (Stechpalme, runzliger Schneeball, bereits erste Hanfpalmen). Dazu beigetragen hat neben der Verwilderung aus den Gärten auch mildere Winter und dichterer Wald.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: bristlecone am 16. Februar 2009, 11:34:13
Weitere Beispiele:
Solidago canadensis und gigantea
Prunus serotina
Robinia pseudoacacia
Syringa vulgaris
Populus x canadensis

Danke für die Beispiele. Populus x canadensis ist wie Akelei ein ich denke seltenes Beispiel dafür, dass eine einheimische Art in einer "Komplexart" aufgehen kann, weil ihr Genpool sich mit dem anderer eingeführter Arten vermischt.
Wenn man das auch innerhalb einer Art vermeiden wollte, was manche befürworten, dürfte man streng genommen auch keine Pflanze auch keine Heidekraut aus Nordwestddeutschland in den Schwarzwald pflanzen, weil die Art auch dort natürlicherweise vorkommt und die Möglichkeit der genetischen Vermischung besteht.
(Lassen wir mal an dieser Stelle beiseite, uns den Artbegriff näher anzuschauen).

Was die Goldrute angeht: Ja, die Probleme kenne ich auch aus hiesigen Naturschutzgebieten mit Orchideenvorkommen, wo die Goldrute sich immer mehr ausbreitet. Das ist aber auch eine Folge der Pflegemaßnahmen: Die Orchideenstandorte auf diesen Magerrasen sind nur deshalb dort, weil die frühere Bewirtschaftung ihnen einen geeigneten Lebensraum bot. Es wäre möglich, mit entsprechenden Pflegekonzepten die Goldrute zurückzudrängen, aber das erfordert Zeit, Geld und Sachverstand.
(Mal abgesehen von der Wildschweinproblematik, die Viecher scheinen Orchideenknollen sehr zu mögen).

An anderen Orchideenstandorten verdrängt die immer weiter vordringende Schlehe alles andere, auch eine Folge der veränderten Bewirtschaftung.
Bloß ist die Schlehe ja eine einheimische Pflanze. Ist sie deshalb "besser" als die eingeschleppte Goldrute? Doch wohl nicht.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: uliginosa am 16. Februar 2009, 12:26:06
Ja, (Orchideen-)Magerrasen sind Kulturlandschaft und eigentlich nur mit der klassischen Bewirtschaftung, den Bedingungen unter denen sie entstanden sind - meistens Schafbeweidung - gegen alte (Schlehen und Wacholder) und neue Feinde/Verdränger (Goldrute, Robinien usw.) erfolgreich zu verteidigen!

Hier gibt es Orchideenstandorte, die totgeschützt werden, vor allen Einflüssen (Schafs- und Ziegenmäuler und -füße, Menschenfüße!) verschont werden und dann in Gebüsch- und Grasfilz untergehen.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 16. Februar 2009, 12:40:12
das letztere ist genau das Problem.

Es ist nicht die Landwirtschaft, die Flächen mit interessanten und erhaltenswerten Pflanzengesellschaften vernichtet. Alle Wiesenstandorte und auch unsere Wälder sind Sekundärbiotope und Kulturland. Die Heiden ganz ausgesprochen.

Fällt die traditionelle jahrtausendelange Bewirtschaftungsweise weg, dann verändern sich diese Standorte in Richtung Wald. Der Übergangszustand ist leider in den seltensten Fällen diese Calamagrostis Digitalis und Betula Gesellschaft mit Weidenröschen, sondern heute eben Brombeeren und Japanischer Knöterich überalle.

Dagegen könnten nur intensive landschaftspflegerische Maßnahmen helfen, wie das in England von dem National Trust gemacht wird. Unsere Landschaftspläne und dieser Tropfen auf den heißen Stein Ausgleichsabgaben oder -Flächen helfen kein bisschen. Leider.

In dieser Hinsicht finde ich die Ansiedelung von heimischen Wildarten an den dafür pflanzensoziologisch passenden Standorten, wenn sie dort einmal verschwunden waren, für richtig. Leider ist die Möglichkeit dabei auf autochtones Saatgut zurückzugreifen sehr eingeschränkt.

