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Garten- und Umwelt => Naturpark => Thema gestartet von: Ismene am 23. Oktober 2004, 23:52:40

Titel: Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Ismene am 23. Oktober 2004, 23:52:40
Hier in Holland werden in einigen Naturschutzgebieten Rinder/Pferde eingesetzt im Kampf gegen unerwünschten Wildwuchs.

Bisher sah ich:
- Isländer Pferde im Heidegebiet (Veluwe)
- Konikpferde in der Millingerwaard (Nähe Kleve)
- Galloway Rinder (Heidegebiet vor der Haustür)
abgeschafft wegen Aggressivität?)
- Schottische Hochlandrinder (Riesenhörner, aber lammfromm)
- Schafe im Hochmoor (Moorschnucken, Skudde, Clun Forest) http://www.schaapskudde-haaksbergerveen.nl/deschapen.htm
- Kühe
Jetzt sind hier im Heidegebiet anstelle der Galloway-Rinder ziemlich normale Kühe...
Gestern grasten sie noch genüßlich mageres Gras und Heide. Wenn nur alle Kühe so leben könnten!
 
Welche Rasse? Vor zwei Jahren sprach ich den Bauer, der sie ausleiht: Simmentaler.
Gibt es da auch blassere Formen und auch ganz weiße?

Welche Huftiere sind bei euch im Einsatz in Naturschutzgebieten?


Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Silvia am 24. Oktober 2004, 00:20:28
Ja, ein interessantes Thema! :D

In der Lüneburger Heide sind es bei uns vor allem Schafe, die so genannten Heidschnucken, die alles kurz halten. Die Heide war früher auch bewaldet. Aber man hat die Bäume gefällt und den Oberboden abgetragen. Es siedelten sich vor allem Heidekräuter an und es ist eine faszinierende Landschaft entstanden. Allerdings existiert sie nur so lange, wie eben die Schafe immer alles schön abfressen. Eine zeitlang wurde die Beweidung vernachlässigt und es begann zu verbuschen. Wie es im Moment aussieht, weiß ich gar nicht, regional sicherlich sehr unterschiedlich.

Dann sah ich neulich einen Film über Sennelager. Das ist ein der Öffentlichkeit ohne Führung nicht zugänglicher Truppenübungsplatz in der Nähe von Gütersloh. Dort hat man auch ein paar Pferde eingesetzt. Die Rasse weiß ich aber nicht mehr. Muss ich mal suchen.

LG Silvia
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Amur am 25. Oktober 2004, 13:08:30
Auf der Alb sinds überwiegend Wanderschäfer, welche die Wacholderheiden abgrasen.
Rasse? Bin ich überfragt. Müßte ich mal nachfragen.

Aber ohne entsprechenden Zuschuß würde das keiner mehr machen. Unrentabel.

Und so ist es wohl auch mit der Freilandhaltung der sonstigen Tiere.

Ausser man kommt mit kleineren Einheiten zurecht, was wieder nur mit Direktverkauf halbwegs funktioniert.

mfg
mfg
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Hortulanus am 25. Oktober 2004, 13:28:18
Rinderrassen für Naturschutzgebiete ist mir neu. In meiner näheren Umgebung werden Galloways und Schottische Hochlandrinder vereinzelt (Rinderwahn!) für die sog. "Robusthaltung" (ganzjährig draußen) auf eingezäunten Weiden, meist handelt es sich um solche mit minderwertigem Gras, gewählt.

Da in den mir bekannten Naturschutzgebieten keine (zumindest keine stabile) Umzäunung installiert ist, kommt eine Pflege durch Weidetiere nur mit gehüteten Herden (Schafe) in Betracht.

Wildpferde gibt's m.W. im Merfelder Bruch (Herzog von Croy), Dülmen (NRW).
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Katrin am 25. Oktober 2004, 13:36:31
Bei uns im Nationalpark Kalkalpen sind den Sommer über Murbodner Rinder aufgetrieben. Außerdem gibt es Noriker und Haflinger.
Aber aus dem schon genannten Problem mit der Umzäunung (es ginge schon - aber das Gebiet ist recht unwegsam) gibt es nicht sehr viele Nutztiere in den Bergen.

In anderen Gebieten in unserer Umgebung werden auf einem Hochplateau verschiedenste Schafe von allen Haltern der Umgebung aufgetrieben, sie bleiben mit Hüter den Sommer über dort. In anderen Gebieten sind ebenfalls solch gemischte Herden.

