Wie angekündigt habe ich heute den Tag der offenen Tür genutzt und mir die Außenstelle des Bundessortenamtes in Marquardt (westlich von Berlin, Nähe Berliner Ring) angesehen.
Endlich konnte ich mal eine Menge Obst- und Wildobstarten und -sorten 'in der Realität', sprich nicht nur im Internet, sehen. Ein paar Fakten aus einer ausliegenden Broschüre:
"Die Prüfstelle Marquardt ist eine der 13 Prüfstellen des Bundessortenamtes, einer selbständigen Bundesbehörde im Geschäftsberich de BML. Basierend auf dem Aatgutverkerhsgesetz und dem Sortenschutzgesetz bestehen seine wichtigsten Aufgaben in der Zulassung und dem Schut von Pflanzensorten, der Herausgabe von Beschreibenden Sortenlisten sowie der Sortenüberwachung."
Erste obstbauliche Versuche schon um 1930, 1945 eine Prüfstelle der Humboldt-Universität, 1966 Versuchsstation der Zentralstelle für Sortenwesen der DDR, 1990 Prüfstelle des Bundessortenamtes. Betriebsgröße 30 ha, Boden: lehmiger Sand bis sandiger Lehm, Höhe über NN, Mittlere Jahrestemperatur 8,3°C, Jahresniederschläge 527 mm. (Das dürften so in etwa auch die Daten für den Garten meiner Eltern sein, aus dem ich hin und wieder berichte.)
Neben Blumenkohl, Paprika, Traubentomaten, Grünspargel, Möhren, Petunien, Fingerhut, Christrosen, Edelweiß (8 Sorten!), Astern Geranium (170 Sorten! Gesehen habe ich allerdings nicht so viele...!?) und fast 200 Rosensorten haben mich natürlich vor allem die Obstgehölze interessiert: laut Faltblatt über 300 Sorten Süßkirschen, fast 100 Sorten Pflaumen, 28 Unterlagen und 85 Arten Wildobst (238 Sorten).
Beispiel Lonicera kamtschatika: Neben den 'üblichen' Sorten Maistar, Mailon und Amur standen dort einige weitere: Altai, Blue Bird, Blue Velvet und noch mindestens drei weitere. Jetzt weiß ich auch endlich, was brennessel mit 'behaarte Blätter' und 'glatte Blätter' meinte. Es gibt tatsächlich zwei Haupttypen. Die 'Behaarten' bleiben deutlich niedriger, mehr als Bodendecker. Übrigens soll es normal sein, daß die Maibeeren schon im August ihr Laub verlieren.
Beispiel Sanddorn: unglaublich, wie groß und wie schön die Sanddornbüsche dort sind. Teilweise sind es schon kleine Bäume, mehere Jahrzehnte alt. Mehr als ein Dutzend Sorten. Die Sorten aus dem hohen Norden (Finnland) sehen wieder deutich anders aus, als die hiesigen. Gedrungener, größere Blätter.
Erwähnte ich schon, daß diese Pflanzung wunderschön war? Leider sind meine Bilder nichts geworden, ziemlich unscharf.
Auch die Holunder waren alle als kleine Bäumchen erzogen. Außer einigen 'normalen' Sorten gab es auch zwei oder drei mit dunkelrotem Laub.
Meine besonderen Objekte der Begierde: Pawpaw, Asimina triloba. Die Pflanzung ist noch sehr neu, daher waren weder Blüten noch Fruchtansätze zu bestaunen. Der Prüfstellenleiter (?) und ich hatten gleich eine kleine 'Meinungsverschiedenheit': Er erklärte, daß 'Sunflower' nicht selbstfertil sei. Ich hatte bisher überall das Gegenteil gelesen aber seine Literatur nennt nur 'Prima 1216' als selbstfertil. Wir werden sehen...
Die Kornelkirschen (ebenfalls in Baumform) sahen größtenteils erbärmlich aus (jedenfalls das Grünzeug): irgendeine Blattfleckenkrankheit hat praktisch alle Blätter befallen. Spritzmittel haben wohl bisher nicht geholfen. Hier ist Züchtungsarbeit gefragt.
Die essbare Ölweide (Eleagnus multiflora) hat mich positiv überrascht. Die drei Sträucher hingen übervoll mit (noch grünen) Beeren. Ich hatte nur einen Behang wie bei den Kornelkirschen erwartet (eher mäßig). E. multiflora steht definitiv auf meiner Wunschliste für dieses Jahr.
Spezielle Fruchtsorten (auf Größe oder Geschmack ausgelesen) gab es dort aber nicht.
Völlig unerwartet waren für mich die Walnuß- und Eßkastanienbäume: zwei Meter große Walnußbäume mit Früchten, zwei Meter fünfzig große Eßkastanienbäume in voller Blüte. Offensichtlich kann man diese Bäume doch klein halten und trotzdem ernten.