Sorten des Blutstorchschnabels in der Landschaft, das fände selbst ich ein Ding der Unmöglichkeit.

fars Argumente sind mir sehr einleuchtend, weil Naturschutz häufig romantisiert wird und man ideologisierten Ansichten begegnet. Die ganze Sache auf ein sachliches Format zu bringen ist angesichts von Naturschutzfundies nicht immer einfach. Mein Eindruck ist, dass viele notwendige Aktivitäten unterbleiben, weil sich die Leute nicht einigen können.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Pimpinella am 17. Februar 2009, 09:25:09
Bei uns nördlich von München gibt es die Garchinger Heide , ein schon uraltes Naturschutzgebiet, in dem mit viel Aufwand und Schafbeweidung auf einem kleinen Fleckchen die ehemalige Heidelandschaft erhalten und gepflegt wird. Man hat dort sogar ein Feldflorenreservat, in dem in mühevollster Kleinarbeit die alten Ackerunkräuter gehegt und gepflegt werden. Ist sehr interessant.

Ich tät durchaus mal für den Mai oder Juni eine Führung dort organisieren, wenn's jemanden hier interessiert. Die Artenvielfalt ist stupend, und das direkt neben der Autobahn.


Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Pimpinella am 17. Februar 2009, 09:28:45
Zitat
Es ist nicht die Landwirtschaft, die Flächen mit interessanten und erhaltenswerten Pflanzengesellschaften vernichtet. Alle Wiesenstandorte und auch unsere Wälder sind Sekundärbiotope und Kulturland. Die Heiden ganz ausgesprochen.

Naja, so einfach ist es nicht. Die moderne Landwirtschaft mit Saatgutreinigung, hohem Düngereintrag und maschineller Bearbeitung hat doch eine ganz andere Wirkung auf eine Fläche als die mittelalterlich-frühneuzeitliche Bewirtschaftung von Hand, Pflug, Schaf und Ochse. Die Äcker hier im Norden der Stadt waren Hungerland und nur durch Beweidung einigermaßen zu nutzen (Juhu! Orchideen! Kann man nur leider nicht essen), bis man dann ordentlich düngen konnte. Jetzt wachsen da Kartoffeln und Mais und Raps, aber halt Orchideen nur noch an den geschützten Stellen.

(Das ist aber hier nicht wirklich das Thema)
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: uliginosa am 17. Februar 2009, 09:56:23
Es ist nicht nur die Landwirtschaft, die Flächen mit interessanten und erhaltenswerten Pflanzengesellschaften vernichtet. Alle Wiesenstandorte und auch unsere Wälder sind Sekundärbiotope und Kulturland. Die Heiden ganz ausgesprochen.

Mit dieser kleinen Änderung würde ich zustimmen.

Durch die frühere Landnutzung sind Wiesen, Magerrasen, Heiden usw. entstanden, durch moderne Landwirtschaft oder durch Brachfallen verändern sie sich wieder ..., meistens werden sie artenärmer >:(

In einem Vortrag letztes Jahr habe ich gehört, dass die Wiesen in den 20er oder 30er Jahren des letzten Jahrhunderts am artenreichsten waren: Bevor im großen Stil gemäht werden konnte gab es auf den Weiden nur Arten die an Beweidung angepasst waren, auf Wiesen, die gemäht werden gibt es Arten, die an die Mahd angepasst sind. Im Übergangszeitrum von ausschließlicher Beweidung zu fast ausschließlicher Mahd (inclusive Düngung) kamen beide Gruppen, mahd- und weideverträgliche vor: also der größte Reichtum an Wildstauden (um den Dreh zum Thema wieder zu bekommen)

Wobei Wiesen-Wildstauden streng genommen gar nicht zu den Wildstauden gehören, da sie auf Kulturland wachsen.

Also: echte Wildstauden gibt es nur im Wald, auf Mooren und an natürlich waldfreien Standorten, wie Felsen und Trockenrasen!
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 17. Februar 2009, 13:28:18
aber, aber!

Das ist ja - Fundamentalismus!

Wenn man bedenkt, dass unsere Wiesengräser sämtlich durch Co-Evolution entstanden sind mit weidendem Vieh und Landwirtschaft treibenden Menschen.

Dann wären diese Pflanzen alles Kultivare? So gehts auch wieder nicht.