VLG, Katrin
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Ismene am 25. Oktober 2004, 14:11:57
Bei uns im Nationalpark Kalkalpen sind den Sommer über Murbodner Rinder aufgetrieben. Außerdem gibt es Noriker und Haflinger.
Die freien Haflinger in den Bergen gehören zu meinen schönsten Kindheits/Urlaubserinnerungen. :D
Murbodner Rinder, da bin ich neugierig und muss gleich gucken.
http://www.michlbauer-holzer.at/holzer/rind.htm
Zitat
Ursprünglich war diese hier in der Obersteiermark beheimatet. Diese Rasse zählt zu den aussterbenden Rinderrassen und wir haben uns zum Ziel gesetzt eine reinrassige Murbodner Herde zu schaffen.


Spezielle Merkmale der Murbodner Rasse: Farbe ist semmelgelb bis fuchsrot
das Flotzmaul ist schwarz mit heller Schnippe auch Herzl genannt ;D
Hornspitze und die Schwanzquaste ist dunkel bis schwarzgrau
Klauen sind ebenfalls dunkel pigmentiert, sehr hart und widerstandsfähig

Das ist ein fesches Vieh! :D

Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Pimienta am 25. Oktober 2004, 14:17:09
Im Frühling konnten wir in der Extremadura die Weidebewirtschaftung der Dehesas begutachten.
Ein erfolgreiches Projekt wird bei Global Nature vorgestellt.

Das Resultat ist auch noch ausgesprochen lecker!
http://www.euronatur.org/extremadura.htm
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Ismene am 25. Oktober 2004, 14:28:13
Das Resultat ist auch noch ausgesprochen lecker!
Ja, zwei Fliegen mit einer Klappe.
Lammfleisch von Hochmoorschafen ist auch sehr lecker. :P
(die Wolle bringt aber heutzutage nichts mehr ein)
Selbst mit Fleischverkauf muss noch eine Menge Geld extra für Schäfer, Unterkunft/Futter im Winter etc. beschafft werden.

Bei den Schweinen in der Extremadura sieht das sicherlich anders aus. Viel höherer Preis erzielbar und event. weniger Arbeit. Mich würd mal interessieren, wo die Aufzucht stattfindet. Ab welchem Alter die Ferkel mit hinaus dürfen.

 

Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Pimienta am 25. Oktober 2004, 14:40:02
 Im Alter von ca. 10 Monaten dürfen sie auf die Weide

Richtig alt werden sie also wohl nicht, denn das ist dann schon die 'Endmast' (seltsames Wort...)

Wir haben allerdings nur recht große Schweine zu Gesicht bekommen und noch wesentlich größere Kampfstiere :o
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Hortulanus am 25. Oktober 2004, 14:47:12
Das mit den Schweinen dürfte auch nur in eingezäunten Gebieten möglich sein, da die Tiere extrem bissig sein können und die Eber von den Sauen getrennt werden müssen. Außerdem zerstören Schweine die Natur eher als dass sie ihr nützen, was ja auch von den Wildschweinen hinlänglich bekannt ist.

In der Toskana wird in einigen, mit Elektrodrähten eingezäunten Waldgebieten auch eine uralte Rasse (Cinta senese) freilaufend gehalten. Ergibt ein erstklassiges Fleisch. Die Sauen werfen im Freien und behalten den Wurf bis zur Selbständigkeit.

Diese Waldgebiete sehen aus, als wären sie umgepflügt, da die Schweine nach Wurzeln, Pilzen (Trüffel!!), Engerlingen u.a. wühlen. Ansonsten: Eicheln, Früchte von Arbutus unedo. Ohne Hinzufüttern geht's aber auch nicht, da die Fleischausbeute andernfalls zu gering wäre: Heu, Mais, Bohnen, Kleie etc.. Ob auch Chemikalien/Medikamente, wagte ich nicht zu hinterfragen. Sah alles so bukolisch aus.
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Andi H. am 25. Oktober 2004, 15:48:16
Zu den Schweinen möchte ich korrigierend anmerken, dass ihre "zerstörerische" Tätigkeit einen durchaus großen Nutzen für die Natur hat - bestimmte bedrohte Vegetationstypen mit seltenen Pflanzen sind, so Peter Poschlod von der Uni Regensburg, evtl. sogar in ihrem Bestehen vom Durchwühlen durch Schweine abhängig. Derzeit laufende Forschungsprojekte findet ihr unter
Forschung der Arbeitsgruppe Poschlod bzw. unter
Weideschweine.de.

