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Speakers Corner => Haustiere => Thema gestartet von: Mottischa am 27. November 2020, 08:01:18

Titel: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Mottischa am 27. November 2020, 08:01:18
Weil ich das andere Thema nicht zerschießen möchte, hier mal weiter :)

Ein Herdenschutzhund ohne Herde?  Hier gibt es zwei in der Nachbarschaft, absolute Killerhunde. Dana rastet aus, wenn die bei uns vorbeikommen, da muss auch einmal ein Angriff durch das Tor stattgefunden haben, Dana ist zwar nichts passiert, aber seither hat sie anscheinend ein Trauma. Es wird von Angriffen gegen Mensch und Hund berichtet.

Diese Hunde brauchen wohl - wie die Border - eine Aufgabe.

Das ist nicht ganz richtig und dazu muss man einiges verstehen.

Herdenschutzhunde heißen so, weil sie üblicherweise Herden bewachen, das entsteht allerdings 1. aus der Prägung auf die Tiere und zweitens wird dazu der enorme Territorialtrieb des Hundes genutzt, das hat nichts damit zu tun, dass ein Hund, der niemals Schafe gesehen hat, diese benötigt. Du kannst einem Herdie irgendein Gebiet anbieten, das wird er schützen, weil es sein Territorium ist (und alles was er drumherum sieht), mehr nicht. Dazu kommt, dasss sich Herdies eigentlich sehr eng an ihre Menschen und ihr Gebiet binden, daher ist es für so einen Hund unglaublich schwierig, z.B. den Besitzer und das Umfeld zu wechseln. Es kann Wochen dauern, bis der Hund auch nur ansatzweise aus sich heraus kommt.

Dazu gibt es verschiedene Ausprägungen der Rassen, ich sag mal von weichgespült (dazu zählen die weißen Herdis) bis scharf (z.B. Kaukasischer Owtscharka, der an sich auch nur von den Russen gezüchtet wurde um die Grenzstreifen zu bewachen). In den Ursprungsgebieten geht man sehr rigide mit Fehlprägungen der Hunde um, fällt er Menschen, oder Tiere an, wird er erschossen. Der Hund ist wertlos und die mögliche Zuchtlinie ebenso. Und genau da liegt ein großes Problem mit den Hunden, die z.B. nach D geholt werden, ich bin absolut pro Hund, pro vernünftiger Behandlung, aber ich habe ehrlicherweise keine Schmerzen mit dieser Art der Selektion der Hirten. Leider schlagen andere "Züchter" auch noch Profit aus dem letzen Hund, bei dem sie vielleicht auch Bauchschmerzen haben, es aber wegen dem Geld ignorieren und dann kommt dieser Hund in absolut falsche Hände.

Tja.. und dann gibt es auch noch die Tierschützer, die sämtliche Hunde nach Deutschland karren, auch schon erwachsene Herdenschutzhunde, Welpen, alle Altersstufen.. und das ist eines der Probleme, man weiß nicht was man bekommt und (bis auf ein paar Ausnahmen) stelle ich es mir sehr schwierig vor, einen Hund der sehr eigenständig und draußen lebte, auf einen Haushalt zu sozialisieren.

Herdis kommen mit ca. 1,5 Jahren in die Pubertät, bis dahin sind sie echt Babies und auch mit 4 Jahren erst mental und körperlich erwachsen. Als Welpen sind sie (wie alle Hunde) niedlich, mit puscheligem Fell, Knopfaugen und puscheligen Ohren, sie werden groß und da übersehen die Leute gerne mal, dass sie sich einen Hund holen, der über Generationen eigene Entscheidungen treffen musste und nicht das "will to please" eines Borders hat. Und dann fangen die Probleme an, der Hund wird pubertär, stellt alles in Frage, handelt selbständig und die Menschen sind völlig überfordert. Der Hund lernt vielleicht noch zu drohen um seinen Willen durchzusetzen und schon ist das Drama perfekt. Diese Hunde brauchen klare Ansagen und klare Grenzen und tatsächlich Familienanschluss. Man darf sie nicht sich selber überlassen und sollte Agressionen anderen gegenüber im Keim ersticken - leider habe ich da schon viel anderes erlebt. Leider wird von vielen Vereinen immer noch vermittelt, dass der Herdi der perfekte Familienhund ist und darum sitzen so unglaublich viele in deutschen Tierheimen  :-[