Pimpinella, im Erdinger Moos ist ähnliches zu beobachten. Neulich ein Bericht in TV. Im Bereich der Startbahnen siedeln sonst verschollene oder sehr seltene Arten.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: partisanengärtner am 17. Februar 2009, 19:51:58
Also diese Waldlegende läßt die Ausrottung der Megaherbivoren durch den Menschen völlig außer acht. Wiesen gab es sehr wohl, wie die neueste Forschung zeigt. Wenn Auerochse, Wisent, Wildpferd, wenn auch nur in "Rückzüchtung für die Offenhaltung der Flächen sorgt entsteht ein ziemlich artenreiches Gefüge. Wenn dann Großraubtiere die Verteilung noch dynamisieren wird das noch interessanter.
Die Ackerunkräuter sind eine völlig andere Sache.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 17. Februar 2009, 21:03:14
hey, von welchen Zeiträumen sprichst du? Und welche neueste Forschung meinst du? Eigentlich?
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: partisanengärtner am 17. Februar 2009, 23:22:01
Halt was so die letzten Jahrtausende nach der Eiszeit passiert ist. Neubesiedlung dur ch Waldbäume. Neuere Forschung über Megaherbivoren (Googlen). Niederlande haben da interessante Versuche mit Heckrindern und Koniks. Die meisten Megaherbivoren Mammut Nashörner etc. sind kurz nach dem Ende der Eiszeit völlig verschwunden und waren durch den Einfluß der einwandernden Menschen auch vorher ziemlich dezimiert.
Wisent, Auerochs, Tarpan, Rothisch, Elch etc. haben lange Zeit für Auflichtungen in den Wäldern gesorgt.
In Nordamerika (außer den Prärien) war das bis in die Neuzeit so. Obwohl etliche Arten durch was auch immer verschwunden sind.

Die Biotoppflegemaßnahmen mit den obengenannten Arten sind heute ziemlich erfolgreich. So ist die Artenzahl durch Beweideung und unterschiedliche Düngung Kotplätze Leichen Suhlen Badeplätze etc. sehr gestiegen. Heckrinder (Elch)bevorzugen wie der Ur mehr feuchte Flächen.
Das Wisent zehntet den Wald in den trockeneren Bereichen.
Der "Urwald Bialowieska" in Polen sieht entsprechend licht aus (leider wird auch da Waldbewirtschaftung betrieben, zumindest war das so in den frühen 90 ern so).und wird durch Hochstaudenfluren unterbrochen.
Die Wildschweine sind auch nicht zu verachten. Der Biber ist auch ein mächtiger Faktor besonders wenn er durch den Elch Verstärkung erhält.
Aber da seien unsere Jäger vor. Denn das ganze funktioniert nur gut wenn Wölfe etc. für Vermeidungsverhalten im ganzen System sorgen, wie Untersuchungen in den USA, Kanada und Slovenien (irgendwo da??) da bin ich mir nicht sicher es ging da um den Einfluß von Luchs auf das Äsungsverhalten der Rehe. Als Bestandsregulierer hat er sich da aber als Niete erwiesen.

http://www.abu-naturschutz.de/_dnload/einfluss.pdf Wenn man es ganz durchliest findet man die neuesten Belege für die These das selbst ohne die Eiszeitlich ausgerotteten Großtierarten die Landschaft selbst durch Auerochs, Wisent Tarpan und Biber stellenweise ziemlich offen war.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 17. Februar 2009, 23:38:36
Biotoppflegemaßnahmen mit Mammut und Urzeitnashorn? Mensch, Meier!
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: partisanengärtner am 17. Februar 2009, 23:41:06
Die Holländer beweisen das die nicht unbedingt gebraucht werden, erst mal ganz durchlesen :)
Aber in den USA und Rußland gibt es solche Überlegungen. we shall see.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 17. Februar 2009, 23:42:03
nee, im Ernst, worum geht es eigentlich? Um die These, dass es eine Co-Evolution von Gräsern und weidenden Tieren gegeben hat?

Oder welche Gräser in Mitteleuropa heimisch waren?

Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: lerchenzorn am 18. Februar 2009, 00:31:13
Das lässt sich in dem erreichten Diskussionsstand ja nun nicht mehr trennen.

@axelluther:
"Wenn Auerochse, Wisent, Wildpferd, wenn auch nur in "Rückzüchtung für die Offenhaltung der Flächen sorgt entsteht ein ziemlich artenreiches Gefüge. Wenn dann Großraubtiere die Verteilung noch dynamisieren wird das noch interessanter."