Liebe Grüße
Andreas
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Pimienta am 25. Oktober 2004, 16:18:11
Die Weidegebiete sind eingezäunt, nicht nur wegen der Schweine sondern natürlich auch wegen der Kampfstiere. Es handelt sich hier nicht ausschließlich um Naturschutzgebiet, obwohl viele Vogelarten, insbesondere Kraniche, hier überwintern.

Im ausgewiesenen Naturschutzgebieten in der Extremadura gibt es nur Schaf- und Ziegenhaltung mit Schäfer....
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Ismene am 25. Oktober 2004, 16:25:51
Zu den Schweinen möchte ich korrigierend anmerken
Weideschweine.de.
Danke fuer die Korrektur und den hochinteressanten Link zu den Weideschweiden! :D
Für alle die geschichtlich interessiert sind und etwas tiefer in die Materie eindringen wollen eine ausführliche Seite.
Habe nur mal in Bulgarien eine Schweinehüterin kurz gesehen. Leider konnte ich sie (Sprachprobleme) nicht zu ihrer Arbeit befragen. :(


Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Hortulanus am 25. Oktober 2004, 16:55:56
Ja, auch für mich sehr interessant und bisher unbekannt. Vielleicht liegt es aber auch an der Schweinepopulation. In der Toskana konnte ich zwei unterschiedliche Ergebnisse beobachten. Ein Züchter war von einem inzwischen versteppten Gelände umgeben, wo vorher niedriges Buschwerk gewesen sein soll, der andere besaß eine kleinere Herde, die der Wald einfach verschluckte. man hörte nur das Grunzen. An den Sammelstellen war aber auch dieser Waldboden blank wie eine Tenne.
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Eva am 25. Oktober 2004, 17:10:49
In Korsika gab's auch sehr nette Weideschweine. Die Wälder waren recht ausgeräumt, aber nicht durchpflügt. Das eigentliche Problem war eher, sich beim Campen vor den Viechern zu schützen. Die sind noch verfressener und schlauer beim Rucksack-Ausräumen als die Schafe im Lake District.

In England gab's im Frühling am Lizzard Point einen Küstenteil auf dem Shetland Ponies die Wiesen oben auf den Klippen beweideten, die der National Trust von English Heritage ausgeborgt hatte :D. Das Gras muss dort kurz sein, damit eine bestimmte Krähenart da brüten kann, die nur dort vorkommt.
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Hortulanus am 25. Oktober 2004, 21:11:55
Bescheidene Frage: Was haben diese Krähen denn gemacht, bevor die Ponies eingebürgert wurden? Wer hat denn vorher das Gras kurz gehalten?
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Silvia am 25. Oktober 2004, 21:17:28
Wahrscheinlich wird es die Vögel dort nicht gegeben haben. Manchmal ist ja auch der Mensch Initiator dafür, dass sich eine Artenvielfalt entwickelt. Und sei es nur, dass er Vieh hält. Die ganzen Bodenbrüter auf Wiesen hätten ohne Weidevieh hier langfristig keine Chance.

LG Silvia
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Eva am 25. Oktober 2004, 21:27:10
Wobei die Bodenbrüter früher dafür auch die ganze Küste für sich hatten und keine Ecken an Touristen, Militär, Gärtner, Hotels, Häfen.... abgeben mussten. Vielleicht gab's da dann immer genug Ecken, die kurzen Bewuchs hatten, weil abgebrannt, oder evtl. auch weil wenig Bewuchs wg. wenig Humus?

Aber eigentlich hab ich keine Ahnung was die Vögel früher gemacht hatten - stand auch nicht auf den netten Info-Tafeln vom NT
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Ismene am 25. Oktober 2004, 21:42:14
Zitat
Wobei die Bodenbrüter früher dafür auch die ganze Küste für sich hatten und keine Ecken an Touristen, Militär, Gärtner, Hotels, Häfen.... abgeben mussten.