Es gibt Ausnahmen wie meinen Balu, der ein prima Familienhund war, seine Herde waren die Katzen (war eine krank, dann betüdelte er sie regelrecht), die Meerschweinchen, meine Tochter ich und später auch mein Mann. Sein Grundstück war groß und bezog auch die gesamte Allermarsch mit ein, weil wir da regelmäßig spazieren gingen (auch eine Eigenart dieser Hunde). Balu durfte wachen und das war sein Ding. Tagsüber lag er meist schnarchend irgendwo rum, aber wehe eine fremde Person näherte sich, dann wurde diese sofort verbellt, ansonsten liebte er Besucher und besonders liebte er Kinder und alte Omas, da spielte er seinen ganzen, riesigen Charme aus. In der Dämmerung lief er die Grundstücksgrenzen ab. Wir waren viel und lange unterwegs (Wald, Wiese etc), er lief am Rad (obwohl mich andere Herdibesitzer auslachten, als ich das anfing.. und es dann nachmachten). Balu konnte Tricks, er machte freiwillig Gartenaggi mit den Bordern mit und konnte gut mit anderen Hunden. Allerdings war er sehr selbstbewußt und schüchterte daher andere Rüden gerne ein, kleine Hunde liebte er übrigens, z.B. Miniyorkis fand er super  ;D Balu fuhr mit in den Urlaub, kam überalll mit hin, weil ich von Anfang an, alles mit ihm machte. Er kam zu mir mit fast 2 - übrigens aus Rostock, wo er in einer Plattenbauwohnung, 4. Stock, mit 4 Personen (ca. 70qm) lebte.. die Leute hätten nicht gedacht, dass er so groß wird.  ::) Und ja, wir hatten einige Kämpfe, damit er meine Autorität anerkennt und ich musste an ihm wachsen, weil er mein erster Hund war. Insgesamt hat er mich 11 Jahre begleitet und war der Beste und er fehlt mir und ich weiß dass andere Hunde anders sind.

Herdis brauchen eine Aufgabe, aber eben eine andere als z.B. Border. Sie brauchen keine Tiere, aber Familie und ein Grundstück und man muss sich wirklich bewußt sein, was man sich da ins Haus holt - so können auch Anfänger einen halten.

Siehst du Waldmeisterin, manchmal kann man natürliche Triebe auch gut umlenken :)

Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Mottischa am 27. November 2020, 08:02:02
Absolutes Vertrauen..
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Mottischa am 27. November 2020, 08:02:16
Mein Schöner :)
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Mottischa am 27. November 2020, 08:03:21
Voller Lebensfreude und von unserer Motte gehütet  ;D
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Mottischa am 27. November 2020, 08:05:00
Seine große Liebe :)
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Mottischa am 27. November 2020, 08:06:18
Und seine.. nun ja Ziehschwester Motte :) beide lieben Wasser und Laufen.
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Mottischa am 27. November 2020, 08:07:15
Mein Riese :)
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Weidenkatz am 27. November 2020, 08:36:43
Erstmal: Was für wirklich wundervolle Fotos, Mottischa :D :D :D!!!
Einfach klasse.
Sie sind so ausdrucksvoll, vom Hund aber auch von seinen Beziehungen zum Hundekumpel und zum Menschen, dass ich an dem Thread klebengeblieben bin. Obwohl das für mich eine ganz fremde Welt ist, die der Riesenhunde.  ;D