Volle Zustimmung. Und noch eins oben drauf: Nicht einmal alle Ackerunkräuter sind mediterranen, südöstlichen oder sonst eines fernen Ursprungs. Es gibt rein mitteleuropäische und subatlantische Arten, die heute (fast) ausschließlich im Acker leben und zeigen, welche natürliche Standortdynamik hier verloren gegangen sein muss.
Eine ganze Reihe von Arten der Trockenrasen (Grasnelken, Küchenschellen nur als sparsame Beispiele) und der sehr lichten Wälder sind ebenfalls keine Einwanderer aus östlichen Steppen, sondern erreichen nach Osten hin nicht einmal den Rand der mittel-osteuropäischen Mischwaldzone.

Ganz sicher war das hier ein Waldland, nur: was und wie war der Wald? Vermutlich hatte jede noch so devastierte mittelalterliche Weidelandschaft mehr Ähnlichkeit damit als das heutige Schwarz-Weiß von Wald und Offenland. Immer, wenn mir einer was von "Urwaldrelikten" erzählt - kann ich drauf wetten, dass er/sie in einem ehemaligen Hutewald gewühlt hat. Da machts dann die Kontinuität alter, hohler Einzelbäume in einem strukturell und klimatisch vielfältigen Umfeld. Jahrhundertelang unberührte Parzellen sind da offenbar nicht ganz so wichtig.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 18. Februar 2009, 00:38:19
diese so geliebten und verehrten Eichenwälder?

Alles Sekundärbiotope auf ausgelaugten Böden. Die Eisenverhüttung hat Unmengen von Buchen verbraucht.

So etwa?
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: uliginosa am 18. Februar 2009, 09:15:01
Axelluther, das mit den Herbivoren wußte ich eigentlich, es ist schon klar, dass nicht nur und nicht zuerst die Menschen mit ihren Haustieren den Wald dezimiert haben, aber die meisten Wiesenpflanzen wachsen auf eigentlich waldfähigen Standorten und sind darauf angewiesen, dass jemand, egal ob mit vier oder mit zwei Beinen, wild oder domestiziert, den Wald zurückdrängt.

Andererseits führt die großflächge industrielle Landbewirtschaftung der letzten 50 Jahre, verbunden mit dem Brachfallen unrentabler Flächen zu einem erheblichen Rückgang zahlreicher Arten.

Die autonome Art der Landschaftsgestaltung durch die Biber - vergleichbar mit der des Menschen - beeindruckt mich sehr, kein Wunder, dass sie als Konkurrenten bekämpft wurden ...

Ja, Pearl, in anderen Kontinenten gibt es noch Naturlandschaft zu schützen, in Mitteleuropa ist alles schon genutzt worden.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 18. Februar 2009, 12:59:57
aber die meisten Wiesenpflanzen wachsen auf eigentlich waldfähigen Standorten

eine witzige Wendung!
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: uliginosa am 18. Februar 2009, 15:27:16
 ;D :)
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: lerchenzorn am 18. Februar 2009, 20:15:32
... und bleiben damt Wildstauden, weil aus wilden Hainen, Rainen, Weiden, Säumen, Triften, Schlägen, Bänken, Ufern, Rissen, Rutschen
naja, usw.

 :D
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: lerchenzorn am 18. Februar 2009, 20:18:05
Die Evolution war totgesagt. Sie gedeiht aber, wo sie die Totsager nicht gesucht haben: Krankenhäuser, chemisch trainierte Äcker ... . Ein Hoch auf die Resistenzen? Muss uns nicht wirklich freuen.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: lerchenzorn am 19. Juli 2009, 23:16:49
Dieser Tage zwei zweifellose Wildstauden auf Wiesen - die Färberscharte manchmal auch in lichten Eichenwäldern der Urstromtäler:











Im Garten sind sie Lückenfüller, keine Dreh- und Angelpunkte. Trotzdem liebenswert.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: raiSCH am 19. Juli 2009, 23:55:46
Ich finde die Diskussion höchst interessant, auch wenn ich mangels Spezialkenntnissen nicht alle Einzelheiten verfolgen kann.