Genau darum geht es, finde ich. Menschen haben Tieren und Pflanzen viele Lebensräume genommen.
Wenn Hortulanus dann süffisant fragt, kann man nur auf die ausgleichende Gerechtigkeit verweisen.
Oder nenne es Wiedergutmachungsbeweidung. ;D
Daher wird hier auch ab und zu mal der Rasen gemäht...
Damit der Igel seine Machete für einen Moment ruhen lassen kann.
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Hortulanus am 25. Oktober 2004, 21:44:41
Hier schließt sich zumindest ein Kreis. Mensch - Kulturlandschaft - Tier. Die Heide ist m.W. auch eine Kulturlandschaft, oder irre ich mich? Sie kann nur durch den Menschen mit Hilfe von Tieren erhalten werden.

Bauern bekommen inzwischen zu Recht Prämien für die Landschaftspflege.
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Silvia am 25. Oktober 2004, 21:50:07
Ja, die Heide ist uralte Kulturlanschaft. Hier ist alles Kulturlandschaft, was nicht (Ur-)Wald ist.

Wobei die Bodenbrüter früher dafür auch die ganze Küste für sich hatten und keine Ecken an Touristen, Militär, ...

Gerade Truppenübungsplätze gelten heute als regelrechte Naturreservate. Dort gibt es Arten, die es andernorts sehr schwer haben, weil sie sich gerade im Militärgebiet doch recht ungestört vermehren können.

Eine der artenreichsten Gebiete in Deutschland war der so genannte Todesstreifen, die 100 m Niemandsland zwischen den beiden innerdeutschen Grenzen. Verrückt. Ich weiß gar nicht, wie viel davon erhalten ist.

Schweine pflügen den Boden ja nicht nur um und zerstören evtl. Bewuchs, sie fressen auch viele Schädlinge im Boden. Irgendwo meine ich gelesen zu haben, das gerade ihr Fehlen den Bäumen gar nicht gut gut, weil sie nun von allerlei Getier heimgesucht werden, dass sich jetzt ungestört vermehren kann. Aber jetzt frag mich einer, wo.

LG Silvia
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Hortulanus am 25. Oktober 2004, 21:53:18
Eine der artenreichsten Gebiete in Deutschland war der so genannte Todesstreifen, die 100 m Niemandsland zwischen den beiden innerdeutschen Grenzen. Verrückt. Ich weiß gar nicht, wie viel davon erhalten ist.

Du musst nicht alles verraten. Der Mensch gilt als Naturschädling schlechthin. Eine andere Betrachtungsweise wäre politisch nicht korrekt.
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Silvia am 25. Oktober 2004, 22:01:46

Du musst nicht alles verraten. Der Mensch gilt als Naturschädling schlechthin. Eine andere Betrachtungsweise wäre politisch nicht korrekt.

Doch, doch! Ich muss mal das Fähnlein für den Menschen schwenken, diesen Unhold, der immer alles kaputt macht. Schwenk doch mit. ;)

LG Silvia
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Katrin am 25. Oktober 2004, 22:04:51
Ach was, Hortulanus will doch nur Fisalis zuvorkommen ;)
Der Grenzstreifen sollte doch mal in ein langes, schmales Schutzgebiet verwandelt werden? Wurde das was draus? Hier in Österreich gibt es in NÖ den Truppenübungsplatz Allentsteig, der 15.700 ha groß ist. Angeblich ist er eines der größten Rückzugsgebiete des ganzen Landes, abgesehen von den Bergen.
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Eva am 25. Oktober 2004, 22:13:29
Ich denke, was die Truppenübungsplätze artenreicher macht als z.B. einen Wald sind die Zerstörungen, die dort immer wieder auftauchen. Bei uns daheim in der Mainschleife gibt's auch irgendwo einen Truppenübungsplatz, Krötenteiche in den Panzerspuren, artenreiche Pionierflora überall dort, wo Geschosse Löcher in den Boden gerissen haben, jede Menge Totholz, von umgestürzten / umgefahrenen Bäumen, die keiner aufräumt

Das ist ja ein Aspekt, den wir gern übersehen, wenn wir uns Naturschutz ein bisschen so wie Gartenpflege vorstellen: bei allem darauf achten, dass es bleibst wie's ist. Hört sich gut an, ist aber eher gut gemeint als gut gemacht. Waldbrände, Windwurf, Erdrutsche sind eigentlich richtig toll für einige - sehr interessante -Pflanzen, die solche Ecken brauchen, weil sie im Gefüge eines "erwachsenen" Walds keinen Platz für sich haben. Bloss Blöd, dass Waldbrand, Windwurf und Muren die Menschen in der Regel nicht wirklich freuen. :-\