...
 Du kannst einem Herdie irgendein Gebiet anbieten, das wird er schützen, weil es sein Territorium ist.
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Herdis kommen mit ca. 1,5 Jahren in die Pubertät, bis dahin sind sie echt Babies.....
sie werden groß und da übersehen die Leute gerne mal, dass sie sich einen Hund holen, der über Generationen eigene Entscheidungen treffen musste und nicht das "will to please" eines Borders hat.
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Und dann fangen die Probleme an, der Hund wird pubertär, stellt alles in Frage, handelt selbständig und die Menschen sind völlig überfordert. Der Hund lernt vielleicht noch zu drohen um seinen Willen durchzusetzen und schon ist das Drama perfekt. Diese Hunde brauchen klare Ansagen und klare Grenzen und tatsächlich Familienanschluss. Man darf sie nicht sich selber überlassen und sollte Agressionen anderen gegenüber im Keim ersticken - leider habe ich da schon viel anderes erlebt
...
Herdis brauchen eine Aufgabe, aber eben eine andere als z.B. Border. Sie brauchen keine Tiere, aber Familie und ein Grundstück und man muss sich wirklich bewußt sein, was man sich da ins Haus holt - so können auch Anfänger einen halten.

Wie kann ich mir das genau vorstellen, diesen Umschwung in der Pubertät? Ähnlich wie beim Menschen, o. K.  ;D. Aber konkret, was tut derHund?  ???

Und was - gern auch mal ein ganz konkretes Beispiel wenn Du hast - tut man als Halter.

MeineFrage hat den Hintergrund, dass ich mir für die aus schnurrenden Gründen ( hoffentlich noch ganz ferne  ;)) Zukunft  auch eine Hundehaltung vorstellen kann.
Ich bin nicht größenwahnsinnig und würde daher als Totalanfängerin keinen Herdie wählen  ;D. Aber die Frage, nach Pubertät, Respekt, liebevollem Durchsetzen ggü dem Hund, interessiert mich schon länger. Denn ich möchte keinesfalls, dass das Tier unter meiner Unerfahrenheit leiden würde. Und da Du sie hier angesprochen hast, weißt Du evtl. Antworten...
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Bufo am 27. November 2020, 08:48:16
Herdenschutzhunde heißen so, weil ...
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Vor einigen Jahren waren hier auf dem Deich auch immer Herdis mit bei den Schafen. Bei allem Respekt vor ihnen bewundere ich sie sehr.
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Vor Kurzem lief mal eine Doku im TV über diese Hunde in der auch ihre Ausbildung und ihre Prüfung gezeigt wurde. Seitdem verstehe ich besser was diese Tiere am Weidezaun taten, wenn ich daran vorbeiging. Die lieferten "ganz großes Kino", wenn man sich nähert und waren absolut friedlich, sobald man sich wieder entfernt. Als Viehdieb in spe gibt man da schnell auf.  ;D
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Leider bekomme ich die Hunde nicht mehr zu sehen, weil der Schäfer unseren Deich hier aufgegeben hat.
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Zur Familienhaltung: Ich wäre mit einem solchen Hund überfordert. Deshalb begnüge ich mich damit sie aus der Ferne zu mögen.  ;)
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Bufo am 27. November 2020, 09:08:59
...konkret, was tut derHund?  ???

Und was ...tut man als Halter.