Meine eigene (naive) Erfahrung sagt mir, dass bei uns überall Wald war (und wieder wachsen würde), außer an Standorten, wo er eben nicht wachsen kann (Moore - wo gibt es die noch?), Hochgebirge u. ä.: Ich denke da nur an meine jährlichen Bekämpfungsmaßnahmen gegen Eschen, Ahorne, Fichten usw.; selbst auf Hausdächern, in Straßenfugen und Bahndämmen kann man Baumsämlinge finden (eine fantastische Vorstellung: unsere jetzigen Megastädte-Wolkenkratzer in 100 Jahren überwuchert von Urwäldern...).
Wiesen mit ihren Pflanzen waren wohl immer eine Übergangsphase (z. B. nach einem Windbruch oder einem Waldbrand) oder eben eine von Großtieren (wie Menschen) künstlich eine Zeitlang freigehaltene Fläche.

Die Sache mit der Co-Evolution habe ich nicht ganz verstanden - wo findet man Literatur?
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Shamaa am 20. Juli 2009, 00:16:55
Um meinen Teich hat sich der Blutweiderich angesiedelt, mittlerweile übernimmt er die Herrschaft, nur an Feligonde hat er sich noch nicht herangetraut. Ich glaube, diesmal muß ich ein bißchen jäten, so schön er auch ist! :-\
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 20. Juli 2009, 00:26:56

Die Sache mit der Co-Evolution habe ich nicht ganz verstanden - wo findet man Literatur?

Die Farn- und Blütenpflanzen Baden Württembergs der Band 7 über Gräser. Unter insidern "die schwarzen Bücher" genannt.

Coevolution von Gräsern mit weidenden Großtieren, jahrtausendelang vor den Menschen und weidendem Vieh und den Menschen. Die Weidewirtschaft hat in der Jungsteinzeit die Landschaften sehr verändert. Die Waldweide und die auf gerodeten Flächen.

Coevolution bedeutet, dass sich nicht nur die Gräser entwickelt haben, sondern wir haben uns und die anderen Großtiere haben sich auch an die Gräser und den Möglichkeiten der Nahrungsgewinnung angepasst.

Der Gedanke, dass wir durch Gräser genetisch geprägt worden sind und dass wir uns genetisch entwickelt haben durch unseren Fleischkonsum, den vertreten nicht nur Biologen, sondern auch ganz moderne Ethnologen und Anthropologen.

Eine nette Broschüre habe ich gerade ausgeliehen. Pflanzenspuren. Die Ergebnisse von Pollenanalysen am Niederrhein und die Darstellung der Landschaften in den verschiedenen Phasen menschlicher Besiedelung seit der Jungsteinzeit.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 20. Juli 2009, 00:31:36
Dieser Tage zwei zweifellose Wildstauden auf Wiesen - die Färberscharte manchmal auch in lichten Eichenwäldern der Urstromtäler:






die ich vermutlich auch in meinem Wiesengarten habe. Sie blüht jetzt im Juli und hört erst bei Frost auf. Sie ist schwer zu jäten, wenn das mal sein muss. Sie ist manchmal heller und machmal dunkler bis blauviolett. Ist sie das?

Urstromtäler. Ist die Havel das?

Der Neckar? Keine Ahnung.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: raiSCH am 20. Juli 2009, 00:31:56
Zitat
Coevolution bedeutet, dass sich nicht nur die Gräser entwickelt haben, sondern wir haben uns und die anderen Großtiere haben sich auch an die Gräser und den Möglichkeiten der Nahrungsgewinnung angepasst.

Der Gedanke, dass wir durch Gräser genetisch geprägt worden sind und dass wir uns genetisch entwickelt haben durch unseren Fleischkonsum, den vertreten nicht nur Biologen, sondern auch ganz moderne Ethnologen und Anthropologen.

Vielen Dank!
Die in den Zitaten genannten Gedanken (bzw. Fakten?) finde ich sehr bemerkenswert. Die Theorie der Co-Evolution ist (nicht nur im Darwin-Jahr) eigentlich höchst logisch.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: oile am 20. Juli 2009, 09:39:14

Urstromtäler. Ist die Havel das?

Der Neckar? Keine Ahnung.