Eh klar, Windwurf tritt leichter dort auf, wo Fichten- oder Kiefermonokulturen Angriffspunkte bieten, aber auch ein gesunder Hochwald ist kein großflächig stabiles Biotop, höchstens eine Kulturlandschaft. Insofern sind sicher auch die Wildschweine gut für irgendwelche Pflanzen, die gern frisch aufgewühlte Erde mögen.
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Silvia am 25. Oktober 2004, 22:28:15
Bei Truppenübungsplatzen ist es eine interessante Sache. Es sind gerade für bedrohte Amphibien und Reptilien so genannte Sekundärstandorte, in die die Tiere aufgrund fehlender Primärstandorte ausweichen.

Einige Plätze werden ja durchaus noch genutzt. Ich denke, was den Tieren und Pflanzen dort am meisten nützt ist der Umstand, dass es doch realtiv wenige Menschen gibt, weil einfach überall noch Mienen rumliegen. Der Krach bisweilen scheint sie nicht zu stören. Andererseits können die Flächen ohne den Menschen so nicht erhalten bleiben und würden verwalden. Es ist schon ein Wechselspiel.

LG Silvia
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: sarastro am 25. Oktober 2004, 22:30:17
Eigentlich höchst traurig, dass eben ausgerechnet Truppenübungsplätze den meisten Seltenheiten Überlebenschancen einräumen. Oder man kann es pikanterweise auch gutheißen, dass im Grenzgebiet Kurdistans/Iran, Afghanistans oder im Kaukasus noch wirklich seltene Geophyten überleben, just da, wo der Mensch alles vermint hat?
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Silvia am 25. Oktober 2004, 23:16:20
Tja, alles sehr widersprüchlich. Ich denke aber, dass man zumindest bei uns die Chance erkannt hat, die solche Reservate, auch wenn sie nicht also solche gedacht waren, bieten. Wahrscheinlich aber auch eine Frage des Geldes.

LG Silvia
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Hortulanus am 26. Oktober 2004, 07:55:22
Vielleicht ist der Begriff "Naturschutz" auch zu einengend. Denn wenn ich die Natur wirklich schützen will, bin ich wieder beim "Wildwuchs", der ja nach dem Eingangsposting von Ismene gerade verhindert werden soll.

Folglich handelt es sich eher um einen "Landschaftsschutz". Bewahrt werden soll offenbar eine Kultur- oder "Zweck"-Landschaft (der letztere Ausdruck ist mir gerade so eingefallen und vermutlich ökologisch nicht korrekt; ich meine damit z.B. die Deichanlagen, Flughafenareale, Truppenübungsplätze). Kulturlandschaften sind seit Generationen verinnerlicht worden und sollen auch als "Natur-Kunstwerk" für die folgenden Generationen bewahrt bleiben. Der Natur ist es vermutlich völlig egal, ob es eine Lüneburger Heide gibt oder die herrlichen Matten im Hochgebirge.

Man kann zu dem Bauernstand unterschiedlich stehen und auch seine ökonomischen Auswüchse als Ärgernis empfinden. Aber für die Landschaftspflege erscheint er mir doch unverzichtbar.

Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Amur am 26. Oktober 2004, 07:59:51
...
 Außerdem zerstören Schweine die Natur eher als dass sie ihr nützen, was ja auch von den Wildschweinen hinlänglich bekannt ist.

...

Wildschweine und Natur zerstören?
Sie zerstören bzw. beschädigen Kulturflächen, sprich Wiesen und Äcker.
Im Wald sind sie eher förderlich. Selbst unter den Eichen helfen sie, dass mehr Eicheln keimen. Die meisten Untersuchungen zeigen mehr Keimlinge pro Fläche auf den umgebrochenen Flächen als auf den unbeschädigten. Und nur wenige Untersuchungen konnten einen so großen Anteil an gefressenen Eicheln feststellen, dass die Keimlingszahl geringer wurde.

Bei den Weideschweinen wird das Problem sein, dass es trotz extensiver Haltung eben doch deutlich mehr sind, als dies in der „normalen“ Natur der Fall wäre (bei den Wildschweinen rechnet man zwischen 1 bis 3 Stück pro km² Wald, ohne daß zu große Schäden an angrenzenden Äckern und Wiesen entstehen).
Und dann ergeben sich langfristig u. U. doch dauerhafte Bodenverwundungen mit Ausschwemmungen.