...würde daher als Totalanfängerin keinen Herdie wählen  ;D.
...ich möchte keinesfalls, dass das Tier unter meiner Unerfahrenheit leiden würde.
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Ich bin zwar nicht Mottischa, aber ich antworte trotzdem mal mit meiner persönlichen Erfahrung zum Thema.
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Was der Hund tut ist exakt so individuell wie beim Homo sapiens auch. Bei dem Einen verläuft die Pubertät fast unauffällig, der Andre ist nur noch am maulen und meckern.
Ich hatte mal so ein Exemplar, dass sogar anfing zu knurren und zu schnappen.  :-X
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Als Halter macht man da alle Fehler, die auch Eltern mit ihren Kindern machen. Zuerst wollte ich die bis dahin erlernten guten Manieren weiter durchsetzen. Großer Fehler... später habe ich mich dann einfach abgewendet und gewartet bis die Pubertät ausgestanden ist.
Lediglich beim Futter (Ressourcenbesitz) war ich knallhart. Wer sich nicht benimmt*, wenn ich die Futterschüssel in der Hand habe, der hat Pech. Da ging es auch mal ohne Futter ins Körbchen. Davon geht ein gesunder Hund nicht ein.  ;)
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Als Totalanfängerin ist es eigentlich egal, welche Rasse man wählt. Wir hatten zum Glück einen "schwierigen" Hund. Wir haben viel von ihm gelernt. Die Voraussetzung ist allerdings, dass man bereit ist seinem Hund zuzuhören. Die Viecher haben nämlich viel zu erzählen.
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Unter Unerfahrenheit leidet kein Hund, sondern nur unter der Lernresistenz seiner Besitzer. Im Gegenteil! Wenn man gemeinsam aus Fehlern lernt und es in Zukunft besser macht, dann schweißt das zusammen.
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Unser "schwieriger" Ersthund war nach der Pubertät ein Traum im Pelzmantel.  :D
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* Da reichte schon ein leichtes Knurren, dann war das Futtern abgesagt. Wer futtern will muss sich an seine höflichen Umgangsformen erinnern. Das habe ich mit absoluter Konsequenz durchgezogen.
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Rosenfee am 27. November 2020, 15:54:54
Was für ein wunderschöner Hund :D
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Mottischa am 27. November 2020, 16:27:35
Danke sehr und er war auch als 13jähriger, alter Herr noch zauberhaft. Das war Anfang 2019 im letzten gemeinsamen Urlaub in Dänemark :)
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Mottischa am 27. November 2020, 17:01:35
Erstmal: Was für wirklich wundervolle Fotos, Mottischa :D :D :D!!!
Einfach klasse.
Sie sind so ausdrucksvoll, vom Hund aber auch von seinen Beziehungen zum Hundekumpel und zum Menschen, dass ich an dem Thread klebengeblieben bin. Obwohl das für mich eine ganz fremde Welt ist, die der Riesenhunde.  ;D



Wie kann ich mir das genau vorstellen, diesen Umschwung in der Pubertät? Ähnlich wie beim Menschen, o. K.  ;D. Aber konkret, was tut derHund?  ???

Und was - gern auch mal ein ganz konkretes Beispiel wenn Du hast - tut man als Halter.

MeineFrage hat den Hintergrund, dass ich mir für die aus schnurrenden Gründen ( hoffentlich noch ganz ferne  ;)) Zukunft  auch eine Hundehaltung vorstellen kann.
Ich bin nicht größenwahnsinnig und würde daher als Totalanfängerin keinen Herdie wählen  ;D. Aber die Frage, nach Pubertät, Respekt, liebevollem Durchsetzen ggü dem Hund, interessiert mich schon länger. Denn ich möchte keinesfalls, dass das Tier unter meiner Unerfahrenheit leiden würde. Und da Du sie hier angesprochen hast, weißt Du evtl. Antworten...

Also, ich hatte eben als ersten eigenen Hund einen Herdie und das hat prima geklappt, man muss sich einlassen und gemeinsam mit dem Hund lernen, dann funktioniert das durchaus.

Pubertät..joa.. die ist bei Hunden wirklich individuell, wie Bufo sagt. Bei Balu war einiges eher zum Lachen, oder seltsam und ich wurde sehr kreativ.

Z.B. hatte der Hund auf einmal Angst vor einem Stromkasten, an dem er vorher ständig vorbei gelaufen ist. Das fing an, als er plötzlich einen Bogen um den Kasten schlug und nicht mehr dort schnüffeln wollte. Dann musste ich ihn regelrecht vorbei zerren, er kroch fast auf Brustwarzen vorbei, einmal wand er sich aus dem Halsband und galoppierte rückwärts, dabei lief er fast zwei Omas um  ;D Ich war völlig fassungslos. Und was ich probierte, stur daran vorbei gehen, ignorieren, den Hund gnadenlos hinzerren, Leckerlies, den Kasten umarmen um zu zeigen dass er nicht schlimm ist (meine Güte, wenn das jemand gesehen hätte). Irgendwann war es einfach vorbei und wir gingen lang ohne Probleme  ::) Gelbe Säcke wurden plötzlich bedroht, Mülltonnen waren gruselig, alte Omas in Regenmänteln ganz furchtbar (bis er ihre Stimme hörte) und und und.. ein einziger Marathon. Und er wurde sehr, sehr wachsam, das entwickelte sich auch rasant.