Nö, weder Havel noch Neckar sind Urstromtäler, sondern Flüsse ;D . Urstromtal .
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 21. Juli 2009, 01:02:49
na, oile ich meine ja das Ende vom Lied eines Urstromtales.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: lerchenzorn am 21. Juli 2009, 19:05:20
die Färberscharte manchmal auch in lichten Eichenwäldern der Urstromtäler


die ich vermutlich auch in meinem Wiesengarten habe. Sie blüht jetzt im Juli und hört erst bei Frost auf. Sie ist schwer zu jäten, wenn das mal sein muss. Sie ist manchmal heller und machmal dunkler bis blauviolett. Ist sie das?

Urstromtäler. Ist die Havel das?

Der Neckar? Keine Ahnung.


Bin mir nicht sicher, ob Serratula tinctoria bei Dir im Garten stehen kann: http://www.floraweb.de/MAP/scripts/esrimap.dll?name=florkart&cmd=mapflor&app=distflor&ly=gw&taxnr=27048. In Süd- und Mitteldeutschland benimmt sie sich zum Teil ganz anders als bei uns. Geht auf Muschelkalkhänge und andere Trockenrasen. Hier ist sie nur in wechselfeuchten Niederungen zu finden. Merkwürdig ist, dass sie in Brandenburg ihre größten Vorkommen in den von salzhaltigen Grundwässern beeinflussten Niederungen hat. Vielleicht liegt es aber auch am Kalk, der dort fast immer mit dazu kommt.

oile: Die Havelniederung ist in Teilen schon eine alte Schmelzwasserbahn, wenn auch kein eigentliches Urstromtal. Tonlagerstätten aus nacheiszeitlichen Flussablagerungen sind jedenfalls reichlich vorhanden. Der Neckar wohl kaum, weil er jenseits der Vereisungs- und Schmelzwassergebiete liegt.

Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: pearl am 21. Juli 2009, 22:33:24
danke!
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Extremkompostierer am 18. Januar 2010, 09:45:54
diese so geliebten und verehrten Eichenwälder?

Alles Sekundärbiotope auf ausgelaugten Böden. Die Eisenverhüttung hat Unmengen von Buchen verbraucht.

So etwa?
Die deutsche Eiche war zuerst da ;D (nach der Eiszeit)
Die Buche ist ein Neueinwanderer >:(
Sie kam erst vor 2000 Jahren in Norddeutschland an :P
Ein böser Neophyth, der alles zuwuchert :'( :'( :'(
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Extremkompostierer am 18. Januar 2010, 09:52:49
Also diese Waldlegende läßt die Ausrottung der Megaherbivoren durch den Menschen völlig außer acht. Wiesen gab es sehr wohl, wie die neueste Forschung zeigt. Wenn Auerochse, Wisent, Wildpferd, wenn auch nur in "Rückzüchtung für die Offenhaltung der Flächen sorgt entsteht ein ziemlich artenreiches Gefüge. Wenn dann Großraubtiere die Verteilung noch dynamisieren wird das noch interessanter.
Die Ackerunkräuter sind eine völlig andere Sache.

Dass die Megaherbivoren vom Menschen ausgerottet wurden ist eine sehr umstrittene Theorie.
Genau wie die Annahme, dass sie in Mitteleuropa fähig waren den Wald großflächig stark aufzulichten.
Das Verdienst dieser Theorie ist aber die Rolle von Pflanzenfresser und ihren Einfluss auf den Urwald zu betonen.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Katrin am 18. Januar 2010, 09:53:06
Die Buche ist ein Neueinwanderer >:(
Sie kam erst vor 2000 Jahren in Norddeutschland an :P

Die war doch schon vor der Eiszeit da und wurde durch diese nur wieder verdrängt? Die Rückeroberung dauerte an, aber ursprünglich waren Buchen schon heimisch in Mitteleuropa.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Extremkompostierer am 18. Januar 2010, 09:59:07
Es gibt sie wirklich, die Leute, die ausschließlich mit dem, was sie hier für heimisch halten, gärtnern möchten. Diese Gärten sind bestimmt interessant. Ich werde sie mir ansehen, sicher.

Solche Gärtner findest du bei:
http://www.naturgarten.org/

Ich finde diese Gärten sehr schön. Ausserdem leisten sie einen Beitrag zum Naturschutz.
Man stelle sich vor Hobbygärtner eiferten nichtmehr darum die edelste Rose zu hegen, sondern darum die blütenreichste Kopie einer alten Streuobstwiese zu besitzen :)
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Phalaina am 18. Januar 2010, 10:14:15
Die war doch schon vor der Eiszeit da und wurde durch diese nur wieder verdrängt? Die Rückeroberung dauerte an, aber ursprünglich waren Buchen schon heimisch in Mitteleuropa.