Im übrigen ist in D wegen den Halteverordnungen eine Freilandhaltung von Schweinen praktisch nicht mehr möglich. Jedenfalls nicht für Landwirte. Doppelte Umzäunung und weitere Auflagen machen das so teuer, dass es praktisch immer aufgegeben wurde. Hier im Ort war noch eine Muttersauenhaltung im Freien. Auch vorbei.
Schweinepest lässt grüßen.

mfg
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: fisalis am 26. Oktober 2004, 08:50:53
Hier in der Nähe gibts einige Feuchtgebiete, die - um die verbuschung zu vermeiden - mit besonders leichten und breiten Raupenfahrzeugen gemäht werden. Alles andere würde zu stark einsinken, vor allem auch Menschen oder Tiere.

Ich finde es eigentlich auch traurig, dass ausgerechnet Militärgelände, Industriebrachen oder Kiesgruben heute mit zu den wertvollsten Naturstandorten zählen. Es sind ja alles Überbleibsel von zerstörerischen Eingriffen des Menschen. Anderseits sind gerade sie Zeichen dafür, dass Ziel ein vernünftiges Miteinander von Natur und Mensch sein soll. Dieses Verhältnis droht sich zu Lasten der Natur immer mehr Richtung Kultur (womit hier alle Auswirkungen der menschlichen Besiedlung gemint sind) zu verschieben - auch zum Schaden des Menschen. Das ist das eigentliche Problem. Und deshalb müssen wir auch die wenigen noch weitgehend unberührten Naturgebiete rigoros schützen. Und uns bei der Ausbreitung von immer mehr "Kultur" in Form von Autobahnen, Einfamilienhausquartieren, Shopping-Centers usw. etwas mässigen.
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: Silvia am 26. Oktober 2004, 09:00:55
Bei uns stand heute Morgen in der Zeitung, dass ein Teil unseres Berg hier am Wochenende in einer freiwilligen Aktion von Buschwerk befreit worden ist, weil es leider nicht mehr genügend Weidevieh gibt. So sollen z.B. wilde Orchideen und Enzian wieder eine Chance haben. Letztes Jahr hat man damit begonnen und will auch nächstes Jahr weitermachen.

LG Silvia
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: olaf am 03. April 2005, 22:59:59
Wir habe im Oberbergischen bei Köln ganz verschiedene Tiere in Naturschutzgebieten. Eine Besonderheit ist hier eine Herde "Aurochsen" oder besser gesagt deren Rückzüchtung die vor 100 Jahren durch die Gebrüder Heck in Zoologischen Gärten begonnen wurde. In dem Naturschutzgebiet sorgen diese "Aurochsen" für den Erhalt einer offenen Graslandschaft, die sich sonst wiederbewalden würde.
Neben einer Wanderschafherde mit Moorschnucken sind aber auch andere Rinderrassen wie Schottische Hochlandrinder, "Rotbunte" und auch "Schwarzbunte" im Einsatz gegen die Verbuschung und zum Erhalt der Kulturlandschaft.

Schöne Grüße,
Olaf.
Titel: Re:Beweidung in Naturschutzgebieten
Beitrag von: woelfie am 12. August 2005, 12:48:52
Hallo Ismene, hallo Olaf,
mein Beitrag aus dem Münsterland zum Thema:
http://nrw.nabu.de/m01/m01_03/
anklicken und dann auf "Viehauftrieb an der Ems" skrollen.
Inzwischen ist noch ein drittes Beweidungsgebiet hinzugekommen. Die Heckrinder fühlen sich sehr wohl dort, was auch der Nachwuchs bestätigen kann. In den inzwischen drei Gebieten weiden ganzjährig Auerochsen und Konikpferde in einer Dichte von max. 0,5 Tiere/ha. Sie helfen durch das Beweiden der Grünlandflächen und Gewässerufer dabei, dass die Flächen nicht verbuschen und sich vielfältige Lebensräume entwickeln können. Das Projekt wird von einem wissenschaftlichen Untersuchungsprogramm begleitet, bei dem die Entwicklung von Biotopstrukturen, Brutvogel-, Amphibien, Heuschrecken-, Stechimmen- und Laufkäferbeständen dokumentiert wird.
Die Tiere sind bei z. T sehr hohem Gras und ihrer Scheu - 100 m Fluchtdistanz -doch recht selten zu Gesicht zu bekommen.
Gruss woelfie