Der Rückruf.. schöne Sache.. Balu lief ohne Leine, ich rief ihn und er kam freudestrahlend zurück - nur um haarscharf an mir vorbei zu rennen, damit ich ihn nicht erwischte - einfangen, wortloses Anleinen und weitergehen.

Ältere Rüden anpöbeln, weil man voll mit Testosteron ist - bis einer der Rüden (auch ein Herdi, sehr gut sozialisiert), den Rüpel auf den Rücken legte und ins Achtung stellte  ;D Schutz bei "Mutti" wurde danach abgelehnt, er musste sich Wolf weiterhin stellen (klappte prima).

Hündinnen belästigen, aufs Aufdringlichste - bis der Dame der Kragen platzte und er eine auf den Deckel bekam.

An der Haustür kleben und jammern, weil irgendwo eine läufige Hündin war (Balu war bis zuletzt intakt).. das Geheule dauerte (mit Pausen).. und dauerte.. 3 Tage  ::) wir hatten Augenringe bis zum Boden und Kind und ich wollten ihn erschießen. Danach fiel der Hund in einen erschöpften Tiefschlaf.. nun ja..

Spaziergänge... er will in eine Richtung, ich in die andere - kommentarloses Weiterzerren. Spannend auch die Treffen mit anderen Rüden, ein tobendes 50kg Monster an der Leine, bellend, grollend, wie ein Känguruh springend. Auch hier, keine Bestätigung, Hund wortlos an der kurzen Leine und am Geschirr weitergezogen, auch wenn das oft albern aussah (wenn ich ihn am Rad hatte, bin ich vorher abgestiegen). 2 x bin ich wegen ihm vom Rad geflogen, einmal lief er dann freundlich (das Monster war auf einmal verschwunden und Balu war Prince Charming) auf Herrchen und Hund zu, einmal schnüffelte er seelenruhig an einer Stelle, während ich unterm Rad rauskroch.

Mein Hund wurde schlagartig taub, wenn etwas Unangenehmes verlangt wurde - besagter Rückruf, oder Sitzen  ::) Manches hab ich auch dann einfach ignoriert, bis sich die Hörfähigkeit verbesserte.

Ich habe mich auch mit anderen Herdibesitzern getroffen, damit Balu Hunde in seiner Größe und verschiedenen Altersklassen kennenlernt. Das funktionierte super, auch wenn es zu Raufereien zwischen den jungen Testosteronbomben kam. Allerdings muss man da wissen, dass die sich nicht wirklich beißen, sondern eher miteinander ringen, da geht es um Kraft um die eigene Position, nicht darum den anderen zu verletzen. Der Hund muss lernen, dass er Kraft hat, auch drohen, aber nicht angreifen soll um Ressourcen zu sparen. Balu war als erwachsener Rüde sehr souverän und ein beliebter Onkel für Welpen und Junghunde, weil er so cool mit ihnen umging. Die kleine Pittihündin meiner Schwester war rotzefrech und hatte sichtlichen Respekt, wenn Balu ihr einen langen Blick schenkte - andererseits hat Emma ihn verehrt und klebte immer an ihm dran, wenn sie zu uns kam.

Übrigens Bufo, das mit dem Futter habe ich bei all meinen Hunden durchgezogen, außerdem musste ich ihnen jederzeit alles abnehmen können - das galt auch für meine Tochter/ für den Ernstfall (vielleicht etwas Giftiges) mussten die Hunde es auch ihr abgeben.