Etwas OT: Ja, und dazu viele andere Arten, die im Tertiär noch heimisch bei uns waren, es aber nach der Eiszeit nicht mehr zurückgeschafft haben - hierzu ein Link.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: zwerggarten am 18. Januar 2010, 10:46:37
wieso werden buchen und eichen unter "wildstauden" diskutiert? ???
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: fars am 18. Januar 2010, 10:53:20
Ausserdem leisten sie einen Beitrag zum Naturschutz.


Ist das so?
Was hat die "Natur" mit einem Kunstobjekt, wie es der Garten ist, zu schaffen?
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: uliginosa am 18. Januar 2010, 11:04:08
die ich vermutlich auch in meinem Wiesengarten habe. Sie blüht jetzt im Juli und hört erst bei Frost auf. Sie ist schwer zu jäten, wenn das mal sein muss. Sie ist manchmal heller und machmal dunkler bis blauviolett. Ist sie das?

Wenn sie gesägte Blätter hat? http://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%A4rber-Scharte

Auf einer feuchten Wiese habe ich mal neben der gewöhnlichen lila Form auch einzelne weiße Serratulas gefunden.

In meinem schattigen Vorgarten hat sie sich leider nicht gehalten. :-\
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: uliginosa am 18. Januar 2010, 11:13:25
Ich finde diese Gärten sehr schön. Ausserdem leisten sie einen Beitrag zum Naturschutz.
Man stelle sich vor Hobbygärtner eiferten nichtmehr darum die edelste Rose zu hegen, sondern darum die blütenreichste Kopie einer alten Streuobstwiese zu besitzen :)

Mir gefallen sie auch! :)

Aber so eine schöne Strauchrose braucht einfach weniger Platz als eine SOW und in meinen Staudenbeeten gibt es zur Freude von Bienen, Schwebfliegen, Schmetterlingen ua. viel mehr Blüten als auf der gleichen Fläche Wiese. Und Obstbäume auf wildkrautreichem Rasen haben wir auch. :D
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: sarastro am 18. Januar 2010, 11:14:29
Verwilderte Naturgärten haben sicher ihre Daseinsberechtigung, sind aber nicht vergleichbar mit der durch Menschenhand kultivierten, klassischen Gärten im meist urbanen Bereich.

Die Robinie ist ein wüster Neophyt und Wildgehölz, ebenfalls der Schmetterlingsstrauch, wenn schon über Gehölze diskutiert wird.

Hier sind Geranium sibiricum, Datisca cannabina und Lysichiton americanum an manchen Orten zu Neophyten geworden. Sie sind aber für mich in den Gärten durchaus den Wildstauden zuzurechnen, charakterlich und vom Verhalten her.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: fars am 18. Januar 2010, 11:19:04
Goldrute (Solidago)
Impatiens glandulifera
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Extremkompostierer am 18. Januar 2010, 14:49:51
Die Buche ist ein Neueinwanderer >:(
Sie kam erst vor 2000 Jahren in Norddeutschland an :P

Die war doch schon vor der Eiszeit da und wurde durch diese nur wieder verdrängt? Die Rückeroberung dauerte an, aber ursprünglich waren Buchen schon heimisch in Mitteleuropa.

Ja, vor 2 Millionen Jahren 8)
Aber das was damals hier als Buche wuchs würde heute von Naturschützern und Taxonomen sicher als fremde Unterart betrachtet werden >:(

Da ich Menschen nicht mit Pflanzen vergleichen will sind folgende Sätze ironisch gemeint:
Wie lange brauchen wir in Deutschland noch Vertriebenenverbände? Sind die Urenkel der wirklich Vertriebenen auch noch "Vertriebene"?

Jetzt wieder ohne Ironie ;)
Wanderungen von Pflanzen sind ganz natürlich. Aber sie sind recht langsam.
Die Buche brauchte 200o Jahre von Süd nach Norddeutschland.
Problematisch wird es wenn der Mensch diese Geschwindigkeit stark erhöht.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Extremkompostierer am 18. Januar 2010, 14:56:32
Ausserdem leisten sie einen Beitrag zum Naturschutz.


Ist das so?
Was hat die "Natur" mit einem Kunstobjekt, wie es der Garten ist, zu schaffen?

Natürlich ist der Garten ein Kunstobjekt.
Aber er kann verloren gegangene Natur ersetzen. Durch Zubetonierung und moderne Landwirtschaft verschwinden viele schöne einheimische Wildpflanzen.
Warum sie nicht in den Garten holen? Viele einheimische Schmetterlinge und Wildbienen werden sich freuen. Ausserdem brauchen diese Wildpflanzen bei richtiger Auswahl und Standort weder Dünger noch Pflanzenschutz.
Das ist in meinen Augen auch ein Beitrag zu Natur und Umweltschutz.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: fars am 18. Januar 2010, 15:09:02
Eine sehr romantische Vorstellung, zumal die meisten Gärten eben abseits der "Natur" angelegt werden.
Soweit es Tiere gibt, die ausschließlich auf eine bestimmte Pflanzenart, die verdrängt wird, fixiert sind, kann deren Aussterben wohl kaum durch ein paar Gärten aufgehalten werden. Ebenso wenig die Denaturierung von Landschaften.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: sarastro am 18. Januar 2010, 15:17:16
Um 1600 hatten wir eine Kälteperiode. Ist es deswegen normal, dass wir erst seit 90 Jahren eine exorbitante Erwärmung erleben, schneller als je zuvor. Von alleine käme die Goldrute nicht so schnell nach Old Europe und die Erwärmung träte vielleicht erst nach 200 Jahren in Erscheinung. Der Mensch, der Mensch.... ::)
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Extremkompostierer am 18. Januar 2010, 15:20:54
Eine sehr romantische Vorstellung, zumal die meisten Gärten eben abseits der "Natur" angelegt werden.
Soweit es Tiere gibt, die ausschließlich auf eine bestimmte Pflanzenart, die verdrängt wird, fixiert sind, kann deren Aussterben wohl kaum durch ein paar Gärten aufgehalten werden. Ebenso wenig die Denaturierung von Landschaften.

Sicher ist es noch viel wichtiger Land und Forstwirtschaft umzugestalten.
Aber die Gartenfläche ist garnicht so klein. Imho sind sie größer als alle Naturschutzgebiete zusammen.
Selbst die 0815 Gärten sind artenreicher als die heutige Landwirtschaftfläche.
Früher war das nicht so.
Und wenn man heute mehr einheimische Wildpflanzen in den Gärten hat, dann werden die noch lebendiger.
Wildbienen z.B. kann man leicht in Gärten locken. Die sind dann doch ein Stück Natur, oder nicht?
Wenn man die dann Kindern zeigt, dann kann man da leicht Naturpädagogik betreiben, und den Kindern beibringen, dass natur und Pflanzen schön und erhaltenswert sind.
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: fars am 18. Januar 2010, 15:28:48
Wildbiene ist ein gutes Beispiel: Man lockt sie auch ohne Wildstauden in die Gärten, indem man nektarreiche Blütenpflanzen ansiedelt. Das bedeutet aber nicht notwendigerweise einheimische Wildstauden, sondern es können durchaus auch "modernere" Gewächse sein.

Ob Gartenflächen zusammengenommen mehr ausmachen als Naturflächen, weiß ich nicht. Man müsste bei den Gartenflächen zuvor auch die reinen Nutzflächen (Gemüsebeete, Rasen, Terrassen, Überbauuungen) abziehen. Ob dann die Aussage noch stimmt?
Titel: Re:Was zählt alles zu Wildstauden?
Beitrag von: Extremkompostierer am 18. Januar 2010, 16:08:14
Wildbiene ist ein gutes Beispiel: Man lockt sie auch ohne Wildstauden in die Gärten, indem man nektarreiche Blütenpflanzen ansiedelt. Das bedeutet aber nicht notwendigerweise einheimische Wildstauden, sondern es können durchaus auch "modernere" Gewächse sein.

Es gibt natürlich Generalisten, unter den Insekten (und anderen Tieren), die an jeder Blüte saugen, zur Not auch von Gloria Dei leben können. 8) Aber die sind eh nicht gefährdet.
Hilfe brauchen aber eher die Spezialisten, die auf bestimmte einheimische Futterpflanzen angewiesen sind.
Denen ist mit Exoten nicht geholfen.