Ich bin nur beim Thema Sofa grandios gescheitert  ::) Balu durfte da nicht rauf, bis wir irgendwann mal ein mächtiges Gewitter direkt über dem Ort hatten. Also.. Kind hatte Angst und saß mit Decke auf dem Sofa, ich kam wieder ins Wohnzimmer, dann saß auch der Hund unter der Decke auf dem Sofa  ::) das Thema hatte sich dann für die Zukunft erledigt. Das war übrigens das einzige Mal, dass er Angst hatte -ansonsten war er schussfest und hatte mit lauten Geräuschen keine Probleme. Am Ende hat er eh schlecht gehört :) Und er hat es geliebt, neben mir auf dem Sofa zu schlafen, wenn ich gelesen habe.

Was ich Balu zugestanden habe.. sein Grundstück, seine Regeln anderen Hunden gegenüber. Wenn wir hündischen Besuch bekamen, durfte er klarstellen, dass er da das Sagen hat und dann klappte es auch einwandfrei. War auch nötig, denn wir hatten Hunde dabei, die nicht so sonderlich Katzenkompatibel waren und denen hat Balu tatsächlich klargemacht, dass bei uns keine Katze gejagt wird - ich weiß nicht wie, aber es funktionierte. Menschen habe natürlich ich eingeladen.

Bei Kindern war er unheimlich beliebt und war auch in der Grundschule zu Besuch, als dort das Thema Arbeitshunde kam. Ich glaube der Dicke wurde noch nie mit so vielen Leckerchen vollgestopft  ;D Auf dem Kindergeburtstag rissen sich die Mädels um ihn als Partner, als wir Model gespielt haben, es war wirklich witzig wie er da so elegant neben dem jeweiligen Kind mitlief.

Balu mochte es nicht warm, er lag immer auf den Fliesen, ging bei - 16 Grad schwimmen, lag bei Schnee draußen und schlief. Da wir viel unterwegs waren und auch viel draußen war, hatte er ein enorm dickes Unterfell.

Übrigens Bufo, das Verhalten Fremden gegenüber, wenn sie an der Herde wachen, ist überlebenswichtig für die Hunde. Man stelle sich vor, der Beutegreifer kommt und der Hund greift sofort an, das Verletzungsrisiko ist viel zu hoch. Das Rudel muss Ressourcen sparend arbeiten und den Gegner beeindrucken, Tötung ist dabei nicht vorgesehen. Und wenn die imaginäre Linie nicht überschritten wird, dann ist alles gut - bei allen Herdenschutzhunden.

Ich weiß noch nicht ob hier wieder einer einzieht, das hängt von ganz vielen Faktoren ab. Ich liebäugel mit so vielen Rassen u.a. dem russischen Terrier, das wird sich zeigen :)
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Bufo am 27. November 2020, 17:20:41
Jetzt habe ich Augenpipi vor lauter Lachen  ;D  ;D  ;D
Ja, das Hörvermögen leidet in der Pupertät doch sehr. Manches muss man da einfach aussitzen, es gibt sich ja zum Glück von selbst wieder. Eine gute Kinderstube zahlt sich nach der Flegelphase dann wieder aus.
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...Raufereien zwischen den jungen Testosteronbomben kam. Allerdings muss man da wissen, dass die sich nicht wirklich beißen, sondern eher miteinander ringen, da geht es um Kraft um die eigene Position, nicht darum den anderen zu verletzen.
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Gerade Neuhundehalter bekommen bei solchen Raufereien oft einen ausgewachsenen Herzkasper. Daher an dieser Stelle auch von mir nochmal: Laute Prügeleien sind i.d.R. harmlos. Da wird höchstens mal eine Fahrkarte ins Ohr geknipst.
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Ein Kampf, der auf Beschädigung des Gegners aus ist, verläuft sehr leise und höchst effizient. Das geschieht aber so selten, dass die wenigsten Hundehalter so etwas je gesehen haben. Leider habe ich so einen Kampf einmal sehen müssen. Konnte das aber zum Glück unterbrechen.
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Waldmeisterin am 27. November 2020, 17:44:34
Ein wunderschöner Hund, Mottischa!

Und ja, was du schreibst kann ich nur bestätigen. Als meine Nachbarin vor einigen Jahren an Brustkrebs erkrankte, starb zeitgleich auch noch ihr Hund. Kurz danach holten sie sich eine sechs Jahre alte kaukasische Owtscharka-Dame aus dem Tierheim, angeblich aus schlechter Haltung von einem Vermehrer.
Ich dachte ehrlich, die spinnt. So geschwächt von der Chemo, dass sie sich kaum selbst auf den Beinen halten konnte, schafft die sich einen 60kg Hund an, eine schwierige Rasse mit womöglich noch schwierigerer Vorgeschichte  :o
Das ist jetzt allerdings schon ein paar Jahre her und ich würde fast behaupten, dieser Hund hat ihr das Leben gerettet. Irgendwie scheint es bei denen vom ersten Blick an eine Verbindung gegeben zu haben. Und Leila ist wirklich ein Traum!
Sie patrouilliert zwar regelmäßig an der Grundstücksgrenze, mitunter lautstark, aber ansonsten ist sie ein absoluter Schmuseteddy. Außer zu ihren Kontrollgängen will sie keinesfalls alleine draußen bleiben, sondern ist eher der Sofatyp. Ich habe den Eindruck, die ganze Familie ist sehr glücklich mit der Entscheidung, Leila aufzunehmen  :D
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Mottischa am 27. November 2020, 17:58:00
Ach, seine Pubertät hatte schon viele lustige Seiten und auch viele hilflose Versuche meinerseits  ;D

Als wir Balu bekamen, war meine Tochter gerade 10 und fest davon überzeugt, dass sie mit ihm gehen und ihn auch halten kann. Ich habe sie vom Gegenteil überzeugt, indem ich ihr die Leine in die Hand drückte, vorlief und dann den Hund rief.. sie flog fast hinterher - danach wusste sie was ich meinte  ;D

Balu durfte übrigens nie in ihrem Bett schlafen, der einzige Versuch endete darin, dass sie keinen Platz mehr hatte und sich fürchterlich über seine Pupse beschwerte  ;D

Wir hatten leider zuletzt das Problem, dass sich unsere Rüden ständig gekloppt haben. Balu war 10 und Chap 6. Es war nicht rauszufinden, was die Auslöser waren. Chap war ein hochaktiver, hibbeliger Border und ich vermute einfach dass er 1. Balu wahnsinnig gemacht hat und zweitens gab es ein Kommunikationsproblem zwischen den Beiden, was bei Chap dann Panik auslöste. Die Prügeleien endeten eigentlich immer mit löcherigen Ohren für Balu (weil Chap sich darin verbiss), einem alten Herrn der sich tagelang kaum rühren konnte und einem Chap dem nix fehlte - Balu hat nie beschädigt. Bei der ersten Klopperei, musste ich seinen oberen Eckzahn ziehen lassen, weil der zur Seite wegstand. Wir haben alles versucht und es klappte nicht, als wir die Hunde räumlich trennen mussten und sie sich bei jedem Sichtkontakt anknurrten, haben wir das beendet.

Chap bekam einen wundervollen Einzelplatz und ist dort der absolute, ausgelastete Prinz - Balu durfte bei uns alt werden.

Meine Güte, ich werde nie vergessen wie der pubertäre Drecksack die Hündinnen meiner Freundin zum Ungehorsam angestiftet hat *lachlautlos*. Wir gingen spazieren und sie hatte auch drei Podhalaner in verschiedenen Altersstufen, da sollte man meinen die Damen würden gut im Gehorsam stehen.. nun ja.. Man stelle sich vor.. weites Feld, am Ende geht eine Frau mit einem Hund unsere Hunde schnüffeln und laufen rum, die Entfernung war wirklich ordentlich. Balu guckt, sieht Frau und Hund und fängt an in die Richtung zu laufen, guckt die Mädels an, läuft weiter, dabei wirft er seine Ohren weg - leider taten das die anderen Damen ebenfalls und so donnerte die Stampede auf die arme Frau zu, wir brüllten, rannten hinterher, alles sinnlos, das Volk ignorierte uns. Die haben sich bestimmt ins Hemd gemacht, als die Riesen auf sie zuwalzten... Allerdings haben sie tatsächlich kurz vorher Stopp gemacht, geschnüffelt und sind wieder umgedreht um freudestrahlend auf uns zuzulaufen.. Ich hätte ihn erwürgen können, vor allem weil er mich echt anschleimte "Frauchen, hier bin ich doch"  ;D ;D

Auch eine Eigenart, man ruft und er schnüffelt noch zig Blümchen ab "ja, ja, ruf mal, ich weiß doch dass du da bist"  ;D

Und dieser Blick.. zum Herzerweichen.
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Mottischa am 27. November 2020, 18:02:43
Waldmeisterin, ich kenne viele Menschen denen man auf den ersten Blick vielleicht eine Fußhupe zutraut und dann kommt sie mit so einem Kawenzmann an. Auf den Herdenschutzhundtreffen konnte man sehen, wie eng die Verbindungen sind und wie gut die Hunde hören. Herdis binden sich sehr stark an ihren Menschen, daher leiden sie auch unglaublich unter einem Besitzerwechsel. Und ich mag mir gar nicht vorstellen wie schrecklich diese ausländischen Heime für die Hunde sind, eingepfercht und vergessen :(

Balu war auch ein Schmusebär vor dem Herrn und er hat immer geheult, wenn ich nochmal weg musste (nicht wenn ich zur Arbeit musste). Das war echt peinlich, weil die ganze Straße den Hund hörte  ::) Meiner Tochter war das auch immer megapeinlich, da direkt beim Haus die Bushaltestelle war und dann heult der eigene Hund die Straße zusammen  ;D

Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Bufo am 27. November 2020, 18:10:39
...der pubertäre Drecksack...
;D
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Ich habe die sehr sehenswerte Doku wiedergefunden.  :D
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Mottischa am 27. November 2020, 18:20:24
Oh danke :)
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Jule69 am 28. November 2020, 14:27:13
Was für schöne Geschichten, ich bin ganz hin und weg.
Herdenschutzhunde haben mich schon immer interessiert, zu mehr wie einem altdeutschen Schäferhund hat es nicht gereicht... Grundstück hätten wir ja, es gäbe auch Aufgaben zum Aufpassen, aber meiner Meinung nach reicht das nicht für diese Hunde und Gassigehen mit so einem Hund, ein Schießrutenlauf hier...Auf die ständigen Kommentare hätte ich echt keinen Bock.
GG macht sowieso das Böckchen beim Thema Hund, er müsste aber mitspielen, damit es funktioniert, deshalb muss ich ne Faust in der Tasche machen und vernünftig bleiben.
Freue mich aber sehr auf weitere Geschichten.
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Gartenlady am 30. November 2020, 08:26:16
Gestern wurde bei "Tiere suchen ein ZUhause"  ein Kangal vorgestellt, er hatte jahrelang mit seiner Schwester in einer Lagerhalle gelebt, nie ein Draußen kennen gelernt. Nun lebt er auf im Tierheim und erweist sich als Schmusebär, der Angst vor kleinen Hunden hat  ;D

Das ändert aber leider nichts daran, dass die beiden Kangals hier in der Nachbarschaft, die angeblich ein Firmengelände bewachten, ehe dieses verloren ging, jetzt Killerhunde sind.  Die Menschen dazu sind anscheinend nicht in der Lage die Hunde zu halten, wenn diese in den Angriffsmodus wechseln und es ist Blut geflossen bei Menschen und HUnden. Eine Anzeige beim Ordnungsamt half nichts.
Titel: Re: Herdenschutzhunde
Beitrag von: Albizia am 12. Dezember 2020, 22:43:27
Dieser thread ist ja eine einzige große Liebeserklärung!  :D Wie schön!

Balu ist aber auch, so wie du ihn beschrieben hast, Mottischa, ein ganz besonders toller Hund gewesen.  :)

Bufos Link über Herdenschutzhunde habe ich mir auch angeschaut, ich finde ihn wirklich sehr informativ und interessant.